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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: U (K) 1672/04
Rechtsgebiete: GWB, BGB, AGBG, UWG, RBerG


Vorschriften:

GWB § 19
GWB § 20
GWB a.F. § 26 Abs. 2
BGB § 138
BGB § 242
AGBG § 9
UWG a.F. § 1
RBerG Art. 1 § 1 Nr. 1
RBerG Art. 1 § 5 Nr. 3
Zur kartellrechtlichen und zivilrechtlichen Beurteilung einer so genannten Bahnverkehrsgarantie in einem Erbbaurechtsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und einem Spediteur.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: U (K) 1672/04

Verkündet am 10.03.2005

In dem Rechtsstreit

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein sowie die Richter am Oberlandesgericht Cassardt und Dr. Kartzke auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.11.2003 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die Betreibergesellschaft des Nürnberger Hafens, macht gegen den Beklagten, der eine Spedition betreibt, aus abgetretenem Recht Zahlungsansprüche in Höhe von 251.348,44 € nebst Zinsen wegen einer so genannten Bahnverkehrsgarantie für den Zeitraum 1998 bis 2001 geltend. Die Bahnverkehrsgarantie ist in einem Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 (Anlage K - 03.11.00 - I) enthalten, der zwischen dem Freistaat Bayern und dem Beklagten geschlossen wurde.

§ 14 des genannten Vertrags, auf den Bezug genommen wird, lautet:

"§ 14 Bahnverkehrsgarantie"

Die Hafenverwaltung hält für die Beförderung von Gütern innerhalb des Hafengebiets sowie im Wechselverkehr mit der Deutschen Bundesbahn hafeneigene Gleisanlagen einschließlich der Hafenbahn vor.

1. Umschlaggarantie für die Vorhaltung

Für die Anschlußmöglichkeit an die hafeneigenen Gleisanlagen hat der Erbbauberechtigte ein jährliches Aufkommen von Eisenbahngut für Zwecke des Erbbauberechtigten innerhalb des Erbbaugrundstücks von

2 t/m² x 19.563 m² = 39.126 t/Jahr

zu garantieren.

Wird die festgestellte Garantiemenge durch das Aufkommen an Eisenbahngut des Erbbauberechtigten nicht erreicht, so ist für die fehlende Garantiemenge ein Entgelt in Höhe von 2,54 DM/t zu entrichten.

Dieses Entgelt erhöht oder vermindert sich um denselben Prozentsatz, um den sich der Erbbauzins nach § 13 Abs. 3 dieses Erbbaurechtsvertrages ändert. Die sich daraus ergebende Umschlaggarantie wird jeweils nach Ablauf eines Jahres in Rechnung gestellt.

Die Aufrechnung beginnt am 01.08.1991.

Solange aus Gründen, die der Erbbauberechtigten nicht zu vertreten hat, eine ordnungsgemäße Nutzung des Anschlusses nicht gewährleistet, wird die Zahlungspflicht für die Umschlaggarantie unterbrochen.

2. Gebühren und Entgelte für die Benutzung

Für den Anschluß an die hafeneigenen Gleisanlagen sowie für die Benutzung der Hafenbahn hat der Erbbauberechtigte die jeweils gültigen, von der Hafenverwaltung festgelegten Bedingungen zu beachten und die Gebühren und Entgelte zu entrichten. "

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Beklagten nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 05.11.2003 antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 251.348,44 € nebst gestaffelter Zinsen zu bezahlen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die beim Oberlandesgericht Nürnberg eingelegte Berufung des Beklagten. Dieser macht geltend, das Landgericht habe den Freistaat Bayern beim Abschluss des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 nach ausführlicher Beweisaufnahme zu Recht als marktbeherrschendes Unternehmen im Großraum Nürnberg bei der Nutzungsüberlassung von speditionsgeeigneten Gewerbegrundstücken qualifiziert. Das Durchgreifen des § 20 Abs. 1 GWB n.F. mit der Folge der Unwirksamkeit von § 14 Erbbauvertrag habe es jedoch rechtsfehlerhaft mit der Begründung abgelehnt, dass der Beklagte als behindertes Unternehmen zwar auf dem Speditionsmarkt tätig sei, wo sich die Behinderung auswirke, nicht jedoch auf dem durch die Machtstellung des Freistaates Bayern geprägten Markt für die Nutzungsüberlassung an speditionsgeeigneten Grundstücken.

Durch die Forderung der Garantieentgelte für die fehlende Bahntonnage werde der Beklagte durch den marktbeherrschenden Freistaat behindert. Der Beklagte werde gezwungen, bei der Preiskalkulation die Umschlaggarantie-Entgelte als Kostenfaktor zu berücksichtigen und könne deshalb nicht so günstig anbieten wie seine Mitbewerber, die diese Kosten wegen der bedarfsgerecht gehaltenen Grundstücksgröße und der geringeren Belastung mit Tonnage pro qm bzw. der Befreiung von der Bezahlung der Umschlaggarantie-Entgelte (Fall A) nicht hätten.

Der Beklagte habe gemäß § 33 i.V.m. § 20 und § 19 GWB n.F. Anspruch darauf, dass die ihn behindernden Ansprüche der Klägerin beseitigt würden und die gezahlten Entgelte zurückflössen. Es bestünden für den Zeitraum bis 31.12.1998 Ansprüche aus § 26 Abs. 2 GWB a.F., für die Zeit danach Ansprüche aus § 19, § 20 Abs. 1 GWB n.F., jeweils i.V.m. § 134 BGB, die zur Nichtigkeit der Zahlungsforderungen und zu Rückerstattungsansprüchen aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung führten.

Der Freistaat Bayern habe den Beklagten dazu genötigt, ein größeres als das von ihm gewünschte Betriebsgrundstück zu übernehmen, nachdem die für die Teilfläche von 10.063 qm aufgetretene Interessentin, die B-S., abgesprungen sei. In dieser erzwungenermaßen hinzugekoppelten Zusatzfläche liege eine Behinderung des Beklagten, die ihn durch den Mittelabfluss infolge Zahlung der von ihm geforderten Tonnageleistungen bzw. Bahnverkehrsentgelte behindere. Der Anwendung von § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. stehe die sog. Drittmarktproblematik nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof habe im Urteil vom 04.11.2003 - KZR 16/02 im Rahmen eines obiter dictum bekannt gegeben, dass er seine alte, restriktive Rechtsprechung aufgeben werde. Das Landgericht habe in tatsächlicher Hinsicht übersehen, dass der Beklagten aufgrund der erzwungenen Übernahme eines übergroßen Grundstücks gezwungen gewesen sei, die Hälfte der Fläche an die Firmen Pfrimmer bzw. Schmidt/Wicklein unterzuvermieten. Der Beklagte sei also sehr wohl auf dem Markt der Nutzungsüberlassung an Gewerbeflächen im streitgegenständlichen Hafengelände als Anbieter aktiv.

Auch die vom Landgericht vorgenommene sachliche Rechtfertigung für die unterschiedlichen Vergütungen, die der Freistaat den Mietern und erbbauberechtigten Ansiedlern abverlange, greife nicht durch. Die vorgetragene und unter Beweis gestellte Tatsache, dass dem Beklagten mehr als das Doppelte an Fläche aufgezwungen worden sei, als er nachgefragt habe, habe das Landgericht übergangen. Überhaupt nicht auf Mieter überwälzbar sei für den Beklagten die Bahnverkehrsgarantie. Die Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung von 39.126 t/Jahr Bahnfracht sei gemäß § 134 BGB ex tunc nichtig. Der Freistaat sei verpflichtet, im Wege der Folgenbeseitigung die bereits vereinnahmten streitgegenständlichen Beträge anteilig nebst Zinsen zurückzuzahlen. Dieser Anspruch könne den Klageansprüchen gemäß § 404 BGB entgegengehalten werden. Ein inhaltsgleicher Anspruch ergebe sich seit der Änderung des § 19 GWB a.F. auch aus § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 GWB n.F.. Ein Ungültigkeitseinwand ergebe sich seit dem 01.01.1999 ferner aus § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. i.V.m. § 134 BGB. Hätte das Landgericht den vorgetragenen Sachverhalt ausgeschöpft und das Kartellrecht zutreffend angewandt, hätte es die Klageforderungen vorweg um 10.063/19.563tel der Klagesumme kürzen müssen.

Bei Anmietung/Anpachtung/Nutzungsüberlassung von gewerblichen Grundstücken sei es gerichtsbekannt verkehrsüblich, dass bei langfristigen Nutzungsüberlassungsverträgen die Nutzungsentgelte an die Marktpreisentwicklung angepasst werden. Dass der streitgegenständliche Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 keine entsprechende Vorschrift in sich trage, sei der marktbeherrschenden Stellung des Freistaates Bayern geschuldet und verstoße sowohl gegen § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. als auch gegen § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. Rechtsfolge der fehlenden Marktpreisanpassungsklausel sei es, dass sich die Klägerin seit 01.02.1996 auf die geltende Preisklausel nicht berufen könne, vielmehr mit dem Beklagten in Verhandlungen eintreten müsse, wie eine marktkonforme Preisgestaltung für die überlassenen Flächen auszusehen habe. Neben der Bewertung des Erbbauzinses anhand der hierfür maßgeblichen Faktoren wie Bodenrichtwerte etc. seien dabei auch die Bahnverkehrsentgelte neu festzusetzen, wobei die stark gesunkene Bedeutung des Stückgutverkehrs der Deutschen Bahn AG aufgrund stark zurückgehender Akzeptanz bei den Kunden berücksichtigt werden müsse. Erst wenn die genannten Verhandlungen fehlgeschlagen seien, könne der Freistaat als Vertragspartner den Beklagten auf Zustimmung zu einer lückenfüllenden Klausel analog § 36 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 verklagen. Auf der Basis einer von den Parteien gefundenen und vom Gericht bestätigten Regelung könne dann das Entgelt festgesetzt und eingeklagt werden. Bis dahin sei die Entgeltklage als derzeit unbegründet abzuweisen. Dieselbe Rechtsfolge ergebe sich aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Behinderung gemäß § 26 Abs. 2 GWB a.F.. Die Behinderung bestehe darin, dass dem vom Freistaat als Marktbeherrscher diktierten Vertrag eine faire Marktanpassungsklausel fehle. Verglichen mit den Ansiedlern aus der Zeit vor der Preiserhöhungsphase und der Zeit nach der Preiserhöhungsphase werde der Beklagte außerdem diskriminiert. Die im Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 enthaltene Indexierungsklausel regele nur das Inflationsrisiko, nicht das Marktpreisrisiko. Unter Berücksichtigung der Unzulässigkeit von § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 könne die Klägerin daraus folgende Garantieentgeltansprüche wegen Nichtigkeit (§ 134 BGB) gegen den Beklagten nicht geltend machen. Die Klage sei daher wegen fehlender Marktpreisanpassungsklausel in § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 derzeit nicht begründet.

