Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 7 U 4666/07
Rechtsgebiete: DSD-Vertrag, BGB


Vorschriften:

DSD-Vertrag § 1 Abs. 2
DSD-Vertrag § 6 Abs. 6
DSD-Vertrag § 7
DSD-Vertrag § 7.5.2
DSD-Vertrag § 12.1
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 315
BGB § 317
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 U 4666/07

Verkündet am 11. Juni 2008

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.8.2007 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma R. Recycling-Entsorgungsgesellschaft ... mbH (nachfolgend als Insolvenzschuldnerin bezeichnet) Restvergütungsansprüche aufgrund des zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten am 6.3.2001 abgeschlossenen und bis zum 31.12.2003 laufenden Kooperationsvertrages (Anlage K 2, nachfolgend als Vertrag bezeichnet) geltend, in dem vereinbart war, dass die Insolvenzschuldnerin als Subunternehmerin eingesetzt wird, um vollumfänglich den mit der Dualen System ... AG (nachfolgend als DSD bezeichnet) geschlossenen Vertrag (Anl. B 3, nachfolgend als DSD-Vertrag bezeichnet) mit allen Rechten und Pflichten zu erfüllen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 23.8.2007 Bezug genommen.

Die Ansprüche beruhen - unter Berücksichtigung einer Aufrechnungsforderung -auf einer Kürzung des ursprünglich vorgesehenen monatlichen Zahlbetrags von 503.935,82 EUR um 22.858,95 EUR, entsprechend 4,53 %, für die Zeit von Januar bis Dezember 2003. Diese Kürzungen hat die Beklagte bei der Zahlung vom 23.6.2003 für die Monate Januar bis Mai 2003 und ab Juli 2003 bei den jeweiligen monatlichen Zahlungen für das Entgelt des entsprechenden Vormonats vorgenommen.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten A. GmbH & Co KG (nachfolgend als A... bezeichnet) hatte zunächst gegenüber der DSD mit Schreiben vom 10.7.2003 (Anl. K 6) die nach Ziffer 7.5.2 vorgenommenen Entgeltkürzungen abgelehnt, die mit Schreiben der DSD vom 11.9.2003 (Anl. B 1) angebotene Entgeltneuberechnung unter Ansatz der im Schreiben der DSD vom 5.6.2003 (Anl. B 13 S. 2) aufgeführten, zu einer Entgeltreduzierung führenden Selbstentsorgermengen nach anfänglichem Widerspruch akzeptiert (Bl. 16 d. A.) und seit dem 23.6.2003 die monatlichen Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin für die Entsorgungsentgelte nur unter Abzug der entsprechenden Abzugsbeträge geleistet. Hiergegen hat sich die A... mit Schreiben vom 18.9.2003 (Anl. K 7), das allein vom Geschäftsführer K. unterzeichnet war, gewendet und sowohl der Belastungsanzeige für das 1. Halbjahr 2003 als auch etwaigen Leistungskürzungen für das 2. Halbjahr 2003 widersprochen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geschlossene Vertrag vom 6.3.2001 an den von der Beklagten mit dem DSD geschlossenen Vertrag vom 6.4.2000 gekoppelt gewesen sei. In § 6 Abs. 6 des Vertrages sei nochmals klargestellt, dass eine Änderung des Vertrags zwischen der DSD und der Beklagten bezüglich Laufzeit und Entgelt sich auch auf den Kooperationsvertrag zwischen der Beklagten und der R. GmbH auswirke. Die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin stelle, selbst wenn man diese als Formularvertrag ansehe, keinen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da die Möglichkeit der Leistungsbestimmungen durch eine Partei oder durch einen Dritten in den §§ 315, 317 BGB gesetzlich vorgesehen sei. Die zwischen der DSD und der Beklagten vereinbarte Abänderung des Entgelts sei als eine von § 6 Abs. 6 des Vertrages erfasste Entgeltabänderungsvereinbarung anzusehen, die die Insolvenzschuldnerin und damit auch der Kläger gegen sich gelten lassen müsse. Dies gelte auch für rückwirkende Änderungen im Hinblick auf Geist, Zweck und wirtschaftliche Zielsetzung der Vereinbarung, die für die Insolvenzschuldnerin spiegelbildlich die zwischen der Beklagten und der DSD geregelte Vergütung enthalten sollte. Dies gelte insbesondere im vorliegenden Fall, weil die damalige Geschäftsführerin der Beklagten, K. G., zugleich Geschäftsführerin der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei.

