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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: 7 U 4816/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 242 gesellschafterliche Treuepflicht |
II. Die Berufung auf eine solche Regelung und die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen im Wege der actio pro socio kann aber gegen die gesellschafterliche Treuepflicht und damit gegen Treu und Glauben verstoßen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Regelungen der Satzung unpraktikabel sind, die Verzinsungspraxis über Jahrzehnte unbeanstandet erfolgte, die vom Gesellschaftsvertrag abweichende Verzinsung für die Gesellschafter erkennbar war und der Aufwand für die Berechung der Rückzahlungsansprüche sowie für die ntowendige Korrektur zurückliegender Jahresabschlüsse unverhältnismäßig wäre.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 7 U 4816/05
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
Hinweis gemäß § 522 II ZPO:
Tenor:
Der Senat beabsichtigt die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu wird bis zum 10.02.2006 Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Die Beweiswürdigung des Landgericht ist frei von Rechtsfehlern (§§ 513 Abs.1, 546 ZPO). Sie erschöpft den einschlägigen Sachverhalt, ist nahe liegend und widerspruchsfrei. Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze liegen nicht vor. Das Ergebnis der Beweiswürdigung wird insbesondere durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt.
Ohne Rechtsfehler und unter zutreffender Würdigung des Parteivortrags und der vorgelegten Dokumente geht das Gericht in 1.Instanz zu Recht davon aus, dass die im Wege der so genannten actio pro socio von den Klägern begehrte Feststellung, dass die Beklagten zur Rückzahlung der an sie aufgrund einer nach Ansicht der Kläger gesellschaftsvertragswidrig vorgenommenen Verzinsung von Gesellschafterkontokorrentkonten seit dem Jahre 1993 bis zum Jahr 2001 zugewiesenen Beträge verpflichtet seien, zulässig aber unbegründet ist. Zutreffend begründet das Landgericht dies damit, dass der Geltendmachung des Klageanspruchs jedenfalls der Einwand aus § 242 BGB entgegensteht. Auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen des Landgerichts kann in vollem Umfang Bezug genommen werden.
1. Zuzustimmen ist den Klägern - wie es auch das Erstgericht tat - darin, dass die Verzinsung der Guthaben auf den Kontokorrentkonten der Gesellschafter über viele Jahre unter Verstoß gegen die gesellschaftsvertragliche Regelung in § 14 Abs. 4 und 5 des Gesellschaftsvertrags (vgl. Anlage K 5) erfolgt ist. Danach ist es unzulässig, dass auch nicht kapitalanteilsproportionale Guthaben der einzelnen Gesellschafter auf den Kontokorrentkonten mit 5 % verzinst werden. Unstreitig wurde diese Verzinsungspraxis entgegen der Regelungen des Gesellschaftsvertrags über ca. 4 Jahrzehnte, nicht nur in dem von den Klägern geltend gemachten Zeitraum, praktiziert und zwar dergestalt, dass jedes Guthaben unabhängig von der Höhe und dem Verhältnis der Kapitalbeteiligung verzinst wurde. Zu Recht sieht das Landgericht die Regelung im Gesellschaftsvertrag als nicht praktikabel an, da deren Einhaltung einen fast täglichen Vergleich der Salden auf den Kontokorrentkonten aller Gesellschafter, die unstreitig keiner Entnahmebeschränkung unterliegen, erfordern würde, um festzustellen, ob die jeweils aktuellen Salden proportional im Verhältnis zu den Kapitalbeteiligungen bei allen 13 Gesellschaftern stehen.
2. Das Erstgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Geltendmachung des Klageanspruchs § 242 BGB entgegensteht. Auf die Ausführungen des Landgerichts in den Urteilsgründen hierzu kann verwiesen werden. Ergänzend ist insbesondere zum Berufungsvorbringen der Kläger Folgendes anzumerken:
a) Soweit die Kläger vortragen, sie hätten keine Veranlassung gehabt, an der Richtigkeit der vorgelegten Jahresabschlüsse zu zweifeln, da es gerade Aufgabe der damit beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei, den Jahresabschluss im Interesse aller Gesellschafter auf Richtigkeit zu prüfen, ist dem nicht zu folgen. Nach § 264 Abs. 2 HGB muss der Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln Die Kläger selbst tragen zum einen nicht vor, dass die hinsichtlich der Zinsleistungen für die Kontokorrentkonten der Gesellschafter im Rahmen der Jahresabschlüsse vorgelegten Berechnungen rechnerisch fehlerhaft gewesen seien. Die den Gesellschaftern vorgelegten und von diesen - auch von den Klägern - jährlich gebilligten Jahresabschlüsse sind, soweit sie die Zinsgutschriften auf den Kontokorrentkonten ausweisen, zutreffend wiedergegeben. Die Kläger konnten aber auch nicht davon ausgehen und darauf vertrauen, dass die Wirtschaftsprüfer die über Jahrzehnte geübte und von den Gesellschaftern nicht beanstandete Praxis aus Rechtsgründen in Frage stellen hätten müssen, zumal - wie das vorliegende Verfahren zeigt- unterschiedliche Rechtsauffassungen bezüglich der Zulässigkeit der Verzinsung positiver Salden auf den Kontokorrentkonten nach dem Gesellschaftsvertrag vertretbar sind. Aufgabe der Wirtschaftsprüfer ist es nicht, gesellschaftsrechtliche Fragen zu klären.
