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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 02.03.2005
Aktenzeichen: 7 U 4759/04
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 61 Abs. 1
1. Ein tief greifendes Zerwürfnis von fest gefügt gegeneinander stehenden Gesellschafterblöcken einer GmbH kann dann einen anderen wichtigen Grund für die Auflösung der Gesellschaft im Sinne des § 61 Abs. 1 GmbHG darstellen, wenn dadurch eine Verständigung über wesentliche, für die Abklärung des Gesellschaftsvermögens grundlegende Fragen nicht mehr möglich ist (Fortführung von BGH NJW 1985, 1901).

2. Solche die Grundlagen der Gesellschaft berührenden Fragen können darin liegen, dass es im Falle gemeinsamer Bebauung durch die GmbH mit dem Grundstücksnachbarn zum Zwecke der einheitlichen Vermietung einer Gewerbeimmobilie einer Regelung der - bislang ungeklärten - prozentualen Zuordnung von Baukosten, Nutzen und Lasten bedarf, die dauerhaft durch die Zerstrittenheit zweier Gesellschafterblöcke verhindert wird.


Oberlandesgericht München IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4759/04

Verkündet am 2. März 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Auflösung der Gesellschaft

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Kotschy und Dr. Barwitz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2005 folgendes

ENDURTEIL:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 26.07.2004 aufgehoben.

II. Das Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 04.05.2004 (Az.: 10 HKO 6928/04) bleibt aufrechterhalten.

III. Von den weiteren Kosten des landgerichtlichen Verfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention der Streithelfer der Klägerin entstandenen Kosten haben die Beklagte und deren Nebenintervenienten jeweils 1/3 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten der Klägerin tragen die Nebenintervenienten der Beklagten je zur Hälfte.

Durch die Säumnis der Beklagten in erster Instanz entstandene Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und ihre Streithelfer können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Auflösung der Beklagten.

Die Kommanditgesellschaft der Klägerin, an der als Kommanditist D. P. mit 94 % und als Komplementärin P. F. mit 6 % beteiligt sind, ist als Gesellschafterin an der Beklagten, die ihren Sitz in Gräfelfing hat, mit einem Anteil von 25 % des Stammkapitals von DM 500.000,-- beteiligt. Zusammen mit den Gesellschaftern D. P. und S. GmbH hält die Klägerin 65 % der Geschäftsanteile der Beklagten, während die Gesellschafter M. H. und Z. S. über insgesamt 35 % der Anteile verfügen.

Die vorgenannten Gesellschaftergruppen stehen sich bei der Willensbildung in der Gesellschafterversammlung als fest gefügte Blöcke gegenüber, was sich u. a. in den innerhalb weniger Jahre zahlreich beim Landgericht anhängig gemachten und zum Teil auch ins Berufungsverfahren geführten Rechtsstreitigkeiten zeigt.

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist nach § 2 der Satzung vom 17.01.1997 die Verwaltung eigenen Vermögens im Immobilien- und Wertpapierbereich, sowie der Erwerb und die Veräußerung von Aktien und Geschäftsanteilen und sonstigen Beteiligungen jeder Art.

Die Beklagte ist Eigentümer dreier Grundstücke in Leinfelden-Echterdingen, an die ein Nachbargrundstück angrenzt, das ursprünglich im Eigentum der B. & D. GbR stand und sich nach dem Ausschluss des Gesellschafters D. im Alleineigentum der L. B. befindet. Am 14.05.1998 trafen die Beklagte und L. B. eine - in ihrer Wirksamkeit bestrittene - Vereinbarung zur Regelung einer für alle Grundstückseigentümer vorteilhaften Bebauung, insbesondere zur Erzielung des bestmöglichen Baurechtes und einer "höchstmöglichen Geschoßfläche bei kommuner Bauweise". Weiter wurde darin eine vorläufige prozentuale Regelung zur Verteilung von Kosten und Früchten getroffen, die Vertragsbeteiligten verpflichteten sich weiter zu einer späteren endgültigen Regelung der Verteilung von Baukosten, Kosten und Früchten. Eine solche endgültige Regelung ist bislang nicht zustande gekommen. In der Folge errichteten die Beklagte und L. B. auf ihren Grundstücken ein Parkhaus mit Tankstelle sowie ein Büro- und Verwaltungsgebäude zur Vermietung an die D. Aktiengesellschaft (Tankstelle) und d. Systemhaus GmbH (nunmehr T. International GmbH). Zum 01.11.2002 waren die Baulichkeiten bezugsfertig erstellt.

