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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 04.12.2003
Aktenzeichen: U (K) 2018/03
Rechtsgebiete: GWB, EnWG


Vorschriften:

GWB § 33
GWB § 19 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 4
EnWG § 6 Abs. 1
Der Erwerb und Betrieb von Arealinstallationen einschließlich Umspannanlagen auf einem städtischen Grundstück stellt einen Markt im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB dar, der dem Stromnetz in der betreffenden Stadt nachgelagert ist.
Aktenzeichen: U (K) 2018/03

Verkündet am 04.12.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts M. durch den Vorsitzenden Richter Wörle, den Richter Cassardt und den Richter Dr. Kartzke im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis 11.11.2003 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts M. I vom 28.01.2003 - 33 O 6442/02 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Urteilsausspruch Nr. I dieses Urteils "gegen Zahlung" statt "Zug um Zug gegen die Zahlung" heißt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin gehört zum Konzern der E. AG Die Beklagte ist Pächterin und Betreiberin des den S. M. GmbH gehörenden Stromnetzes, das auf dem Gebiet der Landeshauptstadt M. errichtet ist. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, soweit in der Berufungsinstanz von Interesse, Durchleitung von Strom durch deren Netz zur Verbindungsstelle Z.str. X in M. unter Anschluss auf Mittelspannungsebene sowie Abschluss eines diesbezüglichen Netzanschluss- und Netznutzungsvertrags. Der Klägerin wurden von den Grundstückseigentümern des Grundstücks Z.str. X, der H. und Dr. Ha. Z.str. X GbR, die auf diesem Areal vorhandenen Stromversorgungsanlagen (Mittelspannungs- und Niederspannungs- sowie Umspannanlagen) überlassen; die Grundstückeigentümer haben die Klägerin beauftragt, die Stromversorgung dieses Grundstücks durchzuführen, wobei die Klägerin den Betrieb der Stromversorgungsanlagen zwischen der Eigentumsgrenze zum vorgelagerten Netzbetreiber bis zu den Zählern durchführen soll (vgl. Vertrag vom 08.02.2001, Anlagen K 3, K 29). Auf dem Grundstück Z.str. X sind verschiedene, Strom beziehende Letztverbraucher (Gewerbekunden) ansässig, die mit einer Ausnahme von der Klägerin mit Strom beliefert werden.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 28.01.2003 verurteilt, der Klägerin die Durchleitung von bis zu 1.315 kW Strom zwischen dem Anschluss des Netzes der Beklagten an das E.-Netz und der Verbindungsstelle zwischen dem Netz der Beklagten und dem der Klägerin in der Z.str. X Zug um Zug gegen die Zahlung des Netznutzungsentgelts für eine Stromabnahme von mehr als 3.000 Stunden im Jahr auf Mittelspannungsebene (10 kV) gemäß den nachfolgend beigefügten Preisblättern 1 und 3 der Beklagten vom 01.01.2002 zu gestatten, und die dem Tenor des Urteils beigehefteten Netzanschluss- und Netznutzungsverträge mit der Klägerin abzuschließen, wobei § 11 Abs. 1 des Netznutzungsvertrages und § 10 Abs. 1 des Netzanschlussvertrages nicht schon mit der Vollstreckbarkeit des Urteils, sondern erst mit dessen Rechtskraft in Kraft treten. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, das Urteil des Landgerichts verkenne die Reichweite von § 6 EnWG, das Verhältnis der Vorschrift zu § 10 EnWG und die Voraussetzungen von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB. Es vermenge den Stromhandel mit der Netznutzung. Außerdem habe das Landgericht die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass es von der Beklagten erwarte, den vom Landgericht unterstellten Vorrang aufgrund besonderen Interesses an einer durch den Wettbewerb erreichten preisgünstigen Versorgung durch diesen Vorrang überwiegende Gründe im Rahmen der Interessenabwägung zu überwinden. Das Landgericht habe insbesondere übersehen, dass seine Auffassung nicht nur zum Wegfall von Netznutzungsentgelten führe, sondern auch dazu, dass die Beklagte als Netzbetreiber künftig an die Klägerin Nutzungsentgelte für die Inanspruchnahme von deren nachgelagerten Grundstücksinstallationen zu zahlen habe. Die Beklagte sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass sie nach Auffassung des Landgerichts bei einer Konkurrenz in Bezug auf die Belieferung lukrativer Kunden darzulegen habe, dass sie hierbei nicht konkurrenzfähig bleiben könne. Die Unterstellung des Landgerichts, bisherige Tarifgestaltungen seien wenig aussagekräftig, weil die Strompreise mit der Liberalisierung stark gefallen seien, sei überraschend und unrichtig.

Die Unterstellung des Landgerichts, der Betrieb eines integrierten Netzes für die Letztverbraucherversorgung habe Kostenvorteile gegenüber dem Betrieb eines Netzes, aus dem einzelne Betriebsteile herausgelöst seien, widerspreche der Annahme des Landgerichts, wegfallende Kunden müssten angemessene Nutzungsentgelte zahlen, Kostenstrukturen könnten gelockert und die Mischkalkulation auf der Ausgabenseite auf neue Beine gestellt werden.

Die Beanstandung des Arguments der Beklagten, der Betrieb eines integrierten Gesamtnetzes habe gegenüber dem Betrieb eines fragmentierten Netzes Sicherheitsvorteile, als zu allgemein und nicht anhand des Einzelfalles konkretisiert, verstoße gegen § 139 ZPO, da die Beklagte hierzu weder in der mündlichen Verhandlung noch durch Verfügungen des Gerichts Hinweis erhalten habe. Das Argument, die Beklagte habe sich zur Lieferung der nunmehr von der Klägerin gelieferten (richtig: weitergelieferten) Strommenge bereit erklärt, was der Geltendmachung von Sicherheitsbedenken entgegenstehe, verwechsele den Stromhandel mit dem Netzbetrieb. Die Zurückweisung von Sicherheitsbedenken angesichts der Ertüchtigung der auf dem Grundstück Z.str. X vorhandenen Einrichtungen sei ebenfalls unlogisch und erfahrungswidrig.

Die Zugrundelegung der Verträge von E. verstoße gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG, weil nach dieser Vorschrift auf die vom Netzbetreiber für vergleichbare Leistungen innerhalb des eigenen Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen praktizierte Bedingungen abzustellen sei. Die Klägerin hätte deshalb auf die Verträge der Beklagten zurückgreifen müssen. Außerdem verpflichte § 6 Abs. 1 EnWG nur zur Zurverfügungstellung des eigenen Netzes.

Unter Berufung auf § 6 Abs. 1 EnWG könne daher keine Verurteilung zur Erbringung der Dienstleistungen erfolgen, wie sie die Verbändevereinbarung II und II plus vorsähen, die neben der Zurverfügungstellung des eigenen Netzes auch die Verschaffung der Zurverfügungstellung und bestimmte Dienstleistungen betreffend vorgelagerte Netze vorsehe.

Selbst wenn die Beklagte - was nicht beantragt sei - zur Erbringung von Leistungen gemäß der Verbändevereinbarung II (insoweit über § 6 Abs. 1 EnWG) verurteilt würde, wären die vorgelegten E.-Verträge hierfür keine passende Umsetzung. Der der Verurteilung zugrunde gelegte Netznutzungsvertrag sehe Leistungen vor, die nur ein Übertragungsnetzbetreiber wie die E. Netz GmbH, nicht aber ein Verteilnetzbetreiber wie die Beklagte erbringen könne, z.B. in § 4 Abs. 2, 4. Spiegelstrich sollte die Beklagte dazu verpflichtet werden, die Betriebsführung des Übertragungsnetzes durchzuführen. Die Beklagte besitze kein Übertragungsnetz. Ein solches besäßen in Bayern allein die E. Netz GmbH und R. Net. Ein weiteres Beispiel hierfür sei § 6 (ursprünglich § 7 des E.-Vertrages). Danach sollte die Beklagte verpflichtet sein, das so genannte Engpassmanagement durchzuführen. Dazu sei wiederum nur ein Übertragungsnetzbetreiber in der Lage. Außerdem seien Leistungen vorgesehen, die sich auf alle vorgelagerten Netze bezögen und die deshalb von der Beklagten beim Betreiber des vorgelagerten Netzes beschafft werden müssten. Dafür gebe § 6 EnWG keine Grundlage her. Ganz generell seien die zugrunde gelegten E.-Verträge an einer Durchleitung gemäß der Verbändevereinbarung II orientiert, die neben der Zurverfügungstellung des eigenen Netzes auch die Verschaffung der netzbezogenen Dienste Dritter durch den Netzbetreiber vorsehe, während § 6 EnWG einen Anspruch auf Dienstverschaffung nicht vorsehe.