Gegen das ihm am 30.8.2007 zugestellte Urteil des Landgerichts vom 23.8.2007 hat der Kläger am 26.9.2007 Berufung eingelegt und diese am letzten Tag der bis zum 30.11.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Er trägt vor, die Regelung in § 1 Abs. 2 und § 6 Abs. 6 des Vertrages habe die Beklagte nicht berechtigt, den Vertrag zwischen der Beklagten und der DSD beliebig mit Wirkung für die Insolvenzschuldnerin abzuändern. Die Insolvenzschuldnerin habe vielmehr die Rechtsstellung der Beklagten, wie sie sich aus dem Vertrag mit der DSD vom 5./6.4.2000 ergebe, erlangt. Zu einem einseitigen Eingriff in die Rechtstellung der Insolvenzschuldnerin sei die Beklagte gerade nicht berechtigt gewesen. Im Hauptvertrag zwischen der Beklagten und der DSD sei eine Anpassung nur für die Zukunft und schon gar nicht ohne vorherige Ankündigung rückwirkend für die Vergangenheit zulässig gewesen. Es verstoße sowohl gegen § 1 Abs. 2 des Subunternehmervertrages als auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Beklagte bei Preisverhandlungen mit dem Hauptauftraggeber DSD Nachlässe vereinbart, die ausschließlich zu Lasten des Subunternehmers gehen. Die Geschäftsführerin G. habe keine wirksame Abänderungsvereinbarung für die Insolvenzschuldnerin getroffen und sich mit Schreiben vom 10.7.2003 (Anlage K 6) gegenüber der DSD gegen die verlangten Entgeltminderungen und deren Rückwirkung zum 1.1.2003 bzw. zum 1.7.2003 verwahrt. Die Entgeltreduzierung sei nicht zur Regelung eines Streites über die Berechtigung der DSD aufgrund § 7.5.2 des DSD-Vertrages, die anzusetzenden Selbstentsorgungsmengen rückwirkend für den Zeitraum ab 1.1.2003 ermitteln und bestimmen zu können, sondern zu dem Zweck vereinbart worden, das Duale System Deutschland nicht scheitern zu lassen. Die in Ziffer 7.5.2 des DSD-Vertrages genannte Mitteilung der Selbstentsorgermengen sei nicht, wie vereinbart, zum 31.5. des Kalenderjahres vorgelegt worden, so dass die Ziffer 7.5.2 Abs. 2 vereinbarte Rückwirkung für den 1.1. dieses Jahres nicht wirksam geworden sei. Die Insolvenzschuldnerin habe sich auch nicht widersprüchlich verhalten, indem sie ihre vertragliche Versorgungsleistung bis zum vereinbarten Vertragsablauf am 31.12.2003 erbracht habe, da sie hierzu vertraglich verpflichtet gewesen sei. Sie habe unter anderem mit Schreiben vom 18.9.2003 gegenüber der Beklagten gegen die vorgenommene Kürzung protestiert und gerichtliche Schritte angekündigt. Sie habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen aufgrund dessen die Beklagte habe darauf vertrauen können, dass die Insolvenzschuldnerin die vorgenommenen Entgeltkürzungen hinnehmen würde. Die Einigung der Beklagten mit der DSD über die streitgegenständliche Reduzierung des Entgeltes sei erst im Jahre 2004 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei der bis zum 31.12.2003 befristete Vertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten bereits beendet gewesen. Dies könne aber gegenüber der Insolvenzschuldnerin keine rückwirkende Wirkung entfalten, da in Ziffer 7.5.4 des DSD-Vertrages der Entsorger mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonats hätte kündigen und die Insolvenzschuldnerin das Kündigungsrecht wegen Ablauf des Vertragszeitraumes nicht mehr habe ausüben können.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