b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Durchsetzung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche treuwidrig. Die Berechtigten haben ihre Rechte über einen sehr langen Zeitraum hindurch nicht geltend gemacht, die Verpflichtete konnte und durfte sich nach dem Gesamtverhalten der Berechtigten auch darauf einrichten, dass diese das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werden (vgl. Palandt, BGB 64. Auflage, § 242 Rdnr. 87). Die Geltendmachung der Ansprüche durch die Kläger stellt auch einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens dar.
aa) Zu Recht ging das Landgericht hiervon aus und stützt seine Argumentation insbesondere darauf, dass die Kläger von der dem Gesellschaftsvertrag zuwider laufenden Praxis Kenntnis hätten haben müssen und trotzdem nicht tätig geworden sind. Die späte Geltendmachung des Rechts durch die Kläger stellt eine, insbesondere auch mit der Treuepflicht der Gesellschafter nicht zu vereinbarende Illoyalität dar. Nach Ansicht des Senats musste sich die vertragswidrig erfolgte Kontokorrentverzinsung den Klägern insbesondere aus den Übersichten über die Gewinnverteilung und Gesellschaftereinlagen (Anlagen K6 und K7) aufdrängen. Dass die maßgeblichen Werte dabei nur in einer Zeile aufgeführt wurden, ändert hieran nichts, da diese Angaben naturgemäß von zentraler Bedeutung für jeden Gesellschafter sind.
Die Erkennbarkeit räumen die Kläger selbst im Schriftsatz vom 30.12.2004 (vgl. Bl. 5 d.A.) ein, indem sie vortragen: "Da in den Geschäftsjahren seit 1993 jedoch einige Gesellschafter regelmäßig negative Salden, einige Gesellschafter deutlich positive Salden auf den Kontokorrentkonten aufwiesen, liegt die Vermutung nahe, dass die Guthaben auf den Kontokorrentkonten im Durchschnitt unterjährig gerade nicht in dem nach den Gesellschaftsverträgen erforderlichen Verhältnis zueinander standen....Aufgrund der teilweisen negativen Salden zum Jahresende ist jedoch davon auszugehen, dass die Guthaben mit hoher Wahrscheinlichkeit zu keinem Zeitpunkt im Verhältnis der Kapitalbeteiligung standen." Die von den Klägern hierzu vorgelegten Gewinnverteilungen (vgl. Anlagen K 6 und K 7) der K.-Bekleidungs KG für die Jahre 1998 und 1999 weisen für die einzelnen Gesellschafter nicht unerhebliche negative Salden auf, die bei Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Vorgaben, keinesfalls bei den übrigen Gesellschaftern Zinsgutschriften für deren nicht geringe Guthaben erlaubt hätten. Dies bestätigen die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 30.12.2004 (vgl. Bl. 9 d.A.). Hinzu kommt, dass die Kläger selbst Guthaben auf den Kontokorrentkonten verzinst erhielten und zwar in einer Zeit, in der andere Gesellschafter Negativsalden auf ihren Konten hatten. Den Klägern musste daher auch angesichts der Verzinsung ihrer Positivsalden die vom Gesellschaftsvertrag abweichende Praxis auffallen.