Die Garantietonnagen seien unterschiedslos auf Massengut- und Stückgutsspediteure angewandt worden. Die fehlende Differenzierung zwischen beiden Arten der Spedition sei eine ungerechtfertigte Diskriminierung des Beklagten und anderer Stückgutsspediteure. Die Gleichbehandlung der Massengut transportierenden Unternehmen mit den Stückgutspeditionen verstoße gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. Daher sei § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991, der in vergleichbaren Ansiedlungszeiträumen keinen Unterschied zwischen Stückgut und Massengutspeditionen mache, sei unwirksam, soweit die Stückgutspeditionen die gleichen Tonnagen erbringen müssten wie die Massengutspeditionen. Folglich würden die auf § 14 gestützten Garantieentgelte ohne Rechtsgrundlage gefordert. Gleiches gelte bei Anwendung von § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. Die Klägerin sei gehalten, Tonnagen- und Garantieentgelte für Fehlmengen von Tonnagen auf ein dem Geschäftsbetrieb der Stückgut-Speditionen angemessenes Verhältnis zu den Massengut transportierenden Unternehmen herabzusetzen. Die Klage sei auch deshalb unbegründet.

Die Ungleichbehandlung des Beklagten im Vergleich zur Firma A. verstoße gegen § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. Der Beklagte werde gegenüber der Firma A ungerechtfertigt diskriminiert. Die Firma A. liege mit ihrem Grundstück ebenso neben dem Hafenbahngleis wie der Beklagte mit dem seinem. Nach den Ansiedlungsbedingungen des Freistaats sollten Ansiedler mit oder ohne Gleisanschluss die gleichen Nutzungsentgelte zahlen. Die Firma A. zahle aber seit 1997 bis heute und mindestens bis 2005 keine Bahnverkehrsgarantie-Entgelte. Der Freistaat verzichte auf die Bahnverkehrsgarantie-Entgelte der Firma A. mit der Begründung, dass der ihr zugesagte Anschluss an den noch zu errichtenden Kombibahnhof noch nicht erstellt sei. Gemäß § 134 BGB i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. sei die den Beklagten diskriminierende Entgeltbestimmung nichtig, solange die Firma A. keine Bahnverkehrsgarantieentgelte zahle.

Die Klägerin verstoße durch die geschäftsmäßige Einziehung der Forderungen des Freistaats gegen das Rechtsberatungsgesetz mit der Folge, dass die zugrunde liegende Abtretung nichtig und die Klage unbegründet sei. Aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG sei die Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit. Die Forderungseinziehung durch die Klägerin erfolge geschäftsmäßig. Die Klägerin habe für ihre Tätigkeit keine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RBerG. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz mache die zugrunde liegende Abtretung nichtig. Die Nichtigkeit ergreife sowohl den Geschäftsbesorgungsvertrag als auch die Abtretung.

§ 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 sei gemäß § 9 AGBG a.F. unwirksam, weil sie den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Wirtschaftlich liege in der Klausel eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafenvereinbarung. Aufgrund der mit der Klausel verfolgten Absicht, das Bahnfrachtaufkommen zu stärken, handele es sich bei der Klausel zumindest um eine unterentwickelte Verpflichtung, die zugunsten des Vermögens des Grundstücks-Eigentümers durch die Garantieentgelt-Klausel abgesichert sei. § 9 AGBG a.F. greife daher durch mit der Folge, dass die Bestimmung in § 14 Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 unwirksam sei und die Klage abgewiesen werden müsse.

Auch § 138 BGB greife ein. Der Freistaat habe als Vertragspartner die Zwangslage des Beklagten rücksichtslos ausgenutzt. Bei der Feststellung der Nichtigkeit gemäß § 138 Abs. 2 BGB sei insbesondere zu beachten, dass der Bundesgerichtshof bei Darlehensverträgen die Überschreitung eines Zinssatzes von 12 % oder die Erreichung einer Zinshöhe von 90 % über dem Marktniveau bereits für eine Sittenwidrigkeit ausreichen lasse. Gemessen daran sei die Vervierfachung des Bahnverkehrsentgelts ohne Weiteres ausreichend, um das für die Begründung der Sittenwidrigkeit notwendige Missverhältnis zu belegen.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage abgelehnt. Für die vom Landgericht zu Unrecht unterstellte Annahme, der Beklagte habe eine Änderung der Ansiedlungsbedingungen entsprechend der Wertentwicklung und der allgemeinen Marktlage erwarten müssen, finde sich in seinen Vertragsbedingungen kein Anhalt. Gerade weil eine Marktpreisanpassungsklausel fehle, habe der Beklagte erwarten dürfen, dass er auf dem durch die Indexierung der existierenden Verträge erreichten Entgeltniveau bei identischer Indexierungsvorschrift für die Zukunft einsteigen würde.

Die Handlungsweise des Freistaates Bayern als Monopolist für zur Ansiedlung von Speditionen mit Tag- und Nachtbetrieb und Gleisanschluss geeignete Grundstücke verstoße gegen § 1 UWG a.F. Der Freistaat Bayern benutze die Monopolstellung dazu, der Deutschen Bahn AG Aufträge zuzuschanzen, aus denen er seinerseits Entgelte für die Benutzung der Hafenbahngleise erhalte. Der Beklagte könne die Unterlassung der Entgeltdifferenzierung, die ihn als Zweitmarktanbieter behindere, verlangen.

Der Beklagte beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.11.2003, Aktenzeichen 3 O 9878/00, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie vorsorglich Zurückverweisung an das Landgericht.

Die Klägerin macht geltend, die Darstellung des Sachverhaltes seitens der Berufung sei schon im Ansatz unzutreffend. Der Beklagte verkenne, dass die beiden Komponenten Erbbauzins und Bahngarantie zusammengenommen ein Nutzungsentgelt darstellten, das an der unteren Grenze der ortsüblichen Nutzungsentgelte liege. Der Beklagte verschweige, dass er zwischen vier Vertragsgestaltungen nach Belieben habe wählen können

- Mietvertrag über ein Grundstück ohne Gleisanschluss

- Mietvertrag über ein Grundstück mit Gleisanschluss

- Erbbaurechtsvertrag bezüglich Grundstück ohne Gleisanschluss

- Erbbaurechtsvertrag bezüglich Grundstück mit Gleisanschluss.