das am 23.8.2007 verkündete Endurteil des Landgerichts München I, Az.: 3 HKO 23752/06, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 165.750,84 EUR zuzüglich hieraus Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 9.4.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der zwischen der DSD und der Rechtsvorgängerin der Beklagten A... abgeschlossene Vertrag sei ein Standardvertrag, wie er von der DSD bundesweit vielfach verwendet worden sei. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die sich für das in Rede stehende Entsorgungsgebiet, den Landkreisen D., F.-G., P. und R. sowie der kreisfreien Stadt P., beworben und den Vertrag erhalten habe, habe im Prinzip den mit der DSD geschlossenen Vertrag "eins zu eins" an die neue Gesellschaft, die R. GmbH, der der Text des Vertrages mit der DSD sowie die Vertragssystematik bekannt gewesen sei, weiter gegeben. Die R. GmbH habe nach den in § 7 des DSD-Vertrages vereinbarten Entgeltregelung nicht nach den tatsächlich entsorgten Mengen, sondern nach einer Verbrauchsmenge, bezogen auf einen für die Bundesrepublik Deutschland ermittelten Pro-Kopf-Verbrauch an lizenzierbaren Verkaufsverpackungen abzüglich einer sogenannten Selbstentsorgermenge, vergütet werden sollen. Aufgrund der Zunahme der Selbstentsorgermenge, die angewachsen sei, weil zunehmend Unternehmen mit Handelsketten aus dem Dualen System ausgeschieden seien und ihre Verpackungen selbst entsorgt hätten, habe sich das DSD-Entgeltaufkommen, das bundesweit ca. 1,8 Mrd. EUR betragen habe, vermindert. Die DSD sei in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, weswegen eine Entgeltkürzung von rund 5 % der Gesamtentgelte zur Rettung des Systems akzeptiert worden seien. Die Entgeltkürzungen, die die DSD erstmals mit Abrechnung vom 16.6.2003 (Anlage B 7) geltend gemacht habe, habe alle Vertragspartner der DSD gleichermaßen getroffen und sei von der Beklagten in gleicher Weise an die R. GmbH weitergegeben worden. In der von der Beklagten gegenüber der DSD akzeptierten Entgeltkürzung liege kein Verstoß gegen Treu und Glauben gegenüber der Insolvenzschuldnerin.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen B.. Zum Inhalt der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der Sitzung vom 30.4.2008 verwiesen. Der Zeuge B. hat ergänzend ausgeführt, dass an dem Dualen System vier Wirtschaftszweige beteiligt gewesen seien, nämlich die Hersteller von Verpackungsmaterial, die Konsumgüterindustrie, der Handel und die Entsorgungswirtschaft. Die Finanzierung des ursprünglich vereinbarten Systems sei ab 2001 nicht mehr gewährleistet gewesen, weil es zu einer Monopollockerung gekommen sei, in deren Folge verschiedene Unternehmen mit Filialketten, insbesondere die großen Drogeriemärkte, aus dem System ausgeschieden seien und die im Rahmen des Handels mit ihren Produkten anfallenden Verpackungen selbst entsorgt und als Folge Beiträge zum Dualen System nicht mehr geleistet hätten. Die entsprechenden Mindereinnahmen hätten wirtschaftlich von der Entsorgungswirtschaft getragen werden sollen, deren Entsorgungsvolumen sich um die Menge der Selbstentsorger-Verpackungen vermindert habe. Im Jahr 2003 sei die DSD nicht in der Lage gewesen, entsprechend Ziffer 7.5.2 des DSD-Vertrages die Selbstentsorgermengen bis spätestens 31.5.2003 rückwirkend für den 1.1.2003 festzustellen und dem Entsorger in überprüfbarer Form mitzuteilen, da die in Ziffer 7.5.2 Abs. 1 genannten Testate der zertifizierten Umweltgutachter im erheblichen Umfang nicht bei der DSD eingegangen seien.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