bb) Soweit die Kläger hinsichtlich der unterjährigen Bewegungen auf den Kontokorrentkonten vortragen, dass sie aus der Disproportionalität der Salden auf den Kontokorrentkonten der Jahresabschlüsse nicht auf die fehlerhafte Verzinsung der Guthaben insgesamt hätten schließen können, ist dem nicht zu folgen. Auch diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Das von den Klägern in der Berufungsbegründung vorgelegte Berechnungsbeispiel überzeugt nicht, zumal es von einem Anfangsbestand auf den Gesellschafterkonten ausgeht, der bei einem Gesellschafter einerseits ein positives Saldo bei anderen ein negatives Saldo aufweist, und damit der Berechnung Kontostände zu Grunde gelegt werden, die bereits einen Verstoß gegen § 14 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags - nach dem eigenen Vorbringen der Kläger - darstellen würden. Hierauf können sie ihre Argumentation nicht stützen. Es ist vielmehr so, wie es auch das Landgericht feststellt, dass sich den Klägern die vom Gesellschaftsvertrag abweichende Verzinsungspraxis aus den dargestellten Jahresabschlüssen und aus der Verzinsung eigener Guthaben auf den Kontokorrentkonten hätte aufdrängen müssen.
cc) Die Geltendmachung der Ansprüche auf Rückzahlung der im Zeitraum von 1993 bis 2001 an die Gesellschafter unberechtigt geleisteten Zinsen verstößt daher angesichts der jahrzehntelangen Praxis, der sich aufdrängenden Abweichung von den unpraktikablen Regelungen des Gesellschaftsvertrags und des eigenen widersprüchlichen Verhaltens der Kläger, die selbst Vorteile aus der nunmehr als vertragswidrig gerügten Verzinsungspraxis zogen, gegen Treu und Glauben.
Es ist seit langem unbestritten, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft durch Treuepflichten zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft und im gesellschaftsbezogenen Bereich auch zur Schonung der Interessen seiner Mitgesellschafter verpflichtet ist (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage § 20 IV.2.). Auch aus dieser Treuepflicht der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern gegenüber ergibt sich, dass eine Rückabwicklung im vorliegenden Fall treuwidrig wäre. Zum einen würde die von den Klägern beantragte Rückzahlung der Zinsen an die Gesellschaft zunächst die Gesellschaft selbst vor erhebliche Probleme stellen, da diese jede einzelne Kontobewegung auf den Kontokorrentkonten der 13 Mitgesellschafter in den Jahren 1993 bis 2001 feststellen und deren Auswirkungen auf die Konten der jeweils anderen Gesellschafter berücksichtigen müsste. In einem weiteren Schritt müsste die Gesellschaft hieraus die jeweils an den einzelnen Gesellschafter unberechtigt geleisteten Zinsen errechnen. Der für die Feststellung des Rückzahlungsanspruchs notwendige Berechnungsaufwand wäre unverhältnismäßig. Die Treuepflicht der Gesellschafter verpflichtet diese zur Rücksichtnahme bei der Ausübung eigener Rechte bzw. ebenso bei der Geltendmachung von Ansprüchen der Gesamthand gegen Gesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft im Wege der actio pro socio.
Der Senat regt daher an, die Berufung zur Meidung weiterer Kosten zurückzunehmen.
Beschluss gemäß § 522 II ZPO:
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.08.2005, Az: 10 HK O 176/05, wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 100.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Berufung der Kläger war durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern.
Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 25.01.2006 wird Bezug genommen. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 14.02.2006 bzw. 10.02.2006 (mit Anlagen) hierzu Stellung genommen. Die hierin vorgetragenen Einwände geben jedoch zu keiner von den Hinweisen des Senatsvorsitzenden abweichenden rechtlichen Bewertung Anlass und führen nicht zum Erfolg der Berufung.
1. Die Kläger tragen erneut vor, sie hätten sich als nicht geschäftsführende Gesellschafter auf die Richtigkeit der von den Wirtschaftsprüfern geprüften Jahresabschlüsse verlassen können und müssen. Dies erstrecke sich auch auf die Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen, insbesondere auf die vertragsgemäße Verzinsung der Kontokorrentkonten. Es sei Kernaufgabe eines Wirtschaftsprüfers im Zusammenhang mit der Prüfung der Jahresabschlüsse neben der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften auch die Beachtung des Gesellschaftsvertrags durch die Geschäftsführung zu überprüfen. Dies hätten die Wirtschaftsprüfer der K.gesellschaften vorliegend in ihren Jahresabschlüssen auch ausdrücklich jährlich bestätigt (Anlage B 29). Die Argumentation des Senats, dass auf der einen Seite ein Kommanditist als Laie die fehlerhafte Verzinsung hätte erkennen müssen, während auf der anderen Seite die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die die Jahresabschlüsse seit Jahrzehnten fertige und ausdrücklich die Einhaltung des Gesellschaftsvertrages geprüft habe, diese nicht hätte erkennen können, sei widersprüchlich.