Derjenige Vertragspartner, der keinen Gleisanschluss gewollt hätte, hätte dann einen erhöhten Erbbauzins bzw. Mietzins von damals 4,82 DM pro qm zu entrichten gehabt. Erstinstanzlich sei auch dargelegt worden, dass bei Übernahme der sogenannten Bahngarantie auch dann, wenn kein Gramm Transportgut mit der Bahn transportiert würde, sich umgerechnet auf den qm gleichwohl ein äußerst günstiger Miet- bzw. Pachtzins ergebe. Es sei geradezu absurd, wenn der Beklagte, der selbst bei der vollen Bahngarantie nicht mehr als einen marktüblichen Zins für die Grundstücksnutzung zu bezahlen gehabt hätte, von Knebelung, sittenwidriger bzw. wettbewerbswidriger Ausnutzung einer Monopolstellung etc. spreche. Das Bahnverkehrsgarantieentgelt sei kein zusätzlich zum Nutzungsentgelt zu zahlender Betrag, sondern dessen Bestandteil und eine Möglichkeit für den Ansiedler, einen Teil des Nutzungsentgelts rückvergütet zu erhalten. Soweit der Beklagte behaupt, jeder Ansiedler im Hafen Nürnberg sei verpflichtet, einen Privatgleisanschluss auf seine Kosten zu bauen, unterschlage der Beklagte, dass dies nur für Mieter/Erbbauberechtigte gelte, deren Grundstück gleismäßig erschlossen sei.

Auch die Behauptung des Beklagten, ihm wäre keine andere Wahl gelassen worden, als anstatt ursprünglich gewünschter 9.500 qm eine Fläche von 19.500 qm zu übernehmen, sei bereits erstinstanzlich bestritten worden.

Im Streitfall hätten Erbbaurechtszins und Bahnverkehrsgarantie zusammen genommen einen qm-Preis von nicht einmal 12,00 DM ergeben, wobei der ortsübliche Zins bereits bei 18,00 DM gelegen habe.

Sämtliche Berufungsrügen überzeugten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht.

Die behauptete Nötigung und den "Zwang" zur Anmietung einer größeren als der gewünschten Fläche habe es nicht gegeben.

Der Beklagte werde durch die Forderung der Garantieentgelte für die fehlende Bahntonnage auch nicht behindert. Er habe die Möglichkeit gehabt, entweder eine Fläche zu mieten oder im Wege des Erbbaurechtes zu übernehmen. Er habe zudem die Möglichkeit gehabt, innerhalb dieser vertraglichen Gestaltungsvarianten zwischen Grundstücken mit und ohne Gleisanschluss zu wählen.

Die vom Beklagten immer wieder bemühte Ungleichbehandlung habe es nicht gegeben. Von sämtlichen sieben Unternehmen, die sich im Zeitraum 1990 bis einschließlich 1992 im Hafengebiet angesiedelt hätten, seien der gleiche qm-Preis und die gleichen Bahngarantien wie vom Beklagten verlangt worden.

Eine Bevorzugung der Firma A. liege nicht vor. Bei Vergabe der Fläche an die Firma A. sei noch kein Bahngleisanschluss für die Fläche vorhanden gewesen.

Die gesamten Ausführungen des Beklagten zu angeblichen Rechtsverstößen, insbesondere gegen das GWB, krankten daran, dass der Beklagte seinen Vortrag auf die Bahnverkehrsgarantie fixiere, anstatt die von ihm unter Einschluss der Bahnverkehrsgarantie pro qm zu bezahlenden Nutzungsentgelte zu addieren. Die vereinbarte Bahngarantie, bei deren Hinzurechnung sich nur der ortsübliche Mietzins/Erbbauzins ergebe, stelle ein spezielles Rückvergütungssystem dar, das dem angesiedelten Unternehmen die Chance gebe, einen Teil seines Grundstücks-Nutzungsentgelts wieder "zu verdienen", wobei es aber nie Gefahr laufe, ein höheres Nutzungsentgelt pro qm zu bezahlen als ortsüblich wäre.

Auch soweit der Beklagte glaube, es liege ein Verstoß gegen § 19 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. vor, seien die gesamten Erwägungen des Beklagten aus den dargestellten Gründen abwegig.

Im Übrigen übersehe der Beklagte, dass § 13 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 eine indexbezogene Anpassung des Erbbauzinses vorsehe, die gemäß § 14 auch auf die Bahnverkehrsgarantie Anwendung finde.

Der Beklagte stehe mit seinem Vertrag auch keineswegs schlechter als frühere Ansiedler.

Die von ihm beanstandete höhere Bahnverkehrsgarantie von 2 t pro qm, anstatt 1 t pro qm, ändere ja nichts an dem insgesamt pro qm von ihm zu bezahlenden Nutzungsentgelt, sondern stelle für ihn nur eine Möglichkeit dar, eine höhere Rückvergütung zu erzielen als bei einem Vertrag mit nur 1 t pro qm Bahnverkehrsgarantie.

Soweit der Beklagte eine unzutreffende Gleichbehandlung von Stückgut-Spediteuren mit Massengut-Spediteuren beanstande, liege auch dieser Vortrag völlig neben der Sache. Unabhängig davon, dass der Beklagte ein Grundstück ohne Gleisanschluss hätte wählen können. allerdings zu einem dann höheren Mietzins/Erbbauzins, könne es nicht angehen und wäre rechtswidrig, wenn der Freistaat Bayern, über den Umweg eine solche Differenzierung einzelne Branchen indirekt subventionieren würde.