1. Die streitgegenständlichen Kürzungen der Entgelte der Insolvenzschuldnerin sind wirksam. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages hatte die Insolvenzschuldnerin den zwischen der Beklagten und der DSD abgeschlossenen DSD-Vertrag mit allen Rechten und Pflichten zu erfüllen. Die Beklagte hat die zu den Kürzungen führende Vereinbarung gegenüber der DSD wirksam getroffen. Diese muss auch die Insolvenzschuldnerin gegen sich gelten lassen.

a. Die Regelung in § 7 des DSD-Vertrags, insbesondere die unter Ziffer 7.5.2 geregelte Feststellung der Selbstentsorgermenge ist wirksam vereinbart. Die Vertragsparteien haben in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ermittlung der Selbstentsorgermengen Dritten, nämlich zertifizierten Umweltgutachtern überlassen. Dass deren Testate nach den Angaben des Zeugen B. in erheblichem Umfang der DSD nicht so rechtzeitig zugingen, dass bis zum vereinbarten Zeitpunkt 31.5.2003 und auch in den anschließenden Wochen die Höhe der Selbstentsorgermenge von der DSD festgestellt werden konnte, ist ein Umstand, den weder die DSD noch die Beklagte zu vertreten hat, sondern auf Versäumnissen von einvernehmlich bestimmten Dritten beruht.

b. Da beide Vertragsparteien die Ermittlung der Selbstentsorgermengen Dritten überlassen und diese Dritten die vereinbarten Meldungen nicht fristgerecht abgegeben haben, ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte und die DSD die in Ziffer 7.5.4 des DSD-Vertrag vorgesehenen Verhandlungen aufgenommen haben zur Anpassung des sich auf die Selbstentsorgermengen bezogenen Faktors, wie sie von der Beklagten vorgetragen worden sind. Dies führte letztlich zu den im Schreiben der DSD an die Beklagte vom 11.9.2003 (Anl. B1) angegebenen Werten, die Grundlage der von der DSD gegenüber der Beklagten bereits mit Schreiben vom 5.6.2003 angekündigten und seit Juni 2003 vorgenommenen Kürzungen waren, die die Beklagte in gleicher Weise bei den Entgelten der Insolvenzschuldnerin vorgenommen hat. Die Beklagte, die sich zunächst mit Schreiben vom 10.7.2003 (Anl. K 6) gegen die von DSD verlangten Anpassungen gewendet hat, hat nach den weiteren mündlichen Verhandlungen und dem Schreiben der DSD vom 11.9.2003 die von DSD verlangten Entgeltkürzungen akzeptiert (Bl. 17 d. A.). Dementsprechend hat sie die ausweislich der Aufstellung in Anlage B 9 aufgeführten Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin auch nach dem September 2003 entsprechend gekürzt.

c. Dass die Entgeltkürzungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der DSD nicht schriftlich erfolgte, führt nicht zu deren Unwirksamkeit. Die Schriftformklausel in § 12.1 des DSD-Vertrags steht nicht entgegen. Denn die vertraglichen Abreden werden durch die Entgeltkürzungsvereinbarung nicht abgeändert. Es wurden lediglich die in Ziffer 7.5.4 Abs. 2 des DSD-Vertrags bereits vertraglich vereinbarten Verhandlungen aufgenommen, nachdem - wie der Zeuge B. bekundete - die gewonnenen Erkenntnisse über den Ausstieg einiger Handelsketten, insbesondere Drogeriemärkte, und die unvollständige Rückmeldung testierter Selbstentsorgermengen im Sinne von 7.5.2 des DSD-Vertrags die Notwendigkeit einer Anpassung des Faktors zur Berücksichtigung von Veränderungen der Selbstentsorgermengen ergab und die DSD mit den Vertretern der Entsorgungswirtschaft im Zusammenwirken mit der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung eine Einigung über die Abzugsmenge erzielt hat, die eins zu eins in die Individualverträge übernommen worden ist. Dass die Einigung über die geänderten Entgelte ebenfalls schriftlich vereinbart werden müssen, um Wirksamkeit zu erlangen, ergibt sich aus der Schriftformklausel nicht.

d. Der Einwand des Klägers die Beklagte habe ihr Einverständnis mit der Entgeltabänderungsvereinbarung erst am 16.2.2004 erklärt, geht fehl, weil sich die Anlage BB2, auf die sich der Kläger bezieht, nicht die Beklagte sondern die ARGE ... betrifft. Im Übrigen genügt die formlose auch durch schlüssiges Handeln begründete Einigung über den Kürzungsbetrag, die durch das Schreiben der DSD an die Beklagte vom 11.9.2003 und das nachfolgende Verhalten der Beklagten, die die Kürzung "eins zu eins" weitergab und nach Ihrem Vortrag die Kürzung hingenommen hat, nachgewiesen ist.

2. Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe der Insolvenzschuldnerin das in Ziffer 7.5.4 Abs. 4 des DSD-Vertrags vorgesehene und über § 1 Abs. 2 des Vertrags auch der Insolvenzschuldnerin zustehende Kündigungsrecht vereitelt, greift nicht durch. Nachdem sich die DSD und die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen über den Kürzungsfaktor geeinigt hatten, stand der Beklagten das in Ziffer 7.5.4 Abs. 4 des DSD-Vertrags für den Fall der Nichteinigung geregelte Kündigungsrecht nicht zu.

Soweit die Insolvenzschuldnerin über § 1 Abs. 2 des Vertrags das in Ziffer 7.5.4 des DSD-Vertrags enthaltene Kündigungsrecht selbst für sich in Anspruch hätte nehmen können, hat sie eine Kündigung des Vertrags nicht erklärt, obwohl ihr die Verhandlungen der Beklagten mit der DSD und deren Ergebnisse bekannt waren. Die Geschäftsführerin der Beklagten G. die im Jahr 2003 zugleich Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin war, hatte die übrige Geschäftsleitung informiert. Die Insolvenzschuldnerin hat mit Schreiben des nicht alleinvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführers K. vom 18.9.2003 (Anl. K 7) der betragsmäßig für die Zeit von Januar bis Juli vorgenommenen Kürzungen und zukünftigen Kürzungen widersprochen, jedoch eine Kündigung nicht erklärt.

3. Die Abänderungsvereinbarung ist weder gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig noch liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB vor. Insbesondere haben DSD und die Beklagte keine ungerechtfertigten Kürzungen vereinbart in dem Bewusstsein, dass die finanziellen Einbußen von einem Dritten, der Insolvenzschuldnerin, ohne sachlichen Grund in vollem Umfang getragen werden müssen. Der Anlass für die Entgeltkürzungsvereinbarung lag in dem Wegfall bestimmter Selbstentsorgermengen, die von den aus dem Dualen System ausgeschiedenen Handelsketten selbst entsorgt wurden. In dem vereinbarten System entlastete dies insbesondere die Entsorger, die nunmehr weniger Verpackungsmaterial zu entsorgen hatten. Die Abzugsmenge wurde von der DSD im Zusammenwirken mit der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung und den Vertretern der Entsorgungswirtschaft festgesetzt und in gleicher Weise in die Individualverträge übernommen. Dass der Kürzungsbetrag von ca. 5 % des Entgelts als existenzvernichtender Eingriff anzusehen ist, ist vom Kläger nicht dargetan. Hierfür sprechen auch nicht die übrigen Umstände. Nach Ziffer 7.5.4 Abs. 2 des DSD-Vertrags waren bei einem Rückgang der Selbstentsorgermengen um mehr als 5 % zwingend Verhandlungen über die Anpassung des Faktors zur Berücksichtigung von Veränderungen der Selbstentsorgermengen aufzunehmen.

4. Entgegen der Auffassung des Klägers ist in der Mitteilung der Beklagten über offene Posten vom 9.3.2004 (Anl. K 3) in Höhe von 757.429,34 EUR kein Schuldanerkenntnis zu sehen. Bei dieser offensichtlich von der Buchhaltung der Beklagten übermittelten offene Posten-Liste ging es offensichtlich um den Abgleich der noch nicht erledigten Forderungen und Verbindlichkeiten. Ein mit Rechtsbindungswillen ausgesprochenes Anerkenntnis strittiger Kürzungsbeträge ist darin nicht zu sehen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage einer Abänderung der Vertragskonditionen nach vollständiger Abwicklung des Vertrages stellt sich nach den Feststellungen des Senats nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück