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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: Kart 14/07
Rechtsgebiete: EnWG, StromNEV, StromNZV, Richtlinie 2003/54/EG


Vorschriften:

EnWG § 21
EnWG § 23a
EnWG § 118 Abs. 1b
StromNEV § 3 Abs. 1 Satz 5
StromNEV § 7 Abs. 1 Satz 3
StromNEV § 8
StromNEV § 10 Abs. 1 Satz 2
StromNZV § 12 Abs. 3
Richtlinie 2003/54/EG Art. 20 Abs. 1
1. Zur rückwirkenden Genehmigung von Stromnetzentgelten.

2. Die Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV betreffend die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie schließt die Berücksichtigung von Planwerten nach den Grundsätzen des § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV aus, weil es sich um eine abschließende Spezialregelung handelt.

3. Bei der Verzinsung des die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des Eigenkapitals im Rahmen einer am 31.10.2005 beantragten Stromnetzentgeltgenehmigung ist der von der Landesregulierungsbehörde angewendete Zinssatz von 4,8 % nicht zu beanstanden; ein darüber hinaus gehender Risikozuschlag in Höhe von 0,7 % ist nicht gerechtfertigt.

4. Bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer nach § 8 StromNEV im Rahmen der Stromnetzentgeltgenehmigung bleiben die Regelungen der §§ 8 und 9 GewStG außer Betracht. Scheingewinne und hälftige Dauerschuldzinsen sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen.

5. Ohne jeden Anhaltspunkt hinsichtlich des tatsächlichen Mehraufwands für Ausgleichsenergie kommt die Berücksichtigung eines entsprechenden Kostenpunkts im Rahmen der Stromnetzentgeltgenehmigung nicht in Betracht.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: Kart 14/07

Verkündet am 13.12.2007

In dem Verfahren

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein, Richter am Oberlandesgericht Lehner und Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Antragsgegnerin - einschließlich der Rechtsanwaltskosten - zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf ... € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, eine GmbH, ist entstanden aus einer Umgründung der Stadtwerke D. (vgl. Geschäftsbericht 2004 der Antragstellerin, S. 1 (Bl. 321 der Verwaltungsakte)). Zu den Aufgaben der Antragstellerin gehört die Stromversorgung; das Versorgungsgebiet umfasst das gesamte Stadtgebiet D. mit Ausnahme der Ortsteile G., H. und T. (vgl. Geschäftsbericht 2004 der Antragstellerin, S. 2 (Bl. 322 der Verwaltungsakte)).

Mit Schreiben vom 28.10.2005 (Anlage BF 5), bei der Antragsgegnerin am 31.10.2005 eingegangen, hat die Antragstellerin die Genehmigung von Netzentgelten Strom gemäß § 23a EnWG beantragt.

Mit Bescheid vom 17.12.2006 (Anlage BF 14) hat die Antragsgegnerin dem Antrag der Antragstellerin nur teilweise entsprochen. Auf diesen Bescheid nebst Anlage wird Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 27.11.2007 zugestellten Bescheid wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 26.01.2007 beim Oberlandesgericht München eingelegten Beschwerde. Sie ist der Auffassung, der Bescheid der Antragsgegnerin sei formell und materiell rechtswidrig. Der Bescheid vom 17.12.2006 sei bereits deshalb formell rechtswidrig, weil die in ihm getroffenen Regelungen in einem nicht unerheblichen Umfang auf Erwägungen beruhten, die Teil einer vorgefertigten behördlichen Musterbegründung, zum Teil aber gar nicht einschlägig seien. Darüber hinaus weise der Genehmigungsbescheid nur die Kürzungsvolumina einzelner Kostenpositionen aus. Eine detaillierte und nachvollziehbare Darstellung aller behördlich genehmigten Gesamtbeträge der Kosten- und Erlösarten einschließlich der genehmigten Netzgesamtkosten finde sich an keiner Stelle im Genehmigungsbescheid. Außerdem sei der Bescheid vom 17.12.2006 auch in mehreren Punkten materiell rechtswidrig. In dem genannten Bescheid sei in unzulässiger Weise ein rückwirkendes Inkrafttreten der Netzentgelte zum 01.10.2006 angeordnet worden. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten für Verlustenergie des Jahres 2006 seien von der Antragsgegnerin zu Unrecht nicht voll anerkannt worden. Beim Zinssatz für den die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteil des Eigenkapitals habe die Antragsgegnerin zu Unrecht einen Risikozuschlag in Höhe von 0,7 %-Punkten nicht anerkannt. Bei der Kostenposition der kalkulatorischen Gewerbesteuer habe die Antragsgegnerin zu Unrecht eine Kürzung vorgenommen. Kosten für Ausgleichsenergie habe die Antragsgegnerin zu Unrecht überhaupt nicht anerkannt.

Die Antragstellerin beantragt:

I. Der Genehmigungsbescheid der Entgelte für den Netzzugang Strom (§ 23a EnWG) der Stadtwerke ... vom 17.12.2006, Aktenzeichen: 22-3163.2-5, wird aufgehoben.

II. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung der Netzentgelte für Strom vom 28.10.2005 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin tritt den Rügen der Antragstellerin im Einzelnen entgegen.

Ergänzend wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie auf das Protokoll des Termins vom 22.11.2007 Bezug genommen.

II.

Gemäß § 79 Abs. 2 EnWG ist im Streitfall die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen - entsprechend der Beteiligung des Bundeskartellamts gemäß § 67 Abs. 2 GWB im Kartellbeschwerdeverfahren - zu beteiligen (vgl. Salje, Energiewirtschaftsgesetz, § 79 Rdn. 6).

III.

Die zulässige (§ 75, § 78 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 EnWG) Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.

1. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass der Bescheid vom 17.12.2006 formell rechtswidrig sei. Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 EnWG liegt im Streitfall nicht vor. Der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin begegnet auch insofern keinen durchgreifenden Bedenken, als er für die Festsetzung des genehmigten Netzentgelts unerhebliche Ausführungen enthält.

a) Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 EnWG sind Entscheidungen der Regulierungsbehörde zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen. Vorbild für § 73 Abs. 1 Satz 1 EnWG ist § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB (vgl. die Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 15/3917, S. 71). Der Umfang der erforderlichen Begründung entspricht § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG: Es sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Überspannte Anforderungen dürfen dabei nicht gestellt werden. Die Begründung muss so vollständig sein, dass eine tatsächliche und rechtliche Prüfung möglich ist. Entscheidend ist, ob die wesentlichen Gründe dargelegt sind, damit der Betroffene sich schlüssig werden kann, ob er die Entscheidung hinnehmen oder sie anfechten will (Kiecker in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. Aufl., 2006, § 61, Rdn. 5 m.w.N.; Becker in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, 2006, § 61 GWB, Rdn. 3). Die Begründung muss hingegen nicht den gesamten Vortrag des Betroffenen aufgreifen (vgl. zum Ganzen Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 61, Rdn. 14 m. w. N.).

Diesen Erfordernissen genügt der Bescheid vom 17.12.2006 noch. Die tragenden Gründe, die zu den von der Antragstellerin beanstandeten Kürzungen führen, können dem Bescheid, zumal vor dem Hintergrund des vorangegangenen, in der Verwaltungsakte dokumentierten Schriftverkehrs zwischen Antragsgegnerin und Antragstellerin, bei dem die Antragsgegnerin verschiedene Kürzungen angekündigt hat, hinreichend entnommen werden.

Soweit der Bescheid vom 17.12.2006 für die Festsetzung des Netzentgelts unmaßgebliche Passagen enthält (z.B. abstrakte Ausführungen zur Behandlung von Pachtzinsen, vgl. Anlage BF 14, S. 5), führt dies nicht zu dessen formeller Rechtswidrigkeit. Der Antragsgegnerin ist es unter formellen Gesichtspunkten nicht verwehrt, mit Hilfe einer Musterbegründung zu arbeiten, die für den konkreten Fall auch nicht einschlägige, ergebnisirrelevante Ausführungen enthält.

b) Im Übrigen kann die Antragstellerin gemäß § 67 Abs. 4 EnWG i. V. m. § 46 VwVfG die Aufhebung des Bescheids nicht allein wegen einer etwa mangelhaften Begründung beanspruchen (vgl. Salje aaO § 67, Rdn. 34 sowie Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker aaO § 61, Rdn. 15).

2. Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin auch dagegen, dass im angegriffenen Bescheid vom 17.12.2006 die Netzentgelte - rückwirkend - zum 01.10.2006 (vgl. Anlage BF 14, S. 1, S. 12 f.) genehmigt wurden.

a) Nach Auffassung der Antragstellerin fehlt es an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Regelung. Eine solche widerspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der in den Übergangsvorschriften zum EnWG in der Fassung vom 07.07.2005 (BGBl 2005 I S. 1970) die rückwirkende Erteilung einer Netzentgeltgenehmigung gerade nicht vorgesehen habe. Daraus, dass § 118 Abs. 1b Satz 2 EnWG die Vorschrift des § 23a Abs. 5 EnWG für entsprechend anwendbar erkläre, sei vielmehr zu folgern, dass im Fall der erstmaligen Genehmigung der Netznutzungsentgelte die bislang vom Netzbetreiber erhobenen Entgelte bis zum Zeitpunkt der Verbescheidung des Genehmigungsantrags durch die Regulierungsbehörde beizubehalten seien.

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Zwar verhalten sich weder § 23a StromNEV noch § 118 Abs. 1b EnWG ausdrücklich dazu, ob eine rückwirkende Genehmigung der beantragten Netzentgelte zulässig sei. Der Gesetzgeber hat jedoch - insbesondere wenn wie im Streitfall die Genehmigung ab einem Zeitpunkt wirksam sein soll, der nach der Antragstellung liegt - die Möglichkeit einer Rückwirkung vorausgesetzt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.04.2007 - 202 EnWG 8/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 180 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.11.2006 - 205 EnWG 1/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 46; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2007 - VI-3 Kart 466/06 (V), in juris dokumentiert, dort Rdn. 15).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 1b EnWG bestimmt, dass Betreiber von Energieversorgungsnetzen erstmals drei Monate nach Inkrafttreten der StromNEV (29.07.2005, vgl. § 33 StromNEV) einen Netzentgeltgenehmigungsantrag nach § 23a Abs. 3 EnWG zu stellen hatten. Den Netzbetreibern wurde demgemäß eine dreimonatige Anpassungsperiode nach Inkrafttreten der StromNEV konzediert, um ihre Netzentgelte auf der Basis des § 21 EnWG zu kalkulieren. Soweit die von der Antragstellerin erhobenen Netzentgelte in diesem Zeitpunkt (31.10.2005, nachdem der 29.10.2005 auf einen Samstag fiel) nicht angemessen waren im Sinne von § 21 EnWG, waren sie in materieller Hinsicht rechtswidrig. Eine im Hinblick auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung (17.12.2006) rückwirkende Genehmigung zum 01.10.2006 war somit erforderlich, um jedenfalls ab diesem Zeitpunkt materiell rechtmäßige Zustände herzustellen. Dass die Genehmigungsbehörde hierzu grundsätzlich verpflichtet ist, folgt aus § 65 Abs. 1 EnWG.

Die Verweisung in der Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 1b Satz 2 EnWG auf die entsprechende Geltung des § 23a Abs. 5 EnWG steht einer Rückwirkung der Netzentgeltgenehmigung auf einen nach der Antragstellung liegenden Zeitpunkt nicht entgegen. Mit der Norm des § 23a Abs. 5 EnWG hat der Gesetzgeber keinen materiellen, sondern lediglich einen formellen Behaltensgrund in das EnWG aufgenommen. Nachdem nämlich § 23a EnWG ohne Übergangsvorschrift in das EnWG eingefügt wurde, wären Netzbetreiber ab Inkrafttreten des EnWG (13.07.2005) gehalten gewesen, Netzentgelte zu fordern, für die sie keine Genehmigung hatten, denn § 23a Abs. 1 EnWG ist unstreitig als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu verstehen (vgl. Ortlieb, N & R 2006, 145, 148 f.). Die Wirkung des § 23a Abs. 5 EnWG beschränkt sich angesichts dieser Ausgangssituation darauf, dem Einwand der Netzkunden gegenüber dem Netzbetreiber, durch die Zahlung von Netzentgelten ungerechtfertigt bereichert zu sein (§ 812 BGB), entgegenzutreten. § 23a Abs. 5 EnWG bildet aber keinen - materiellen - Rechtsgrund zum (endgültigen) Behaltendürfen; diese Frage ist im Lichte des § 21 EnWG zu beantworten.

Aus dem Normzweck des § 23a Abs. 5 EnWG folgt aber auch, dass die den Fall der erstmaligen Antragstellung auf Genehmigung von Netzentgelt regelnde Verweisung in der Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 1b Satz 2 EnWG auf § 23a Abs. 5 EnWG einer rückwirkenden Genehmigungserteilung nicht entgegensteht. Dies ergibt sich auch aus dem von der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid hervorgehobenen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Netzbetreiber. Nach deren unwidersprochen gebliebenem Vortrag sind bayernweit sämtliche die streitgegenständliche Abrechnungsperiode (bis einschließlich 31.12.2007) erfassenden Genehmigungsbescheide mit Wirkung zum 01.10.2006 erteilt worden. Ein Rückwirkungsverbot hätte zur Folge, dass die Netzbetreiber abhängig von der Dauer des Genehmigungsverfahrens und unabhängig von der Regelung des § 21 EnWG ihre bislang vereinnahmten Netzentgelte behalten könnten. Eine solche Regelung käme vor allem solchen Netzbetreibern zugute, die ihren Mitwirkungspflichten am Genehmigungsverfahren nicht in gebotenem Umfang nachkamen oder die durch ergänzende Antragstellungen während des laufenden Verfahrens die Regulierungsbehörden dazu veranlassten, in eine weitere Sachprüfung einzutreten, was eine Verzögerung des Genehmigungsverfahrens zur Folge hatte. Dass eine solche Verfahrensgestaltung nicht vom Willen des Gesetzgebers getragen ist, zeigt auch die Tatsache, dass im Gesetzgebungsverfahren ein überwiegender Teil der Bundesländer der Auffassung war, allein eine Ex-ante-Genehmigung (und keine Ex-post-Regulierung) würde sicherstellen, dass die Netzbetreiber in ausreichendem Maße am Genehmigungsverfahren mitwirken würden, weil sie ein Interesse an der baldigen Genehmigung hätten (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 613/04, S. 18 ff; s. auch Gersemann/Wittge, RdE 2006, 105, 106; Ortlieb, aaO. S. 147). Nicht zuletzt belegt auch die Verweisung in § 118 Abs. 1b Satz 2 EnWG auf § 23a Abs. 5 Satz 2 EnWG, dass der Gesetzgeber die Befugnis, eine Netzentgeltregelung rückwirkend zu regeln, anerkannt hat. Dort hat er nämlich der Regulierungsbehörde die Möglichkeit eingeräumt, bis zur Entscheidung über den Folgeantrag Entgelthöchstsätze "vorläufig" zu bestimmen. Die Vorläufigkeit einer solchen Festsetzung impliziert die Möglichkeit einer Rückwirkung der dann zu erteilenden Genehmigung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.11.2006 aaO Rdn. 48 ff.).

Die Antragstellerin hatte auch kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass die Genehmigung erst zu einem Zeitpunkt nach dem 01.10.2006 Wirkungen entfalten würde; vielmehr musste sie bereits ab dem Zeitpunkt der Antragstellung damit rechnen, dass die Antragsgegnerin die bis dahin verlangten Entgelte ermäßigen würde.

Schließlich steht der Rechtmäßigkeit der rückwirkend zum 01.10.2006 erteilten Netzentgeltgenehmigung auch Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2003 nicht entgegen. Dort lautet es auszugsweise wie folgt:

"Die Mitgliedsstaaten gewährleisten die Einführung eines Systems für den Zugang Dritter zu den Übertragungs- und Verteilernetzen auf der Grundlage veröffentlichter Tarife; ... Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Tarife oder die Methoden zu ihrer Berechnung vor deren Inkrafttreten gemäß Artikel 23 genehmigt werden und dass die Tarife und - soweit nur die Methoden einer Genehmigung unterliegen - die Methoden vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht werden."

In Erwägungsgrund 15 zur Richtlinie lautet es ergänzend:

"Diese Regulierungsbehörden sollten befugt sein, die Tarife oder wenigstens die Methoden zur Berechnung der Tarife für die Übertragung und Verteilung festzulegen oder zu genehmigen. Um Unsicherheiten und Kosten und zeitaufwändige Streitereien zu vermeiden, sollten die Tarife veröffentlicht werden, bevor sie Gültigkeit erlangen."

Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG soll - wie auch Erwägungsgrund 15 zeigt - die Gleichbehandlung der Netznutzer im Hinblick auf zu entrichtende Entgelte sicherstellen. Ein Verbot der Rückwirkung einer Netzentgeltgenehmigung lässt sich demgegenüber hieraus nicht ableiten. Ein solches würde sogar aus den vorstehend angeführten Gründen zu einer Ungleichbehandlung der Netznutzer führen. Dies stünde mit dem Wortlaut der Richtlinie nicht in Einklang und widerspräche deren Sinn und Zweck.

3. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin des Weiteren geltend, dass bei der Position "Aufwendungen für die Beschaffung von Verlustenergie" ... € auf der Grundlage von im Jahr 2006 tatsächlich angefallener Beschaffungskosten in Höhe von ... ct/kWh sowie einer Vertriebsmarge von ... ct/kWh anzusetzen seien (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 24, S. 28); dies sind ... € mehr als der Betrag von ... €, den die Antragsgegnerin - auf der Grundlage der tatsächlichen Beschaffungskosten für das Jahr 2004 - im Bescheid vom 17.12.2006 anerkannt hat (vgl. Beschwerdeerwiderung vom 14.11.2007, Rdn. 110; Schreiben der Antragsgegnerin vom 06.09.2006, S. 1 (Bl. 117 Verwaltungsakte); Schreiben der Antragstellerin vom 15.09.2006, S. 1 (Bl. 91 Verwaltungsakte) sowie Anlage BF 14, S. 4).

a) Netzverluste sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StromNEV nach § 10 StromNEV zu berücksichtigen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StromNEV können die Kosten der Beschaffung von Energie zum Ausgleich physikalisch bedingter Netzverluste (Verlustenergie) bei der Ermittlung der Netzkosten in Ansatz gebracht werden. § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV bestimmt, dass sich die Kostenposition aus den tatsächlichen Kosten der Beschaffung der entsprechenden Verlustenergie im abgelaufenen Kalenderjahr ergibt. Abgelaufenes Kalenderjahr ist im Streitfall das Jahr 2004, das dem Jahr der Antragstellung (31.10.2005) vorausgegangen ist.

b) Die Antragstellerin meint, dass es sich bei den geltend gemachten Beschaffungskosten des Jahres 2006 um gesicherte Erkenntnisse handele, die nach § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV berücksichtigt werden müssten. Ein Rückgriff auf diese Norm sei entgegen dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV möglich. Diese Auffassung teilt der Senat nicht; zu Recht hat die Antragsgegnerin auf die Aufwendungen der Beschaffung der entsprechenden Verlustenergie im Jahr 2004 als demjenigen Kalenderjahr, das zum Zeitpunkt der Antragstellung (31.10.2005) abgelaufen war, abgestellt.

c) Die Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV schließt die Berücksichtigung von Planwerten nach den Grundsätzen des § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV aus, weil es sich um eine abschließende Spezialregelung handelt (vgl. Senat, Beschluss vom 16.08.2007 - Kart 6/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 24 ff.; ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart); OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.09.2007 - 11 W 39/06 = ZNER 2007, 341, 346 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 - VI-3 Kart 17/07 (V), in juris dokumentiert, dort Rdn. 21 f.; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.05.2007 - W 595/06 Kart, in juris dokumentiert, dort Rdn. 28 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2006 - VI-3 Kart 289/06 (V) = ZNER 2006, 258, 260 - Vattenfall; a.M. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2007 - 1 W 25/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 20 ff.). Die hiergegen von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

aa) Unter systematischen Gesichtspunkten kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV als Teil der "Allgemeinen Bestimmungen" (Teil 1 der Stromnetzentgeltverordnung) auch auf die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie anwendbar sei. Vielmehr stellt § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV eine Spezialregelung gegenüber § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV dar, der mit "Grundsätze der Entgeltbestimmung" überschrieben ist.

bb) Aus den Materialien zur Stromnetzentgeltverordnung und der Entstehungsgeschichte ergibt sich nichts Abweichendes. Die Antragstellerin weist zwar zu Recht darauf hin, § 3 Abs. 1 Satz 5 StromNEV habe im Verordnungsentwurf der Bundesregierung (BR-Drucks. 245/05) zunächst dahin gelautet, dass die Ermittlung der Kosten und der Netzentgelte auf der Basis der Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zu erfolgen habe und dass der Halbsatz 2 "gesicherte Erkenntnisse über das Planjahr können dabei berücksichtigt werden" erst aufgrund des Beschlusses des Bundesrates vom 08.07.2005 (BR-Drucks. 245/05 (Beschluss)) eingefügt worden ist. Dies ändert aber nichts daran, dass § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV- eine entsprechende Bestimmung ist sowohl in dem genanten Entwurf der Bundesregierung als auch in dem genannten Beschluss des Bundesrates enthalten - eine Spezialregelung darstellt, die § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV verdrängt. Gerade der Umstand, dass § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV bereits in der Entwurfsfassung vorhanden war und bei der späteren Ergänzung des § 3 Abs. 1 Satz 5 StromNEV unverändert geblieben ist, spricht dafür, dass es bei der Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV verbleiben sollte. Auch aus der Begründung des Beschlusses des Bundesrates vom 08.07.2005 (BR-Drucks. 245/05 (Beschluss), S. 36 ergibt sich nichts Abweichendes. Konkret werden die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie in dieser Begründung nicht angesprochen. Daraus, dass es in dieser Begründung heißt:

"Für Neuinvestitionen soll das Prinzip der Realkapitalerhaltung gelten, für Altanlagen das der Nettosubstanzerhaltung. Damit wird dem Anliegen Rechnung getragen, für die Zukunft ein transparentes Kalkulationsprinzip vorzusehen, das überdies den Finanzierungserfordernissen der Netzbetreiber besser entspricht."

kann nicht gefolgert werden, dass § 3 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 StromNEV der Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV vorgeht.

cc) Auch Sinn und Zweck der Stromnetzentgeltverordnung gebieten bei der Berücksichtigung von Verlustenergie nicht die Berücksichtigung von Plankosten. Richtig ist zwar, dass der Netzentgeltermittlung grundsätzlich aktuelle Daten zugrunde zu legen sind. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer "optimierten" Aktualität zu verstehen, die nicht mehr praktikabel wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2006 aaO 260). Aus Gründen der praktischen Handhabung soll der Antrag auf Genehmigung bis zur Entscheidung der Landesregulierungsbehörde seine Grundlage nicht verlieren (vgl. OLG Koblenz aaO). Diese Gefahr bestünde jedoch, wenn im laufenden Verfahren wiederholt neue Erkenntnisse nachgeschoben werden könnten. Die zeitliche Zäsur für die Bestimmung von Netzverlusten wird durch das bei Antragstellung abgelaufene Kalenderjahr gesetzt (vgl. OLG Koblenz aaO).

dd) Diese Sichtweise ist auch im Interesse einer Gleichbehandlung sämtlicher Netzbetreiber im Rahmen der Entgeltregulierung geboten. Es ist auch mit der Entwicklung der Strompreise (vgl. Anlage BF 18) vereinbar, wenn bei der Ermittlung der Kosten der Beschaffung von Verlustenergie auf die Daten des bei der Antragstellung abgelaufenen Kalenderjahres zurückgegriffen wird. Ein etwaiger Kostenanstieg bei der Beschaffung von Verlustenergie kann in späteren Genehmigungsperioden berücksichtigt werden. Im Streitfall könnten in der nächsten Genehmigungsperiode die Kosten des dann abgelaufenen Kalenderjahres nach § 10 Abs. 1 Satz 2 StromNEV berücksichtigt werden.

ee) Die vorstehend erörterte Auslegung der Stromnetzentgeltverordnung steht auch - entgegen der Auffassung der Antragstellerin (Schriftsatz vom 19.11.2007, S. 20 ff.) - im Einklang mit der Verordnungsermächtigung gemäß § 24 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG werden die Entgelte auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen, unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet, soweit in einer Rechtsverordnung nach § 24 EnWG nicht eine Abweichung von der kostenorientierten Entgeltbildung bestimmt ist. Soweit die Entgelte kostenorientiert gebildet werden, dürfen nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG Kosten und Kostenbestandteile, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden, nicht berücksichtigt werden. Soweit die Antragstellerin geltend macht, bei der vorstehend erörterten Auslegung der Stromnetzentgeltverordnung werde das Normprogramm der Verordnungsermächtigung in § 24 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG, nämlich das Prinzip der Kostenorientierung, verletzt, greift dieser Einwand nicht durch. Abgesehen davon, dass die Kosten einer effizienten Betriebsführung nur einen von verschiedenen Maßstäben der Entgeltbildung gemäß § 21 Abs. 2 EnWG darstellen (vgl. Salje aaO § 21, Rdn. 24), lässt § 21 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz EnWG eine Abweichung von der kostenorientierten Entgeltbildung ausdrücklich zu.

ff) Soweit die Antragstellerin auf eine abweichende Praxis anderer Landesregulierungsbehörden verweist (Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 26 f.), ändert dies an den vorstehenden Ausführungen nichts. Maßgeblich ist die gesetzliche Regelung und deren richtige Umsetzung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.04.2007 - 202 EnWG 8/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 207).

d) Soweit die Antragstellerin geltend macht, zusätzlich zu den Plan-Beschaffungskosten für das Jahr 2006 sei noch eine Vertriebsmarge in Höhe von ... ct/kWh zu berücksichtigen, hat die Antragstellerin hiermit schon deshalb keinen Erfolg, weil es auf die im Jahr 2006 angefallenen Kosten nicht ankommt. Im Übrigen kann weder eine Diskriminierung des Vertriebs der Antragstellerin noch eine unzulässige Quersubventionierung darin gesehen werden, dass Strombeschaffungskosten lediglich auf der Basis der tatsächlich entstandenen Kosten, ohne interne Marge, berücksichtigt werden (ebenso OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2007 - 1 W 25/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 28; Senat, Beschluss vom 16.08.2007 - Kart 6/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 28; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 12). Wenn sich die Antragstellerin zur Beschaffung der Verlustenergie des Vertriebs bedient, ist ihr dies etwa unter Effizienzgesichtspunkten unbenommen. Die Einschaltung einer gemeinschaftlichen Beschaffungsstelle für Elektrizität und damit auch für Verlustenergie in dem noch vertikal integrierten Unternehmen der Antragstellerin führt zu Effizienzvorteilen, die nach der Intention des Gesetzes an den Nutzer weiterzugeben sind (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 12). Zudem handelt es sich bei der geltend gemachten Vertriebsmarge lediglich um einen kalkulatorischen Ansatz, dem kein realer besonderer Aufwand gegenübersteht (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2006 - 1 W 24/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 30).

e) Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es der Vernehmung von Dipl.-Ing. (FH) S. R. und von Dipl.-Vw. A. S., die die Antragstellerin als Zeugen zum Beweis für den Anstieg der Strombeschaffungskosten seit dem Jahr 2004 benannt hat (Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 23 f.), nicht.

4. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, dass bei der Verzinsung des die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteils des Eigenkapitals (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 StromNEV) über den von der Antragsgegnerin angewendeten Zinssatz von 4,8 % (vgl. Anlage BF 14, S. 11) hinaus ein Risikozuschlag von 0,7 % zu berücksichtigen sei (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 29 ff., S. 32). Die Antragstellerin beanstandet insoweit eine aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Kürzung in Höhe von ... € (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 30); hiermit hat die Antragstellerin keinen Erfolg.

a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 StromNEV ist der die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigende Anteil des Eigenkapitals nominal wie Fremdkapital zu verzinsen. Fremdkapitalzinsen sind nach § 5 Abs. 2 StromNEV in ihrer tatsächlichen Höhe einzustellen, höchstens jedoch in der Höhe kapitalmarktüblicher Zinsen für vergleichbare Kreditaufnahmen. Die nach § 5Abs. 2 StromNEV berücksichtigungsfähigen Fremdkapitalzinsen stehen unter der Nebenbedingung des § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG (vgl. Verordnungsbegründung, BR-Drucks. 245/05, S. 33). Nach dieser Vorschrift dürfen Kosten und Kostenbestandteile, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden, nicht berücksichtigt werden. Um die Ermittlung der Obergrenze zu vereinfachen, hat der Verordnungsgeber in der Verordnungsbegründung zu § 5 StromNEV (BR-Drucks. 245/05, S. 33) folgende Auslegungsregel aufgestellt: "Als kapitalmarktüblicher Zinssatz im Sinne von § 5 Abs. 2 StromNEV kann der auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogene Durchschnitt der Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten angesehen werden." (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucks. 245/05, S. 33). Von dieser Regel hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht (vgl. Anlage BF 14, S. 11). Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdeerwiderung vom 14.11.2007 unter Bezugnahme auf den Monatsbericht Januar 2007 der Deutschen Bundesbank dargelegt, dass der Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichen Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten in den Referenzjahren 1995 bis 2004 4,8 % betrug (vgl. Beschwerdeerwiderung vom 14.11.2007, Rdn. 75). Der angewendete Zinssatz von 4,8 % ist deshalb nicht zu beanstanden (ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 26 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.09.2007 - 11 W 39/06 = ZNER 2007, 341, 346 f.; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 28.08.2007 - Kart W 3/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 130 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 - VI-3 Kart 17/07 (V), in juris dokumentiert, dort Rdn. 36; OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 112 ff.; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2007 - 1 W 25/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 96 ff; a.M. OLG Koblenz, Beschluss vom 04.05.2007 - W 595/06 Kart, in juris dokumentiert, dort Rdn. 128 ff.).

b) Ein darüber hinausgehender Risikozuschlag in Höhe von 0,7 %, wie ihn die Antragstellerin fordert, ist nicht gerechtfertigt.

Zum einen steht dies im klaren Widerspruch zu der genannten Verordnungsbegründung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 114; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 - VI-3 Kart 17/07 (V), in juris dokumentiert, dort Rdn. 36). Diese Vorgabe des Verordnungsgebers wird in den von der Antragstellerin herangezogenen Privatgutachten von Prof. Dr. G., Gutachten "Risikozuschlag für Fremdfinanzierung von Elektrizitätsversorgungsnetzen" vom 18.07.2005 (Anlage BG 4) und von Prof. Dr. M., Gutachterliche Stellungnahme vom Mai 2006 zu den auf die Eigenkapitalverzinsung abstellenden Vorgaben der Bundesnetzagentur vom 07.03.2006 (S. 41 f. der Anlage zur Beschwerdebegründung vom 16.07.20067) nicht hinreichend berücksichtigt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 114).