Es liege kein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG vor. Aus dem Vermögen des Freistaates Bayern sei die Hafenverwaltung Nürnberg als Betriebsteil der Bayerischen Landeshafenverwaltung mit Ausnahme der ihr zugeordneten Grundstücke als Sacheinlage in die Klägerin eingebracht worden. Zwischen der Bayerischen Landeshafenverwaltung als Betrieb des Freistaates Bayern und der Klägerin sei eine Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen worden, wonach die Klägerin u.a. beauftragt wurde, die Erbbaurechtsverträge zu betreuen, insbesondere Erbbauzinsen einzuziehen und die Erfüllung der sonstigen vertraglichen Verpflichtungen durch die Erbbauberechtigten zu überwachen. Einschlägig sei Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG.

Ein Verstoß gegen § 9 AGBG a.F sei nicht ersichtlich. § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 enthalte keine Vertragsstrafenvereinbarung, es handele sich vielmehr um eine "Rückvergütungsvereinbarung".

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 23.12.2003 auf Antrag des Beklagten an das Oberlandesgericht München verwiesen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 10.03.2005 Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung des Beklagten ist unbeschadet der Einlegung beim Oberlandesgericht Nürnberg zulässig (vgl. BGH NJW 2000, 1574, 1575 f.), aber nicht begründet. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist der Höhe nach außer Streit; mit den kartellrechtlichen und sonstigen Einwendungen gegen die Bahnverkehrsgarantie gemäß § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 hat der Beklagte keinen Erfolg.

a) Im Streitfall, in dem es um Zahlungsansprüche für den Zeitraum 1998 bis 2001 geht, finden die bis zum 31.12.2001 geltenden Schuldrechtsnormen (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB) sowie das bis zum 07.07.2004 geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Anwendung. Ferner ist im Streitfall auf Vorgänge bis zum 31.12.1998 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen alter Fassung, für Vorgänge ab 01.01.1999 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen neuer Fassung anwendbar.

b) Soweit der Beklagte eine kartellrechtliche Behinderung mit der Begründung geltend macht, zu der von ihm gewünschten Fläche von 9.500 qm sei durch den Freistaat Bayern eine weitere Fläche von 10.063 qm erzwungenermaßen hinzugekoppelt worden, und deshalb eine Kürzung der Klageforderung um 10.063/19.563tel der Klagesumme begehrt, hat er hiermit keinen Erfolg.

aa) Zu Recht ist das Landgericht im Streitfall von der Normadressateneigenschaft des Freistaates Bayern im Sinne der § 26 Abs. 2 GWB a.F.; §§ 19, 20 GWB n. F. ausgegangen. Zutreffend hat das Landgericht den relevanten Markt unter Berücksichtigung der Sicht der Marktgegenseite in räumlicher Hinsicht auf den Großraum Nürnberg und in sachlicher Hinsicht auf speditionsgeeignete Grundstücke mit Gleisanschluss eingegrenzt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts (Urteil des Landgerichts S. 17) war der Freistaat Bayern zu Beginn der 90er Jahre im Großraum Nürnberg nahezu der einzige Anbieter von Grundstücken, die zum Tag- und Nachtbetrieb einer Spedition geeignet waren und die über einen Gleisanschluss verfügten. Danach ist der Freistaat Bayern auf dem betreffenden Markt keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt, weshalb er als marktbeherrschendes Unternehmen zu qualifizieren ist.

bb) Der Anwendbarkeit der §§ 26 Abs. 2 GWB a.F., § 20 Abs. 1 GWB n.F. steht im Streitfall nicht von vornherein entgegen, dass der Beklagte als angeblich behindertes bzw. diskriminiertes Unternehmen in erster Linie nicht auf dem beherrschten Markt, dem Immobilienmarkt für speditionsgeeignete Grundstücke im Großraum Nürnberg, sondern auf einem Drittmarkt, dem Speditionsmarkt, tätig ist. Der Bundesgerichtshof hat offengelassen, ob an seiner früheren Rechtsprechung (vgl. BGH WuW/E 2483 - Sonderungsverfahren) festzuhalten ist, dass für die Anwendung des § 26 Abs. 2 GWB a.F. bzw. § 20 Abs. 1 GWB n.F. erforderlich ist, dass das behinderte Unternehmen auch auf dem beherrschten Markt tätig sein muss (BGH WRP 2004, 376, 378 - Strom und Telefonie I); es spricht viel dafür, dass die Behinderung auch auf einem Drittmarkt eintreten kann, sofern nur der fragliche Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und der Behinderung bzw. Ungleichbehandlung gegeben ist. Dies kann im Streitfall indes letztlich offen bleiben. Der Beklagte ist auch auf dem beherrschten Markt tätig, weil er die nicht benötigte Teilfläche des Grundstücks, das Gegenstand des Erbbaurechts ist, vermietet.