Insoweit sei der Klageantrag zu I von Anfang an unschlüssig gewesen und habe auf der Basis von § 6 Abs. 1 EnWG nicht zugesprochen werden können.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Landgerichts M. I vom 28.01.2003 Az. 33 O 6442/02 wird in Ziff. I, Ziff. III und IV aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten vom 19.02.2003 gegen das Urteil des Landgerichts M. I vom 28.01.2003, Az. 33 O 6442/02 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Verurteilung "Zug um Zug" die Verurteilung "gegen" Zahlung verlangt wird.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Die Klägerin könne von der Beklagten die Durchleitung von Strom durch deren Netz bis zum Mittelspannungsanschluss auf dem Grundstück Z.str. X verlangen.

Die Voraussetzungen für einen Durchleitungsanspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG lägen vor. Die Beklagte sei Normadressatin des Durchleitungsanspruchs nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Die Klägerin sei Unternehmen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG und damit durchleitungsberechtigt. Unerheblich sei demgegenüber, ob die Klägerin ein Netz betreibe und ob das von ihr betriebene Arealnetz auf dem Grundstück Z.str. X ein Netz im Sinne des EnWG darstelle. Den Anspruchsinhalt des Durchleitungsanspruchs habe das Landgericht richtig erkannt. Er sei ein zweifacher: gerichtet sowohl unmittelbar auf die Gestattung der Durchleitung als auch auf Abschluss entsprechender Verträge. Die Durchleitung nach § 6 Abs. 1 EnWG sei auf Konkretisierung durch Vertrag angelegt. Auf den Abschluss entsprechender Verträge habe der Durchleitungspetent nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG auch einen Anspruch.

Fehl gingen die Einwände der Beklagten gegen den Inhalt der Verträge, zu deren Abschluss sie verurteilt worden sei. Die zugrunde gelegten Verträge seien auf der Grundlage der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 gestaltet worden und, soweit der Klägerin bekannt, von der Beklagten als Netznutzerin - im Verhältnis zur E. GmbH - akzeptiert worden. Mit der Änderung des § 6 Abs. 1 EnWG durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes vom 20.05.2003 (BGBl. I S. 686) sei die Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001 (BAnz. Nr. 85b vom 08.05.2002) "verrechtlicht" worden. Entscheidend sei, ob der Netzanschluss- und der Netznutzungsvertrag, zu deren Abschluss die Beklagte verurteilt worden sei, guter fachlicher Praxis entsprächen. Da sie auf der Grundlage der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 entstanden seien, sei dies der Fall.

Gleichfalls unzutreffend sei der Einwand der Beklagten, dass der Netznutzungsvertrag ihr Verpflichtungen als Übertragungsnetzbetreiber auferlege, die sie mangels Übertragungsnetzes nicht erfüllen könne. Ein Engpassmanagement sei bei allen Netzen erforderlich.

Soweit die Beklagte rüge, dass sie nach den jeweiligen Präambeln in den Verträgen nicht nur ihr eigenes, sondern auch die vorgelagerten Netze zur Verfügung stellen müsse, was in § 6 EnWG nicht vorgesehen sei, gehe dieser Einwand ebenfalls fehl. Nach Nr. 2.2.1 der Verbändevereinbarung umfasse das Netznutzungsentgelt die Bereitstellung des Netzes einschließlich aller vorgelagerten Netze. Im Übrigen seien die Einwände der Beklagten gegen den Inhalt des Netzanschluss- und des Netznutzungsvertrags nach § 529 Abs. 1 i.V.m. § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert.

Auch die Voraussetzungen eines Durchleitungsanspruchs nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB lägen vor. Zutreffend habe das Landgericht die Beklagte als marktbeherrschendes Unternehmen qualifiziert, und zwar sowohl auf dem Markt der Stromlieferung als auch auf dem Markt des Netzbetriebes. Die Beklagte versorge im Bereich der Stadt M. mehr als ein Drittel aller Stromabnehmer. Daraus habe das Landgericht zutreffend gefolgert, dass sie auf dem Markt der Stromversorgung marktbeherrschend sei. Die Beklagte beherrsche ferner in M. den Markt des Netzbetriebes und damit zugleich den nachgelagerten Markt der Stromversorgung auf dem Grundstück Z.str. X. Nachgelagerter Markt, den die Beklagte mit ihrer Stellung als Netzbetreiber ebenfalls beherrsche, sei darüber hinaus der Betrieb des Arealnetzes auf dem Grundstück Z.str. X. Es bestehe ein Wettbewerb um Arealnetze, der einen nachgelagerten Markt begründe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten beinhalte der Netzzugangsanspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG und § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auch einen Anspruch auf Netzanschluss und werde nicht durch § 10 EnWG abschließend geregelt. Letztlich könne dies dahinstehen, da ein Anschluss des Arealnetzes der Klägerin an das Mittelspannungsnetz der Beklagten bereits bestehe; der Netzanschlussvertrag habe nur noch die Funktion, die näheren Bedingungen des Anschlusses zu regeln. Unzutreffend sei die Argumentation der Beklagten, § 10 EnWG sei hinsichtlich des Netzanschlusses eine Spezialregelung, welche die Anwendung der § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG und § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ausschlösse. Die Beklagte verkenne damit die unterschiedlichen Regelungsbereiche beider Vorschriften. Der Netzzugangsanspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG umfasse auch den Anspruch auf Anschluss an das Stromnetz; dies gelte auch für Betreiber von Arealnetzen. Demgegenüber statuiere § 10 EnWG einen Anschluss- und Versorgungszwang von Energieversorgern, welche die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführten. Für einen wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge werde ein Kontrahierungszwang festgelegt; die Regelung diene damit vor allem dem Verbraucherschutz. Die Anschlusspflicht nach § 10 EnWG sei auf den Anschluss und die Versorgung in Niederspannung beschränkt. Fälle der vorliegenden Art fielen aus dem Anwendungsbereich von § 10 EnWG heraus.

Unzutreffend sei der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe den Mittelspannungsanschluss der vormaligen Eigentümer des Arealnetzes, der Hübner und Dr. Hauptmann Z.str. X GbR, usurpiert.

Die Beklagte könne die Durchleitung nicht verweigern. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 EnWG und § 19 Abs. 4 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB obliege ihr der Nachweis, dass die Durchleitung für sie unzumutbar sei; diesen Nachweis sei sie schuldig geblieben.

Die von der Beklagten angeführten Gründe - Gefährdung der allgemeinen Versorgung durch Wegfall besonders lukrativer Stromkunden, Sicherheitsvorteile eines integrierten Netzes - vermöchten nicht zu überzeugen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Stellungnahme des Bundeskartellamtes vom 12.06.2003 sowie auf das Protokoll des Termins vom 09.10.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Die Klageänderung, die darin liegt, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz anstelle der Verurteilung "Zug um Zug" die Verurteilung "gegen" Zahlung verlangt statt, ist zulässig (§ 525 Satz 1, § 264 Nr. 2 ZPO).

2. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Gestattung der Durchleitung ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte die Stromdurchleitung durch den bestehenden Mittelspannungsanschluss derzeit faktisch duldet. Dies geschieht, wie die Beklagte ausdrücklich klargestellt hat, weil sie den Streit um den Abschluss eines Netzanschlussvertrags, die Netznutzung und die Durchleitung nicht auf dem Rücken der auf dem Grundstück ansässigen letztverbrauchenden Stromkunden austragen möchte; einen Rechtsanspruch der Klägerin auf Durchleitung mit einem Mittelspannungs-Ausspeisepunkt stellt die Beklagte in Abrede (vgl. Berufungsbegründung vom 30.04.2003, S. 10-11).

3. Der Klägerin steht der ausgeurteilte Anspruch auf Durchleitung von Strom unter Anschluss auf Mittelspannungsebene sowie auf Abschluss eines Netzanschlussvertrags und Netznutzungsvertrags nach § 33, § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB i.V.m. § 6 Abs. 1 EnWG zu.

a) Die Beklagte ist Normadressatin des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB. Sie ist als Pächterin und Betreiberin des der S. M. GmbH gehörenden Stromnetzes marktbeherrschend auf einem räumlich durch die geographische Lage dieses Netzes abgegrenzten Marktes für Netznutzungsleistungen (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003- B 11 - 40 100 - T - 12/03 (im Folgenden: Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003), Beschlussabdruck S. 11). Sie hat auf dem so abgegrenzten Markt eine Monopolstellung, weil sie bei der Erbringung von Netznutzungsleistungen ohne Wettbewerber ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.08.2003 - 11 U 42/02, Beschlussabdruck S. 7); die Errichtung eines Parallelnetzes zu dem von der Beklagten betriebenen Netz ist der Klägerin wegen unverhältnismäßigen Aufwands nicht zumutbar. Marktbeherrschung auf dem vorstehend genannten Markt reicht für die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB aus (vgl. Senat GRUR-RR 2002, 181; Schultz in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, § 19, Rdn. 152 f; Theobald/Zenke in Schneider/Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft § 12, Rdn. 21). Nicht notwendig ist es für die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, dass der In-Anspruch-Genommene auch auf dem nachgelagerten Markt marktbeherrschend ist (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, Beschlussabdruck S. 11). Die Bestimmung des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB bezweckt eine Öffnung bestehender Netze und Infrastruktureinrichtungen für Leistungen auf nachgelagerten Märkten. Sofern es einer Mitbenutzung solcher Netze oder anderer Infrastruktureinrichtungen notwendig bedarf, um als Wettbewerber auf einem nachgelagerten Markt tätig zu werden, wäre die Erreichung des Gesetzeszwecks in Frage gestellt, wenn vorausgesetzt würde, dass der Inhaber des Netzmonopols auch auf dem nachgelagerten Markt marktbeherrschend ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.06.2003 - Kart 7/03 (V) (im Folgenden: OLG Düsseldorf; Beschluss vom 11.06.2003), Beschlussabdruck S. 11).