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Antragstellerin als (fiktiv) Kreditsuchender um eine solche mit unterdurchschnittlichem Risikoprofil handelt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 114). Die Antragstellerin hatte und hat aufgrund ihres natürlichen Monopols auf dem durch ihr Elektrizitätsversorgungsnetz räumlich begrenzten Markt für die Bereitstellung von Dienstleistungen des Netzzugangs bzw. der Netznutzung eine marktbeherrschende Stellung (vgl. BGHZ 163, 282, 289 - Stadtwerke Mainz). Die Marktmacht als Netzbetreiber und die damit korrespondierende Angewiesenheit der Abnehmer, die volkswirtschaftliche Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung und die damit einhergehende staatliche Fürsorge für diese Branche machen Unternehmen wie die Antragstellerin zu potentiell Kreditsuchenden mit unterdurchschnittlichen Risikoprofil (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.09.2007 - 11 W 39/06 = ZNER 2007, 341, 346; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 27 f.). Aufgrund der staatlichen Entgeltgenehmigung besteht zudem eine hohe Gewähr dafür, dass der Netzbetreiber voraussichtlich eine angemessene Kostenerstattung erlangen und auch eine angemessene Kapitalverzinsung erwirtschaften wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.09.2007 - 11 W 39/06 = ZNER 2007, 341, 346; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 28).

Im Hinblick auf ein etwaiges Bonitätsrisiko der Antragstellerin besteht allerdings ein gewisses Netzauslastungsrisiko, das indes unter Berücksichtigung der übrigen vorstehend genannten Gesichtspunkte nicht erheblich ins Gewicht fällt (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2007 - 1 W 24/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 131).

Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass sie wie alle Netzbetreiber nach dem Ablauf der Konzessionsverträge gemäß § 46 Abs. 2 EnWG auch dem Wettbewerb um ihr Stromnetz ausgesetzt sei, ändert dies an der vorstehenden Beurteilung nichts. Denn gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG ist der alte Netzbetreiber zur Überlassung seiner Anlagen nur gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung verpflichtet.

5. Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin bei der Position "Kalkulatorische Gewerbesteuer" (vgl. Anlage BF 14, S. 11 f.) eine von der Antragsgegnerin vorgenommene Kürzung in Höhe von ... €. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 17.12.2006 einen Betrag in Höhe von ...€ anerkannt (vgl. Beschwerdeerwiderung vom 14.11.2007, Rdn. 91). Die Antragstellerin vertritt demgegenüber die Auffassung, bei Berücksichtigung der hälftigen Dauerschuldzinsen sowie bei Berücksichtigung der kalkulatorischen Abschreibungsdifferenz - beides hat die Antragsgegnerin abgelehnt - sei die kalkulatorische Gewerbesteuer mit ... € anzusetzen (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 37). Hiermit hat die Antragstellerin keinen Erfolg. Der Berechnungsansatz der Antragsgegnerin (vgl. Anlage BF 14, S. 11 f.) ist nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 8 Satz 1 StromNEV kann im Rahmen der Ermittlung der Netzkosten die dem Netzbereich sachgerecht zuzuordnende Gewerbesteuer als kalkulatorische Kostenposition in Ansatz gebracht werden. Bei der Ermittlung der Gewerbesteuer ist die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer gemäß § 8 Satz 2 StromNEV bei sich selbst zu berücksichtigen. Die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 StromNEV stellt die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuern und vor Körperschaftssteuer dar (vgl. Verordnungsentwurf der Bundesregierung vom 14.04.2005 (BR-Drucks. 245/05, S. 36)). Die dem Netzbetrieb sachlich zuzurechnende Gewerbesteuer ist deshalb als kalkulatorische Kostenposition anzuerkennen (vgl. Verordnungsentwurf der Bundesregierung vom 14.04.2005 (BR-Drucks. 245/05, S. 36)).

b) Die Entwürfe der Stromnetzentgeltverordnung enthielten zunächst eine von dem heutigen § 8 StromNEV abweichende Formulierung. In den Entwürfen vom 20.04.2004 und vom 17.05.2004 lautete § 8 Abs. 1 Satz 1 StromNEV noch wie folgt (vgl. Schalle/Boos, ZNER 2006, 20, 23; Böck/Missling, IR 2006, 98, 101):

"Die Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Gewerbeertragsteuer als kalkulatorische Kostenposition ist grundsätzlich möglich."

Seit Ende 2004 enthielten die späteren Entwürfe die jetzige Formulierung des § 8 StromNEV, wobei die frühere Formulierung "tatsächlich gezahlte Gewerbeertragsteuer" durch die Formulierung "dem Netzbetrieb sachgerecht zuzuordnende Gewerbesteuer" ersetzt wurde. Dies spricht, neben der Überschrift des § 8 StromNEV, eindeutig dafür, dass nunmehr nicht mehr auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer, sondern vielmehr auf eine kalkulatorische Gewerbesteuer abgestellt werden soll (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 31; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.05.2007 - W 595/06 Kart, in juris dokumentiert, dort Rdn. 141 ff.). Aus dem Verlauf des Verordnungsgebungsverfahrens ergibt sich, dass für die Berücksichtigung von Scheingewinnen bei § 8 StromNEV kein Raum ist (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 30 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 121 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2006 - VI-3 Kart 289/06 (V) = ZNER 2006, 258, 262 - Vattenfall). Entsprechendes gilt hinsichtlich der hälftigen Dauerschuldzinsen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sind Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß §§ 8, 9 GewStG nicht vorzunehmen. Mit dem Absehen von der unternehmensindividuellen Berücksichtigung von Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Festlegung der Bemessungsrundlage für die Gewerbesteuer hat die Antragsgegnerin konsequent den auch sonst für die Entgeltberechnung maßgebenden kalkulatorischen Ansatz gewählt. Steuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß §§ 8 und 9 GewStG passen nicht zu dieser rein kalkulatorischen Bemessungsgrundlage (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2007 - VI-3 Kart 289/06 (V), in juris dokumentiert, dort Rdn. 74 - Vattenfall; OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 - VA 1/06 (Kart), BA S. 30 ff, a.M. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.08.2007 - 1 W 37/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 127).

c) Soweit die Antragstellerin auf eine abweichende Praxis anderer Landesregulierungsbehörden verweist (Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 35), ändert dies an den vorstehenden Ausführungen nichts. Maßgeblich ist die gesetzliche Regelung und deren richtige Umsetzung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.04.2007 - 202 EnWG 8/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 207).