Zur Finanzierung ihres Bauvorhabens nahm die Beklagte bei der Landesbank Baden-Württemberg mit Vertrag vom 29.03.2001 ein Darlehen in Höhe von DM 50.000.000,-- auf. Dem Verlangen der Darlehensgeberin nach der Haftungsübernahme der Gesellschafter der Beklagten kam letztlich nur die Klägerin dadurch nach, dass sie den Schuldbeitritt zur Darlehensverpflichtung erklärte.

Ein im Zuge der Rechtsstreitigkeiten der Gesellschafter gerichtlich angeregtes Mediationsverfahren scheiterte bereits im Ansatz.

Die Klägerin hat vorgetragen, das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter sei irreparabel zerstört, da die Gesellschafter H. und S. seit Jahren annähernd jeden Beschluss der Mehrheitsgesellschafter mit Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen bekämpften. Die Beklagte sei damit nahezu handlungsunfähig. Darüber hinaus sei die Beklagte von der Verpflichtung zum Stellen eines Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit derzeit nur deshalb entbunden, weil die Klägerin sich in stets widerruflicher Weise mit einer Stundung ihres Freistellungsanspruchs aus dem Schuldbeitritt einverstanden erklärt habe.

Nach Erlass eines dem Auflösungsantrag stattgebenden Versäumnisurteils vom 04.05.2004 haben die Klägerin und ihre Streithelfer beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Streithelfer der Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Streithelfer der Beklagten haben vorgetragen, dass aufgrund der langfristigen Mietverträge mit zahlungskräftigen Mietern die Liquiditätssituation der Beklagten gesichert sei und den Streithelfern der Beklagten nur der zu erwartende Gewinn verweigert werden solle. Da die Vermietung im Rahmen eines langfristigen Mietvertrags bereits ins Werk gesetzt sei, beschränke sich die Tätigkeit der Beklagten letztendlich auf die Verwaltung des Mietvertrags, wofür ein einvernehmliches Zusammenwirken der Gesellschafter nicht erforderlich sei. Gerichtliche Schritte der Streithelfer der Beklagten seien von den Mehrheitsgesellschaftern und der Geschäftsführung bewusst provoziert worden. Ein Freistellungsanspruch der Klägerin aufgrund des Schuldbeitritts bestehe nicht. Das Mediationsverfahren sei letztlich am Verhalten des Mitgesellschafters P. gescheitert. Mithin liege ein wichtiger Grund für die Auflösung der Beklagten nicht vor. Davon abgesehen müsse die Auflösungsklage am Grundsatz der Subsidiarität scheitern.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 26.07.2004 unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abgewiesen. Ein wichtiger Grund für die Auflösung im Sinne des § 61 GmbHG liege nicht vor. Insbesondere sei der Gesellschaftszweck (Gewinnerzielung durch Vermietung) nicht etwa unmöglich, sondern weiterhin erreichbar. Ausreichende Mieteinnahmen würden erzielt und sicherten den Fortbestand der Gesellschaft. Die endgültige Verteilung von Nutzen und Lasten und das Rechtsverhältnis zur Nachbarin B. könne dahingestellt bleiben.

Aus dem nicht zweifelhaften Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftergruppen resultiere keine so wesentliche Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, dass darin ein wichtiger Grund für die Auflösung gesehen werden könnte. Vielmehr laufe die Verwertung der Immobilie unabhängig vom Einvernehmen der Gesellschafter gewissermaßen "automatisch".

Auch sei es der Beklagten unbenommen, mit den Stimmen der Mehrheit der Gesellschafter einen außenstehenden Dritten, der sich mehr der Neutralität verpflichtet sehe, als Geschäftsführer einzusetzen. Eine Insolvenzlage sei bei der Beklagten bereits deshalb nicht gegeben, da ein Befreiungsanspruch nur in Höhe der fälligen Schuld, mithin der laufenden Annuitäten bestehe. Eine auf beiden Seiten von P. F. unterschriebene Vereinbarung vom 03.06.2003 zur Begründung eines Freistellungsanspruchs in Höhe von DM 50.000.000,-- sei im evidenten Interessenkonflikt und auf kollusive Weise zustande gekommen.

Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin mit dem Antrag,

das der Auflösungsklage stattgebende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin beharrt darauf, dass es einen Auflösungsgrund darstelle, wenn aufgrund der Zerstrittenheit der Gesellschafter eine Verständigung über wesentliche, für die Fortführung der Gesellschaft zentrale Fragen nicht mehr möglich sei. Darüber hinaus sei die Gesellschaft sehr wohl dadurch gefährdet, dass der berechtigten Forderung der Landesbank Baden Württemberg auf eine kurzfristige Rückführung des Darlehens durch eine Sondertilgung in Höhe von 7,5 Mio. € auch unter Berücksichtigung eines Anspruchs gegen die Grundstücksnachbarin B. auf Baukostenausgleich nicht nachgekommen werden könne.

Demgegenüber halten die Streithelfer der Beklagten das klageabweisende Urteil des Landgerichts für richtig und beantragen

Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte selbst hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02.02.2005 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin erweist sich als begründet. Das tiefgreifende Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftergruppen der Beklagten erweist sich als wichtiger Grund für die Auflösung der Gesellschaft im Sinne des § 61 Abs. 1 GmbHG. Unter Aufhebung des angefochtenen Endurteils war daher das Versäumnisurteil vom 04.05.2004 aufrechtzuerhalten.

1. Mit ihrem Gesellschaftsanteil erreicht die Klägerin das Zehntelquorum des § 61 Abs. 2 Satz 2 GmbHG.

2. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass ein tiefgreifendes und nicht zu beseitigendes Zerwürfnis unter den Gesellschaftern einer GmbH geeignet sein kann, einen anderen wichtigen Grund für die Auflösung im Sinne des § 61 Abs. 1 GmbHG darzustellen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet ein solches Zerwürfnis einen wichtigen Grund zur Auflösung der Gesellschaft dann, wenn es das Gedeihen (insbesondere die Ertragskraft) der Gesellschaft beeinträchtigt oder hiermit über kurz oder lang zu rechnen ist. Dies gelte insbesondere, soweit die Uneinigkeit der Gesellschafter die Geschäftsführung in einer auf persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter angelegten und angewiesenen Gesellschaft blockiere und dadurch eine unmittelbare Gefahr für das Gedeihen der Gesellschaft entstehe (BGH NJW 1981, 2302; NJW 1985, 1901).

Die Kommentarliteratur (Scholz, 9. Aufl., Rn. 22 zu § 61 GmbHG; Baumbach/Hueck, 17. Aufl., Rn. 11 zu § 61 GmbHG; Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., Rn. 8 zu § 61 GmbHG) hat sich dem angeschlossen.

Entgegen der landgerichtlichen Einschätzung im angegriffenen Urteil sind diese Voraussetzungen hier gegeben.

a) Die tiefgreifende Zerstrittenheit der fest gefügt gegeneinander stehenden Gesellschafterblöcke, bestehend aus den Streithelfern der Beklagten einerseits und der Klägerin sowie ihren Streithelfern andererseits ist nicht zweifelhaft und wird im Übrigen auch von keiner Seite bestritten. Sie dokumentiert sich im außergerichtlichen Schriftwechsel der Gesellschafter, den Niederschriften über die Gesellschafterversammlungen und nicht zuletzt in zahlreichen bei Kammern für Handelssachen des Landgerichts und dem Senat geführten Rechtsstreitigkeiten, wie sie der als Anlage BB 2 vorgelegten "Übersicht gerichtliche Verfahren M. H. betreffend die L. Beteiligungsgesellschaft mbH" entnommen werden können.

b) Das Landgericht hat dazu die Auffassung vertreten, dass sich aus der Zerstrittenheit der Gesellschafter keine wesentlichen Folgen für die Erreichung des Gesellschaftszwecks der Beklagten ableiten ließen. Aufgrund des langfristigen Mietvertrags mit einem solventen Mieter laufe die Verwertung der Immobilie unabhängig vom Einvernehmen der Gesellschafter erfolgreich weiter. Die endgültige Verteilung von Nutzen und Lasten und das Rechtsverhältnis zur Nachbarin könne hierbei dahingestellt bleiben.

Diese Einschätzung teilt der Senat nicht. Insoweit weist die Berufungsbegründung der Klägerin vom 08.12.2004 (Seiten 20-22) zu Recht darauf hin, dass im zerstrittenen Gesellschafterkreis der Beklagten eine Verständigung über wesentliche, für die Fortführung der Gesellschaft zentrale Fragen nicht mehr möglich ist und stellt dabei u. a. auf das ungeklärte Rechtsverhältnis zur Grundstücksnachbarin B. ab.