Dem ist nicht zu folgen. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es nicht Aufgabe des Wirtschaftsprüfers ist, gesellschaftsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Prüfung der Jahresabschlüsse zu klären, insbesondere ist eine umfassende Rechts- und Wirtschaftlichkeitskontrolle nicht geschuldet (vgl. Baumbach/Hopt, HGB , 32. Auflage § 317 Rndr. 5). Vorliegend haben die Jahresabschlüsse eine seit vier Jahrzehnten geübte und durch die Gesellschafter nie beanstandete Verzinsungspraxis testiert. Ob diese Handhabung der Verzinsung im Einklang mit den gesellschaftsvertraglichen Regelungen stand, vor allem ob diese Regelungen nicht einvernehmlich durch konkludentes Handeln geändert wurden, sind Rechtsfragen, die - wie das vorliegende Verfahren zeigt - nicht unzweifelhaft beantwortet werden können. Angesichts der Unpraktikabilität der gesellschaftsvertraglichen Regelung und der jahrzehntelangen hiervon abweichenden Verzinsungspraxis, die die Gesellschafter zu keiner Zeit gerügt haben, ist es nicht fern liegend eine konkludente einvernehmliche Änderung des Gesellschaftsvertrags durch die Gesellschafter anzunehmen. Das Erstgericht hat dies dahin stehen lassen.
Die Kläger können sich daher nicht darauf berufen, die Testate der Wirtschaftsprüfer hätten sich auf die rechtliche Überprüfung der Verzinsungspraxis erstreckt bzw. erstrecken müssen und sie hätten sich, da die Wirtschaftsprüfer die Praxis nicht beanstandet hatten, auf die Vertragsgemäßheit verlassen können.
2. Dies steht auch nicht im Widerspruch zur Auffassung des Senats, dass sich die vom Vertragstext abweichende Verzinsungspraxis den Klägern hätte aufdrängen müssen. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen des Vorsitzenden im Hinweis vom 25.01.2006 verwiesen werden. Entgegen dem Vortrag der Kläger kommt es dabei auch nicht darauf an, ob die Gesellschafter verpflichtet sind, Einzelheiten aus dem Gesellschaftsvertrag zu kennen und diese mit den Jahresabschlüssen seiner Gesellschaft abzugleichen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Kläger als Gesellschafter bei Heranziehen des Gesellschaftsvertrags und der Jahresabschlüsse unschwer hätten erkennen können, dass die Verzinsung der Kontokorrentkonten der Gesellschafter unabhängig von deren Beteiligungsquote vorgenommen wurde und dass eine derartige Verzinsung nicht dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrags entsprach. Dass die von den vertraglichen Regelungen abweichende Verzinsungspraxis auf der Hand lag, zeigt überzeugend das vom Erstgericht ausführlich dargelegte Berechnungsbeispiel (s. Blatt 24/25 des Urteils). Nicht zu Letzt ist darauf zu verweisen, dass die Kläger selbst Guthaben auf ihren Kontokorrentkonten hatten, die entsprechend der geübten Praxis verzinst wurden und deren Verzinsung sich demnach nicht in Abhängigkeit vom jeweiligen Kontostand der Mitgesellschafter änderte. Die Kläger hätten dies aus ihren Kontoauszügen unschwer erkennen können. Den Klägern ist auch insoweit nicht zu folgen, als sie sich darauf berufen, dass aus den Jahresabschlüssen lediglich die Anfangs- und Endsalden der einzelnen Gesellschafterkonten eines Jahres ersichtlich gewesen seien und daraus keine Rückschlüsse auf die unterjährige Verzinsung möglich seien. Hierauf ist der Senatsvorsitzende in seinem Hinweis - auf den Bezug genommen wird - bereits näher eingegangen. Ergänzend ist dem Erstgericht ausdrücklich darin zuzustimmen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum von 12 Jahren angesichts der in den Übersichten (vgl. Anlagen K6, K7) erheblich differierenden Salden von negativ bis positiv im Verhältnis zu den jeweiligen Kapitalbeteiligungen und der ausgewiesenen Höhe der Zinsen diese nur für unterjährig irgendwann einmal proportionale Guthaben im Verhältnis von nicht weniger als 13 Gesellschaftern aufwiesen, gegen Null tendiert.