b) Der Erwerb und Betrieb der Arealinstallationen einschließlich der Umspannanlagen auf dem Grundstück Z.str. X ebenso wie auf vergleichbaren Arealen in M. stellt einen nachgelagerten Markt im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB dar, der dem von der Beklagten betriebenen Netz nachgelagert ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.06.2003, Beschlussabdruck S. 11; Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, Beschlussabdruck S. 7 ff). Der Klägerin ist der Betrieb der Arealinstallationen auf dem Grundstück Z.str. X als Wettbewerber der Beklagten ohne Anschluss an das von der Beklagten betriebene Netz auf Mittelspannungsebene nicht möglich.

aa) Der sachlich relevante Markt ist nach dem Bedarfsmarktkonzept zu bestimmen. Danach umfasst der sachlich relevante Markt alle Produkte und Dienstleistungen, die von den Nachfragern hinsichtlich ihres vorgesehenen Verwendungszwecks und ihres Preises als austauschbar angesehen werden (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, S. 12; Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 19, Rdn. 6). Maßgeblich ist insoweit die Sicht der Grundstückseigentümer/Vermieter, die als Nachfrager nach Dienst-leistungen im Zusammenhang mit solchen Arealinstallationen auftreten. Derartige Installationen dienen, so auch im Streitfall, der Stromversorgung eines Grundstücks mit Bebauung, auf dem mehrere Letztverbraucher ansässig sind. Errichtung/Pacht/Erwerb und Betrieb von solchen Arealinstallationen bzw. Arealnetzanlagen bilden einen eigenen sachlichen Markt, der dem Netzbetrieb nachgelagert ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.06.2003, S. 7; Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, S. 13). Wie das Bundeskartellamt festgestellt hat (aaO), besteht eine bundesweite Nachfrage nach Planung, Errichtung/Pacht und Betrieb derartiger Anlagen. Im Streitfall wird dadurch, dass der Klägerin von den Grundstückeigentümern H. und Dr. Ha Z.str. X GbR die Arealinstallationen zum Zwecke der Stromversorgung überlassen worden sind (vgl. Vertrag vom 08.02.2001, Anlagen K 3, K 29), belegt, dass es einen Markt für derartige Dienstleistungen gibt.

bb) Räumlich wird der relevante nachgelagerte Markt durch die Grenzen des von der Beklagten betriebenen Stromnetzes begrenzt; d.h. er bezieht sich auf den Betrieb von Installationen auf Arealen in M., die mit denen auf dem Grundstück Z.str. X vergleichbar sind.

cc) Energierechtliche Regelungen stehen der Anwendbarkeit von § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB im Streitfall nicht entgegen; vielmehr wird die vorstehende Beurteilung durch § 6 Abs. 1 EnWG gestützt. Nach § 130 Abs. 3 GWB stehen die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes der Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB nicht entgegen. Nach der ausdrücklichen Anordnung in § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG bleibt § 19 Abs. 4 GWB von den Regelungen in § 6 Abs. 1 EnWG unberührt.

