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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 26.03.2002
Aktenzeichen: 7 W 691/02
Rechtsgebiete: ZPO, HGB
Vorschriften:
ZPO § 887 Abs. 1 | |
HGB § 87 c Abs. 2 |
2. Zu den Anforderungen an einen Buchauszug.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 7 W 691/02
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 26. März 2002 folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 21. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Schuldnerin trägt die Kosten ihrer sofortigen Beschwerde.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt EUR 10.225,84.
Gründe:
I.
Die Schuldnerin wurde gemäß Ziffer I. des Teilurteils des Landgerichts München I vom 04. April 2000 rechtskräftig verurteilt, dem Gläubiger einen Buchauszug über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen ihr und ihren Kunden in A. und B. mit dem Verkauf der Y.-Kollektion im Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1999 zustande gekommen sind, zu erteilen. Mit Beschluss vom 21.11.2001 ermächtigte das Landgericht München I auf Antrag den Gläubiger, die Erteilung des Buchauszugs durch einen vom Gläubiger zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer vornehmen zu lassen, und verpflichtete die Schuldnerin, die voraussichtlichen Kosten hierfür in Höhe von DM 20.000,00 an den Gläubiger im Voraus zu bezahlen und dem Wirtschaftsprüfer oder dem vereidigten Buchprüfer zur Erstellung des Buchauszuges das Betreten und Durchsuchen ihrer Geschäftsräume zu gestatten. Gegen diese ihr am 04.01.2002 zugestellte Entscheidung wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Beschwerde vom 08.01.2002. Sie ist zum einen der Ansicht, der von ihr vorgelegte Ordner erfülle die Erfordernisse eines Buchauszuges, zum ändern behauptet sie, die Parteien hätten sich aussergerichtlich verglichen. Der Gläubiger bestreitet beides.
II.
Das als sofortige Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beklagten, das nach § 793 Abs. 1, § 567 Abs. 1 und § 577 ZPO in der gemäß § 26 Nr. 10 EGZPO am 31.12.2001 geltenden Fassung, statthaft ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Gläubiger zu Recht ermächtigt, die Erteilung des geschuldeten Buchauszuges auf Kosten der Schuldnerin vornehmen zu lassen, und die Schuldnerin zur Vorauszahlung dieser Kosten verurteilt. Entgegen ihrer Ansicht hat die Schuldnerin bisher nicht einen der Vorschrift des §§ 87 c Abs. 2 HGB und dem Teilurteil vom 04.04.2000 entsprechenden Buchauszug erteilt. Im Übrigen kann sie hier nicht Erledigung des zu vollstreckenden Anspruchs einwenden.
1. Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges war, wovon das Landgericht zutreffend ausgeht, nach § 887 ZPO zu vollstrecken.
Es handelt sich insoweit um eine vertretbare Handlung. Zur Erteilung des Buchauszuges ist nicht nur derjenige in der Lage, der die Bücher geführt hat, sondern auch jeder Buchsachverständige, der die Bücher und die dazugehörigen Urkunden einsieht. Erfüllt ein Schuldner seine Verpflichtung zur Erteilung oder Ergänzung eines Buchauszuges nicht, so ist der Gläubiger nach § 887 Abs. 1 ZPO auf Antrag zu ermächtigen, diese Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen, und der Schuldner nach § 887 Abs. 2 ZPO auf Antrag des Gläubigers zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen (OLG Koblenz NJW RR 1994, 358 f.; OLG Köln NJW-RR 1996, 100 jeweils mit weiteren Nachweisen).
2. Das von der Schuldnerin in einem Ordner vorgelegte Konvolut stellt keinen Buchauszug dar und ist daher nicht zur Erfüllung des titulierten Anspruchs tauglich.