6. Ohne Erfolg verlangt die Antragstellerin des Weiteren die Berücksichtigung von Kosten für Ausgleichsenergie in Höhe von ... € (= 0,12 Ct/kWh x ... kWh) (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 38 ff, S. 42). Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 17.12.2006 Kosten für Ausgleichsenergie überhaupt nicht anerkannt (vgl. Anlage BF 14, S. 4).

a) Die Antragstellerin wendet zur Planung des Umfangs der jeweils bereitzustellenden Elektrizitätsmengen im Netz je Abrechnungsperiode sowie zur Abrechnung des Strombezugs von Letztverbrauchern bis zu einer bestimmten jährlichen Entnahme (Kleinkunden) synthetische Lastprofile an. Soweit die jeweils tatsächlich erforderliche Leistung von den prognostizierten Werten abweicht, muss sie die für den Ausgleich dieser Differenzen erforderliche - positive oder negative - Energiemenge (Ausgleichsenergie) auf eigene Rechnung beschaffen.

Da bei Kleinkunden fast ausschließlich Stromzähler ohne Leistungsmessung eingesetzt sind, kann die Antragstellerin keinen Beleg mit einer expliziten Ausweisung der Ausgleichsenergie vorlegen. Sie hat deshalb im Antragsverfahren einen pauschalen Aufschlag auf ihre gesamte entsprechende Abgabemenge geltend gemacht und hierfür unter Zugrundelegung eines Preises von zuletzt 0,12 ct/kWh einen Gesamtbetrag von ... € angesetzt. Sie beruft sich insoweit auf die Praxis der Bundesnetzagentur, die mittlerweile anerkenne, dass die Bereitstellung von Ausgleichenergie als eine Dienstleistung des Netzbetreibers einen wirtschaftlichen Wert habe und deshalb einen pauschalen Kostenansatz von 0,12 ct/kWh akzeptiere.

b) Die Antragsgegnerin hat die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten zu Recht nicht anerkannt. Zwar mag die Freistellung kleinerer Netzbetreiber von der Pflicht zur Führung eines entsprechenden Bilanzkreises (vgl. § 12 Abs. 3 StromNZV) mit geringeren Anforderungen beim Nachweis des konkreten Aufwands einhergehen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 139). Die Antragstellerin hat jedoch keine Anhaltspunkte dargetan, die auch nur eine Schätzung des Umfangs der tatsächlich benötigten positiven Ausgleichsenergie ermöglichen könnten. Ausgleichsenergie wird nur in dem Maße benötigt, in dem die Standardlastprofile vom tatsächlichen Verbrauch abweichen. Dass und gegebenenfalls in welchen Größenordnungen derartige Abweichungen - zu Lasten der Antragstellerin - im maßgeblichen Jahr 2004 tatsächlich aufgetreten seien, wird von der Antragstellerin nicht einmal ansatzweise dargetan. Ohne jeden Anhaltspunkt hinsichtlich des tatsächlichen Mehraufwands für Ausgleichsenergie kommt die Berücksichtigung eines entsprechenden Kostenpunkts nicht in Betracht (ebenso OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.08.2007 - 1 W 37/06 (EnWG), in juris dokumentiert, dort Rdn. 62; OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2007 - 202 EnWG 4/06, in juris dokumentiert, dort Rdn. 139).

c) Soweit die Antragstellerin auf eine ihrer Auffassung nach abweichende Praxis der Bundesnetzagentur verweist, ändert dies an den vorstehenden Ausführungen nichts. Maßgeblich ist die gesetzliche Regelung und deren richtige Umsetzung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.04.2007 - 202 EnWG 8/06 = ZNER 2007, 194, 201). Deshalb ist auch den Beweisangeboten der Antragstellerin zu dieser Praxis nicht nachzugehen.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 90 Abs. 1 EnWG. Der Senat erachtet es als billig, der unterliegenden Antragstellerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten, die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstanden sind, aufzuerlegen.

8. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO, wobei sich der festgesetzte Wert aus der Summe der verschiedenen Kürzungen, die die Antragstellerin beanstandet (Verlustenergie: ... €; Risikozuschlag zum Zinssatz von 4,8 %: ... €; kalkulatorische Gewerbesteuer: ... €; Ausgleichsenergie: ... €), sowie dem Betrag von 200.000,-- €, mit dem die Antragstellerin die wirtschaftliche Belastung der behördlich angeordneten Rückwirkung des Inkrafttretens des Netzentgeltbescheids beziffert hat (vgl. Beschwerdebegründung vom 16.07.2007, S. 44), ergibt.

8. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war nach § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da sich die inmitten stehenden Rechtsfragen in einer Vielzahl von Verfahren stellen und höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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