Der Existenz eines nachgelagerten Marktes im Streitfall steht nicht entgegen, dass es sich bei den Installationen auf dem Areal Z.str. X nicht um ein Netz für die allgemeine Versorgung (vgl. § 2 Abs. 4, § 10 EnWG) handelt; es geht vielmehr um eine von vornherein begrenzte, auf bestimmte auf dem Areal Z.str. X ansässige Letztverbraucher (Gewerbekunden) abgestellte Versorgung (vgl. Anlage K 21), die unbeschadet etwaiger Wechsel der Letztverbraucher auf dem Areal keine allgemeine Versorgung ist (vgl. de/Wyl/Essig/Holtmeier in Schneider/Theobald aaO § 10, Rdn. 153; Danner, Energiewirtschaftsrecht, § 10 EnWG, Rdn. 7; vgl. ferner Büdenbender/Rosin, KWK-AusbauG, § 3, Rdn. 153 ff, 167); hiervon gehen auch beide Parteien aus. Im Streitfall erstreckt sich die der Klägerin vom Wirtschaftsministerium B.-W. mit Bescheid vom 05.10.1999 (Anlage K 28) erteilte Genehmigung im Übrigen nicht auf die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne des § 10 Abs. 1 EnWG.

Aus den gesetzlichen Regelungen geht hervor, dass eine Einheitlichkeit des Verteilnetzes bis zum Letztverbraucher nicht notwendig bestehen muss (vgl. Beschluss des Bundeskartellamts vom 08.10.2003, Beschlussabdruck S. 18). Durch § 13 Abs. 1 EnWG werden die Gemeinden verpflichtet, ihre öffentlichen Verkehrswege den im Wettbewerb stehenden Versorgungsunternehmen diskriminierungsfrei für die Verlegung von Leitungen zur Verfügung zu stellen; insoweit ist Wettbewerb bezüglich des Netzes durch Bau paralleler Leitungen möglich (vgl. Bundeskartellamt, Stellungnahme vom 12.06.2003, S. 8). Das Konzessionsabgabenrecht setzt außerdem die Zulässigkeit einer Arealversorgung in bestimmtem Zusammenhang voraus. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 EnWG liegt eine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne dieser Vorschrift auch vor, wenn ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Elektrizität oder Gas beliefert wird, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet. Das 1998 novellierte Energierecht hat die Möglichkeit geschaffen, dass Abnehmer innerhalb eines Versorgungsgebiets ihre Interessen durch Einschaltung eines Verteilunternehmens bündeln (vgl. BT-Drucks. 15/197, S. 9). § 2 Abs. 8 KAV regelt die Konzessionsabgabezahlung für diese neue Fallgruppe der Weiterverteilung. Hieran knüpft § 14 Abs. 1 Satz 2 EnWG an (vgl. BT-Drucks. 15/197, S. 9).

Der Vorschrift des § 10 EnWG, die die allgemeine Anschluss- und Versorgungspflicht von Letztverbrauchern in Niederspannung regelt, kann unter Berücksichtigung der vorstehend erörterten Gesetzeslage keine Sperrwirkung in dem Sinne entnommen werden, dass Ansprüche von nicht letztverbrauchenden Unternehmen auf Anschluss an das von der Beklagten betriebene Netz insbesondere auf Mittelspannungsebene generell ausscheiden. § 10 EnWG hat einen anderen Regelungszweck; die Vorschrift statuiert für einen wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge einen Kontrahierungszwang und dient dem Schutz des Letztverbrauchers (vgl. de Wyl/Essig/Holtmeier in Schneider/Theobald aaO § 10, Rdn. 137).

Auch die Transformatorenanlagen betreffende Vorschrift des § 11 AVBEltV steht der Anwendbarkeit von § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB im Streitfall nicht entgegen. Die genannte Vorschrift ist Teil der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden. In den §§ 2 bis 34 dieser Verordnung sind die allgemeinen Bedingungen, zu denen Elektrizitätsversorgungsunternehmen jedermann kraft Anschluss- und Versorgungspflicht an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und in Niederspannung zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen haben, geregelt; sie sind Bestandteil des Versorgungsvertrags (§ 1 Abs. 1 AVBEltV). Eine solche Fallkonstellation liegt hier indes nicht vor. Bei der Klägerin handelt es sich nicht um einen in Niederspannung zu versorgenden Letztverbraucher.

dd) Die Beklagte, die nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung der Zugangsverweigerung zu dem von ihr betriebenen Stromnetz trägt, hat nicht nachgewiesen, dass ihr die Mitbenutzung dieses Netzes mittels eines Mittelspannungsanschluss an der Verbindungsstelle Z.str. X aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Bei der im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB vorzunehmenden Abwägung kommt der Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Freiheit des Wettbewerbs zu sichern, besondere Bedeutung zu. Die genannte Abwägung geht zugunsten der Klägerin aus.