a) Es ist heftig umstritten, ob und inwieweit Erfüllung im Vollstreckungsverfahren zu prüfen ist (vgl. nur die Darstellung des Streitstandes bei Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., Rn. 7 zu § 887, und Musielak/Lackmann, ZPO, 2. Aufl., Rn. 19 zu § 887). Während die eine Ansicht vertritt, der Einwand der Erfüllung verzögere die gebotene zügige Zwangsvollstreckung und gehöre als materiell-rechtlicher Einwand gegen den titulierten Anspruch grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren, sondern sei in dem dafür vom Gesetz eigens unter bestimmten Voraussetzungen gegebenen Weg der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO mit der Möglichkeit eines Einstellungsantrages nach § 769 ZPO geltend zu machen (z.B. OLG München NJW-RR 1988, 22 f.; OLG Köln NJW-RR 1988, 1212 f.; OLG Köln MDR1993, 579; OLG Düsseldorf MDR 96, 309; OLG Hamm BauR 1996, 900, 902 jeweils mit weiteren Nachweisen; auch BGH NJW 1995, 3189, 3190, jedoch ohne nähere Begründung), verweist die Gegenansicht auf den Wortlaut des § 887 ZPO und den Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit (z.B. OLG Nürnberg NJW-RR 1995, 63 f.; OLG Köln NJW-RR 1996, 100; OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 155 jeweils mit weiteren Nachweisen). Voraussetzung für die Anordnung der Ersatzvornahme sei es nach dieser Vorschrift gerade, dass der Schuldner seine Verpflichtung zu einer Handlung nicht erfüllt habe. Richtig ist an letzterer Ansicht, dass dem Gesetz, wie die in den Fällen des § 775 ZPO vorzunehmende Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung zeigt, nicht fremd ist, das weitere Schicksal des zu vollstreckenden Anspruchs im Vollstreckungsverfahren zu beachten. Allerdings lässt das § 775 ZPO nur in ganz bestimmten Fällen zu. Diesen ist gemeinsam, dass der Schuldner hierbei in einer Weise, die regelmäßig für jeden ersichtlich und frei von Einwendungen ist, nämlich durch Vorlage gerichtlicher Entscheidungen, öffentlicher Urkunden, Urkunden vom Gläubiger und Bank- und Sparkassenquittungen, beweisen muss, dass die Zwangsvollstreckung nicht oder nicht in dem bisherigen Umfang fortzusetzen ist. Eine Einwendung muss mithin liquide beweisbar sein. Überträgt man diesen Gedanken nun auf das Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, so kann und muss das Prozessgericht des ersten Rechtszuges in einem solchen Verfahren Einwendungen wegen Erfüllung oder auch anderweitiger Erledigung des Vollstreckungstitels berücksichtigen, die liquide beweisbar sind. Soweit sich aber eine Erfüllung oder anderweitige Erledigung nur im Rahmen einer Beweisaufnahme, z.B. durch Vernehmung von Zeugen oder Erholung eines Sachverständigengutachtens, feststellen lässt, ist entsprechend der Wertung des § 775 ZPO die Vollstreckung fortzusetzen und der Schuldner mit seinem Einwand auf die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zu verweisen; andernfalls nähme man dem Gläubiger den Vorteil des vollstreckbaren Titels und würde ihn statt den Schuldner zunächst wieder in ein Erkenntnisverfahren zwingen (so auch beschränkt auf die Fälle des § 775 Nrn. 4 und 5 ZPO OLG Köln MDR 1993.579 und für den Fall eines bereits gerichtlich erholten Sachverständigengutachtens OLG Hamm BauR 1996, 900, 902).
Demgemäß hatte der Senat hier das von der Schuldnerin vorgelegte Konvolut auf seine Tauglichkeit als Buchauszug zu prüfen.
b) Dieses vorgelegte Konvolut stellt keinen Buchauszug dar.
Ein Buchauszug muss die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Nur dann kann sein Zweck erfüllt werden, dem Handelsvertreter über dessen Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen (BGH WM 1982, 152, 153; 1989, 1073, 1074; 2001, 1258, 1259 und 1262). Er muss daher eine bis ins Einzelne gehende Bestandsaufnahme der Kundenbeziehungen des Unternehmers, soweit sie die Provisionsansprüche des Handelsvertreters berühren, einerseits und der vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Handelsvertreter andererseits darstellen. Er hat deshalb neben der genauen Anschrift der Vertragspartner für den Vertreter wesentliche Inhalte der Verträge, nämlich die gelieferte Menge, Preis und sonstigen Abreden zu enthalten. Im Fall von Retouren sind deren Gründe anzugeben (BGH WM 2001, 1258, 1260 f.). Im Buchauszug sind ferner die Geschäfte aufzuführen, die nach § 87 a Abs. 3 HGB provisionspflichtig sein können; hierbei sind auch die Gründe für die Nichtausführung mitzuteilen. Denn die Erteilung des Buchauszuges darf keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihn aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht. Nur die zweifelsfrei nicht Provisionspflichtigen Geschäfte können bei der Erteilung des Buchauszuges unberücksichtigt bleiben (BGH WM 1989, 1073, 1074). Zudem muss der Handelsvertreter ohne Schwierigkeiten die aufgeführten Rechnungen den entsprechenden Aufträgen zuordnen können (BGH WM 1982, 152, 153). Provisionsabrechnungen können einen Buchauszug nur dann ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und wenn sie entweder zusätzlich alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (BGH a.a.O.; WM 1991, 196, 200; 1995, 1774; 2001, 1258, 1262).
Diese Anforderungen erfüllt der von der Schuldnerin vorgelegte Ordner nicht. Er enthält im wesentlichen nur die bisher dem Gläubiger erteilten Abrechnungen. Insbesondere ermangelt es dem Konvolut der Schuldnerin an der Darstellung des jeweiligen Auftrags bzw. der einzelnen Bestellung und deren weitere Bearbeitung durch die Schuldnerin.
3. Dagegen kann die Schuldnerin den Einwand der anderweitigen Erledigung des zu erteilenden Buchauszuges in Folge eines aussergerichtlichen Zahlungsvergleichs im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO nach den oben unter 2. a) dargestellten Grundsätzen nicht geltend machen.
Sie hat hierfür keine liquiden Beweismittel vorgelegt und lediglich Frau Z. als Zeugin benannt, nachdem der Gläubiger einen solchen aussergerichtlichen Vergleich in einem Telefonat vom 22.11.2001 zwischen ihm und Frau Z. von der Beklagten bestreitet.
Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.
Wert der Beschwerde: §§ 3 und 6 ZPO.
Ende der Entscheidung
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