In diesem Zusammenhang stellt sich weiterhin die ungeklärte und für die Beklagte grundlegende Frage nach einer sachentsprechenden Aufteilung der Baukosten sowie von Nutzen und Lasten der Immobilie zwischen der Beklagten und der Grundstücksnachbarin B. Entgegen der Auffassung der Streithelfer der Beklagten ist eine derartige Einigung nicht deshalb obsolet, weil in der Vereinbarung vom 14.05.1998 ein Verteilungsschlüssel von 24,83 % (Beklagte) zu 75,17 % (L. B.) festgelegt wurde.

Zweifelhaft ist nämlich bereits die Rechtswirksamkeit der am 14.05.1998 geschlossenen Vereinbarung. So hat der 18. Senat des Oberlandesgerichts München in seinem Urteil vom 26.02.2002 (18 U 5739/00, vorgelegt als Anlage B 13) auf Seite 28 die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarung vom 14.05.1998 vom Gesellschaftsvertrag der B. & D. GbR nicht umfasst gewesen sei, da nach dem formulierten Gesellschaftsvertrag die GbR ausschließlich zur Verwaltung eigenen Vermögens tätig habe werden sollen, wovon die Bebauung fremder Grundstücke und Verwaltung fremden Vermögens nicht erfasst sei.

Darüber hinaus erkennt immerhin der Streithelfer H. der Beklagten an, dass die Vereinbarung vom 14.05.1998 nur eine vorläufige Aufteilung getroffen habe. Soweit er aber weiter meint, dass eine endgültige Aufteilung in der Begründung einer Innen-GbR durch Abschluss des Mietvertrags mit der Firma d. Systemhaus GmbH vom 22.12.2000 liege, kann dem nicht gefolgt werden. Wie sich aus dem als Anlage BK 7 vorgelegten Mietvertrag ergibt, ist dort eine Aufteilung zwischen den als Vermieter auftretenden Personen gerade nicht getroffen. Vielmehr ist ein einheitliches Rechtsverhältnis zwischen beiden Vermietern und dem Mieter vereinbart.

Dass ein grundlegende Interessen der Beklagten betreffender Regelungsbedarf besteht, hat selbst der Streithelfer H. der Beklagten und seinen Mitgesellschaftern im Schreiben vom 22.12.2004 (Anlage BB 3) mitgeteilt, wenn es auf Seite 5 wörtlich lautet:

"Die gemeinsame Verbundenheit besteht schon darin, dass keine klar abgegrenzten Gebäudeteile vorliegen, sondern die Grundstücksgrenze teilweise diagonal die einzelnen Räumlichkeiten des Gebäudekomplexes durchschneidet.

Die Baukosten wurden nicht entsprechend der tatsächlichen Veranlassung und den auf den jeweiligen Grundstücken errichteten Gebäudeteilen getragen, sondern nach einem pauschalen Aufteilungsschlüssel von 24,83 % zu 75,17 %.

Der langfristige Mietvertrag mit d. wurde nicht getrennt, sondern einheitlich geschlossen, ohne dass in diesem Mietvertrag auf die im jeweiligen Eigentum der Vermieter stehenden Mietflächen gesondert Bezug genommen wurde."

Darüber hinaus bedingen die Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern der Beklagten auch Gefahren für das bestehende Mietverhältnis. Dies erkennt auch der Gesellschafter H. in seinem Schreiben vom 22.12.2004 (Anlage BB 3) an, wenn er auf Seite 7 abschließend ausführt:

"In jedem Fall sollte sichergestellt werden, dass das bisher gute Verhältnis zur Mieterin und zu den finanzierenden Banken nicht durch "übereilte", unnötige oder undurchdachte Kontaktaufnahmen gestört wird. Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, dass die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Mietvertrag gefährdet sein könnte."

Hinzu kommt, dass nach unstreitiger Auffassung aller am Rechtsstreit Beteiligten die von den beiden Grundstücksnachbarn getragenen Baukosten auszugleichen sind. Während die Grundstücksnachbarin B. auf Seite 18 ihres Schreibens vom 07.06.2004 an die Beklagte (Anlage BK 8) die Rückzahlung zuviel geleisteter Baukosten in Höhe von 4.973.778,63 € zuzüglich Umsatzsteuer anbietet, behauptet der Streithelfer der Beklagten H. insofern einen Mindestzahlungsanspruch der Beklagten gegen ihre Grundstücksnachbarin in Höhe von 5,5 Mio. € als Abfindungsanspruch aus der von ihm angenommenen Innen-GbR. Ein solcher Ausgleich der Baukosten kann nur dadurch bedingt sein, dass das Verhältnis der tatsächlichen Baumassen auf beiden Grundstücken in erheblicher Weise von dem vorläufigen und bislang praktizierten Aufteilungsmaßstab abweicht.