cc) Darin, dass der Freistaat Bayern sich geweigert hat, dem Beklagten nur eine Teilfläche von 9.500 qm aus dem betreffenden Grundstück mit einer Gesamtgröße von 19.563 qm (vgl. § 1 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991) zu überlassen, dieses Grundstück dem Beklagten vielmehr nur als Ganzes überlassen wollte, nachdem der Interessent für die weitere Teilfläche von 10.063 qm, die B-S., abgesprungen war (vgl. die Schreiben des Beklagten vom 16.02.1990 (Anlage B 4) und vom 30.04.1990 (Anlage B 5)), liegt keine unbillige Behinderung (vgl. zum Begriff der Behinderung Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 20, Rdn. 37). Im Rahmen der insoweit gebotenen Würdigung und Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem betreffenden Grundstück um ein einheitliches Wirtschaftsgut, nicht um zwei verschiedene, miteinander gekoppelte Wirtschaftsgüter handelt; es ist auch unter Berücksichtigung der Lage, in der der Beklagte steckte, nachdem der Mietvertrag bezüglich seines früheren Betriebsgrundstücks Nürnberg, Dianastraße 29, gekündigt worden war (vgl. Kündigungsschreiben vom 30.12.1988 (Anlage B 1a)), und seines Interesses, ein für seine Bedürfnisse passendes Ersatzgrundstück zu möglichst niedrigen Kosten zu finden, legitim, dass der Freistaat Bayern dieses Wirtschaftsgut insgesamt und nicht nur bezüglich einer Teilfläche vermarkten wollte. Dem steht nicht entgegen, dass der Freistaat Bayern ursprünglich bereit war, Teilflächen des Grundstücks an zwei Interessenten gleichzeitig, nämlich die B-S. und den Beklagten, zu überlassen. Nachdem die B-S. als weiterer Interessent abgesprungen war, bestand das Risiko, dass die vom Beklagten nicht gewünschte Teilfläche von 10.063 qm aufgrund ihres Zuschnitts (vgl. den vom Beklagten vorgelegten Lageplan Anlage B 36) unvermietbar sein würde. Im Hinblick auf dieses Risiko ist es legitim, dass der Freistaat Bayern das betreffende Grundstück dem Beklagten nur als Ganzes überlassen wollte. Soweit sich der Beklagte auf OLG Celle WuW/E OLG 3661 f - Seekarten beruft, betrifft dieses Urteil einen anders gelagerten Sachverhalt. Es ging dort um die Koppelung mehrerer unterschiedlicher Wirtschaftsgüter, nämlich verschiedener Seekarten und Seebücher.

dd) Aus den vorstehend genannten Gründen liegt darin, dass der Freistaat Bayern das betreffende Grundstück dem Beklagten nur als Ganzes überlassen wollte, nachdem der weitere Interessent, die B-S., abgesprungen war, auch weder ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 GWB n.F. noch gegen § 19 Abs. 1 Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F.

c) Soweit der Beklagte einen Verstoß gegen § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. und gegen § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. deswegen geltend macht, weil § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.10.1991 keine Marktpreisanpassungsklausel enthält, und deswegen die Klage für derzeit unbegründet hält, dringt er damit nicht durch. Es entspricht auch bei gewerblichen Zwecken dienenden Erbbaurechten nicht einem Gebot von Treu und Glauben, eine infolge einer Bodenwertveränderung etwa ausgelöste Äquivalenzstörung durch Anpassung des Erbbauzinses an den veränderten Bodenwert anzugleichen; der Kaufkraftänderung des ursprünglich vereinbarten Erbbauzinses kann eine auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten bezogene Anpassungsklausel Rechnung tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.1983 - V ZR 274/92 = BGHR BGB § 917 Notwegrecht 1, in juris dokumentiert). Vergleichbar liegt der Fall hier bezüglich der Bahnverkehrsgarantie; § 14 Nr. 1 Abs. 3 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 verweist auf die Lebenshaltungspreisindexklausel in § 13 Abs. 3 dieses Vertrags, mit der in hinreichender Weise das Inflationsrisiko erfasst wird. Aus § 20 Abs. 1 GWB n.F./§ 26 Abs. 2 GWB a.F. kann eine Verpflichtung zur Aufnahme einer darüber hinaus gehenden Marktpreisanpassungsklausel nicht hergeleitet werden. Eine solche Klausel würde demjenigen, der ein Grundstück nutzen will, nicht nur Vorteile bringen, sondern wäre für ihn im Falle steigender Marktpreise mit dem Nachteil einer Erhöhung der Nutzungsentgelte verbunden. Demgegenüber erhöht das Fehlen einer derartigen Anpassungsklausel die Planungssicherheit für beide Vertragsseiten, weil dann künftige Marktpreisschwankungen keinen Einfluss auf bereits geschlossene Verträge haben; deshalb ist das Fehlen einer solchen Marktpreisanpassungsklausel nicht unangemessen. Die Ungleichbehandlung, die darin liegt, dass Ansiedler mit Vertragsschlusszeitpunkt in anderen Zeiträumen (vgl. Urteil des Landgerichts S. 21-22) Verträge mit geringeren Bahnverkehrsgarantielasten abgeschlossen haben als der Beklagte, ist sachlich gerechtfertigt im Hinblick auf die vom Landgericht festgestellte (Urteil des Landgerichts S. 21) wirtschaftliche Entwicklung der Bodenwerte und der Nachfrage nach entsprechenden Grundstücken (vgl. auch Bundeskartellamt, Tätigkeitsbericht 1963, S. 35 zur Zulässigkeit der Differenzierung nach Stichtagen im Rahmen des § 26 Abs. 2 GWB a.F.).

d) Mit dem Einwand, die fehlende Differenzierung in § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 zwischen Massengut- und Stückgutspediteuren sei eine ungerechtfertigte Diskriminierung des Beklagten und anderer Stückgutspediteure und verstoße gegen § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB n.F. sowie gegen § 26 Abs. 2 GWB a.F./§ 20 Abs. 1 GWB n.F., hat der Beklagte keinen Erfolg. Das betreffende, vom Kläger bestrittene (Schriftsatz vom 21.04.2004, S. 8-9) Vorbringen zur Entwicklung des Stückgutaufkommens bei der Bahnfracht und zum Verhältnis von Stückguttonnage zur Massenguttonnage (Schriftsatz vom 01.03.2004, S. 9-10) ist erstmals in der Berufungsinstanz vorgebracht worden, obwohl es schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können, und deshalb nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen. Im Übrigen hätte der Beklagte mit diesem Einwand auch in der Sache keinen Erfolg. Zum einen hatte der Beklagte wie jeder Interessent nach den Ansiedlungsbedingungen (vgl. Anlage B 1c, Nr. 4.5) die Möglichkeit, statt der Bahnverkehrsgarantie einen Zuschlag auf den Mietzins/Erbbauzins zu vereinbaren. Zum anderen liefe die vom Beklagten gewünschte Differenzierung auf eine unzulässige Subventionierung einzelner Branchen bzw. Branchenbereiche hinaus.