Soweit die Beklagte geltend macht, die Anwendung von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zur Erzwingung der Herstellung eines Mittelspannungsanschlusses scheitere im vorliegenden Fall daran, dass damit die Funktionsfähigkeit der allgemeinen Versorgung mit Netzdienstleistungen nachhaltig gefährdet und letztlich zerstört würde, hat sie damit keinen Erfolg. Durch die Gewährung eines Mittelspannungsanschlusses an die Klägerin ändert sich zunächst nichts an der Kundendurchmischung der Netzkunden der Beklagten. Denn auch in der Vergangenheit existierte an der Verbindungsstelle Z.str. X ein Mittelspannungsanschluss an das seinerzeit zuerst von den Stadtwerken M. betriebene Netz. Schon bei dieser Konstellation konnten Netznutzungsentgelte nur für die Entnahmespannungsebene Mittelspannung in Rechnung gestellt werden, nicht für die Entnahmespannungsebene Niederspannung. Zutreffend ist allerdings der Hinweis der Beklagten, dass sie bezüglich des Areals Z.str. X nach wie vor der Anschluss- und Versorgungspflicht nach § 10 EnWG in Bezug auf die dort ansässigen Letztverbraucher unterliegt, weil die Klägerin auf diesem Areal kein Netz für die allgemeine Versorgung betreibt. Diese Anschluss- und Versorgungspflicht kann etwa relevant werden, wenn die Klägerin den Betrieb der Arealinstallationen auf dem Grundstück Z.str. X einstellen oder insolvent werden sollte. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass sie ihr Niederspannungsnetz wegen der Verpflichtungen nach § 10 Abs. 1 EnWG auf das gesamte Gemeindegebiet einschließlich des Areals Z.str. X hin planen und konzipieren muss; hinsichtlich der diesbezüglichen Mehrkosten, die auf das Grundstück Z.str. X oder vergleichbare Areale entfallen und in die Berechnung der Netznutzungsentgelte für die Netzkunden der Entnahmespannungsebene Niederspannung eingehen, stehen ihr keine Netznutzungsentgelte der auf dem Areal ansässigen Letztverbraucher für die Entnahmespannungsebene Niederspannung zu; sie bekommt, solange die Klägerin den Betrieb der Arealinstallationen und die Versorgung der dort ansässigen Mieter durchführt, lediglich Netznutzungsentgelte für die Entnahmespannungsebene Mittelspannung. Indes ist dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Abwägung nicht geeignet, die Zugangsverweigerung der Beklagten zu rechtfertigen. Zum einen trägt die Beklagte keine Kosten für die Unterhaltung und Wartung der Installationen einschließlich der Umspannanlagen auf dem Areal. Zum anderen hat die Beklagte, deren Rechtsvorgängerin einen Mittelspannungsanschluss auf dem Areal Z.str. X seinerzeit konsentiert hat, keinen Anspruch darauf, den Kreis ihrer Niederspannungsnetzkunden um die auf diesem Areal ansässigen Letztverbraucher mit dem Ziel einer Reduzierung der Netznutzungsentgelte für die Entnahmespannungsebene Niederspannung zu erweitern (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, S. 31). Von einer Aushöhlung des Netzbetriebs kann bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden.

Soweit die Beklagte geltend macht, dass sie rechtlich gehindert sei, in einen Wettbewerb um den Betrieb der Arealinstallationen auf dem Grundstück Z.str. X einzutreten, weil sie - anders als die Klägerin - den Pflichten nach § 10 EnWG unterliege und weil die als gute fachliche Praxis verrechtlichte Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 es dem Betreiber des Netzes für die allgemeine Versorgung verwehre, den Niederspannungsnetzkunden auf dem Areal günstigere Netznutzungsentgelte anzubieten als anderen Niederspannungsnetzkunden, ist dies nicht stichhaltig. Zwar trifft es zu, dass die Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 unter Nr. 1.1 vorsieht, dass Netznutzungen und die damit verbundenen Entgelte für alle Netznutzer diskriminierungsfrei zu gestalten sind. Indes geht es im Streitfall um einen Anschluss auf Mittelspannungsebene; insoweit sieht die Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 vor, dass mit dem Netznutzungsentgelt die Nutzung der Spannungsebene, an die der Netznutzer angeschlossen ist, und aller vorgelagerten Spannungsebenen abgegolten ist (Nr. 2.2). Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Installationen auf dem Areal Z.str. X nicht um ein Netz für die allgemeine Versorgung handelt, ist die Beklagte im Übrigen nicht gehindert, mit Wettbewerbern um den Betrieb der betreffenden Arealinstallationen über Wettbewerbspreise zu konkurrieren (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 08.10.2003, S. 31 f, 30).