Nachvollziehbar hat die Klägerin hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2005 zusammenfassend dargetan, dass sich aus den hiermit korrespondierenden geringeren Mieteinnahmen der Beklagten ein jährlicher Fehlbetrag in Höhe von mehr als 500.000,00 € ergebe, was die Notwendigkeit einer Teil-Rückführung des Darlehens in Höhe von 7,5 Mio. € erforderlich mache. Gleichfalls einsichtig ist das von der Klägerin vorgetragene Verlangen der finanzierenden Landesbank Baden-Württemberg nach einer kurzfristigen Sondertilgung des Darlehens in entsprechender Höhe, da der Beleihungswert des Grundstücks der Beklagten naturgemäß maßgeblich von der dort anzusetzenden vermieteten Geschoßfläche abhängig ist.

c) Eine einvernehmliche Regelung des Verhältnisses zwischen der Beklagten zur Grundstücksnachbarin B. ist durch das nachhaltige Zerwürfnis der Gesellschafter der Beklagten blockiert.

Insoweit kann als Ausdruck des gegenseitigen Misstrauens der Gesellschaftergruppen der Beklagten gelten, dass Versuche einer Abklärung des Rechtsverhältnisses zur Nachbarin schon im Ansatz unterbunden werden.

Die Argumentation der Streithelfer der Beklagten, dass insofern eine Blockadesituation bereits deshalb nicht bestehe, da der Gesellschafterblock P. über 65 % der Stimmen, die Streithelfer der Beklagten jedoch nur über 35 % der Stimmen verfügten, greift zu kurz. Sie lässt nämlich außer Acht, dass bei Regelungen mit der Grundstücksnachbarin B. die Streithelfer der Beklagten in der Gesellschafterversammlung über die Mehrheit verfügen, da sowohl die L. KG als auch deren Gesellschafter P. analog § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen sind.

Der Bundesgerichtshof hat bereits im Urteil vom 10.02.1977 (BGHZ 68, 107, 109 f.; siehe dazu auch das Senatsurteil vom 25.02.2004, Az. 7 U 2959/03, S. 10) eine sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift dann für zulässig erachtet, wenn ein Gesellschafter mit einem als Geschäftsgegner der GmbH in Aussicht genommenen fremden Unternehmen zwar nicht rechtlich identisch, wohl aber wirtschaftlich so stark verbunden ist, dass man sein persönliches Interesse dem dieses Unternehmens völlig gleichsetzen kann.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig - und überdies aus dem Mietvertrag vom 22.12.2000 (Anlage BK 7) ersichtlich - ist die L.-KG am Vermögenswert der L. B. als Träger von Rechten und Pflichten unterbeteiligt. Ebenso unstreitig ist, dass der Gesellschafter P. 94 % der Gesellschaftsanteile der L.-KG hält und deren maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Willen bildet. Aufgrund dieser engen wirtschaftlichen Verbundenheit der L.-KG und ihres Mehrheitsgesellschafters P. liegt hinsichtlich beider ein Stimmrechtsausschluss entsprechend der Regelung des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG vor, soweit Rechtsgeschäfte zwischen der Beklagten und der Grundstücksnachbarin B. in Rede stehen. Hieraus ergibt sich, dass bei Rechtsgeschäften mit der Grundstücksnachbarin der rechtsgeschäftliche Wille der Beklagten von deren Streithelfern gebildet wird. Diese Situation bedingt, dass eine Regelung der offenen Fragen bislang nicht getroffen werden konnte und auch nicht in Aussicht steht.

d) Nach Sachlage kann auch nicht festgestellt werden, dass das Zerwürfnis der Gesellschaftergruppen von der Klägerin oder deren Gesellschaftern vorwerfbar herbeigeführt worden ist, mit der Folge, dass hierin kein wichtiger Grund für die Auflösung der Beklagten gesehen werden könnte. Vielmehr ist das Zerwürfnis der Gesellschafter durch ein sich wechselseitig steigerndes Misstrauen zu erklären. Dieses geht bei den Streithelfern der Beklagten dahin, dass der Gesellschafter P. alles unternehme, um Vermögenswerte von der Beklagten auf die Nachbarin B. zu verlagern, beim Gesellschafter P. andererseits dahin, dass es Ziel der Streithelfer der Beklagten sei, durch breit gestreute Anfechtung von Mehrheitsbeschlüssen der Gesellschafterversammlung der Beklagten einen "Lästigkeitswert" aufzubauen, um sich anschließend die Gesellschaftsanteile zu einem überhöhten Preis abkaufen zu lassen.