e) Keinen Erfolg hat der Beklagte mit der Rüge, die Ungleichbehandlung des Beklagten im Vergleich zur Firma A. verstoße gegen § 20 Abs. 1 GWB n.F.; § 26 Abs. 2 GWB a. F.

Nach den Feststellungen des Landgerichts, basierend auf den Aussagen der in erster Instanz im Termin vom 01.10.2003 vernommenen Zeugen Mahl und Schmidt (vgl. Protokoll Bl. 213/221), hat das Grundstück der Firma A (vgl. Lageplan Anlage B 36) noch keinen Gleisanschluss, weshalb eine Bahngarantie derzeit nicht erhoben wird. Der Zeuge Schmidt hat bei seiner Vernehmung im Termin vom 01.10.2003 ausgesagt, dass bei dem Grundstück der Firma A. keine Gleisanschlussmöglichkeit besteht; im Vertrag mit der Firma A. ist eine Bahnverkehrsgarantieregelung vereinbart; allerdings sollte die Zahlungsverpflichtung erst ab - der bisher noch nicht erfolgten - Fertigstellung eines Bahnhofs für den kombinierten Güterverkehr eintreten. Im Hinblick auf diese Lage besteht ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der Firma A. im Vergleich zum Beklagten. Die Bahnverkehrsgarantie wird nach § 14 des standardisierten Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 für die Anschlussmöglichkeit an die hafeneigenen Gleisanlagen versprochen. Mangels Gleisanschlussmöglichkeit beim Grundstück der Firma A ist es nicht sachwidrig, dass diese Firma bis zur Fertigstellung des Bahnhofes für den kombinierten Güterverkehr und damit auch im hier relevanten Zeitraum 1998 bis 2001 keine Bahnverkehrsgarantie schuldet. Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz Sachverständigenbeweis für die Behauptung anbietet, das A.-Grundstück sei gleismäßig erschließbar (Schriftsatz vom 14.01.2005, S. 14), ist dieses Beweisangebot nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

f) Die Rüge, § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 verstoße gegen § 9 AGBG a.F., weil es sich wirtschaftlich um eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafeklausel handele, greift nicht durch; bei der Bahnverkehrsgarantie handelt es sich nicht um eine Vertragsstrafe.

Eine Vertragsstrafe hat eine doppelte Zielrichtung. Sie soll einmal als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung einer versprochenen Leistung anhalten; zum anderen soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen (vgl. BGH NJW 1988, 2536). Diese Kriterien sind, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, im Streitfall nicht erfüllt. Den Beklagten trifft nach § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 keine etwa selbständig einklagbare Verpflichtung, die jährlich festgelegte Menge an Eisenbahngut, an die das Bahnverkehrsgarantieentgelt anknüpft, umzuschlagen. Auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts auf Seite 24 wird Bezug genommen. Diese Auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass in den Bedingungen für Ansiedlungen im Staatshafen Nürnberg (vgl. Anlage B 1c), auf die im Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 in § 34 Bezug genommen wird, ausdrücklich ausgeführt wird, dass ein jährliches Entgelt - Bahnverkehrsgarantie - für die Vorhaltung und Anschlussmöglichlichkeit an die hafeneigenen Gleisanlagen zu entrichten ist (Nr. 4.5), wobei alternativ zur Bahnverkehrsgarantie deren Abgeltung durch einen Zuschlag zum Mietzins/Erbbauzins vereinbart werden kann (Nr. 4.5).

g) Der Beklagte kann keine Anpassung der Bahnverkehrsgarantie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage beanspruchen. Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintreten bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesem Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH NJW 2001, 1204, 1205). Einseitige Erwartungen einer Partei, die für ihre Willensbildung maßgebend waren, gehören nur dann zur Geschäftsgrundlage, wenn sie in den dem Vertrag zu Grunde liegenden gemeinschaftlichen Geschäftswillen beider Parteien aufgenommen worden sind (BGH NJW-RR 1989, 752, 753; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 242, Rdn. 117). Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht einen Wegfall der Geschäftsgrundlage im Ergebnis zu Recht verneint. Soweit der Beklagte geltend macht, er sei aufgrund der Schreibens der Hafenverwaltung Nürnberg vom 11.07.1990 (Anlage B 7) , in dem u.a. ausgeführt wird, eine Änderung im Sinne des Beklagten werde wegen der Gleichbehandlung aller Ansiedler im Staatshafen Nürnberg grundsätzlich abgelehnt, davon ausgegangen, dass er bezüglich der Bahnverkehrsgarantie ebenso behandelt werde wie alle anderen - auch früheren oder späteren - Ansiedler im Hafengebiet, so ist diese einseitige Vorstellung nicht Geschäftsgrundlage geworden, weil jedenfalls der Geschäftswille des Freistaates Bayern nicht auf dieser Vorstellung aufbaut. Wie das Landgericht aufgrund der Aussagen der Zeugen Mahl und Schmidt festgestellt hat, wurde die Bahnverkehrsgarantie in den 80er Jahren zweimal für Neuansiedler erhöht, um dem stark steigenden Verkehrswert der Grundstücke am Hafen Rechnung zu tragen; in den 90er Jahren wurde sodann die Bahnverkehrsgarantie wegen der schwierigen Situation auf dem Immobilienmarkt wieder gesenkt (Urteil des Landgerichts S. 21).

