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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 7 U 4899/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 372
1. Hat sich die Klägerin im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs verpflichtet, die Beklagte von Ansprüchen einer Dritten freizustellen und wird die Beklagte dann tatsächlich in Anspruch genommen, steht ihr die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zu, wenn und solange die Klägerin keine Freistellungsmaßnahmen ergriffen hat, mit der Folge dass dem Zahlungsanspruch der Klägerin nur Zug um Zug stattgegeben werden kann.

2. Die zur Freistellung Verpflichtete muss Ansprüche Dritter abwehren. Hierzu gehört nicht nur die Befriedigung begründeter, sondern auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter. Die Freizustellende soll nach dem Sinn der Freistellung dagegen gesichert sein, dass der Streit über die Forderungsinhaberschaft gleichsam auf ihrem Rücken ausgetragen wird.

3. Die Abwehr der Ansprüche Dritter kann auf verschiedene Weise geschehn, z.B: durch Beibringen einer verbindlichen Zusage, dass die Dritte keine Ansprüche gegen die Freizustellende geltend macht, oder durch Herbeiführen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anspruchsinhaberschaft.


In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. G. und die Richter am Oberlandesgericht F. und N. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2006

folgendes Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 09.09.2005, Az: 15 HK O 2377/05, abgeändert und erhält in Ziffer 1. folgende Fassung:

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 28.014,17 Euro zu zahlen Zug um Zug gegen Freistellung durch die Klägerin von Forderungen der Firma C. T. GmbH aus der Kommissionsvereinbarung vom 29.März 2003 für die unter dem Gruppencode FACT 190904 bei der Beklagten durchgeführten Hotelbuchungen.

Im übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 70 %, die Beklagte 30%. Von den Kosten der Nebenintervention trägt die Beklagte 30 %, im Übrigen trägt sie die Nebenintervenientin selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung jeweils in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin, die Nebenintervenientin oder die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Vorsitzende begründet die Entscheidung wie folgt:

I. Die Klägerin verlangt Zahlung für vermittelte Hotelreservierungen aufgrund einer Kommissionsvereinbarung vom 24.03.2003. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Anspruch der Klägerin oder, aufgrund von Abtretung, einer Firma C. T. GmbH in Dornbirn zusteht. Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 28.014,17 EUR stattgegeben, weil es von einer mündlichen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 13.12.2004 ausgegangen ist, die mit Schreiben des Klägervertreters vom 14.12.2004 bestätigt worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag vom 14.12.2005, auf den Bezug genommen wird. Die Beklagte trägt vor, eine vertragliche Verpflichtung aufgrund des Gesprächs vom 13.12.2004 bzw. des Bestätigungsschreibens vom 14.12.2004 bestehe nicht, weil die Vereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung gestanden habe, dass die Firma C.T. GmbH sich nicht anspruchserhebend bei der Beklagten melde. Das Zahlungsverlangen der Klägerin sei auch rechtsmissbräuchlich, weil die Klägerin aufgrund der Freistellungsverpflichtung den Betrag wieder zurückzahlen müsse. Außerdem bringt die Beklagte vor, dass sie den strittigen Betrag gemäß § 372 BGB hinterlegt habe.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung, wobei sie sich auf die telefonische Einigung beruft.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Berufung hat teilweise Erfolg. Der Senat geht ebenso wie das Landgericht vom Zustandekommen einer Einigung aus, wonach die Beklagte den strittigen Betrag gegen Freistellung von Ansprüchen der Firma Care Trust zu bezahlen hat. Da diese Firma aber bereits ihre Forderung geltend gemacht hat, ist der Freistellungsfall bereits eingetreten. Die Klägerin muss deshalb vereinbarungsgemäß Ansprüche der Firma C. T. gegenüber der Beklagten abwehren. Zum Wesen der Freistellung gehört nicht nur die Befriedung begründeter Ansprüche, die Dritte gegen den Freizustellenden erheben, sondern auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche, die Dritte geltend machen. Die Beklagte soll dagegen gesichert sein, dass der Streit zwischen der Klägerin und der Firma C. T. gleichsam auf ihrem Rücken ausgetragen wird. Der Freizustellende soll nach dem Sinn der Freistellung gerade der Gefahr, entweder eine unbegründete Forderung zu erfüllen, oder sich gegen eine begründete Forderung mit Klagen überziehen zu lassen, enthoben werden (vgl. BGH NJW 1970 Seite 1595).

Die Abwehr der Ansprüche der Firma C. T. kann in verschiedener Weise geschehen. Die Klägerin kann entweder eine verbindliche Vereinbarung mit der Firma C. T. beibringen, wonach diese auf Ansprüche gegenüber der Beklagten verzichtet. Sie kann auch durch rechtskräftige Entscheidung aufgrund negativer Feststellungsklage die Anspruchsinhaberschaft klären lassen. Denkbar ist auch, dass für den Fall der Inanspruchnahme der Beklagten durch die Firma C. T., die Klägerin dem Rechstreit als Nebenintervenientin beitritt und den Rechtsstreit für sie führt.

Da die Klägerin derartige Freistellungsmaßnahmen bisher nicht ergriffen hat, steht ihrem Anspruch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegen, so dass dem Zahlungsanspruch nur Zug um Zug stattgegeben werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem Maß des gegenseitigen Obsiegens oder Unterliegens.

Die Revision gegen das Urteil ist nicht zuzulassen, da die Entscheidung des Rechtsstreits auf der tatrichterlichen Würdigung der getroffenen Vereinbarung beruht.

Ende der Entscheidung

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