Angesichts der Tatsache, dass die vertragliche Regelung von vornherein unpraktikabel war, niemals tatsächlich angewandt wurde, die Verzinsung über Jahrzehnte einheitlich in Abweichung vom Wortlaut des Gesellschaftsvertrags durchgeführt wurde, dies aus den den Gesellschaftern vorgelegten Unterlagen der Jahresabschlüsse unschwer erkennbar war, von den Gesellschaftern nie beanstandet wurde und den Klägern selbst zu Gute kam, als diese positive Salden auf ihren Konten hielten, konnte der Verpflichtete darauf vertrauen, dass das Recht auch in Zukunft nicht geltend gemacht wird.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist Voraussetzung für den Vertrauenstatbestand nicht, dass das Thema der vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Verzinsungspraxis der Kontokorrentkonten in irgendeiner Form in der Gesellschaftsversammlung angesprochen und diese dann von den Klägern über längere Zeit hingenommen hätte werden müssen. Ausreichend sind die oben dargelegten Umstände, die den Vertrauenstatbestand begründet haben. Die Kläger können sich auch nicht auf ein etwaiges unredliches Verhalten der Gegenseite berufen, zumal sie nicht substantiiert vortragen, inwieweit ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des persönlich haftenden Gesellschafters vorliegen soll.
3. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die nunmehrige Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen im Wege der actio pro socio der gesellschafterlichen Treuepflicht (§ 242 BGB) zuwiderläuft. Wie bereits im Hinweis des Senatsvorsitzenden ausgeführt, würde die Rückabwicklung die Gesellschaft vor erhebliche Probleme stellen. Auch diese Interessen der Gesellschaft hat der einzelne Gesellschafter zu beachten. Im vorliegenden Fall müsste jeder einzelne Buchungsvorgang auf dem Kontokorrentkonto jedes einzelnen der 13 Gesellschafter auf seine Auswirkungen hinsichtlich der jeweils erheblich unterschiedlichen Beteiligungsquote aller Gesellschafter überprüft werden und für den Zeitraum bis zur nächsten Buchung auf einem Kontokorrentkonto die Zinszahlung in Bezug zur quotalen Beteiligung der Gesellschafter errechnet werden. Dabei wäre zu berücksichtigen, dass überquotale Guthaben nicht grundsätzlich unzulässig sind, sondern - wie die Kläger selbst vortragen - nur in der die quotale Beteiligung überschreitenden Höhe unverzinst bleiben müssen. Würde man für jedes Gesellschafterkonto jährlich nur drei Buchungsvorgänge annehmen, so würde dies über den Zeitraum von 12 Jahren zu mehreren Tausend Prüfvorgängen Anlass geben. Die daraus resultierenden Ansprüche würden dazu führen, dass die jeweiligen Jahresabschlüsse zu korrigieren sind. Sie hätten steuerliche Auswirkungen auf die Gesellschafter und die Gesellschaft. Der für die Berechnung und Festlegung des Rückzahlungsanspruchs notwendige Aufwand ist unverhältnismäßig. Das Rückzahlungsbegehren verstößt gegen die Treue- und Loyalitätspflicht des Gesellschafters, der zur Rücksichtnahme bei der Ausübung seiner eigenen Rechte und der Geltendmachung von Ansprüchen der Gesamthand gegen Mitgesellschafter verpflichtet ist.
Dies führt vorliegend dazu, dass der Geltendmachung der Rückzahlungsansprüchen durch die Kläger im Wege der actio pro socio gegen ihre Mitgesellschafter der Einwand des § 242 BGB entgegensteht. Angesichts der oben dargelegten Umstände scheidet auch die Begrenzung der Rückzahlung auf einen kürzeren Zeitraum aus.
3. Die unter Ziffer 5. des klägerischen Schriftsatzes vom 14.02.2006 aufgeworfene Frage der Reihenfolge der Verzinsung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Insbesondere ändert dies nichts an der rechtlichen Bewertung der von den Klägern geltend gemachten Rückzahlungsansprüche.
4. Soweit die Kläger vortragen, der Hinweis des Senatsvorsitzenden bezüglich der Verzinsungsberechnung (Seite 3, 2a) des Hinweises) sei unverständlich, liegt ein Missverständnis vor. Der Senat stellt darauf ab, dass die Verzinsung zwar vom Gesellschaftsvertrag abwich, allerdings einheitlich 5 % für jedes auf den Kontokorrentkonten der Gesellschafter vorhandene Guthaben erfolgte und dies zutreffend in den Übersichten der Jahresabschlüsse wiedergegeben wurde. Dies wird auch von den Klägern, die die Verzinsungspraxis an sich für fehlerhaft erachten, nicht in Frage gestellt.
Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Die Höhe des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO.
Der Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 02.03.2006 wurde bei der vorliegenden Entscheidung nicht berücksichtigt.
Ende der Entscheidung
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