3. Der Erfolg der Klage scheitert auch nicht daran, dass die Auflösung der Gesellschaft stets das letzte Mittel zu sein hat (vgl. BGH NJW 1985, 1901; Scholz, 9. Aufl., Rn. 3 zu § 61 GmbHG; Baumbach/Hueck, 17. Aufl., Rn. 5 zu § 61 GmbHG). Eine Entflechtung der beiden bestehenden Gesellschaftergruppen ist nach Sachlage weder dadurch möglich, dass die Klägerin als Gesellschafterin weicht, noch durch eine Ausschließung der Streithelfer der Beklagten zu erzielen.

a) Insbesondere kann hier den Belangen der Klägerin nicht durch eine für die anderen Gesellschafter weniger einschneidende Maßnahme Rechnung getragen werden. Die Möglichkeit, ihre Beteiligung zum vollen, nicht hinter dem voraussichtlichen Liquidationserlös zurückbleibenden Wert zu veräußern (vgl. BGH a. a. O.), hat die Klägerin nicht.

Aus dem Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Gesellschafters S. die Geschäftsführerin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2005 befragt hat, ob diese bereit sei, den 25 %-Anteil der Klägerin an die Streithelfer der Beklagten zu verkaufen und die Geschäftsführerin der Klägerin hierzu keine Erklärung abgegeben hat, können in diesem Zusammenhang keine Folgerungen gezogen werden, da die Anfrage nicht mit einem konkreten Kaufpreis verbunden war.

Darüber hinaus wäre der Klägerin eine Aufgabe ihrer Gesellschafterstellung angesichts der hier gegebenen besonderen Umstände auch nicht ohne weiteres zumutbar: Die Klägern hat unstreitig als einziger Gesellschafter der Beklagten den Schuldbeitritt zur Erlangung des über 50.000.000,-- DM lautenden Darlehens bei der Landesbank Baden-Württemberg erklärt. Von daher wäre es der Klägerin nicht zumutbar, einerseits als Gesellschafterin der Beklagten auszuscheiden, gleichzeitig jedoch aus diesem Schuldbeitritt weiter verpflichtet zu sein.

Hinzu kommt, dass die Auflösung der Beklagten hier nicht zur Zerschlagung des Unternehmens und einem entsprechenden Wertverlust führt. Vielmehr besteht das Geschäftsvermögen der Beklagten aus einer Gewerbeimmobilie, deren Vermietung ein Erwerber im Falle der Liquidation unverändert fortsetzen kann, so dass eine Vernichtung eines Unternehmenswerts nicht zu besorgen ist (vgl. BGH NJW 1985, 1901, 1902). Vielmehr können beide Gesellschafterblöcke im Falle der Auflösung der Gesellschaft als Kaufinteressenten bieten, womit gesichert ist, dass ein bestmöglicher Erlös erzielt wird.

b) Schließlich müsste das Auflösungsrecht dann zurücktreten, wenn der wichtige Grund von einem einzelnen Mitgesellschafter gesetzt worden wäre und sich daraus ein Recht zur Ausschließung dieses Gesellschafters ergeben würde. Eine solche individuelle Schuldzuweisung ist hier allerdings nicht möglich.

Da ein Fall der streitgenössischen Nebenintervention vorliegt, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 100 ZPO. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte am Berufungsverfahren nicht beteiligt hat. Durch die Säumnis der Beklagten in erster Instanz entstandene Gerichtskosten sind nicht zu erheben, da das Landgericht die anderen Gesellschafter nicht in der gebotenen Weise von der Klage in Kenntnis gesetzt hat (vgl. Scholz, 9. Aufl., Rn. 10 zu § 61 GmbHG).

Aufgrund der Gestaltungswirkung des Urteils nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG ist die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO nur hinsichtlich der Kostenentscheidung auszusprechen (Scholz, a.a.O. Rn. 11 zu § 61 GmbHG).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.



Ende der Entscheidung

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