Auch soweit die Beklagte Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Netzbetriebs geltend gemacht hat (Berufungsbegründung vom 30.04.2003, S. 25-27), rechtfertigt dies die Zugangsverweigerung nicht. Durch den Durchleitungsvorgang ändert sich an dem rein physikalischen Stromfluss nichts; das betreffende Areal wird seit geraumer Zeit über den bestehenden Mittelspannungsanschluss mit Strom versorgt, ohne dass gravierende Störungen des Netzbetriebs der Beklagten ersichtlich geworden sind. Vor diesem Hintergrund sind die abstrakten Sicherheitsbedenken, die die Beklagte geltend macht, nicht geeignet, die Zugangsverweigerung zu rechtfertigen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Klägerin habe um einen zweiten Grundstücksanschluss nachgesucht, um einen so genannten Ringschluss herzustellen - dies wird von der Klägerin in Abrede gestellt -, betrifft dies die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung, die die bestehende Verbindungsstelle zwischen dem Netz der Beklagten und dem der Klägerin in der Z.str. X betrifft, nicht. 3. Die Einwände der Beklagten gegen den Inhalt der Verträge, zu deren Abschluss sie verurteilt worden ist, greifen nicht durch.

a) Der Anspruch aus § 33, § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB i.V.m. § 6 Abs. 1 EnWG geht auf die Gestattung der Durchleitung unter Anschluss auf Mittelspannungsebene sowie auf Abschluss eines Anschluss- sowie eines Netznutzungsvertrags.

b) Soweit die Beklagte beanstandet, dass sie vom Landgericht - dem Antrag der Klägerin entsprechend - nicht nur zur Gestattung der Nutzung des von ihr betriebenen Netzes, sondern auch zur Verschaffung der Nutzung vorgelagerter Netze verurteilt worden ist, hat sie damit im Hinblick auf die Verrechtlichung der Verbände-vereinbarung vom 13.12.2001 durch § 6 Abs. 1 EnWG keinen Erfolg. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG haben Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen anderen Unternehmen das Versorgungsnetz für Durchleitungen zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die guter fachlicher Praxis entsprechen und nicht ungünstiger sind, als sie von ihnen in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden. Bei Einhaltung der genannten Verbändevereinbarung wird bis zum 31.12.2003 die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet, es sei denn, dass die Anwendung der Vereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten (§ 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG). Nach der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 umfasst das Netznutzungsentgelt die Bereitstellung des Netzes einschließlich aller vorgelagerten Netze bis zur Höchstspannungsebene (vgl. de Wyl/Müller-Kirchenbauer in Schneider/Theobald aaO § 13, Rdn. 194). Das Netznutzungskonzept in dem Netznutzungsnutzungsvertrag, zu dessen Abschluss die Beklagte verurteilt wird, entspricht dem Netznutzungskonzept der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001, das mittels § 6 Abs. 1 EnWG verrechtlicht worden ist.

c) Auch mit dem Einwand, die Zugrundelegung der Verträge der E. Netz GmbH verstoße gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG, weil nach dieser Vorschrift auf die vom Netzbetreiber für vergleichbare Leistungen innerhalb des eigenen Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen praktizierte Bedingungen abzustellen sei - die Klägerin hätte deshalb auf die Verträge der Beklagten zurückgreifen müssen - hat die Beklagte keinen Erfolg. Im Hinblick darauf, dass die zugrunde gelegten Netznutzungs- und Netzanschlussverträge auf der guten fachlichen Praxis der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 beruhen, ist es gleichgültig, dass die Klägerin Vertragsformulare umformuliert hat, die von E. stammen.

d) Soweit die Beklagte beanstandet, der der - antragsgemäßen - Verurteilung zugrunde gelegte Netznutzungsvertrag sehe Leistungen vor, die nur ein Übertragungsnetzbetreiber erbringen könne und zu denen sie, die Beklagte, als Verteilnetzbetreiber nicht in der Lage sei, insbesondere Durchführung eines Engpassmanagements, sind diese Einwände nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hätte diese Einwände ohne Weiteres bereits in erster Instanz erheben können.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zukommt und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gegeben sind (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65).

Dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu den inmitten stehen Fragen noch nicht vorliegt, wie die Beklagte geltend macht, rechtfertigt die Zulassung der Revision allein nicht. Die Beklagte hat auch nicht hinreichend konkret geltend gemacht, dass eine Vielzahl vergleichbarer Streitigkeiten bei Gericht anhängig ist oder sein wird.

Ende der Entscheidung

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