h) Keinen Erfolg hat der Beklagte mit dem Einwand, die Handlungsweise des Freistaates Bayern als Monopolist zur Ansiedlung von Speditionen mit Tag- und Nachtbetrieb und für Grundstücke mit Gleisanschluss verstoße gegen § 1 UWG a.F., weil der Freistaat Bayern diese Stellung dazu benutze, der Deutschen Bahn AG Aufträge zuzuschanzen, aus denen er seinerseits Entgelte für die Benutzung der Hafenbahngleise erhalte. Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze des Wettbewerbsschutzes gegenüber der sich privatwirtschaftlich betätigenden öffentlichen Hand (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1, Rdn. 537 ff) verstößt die Vereinbarung der Bahnverkehrsgarantie im Streitfall nicht gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG a.F.. Auch soweit die öffentliche Hand über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, darf sie grundsätzlich ihr Verhalten nach wirtschaftlich vernünftigen Erwägungen gestalten (vgl. BGH WRP 1998, 857, 860 - 1000.- DM Umweltbonus); die Ausgestaltung der Bahnverkehrsgarantie nach den Ansiedlungsbedingungen des Freistaates Bayern ist danach nicht zu beanstanden. Zum einen hatte der Beklagte wie andere Interessenten die Wahlmöglichkeit, entweder die Bahnverkehrsgarantie oder einen höheren Mietzins/Erbbauzins zu vereinbaren (vgl. Nr. 4.5 der Bedingungen für Ansiedlungen im Staatshafen Nürnberg, Anlage B 1c). Zum anderen ist die Bahnverkehrsgarantie jedenfalls auch das Entgelt dafür, dass der Hafen eine Bahninfrastruktur vorhält. Bei dieser Lage kann nicht davon gesprochen werden, dass der Freistaat Bayern seine Stellung und die Bahnverkehrsgarantie wettbewerbswidrig dazu benutze, der Deutschen Bahn AG Aufträge zuzuschanzen, aus denen er seinerseits Entgelte für die Benutzung der Hafenbahn erhalte.

i) Keinen Erfolg hat der Beklagte auch mit dem Einwand, § 14 des Erbbaurechtsvertrages vom 31.01.1991 verstoße gegen § 138 BGB und sei deshalb nichtig. Der Beklagte hat weder die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 2 BGB (Wucher) noch die eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB (wucherähnliches Rechtsgeschäft) hinreichend dargetan.

Es kann dahinstehen, ob sich der Beklagte, wie dieser geltend macht, nach der Kündigung des früheren Betriebsgrundstücks Dianastraße 29 in Nürnberg in einer Zwangslage befand, weil er vor der Wahl stand, seine Niederlassung in Nürnberg zu schließen und die Angestellten zu entlassen, oder sich auf das Angebot des Freistaates einzulassen und einen langfristigen Nutzungsüberlassungsvertrag abzuschließen. Der Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, dass in objektiver Hinsicht ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Dass die Bahnverkehrsgarantielast, die der Beklagte 1991 vereinbart hat, vier Mal so hoch ist wie die Bahnverkehrsgarantielast, die bestimmte andere Ansiedler, die sich zu früheren Zeitpunkten, etwa in den 70er Jahren, im Hafengebiet angesiedelt haben, vereinbart haben, begründet ein derartiges Missverhältnis nicht. Wie das Landgericht festgestellt hat, hat der Freistaat Bayern mit der Erhöhung der Bahnverkehrsgarantie in den 80er Jahren auf die Entwicklung des Verkehrswerts der Grundstücke am Hafen reagiert (vgl. Urteil des Landgerichts S. 21). Außerdem ist eine isolierte Betrachtung der Bahnverkehrsgarantie und der damit verbundenen Leistung und Gegenleistung zur Ermittlung eines auffälligen Missverhältnisses im Sinne von § 138 BGB unzureichend, weil das gesamte Spektrum von Leistung und Gegenleistung, wie es im Erbbaurechtsvertrag vom 31.01.1991 vereinbart wurde, berücksichtigt werden muss; ein solches Missverhältnis vermag der Senat auf der Grundlage des Sachvortrags des Beklagten jedoch nicht festzustellen. j) Soweit der Beklagte die Nichtigkeit der Abtretungen (vgl. Anlagen K - 03.11.00 - X sowie zum Schriftsatz der Klägerin vom 20.10.2003) wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG) geltend macht, greift dieser Einwand nicht durch. Allerdings darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig grundsätzlich nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist; eine solche Erlaubnis hat die Klägerin nicht. Der Klägerin kommt jedoch die Ausnahmebestimmung des Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG zugute. Nach dieser Bestimmung stehen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes dem nicht entgegen, dass Vermögensverwalter, Hausverwalter und ähnliche Personen die mit der Verwaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Rechtsangelegenheiten erledigen. Nach § 3 Abs. 3 des von der Klägerin vorgelegten Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen der Bayerischen Landeshafenverwaltung und der Klägerin vom 31.07.1995 (Anlage K - 20.7.04 - 2) wird die Klägerin mit der Abwicklung der Erbbaurechtsverträge, insbesondere mit der Einziehung der Forderungen beauftragt. Die Klägerin ist deshalb als einem Vermögensverwalter oder einem Hausverwalter ähnliche Person im Sinne von Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG zu qualifizieren (vgl. auch KG NJW-RR 2003, 156, 157).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidug durch den Bundesgerichtshof.

5. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 07.03.2005 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.



Ende der Entscheidung

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