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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: U (K) 4252/07
Rechtsgebiete: BGB, VO (EG) Nr. 2790/1999
Vorschriften:
BGB § 305 Abs. 1 | |
BGB § 306 Abs. 3 | |
BGB § 307 Abs. 1 | |
VO (EG) Nr. 2790/1999 Art. 5 Buchst. A |
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: U (K) 4252/07
Verkündet am 19.06.2008
In dem Rechtsstreit
hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein, Richter am Oberlandesgericht Cassardt und Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 08.08.2007 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht Ansprüche aus einem vom 30.08./11.09.2000 datierenden Schmierstoff-Lieferabkommen mit der Nummer 455672 (Anlage C 1; im Folgenden: Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000) betreffend den Abnahmezeitraum 01.09.2003 bis 31.08.2006 gegen den Beklagten geltend, das ihre Rechtsvorgängerin, die T. D. GmbH, mit dem Beklagten, der damals als Motorrad-Vertragshändler tätig war und eine Werkstatt betrieb, geschlossen hat.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.751,58 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.12.2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe von 1.800 Litern und eines weiteren Gebindes (= 18 x 1 Liter) des Schmierstoffes E. M. ... sowie von 1.800 Litern Schmierstoff sowie ein weiteres Gebinde (= 18 x 1 Liter) des Schmierstoffs E. M. ....
2. Es ist festzustellen, dass der Beklagte im Annahmeverzug ist.
Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat am 08.08.2008 ein Urteil mit folgendem Tenor verkündet:
1. Der Beklagte wird verurteilt, 21.751,58 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.12.2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe von 1.800 Litern und eines weiteren Gebindes (= 18 x 1 Liter) des Schmierstoffes E. M... sowie von 1.800 Litern Schmierstoff sowie ein weiteres Gebinde (= 18 x 1 Liter) des Schmierstoffs E. M. ....
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich mit der unter Ziffer 1) ausgesprochenen Verpflichtung im Annahmeverzug befindet.
Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Der Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:
Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt, Az.: 5 O 2441/06 vom 08.08.2007 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kartellsenat, der die Sache vom 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München übernommen hat, hat dem Beklagten mit Beschluss vom 20.12.2007 für den zweiten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht München mit Wirkung ab 23.08.2007 Prozesskostenhilfe bewilligt und zur Wahrung der Rechte Rechtsanwalt Dr. J. N. beigeordnet. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 24.04.2008 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch bezüglich des Abnahmezeitraums 01.09.2003 bis 31.08.2006 (vgl. Klageschrift vom 29.12.2006, S. 4) nicht nach dem Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 zu, weil dieser Vertrag gesamtunwirksam ist.
a) Die formularmäßige Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von sieben Jahren für die Bezugsverpflichtung ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) unwirksam. Diese Allgemeine Geschäftsbedingung benachteiligt den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
aa) Bei der Laufzeitvereinbarung und Bezugsverpflichtung im Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 handelt es sich nach den Feststellungen des Landgerichts (vgl. UA S.4), die in der Berufungsinstanz von keiner der Parteien in Zweifel gezogen worden sind, um von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. § 305 Abs. 1 BGB, § 1 AGBG). Dass die Vertragslaufzeit von sieben Jahren von den Vertragsparteien im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (= § 1 Abs. 2 AGBG) individuell ausgehandelt worden sei (vgl. hierzu BGHZ 143, 103, 111 f.), ist von keiner der Parteien geltend gemacht worden.
bb) Ob die hier vereinbarte formularmäßige Bezugsbindung von sieben Jahren die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Beklagten als Gegner der Klauselverwenderin in unvertretbarer Weise einengt, ist mit Hilfe einer Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzustellen (vgl. BGHZ 143, 103, 114). Maßgeblich kommt es hierbei darauf an, wie erheblich die Gegenleistungen sind, die der bindende Verwender nach dem Vertrag zu erbringen hat, insbesondere welcher Kapitalaufwand dem die Laufzeit vorgebenden Vertragsteil für die Erfüllung des Vertrags entsteht (vgl. BGHZ 143, 103, 115 m.w.N.; BGH, Urteil vom 11.01.2006 - VIII ZR 396/03, in juris dokumentiert, dort Rdn. 11; Erman/S. Roloff, BGB, 12. Aufl., § 307, Rdn. 94). Ohne erhebliche Gegenleistungen seitens des Verwenders besteht vor dem Hintergrund der Regelung in Art. 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22.12.1999 über die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen regelmäßig kein schützenswertes Interesse des Verwenders an einer Bezugsbindung von mehr als fünf Jahren (vgl. Coester in Staudinger, BGB, Bearbeitung Februar 2006, § 307, Rdn. 539; Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 307, Rdn. 91).
Nach diesen Grundsätzen benachteiligt die Vertragslaufzeit von sieben Jahren den Beklagten auch unter Berücksichtigung des Werts der Leistungen, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin über die zugesagte Lieferung von Schmierstoff hinaus erbracht hat, unangemessen. Die Klägerin hat gemäß der Anlage 1 zum Schmierstoff-Lieferabkommen Nr. 455672 (Anlage C 5) dem Beklagten folgende Gegenstände für die Dauer dieses Abkommens leihweise zur Verfügung gestellt:
- 1 Motorradhebebühne ...
- 1 Motorradhebebühne
- 1 Clean Boy
- 1 Reifenmontiergerät mit Rolleradapter.
Diese Gegenstände sollten nach der Anlage 3 zum Schmierstoff-Lieferabkommen Nr. 455672 (Anlage C 5) nach Abnahme der vereinbarten 8.505 l in das Eigentum des Beklagten übergehen. Die Klägerin hat den Wert dieser Gegenstände im Jahr 2000, dem Jahr des Vertragsschlusses, wie folgt beziffert (vgl. Schriftsatz vom 15.04.2008, S. 3):
- Motorradhebebühne ... rund 2.000,-- DM
- Clean Boy rund 1.190,-- DM netto
- Reifenmontiergerät ausweislich der Rechnung der E. GmbH vom 30.09.2000 (Anlage C 6) 2.504,-- DM netto.
Auch wenn diese Wertangaben als wahr unterstellt werden, ist die Zurverfügungstellung der betreffenden Gegenstände, auch in ihrer Gesamtheit, nicht geeignet, angesichts des Mindestabnahmevolumens von 1.215 l jährlich und der hierfür zu entrichtenden Vergütung - allein für den dreijährigen Abnahmezeitraum 01.09.2003 bis 31.08.2006 wird im vorliegenden Verfahren eine Vergütung in Höhe von 21.751,58 € eingeklagt - eine siebenjährige Bezugsbindung zu rechtfertigen. Der Beklagte ist die vertragliche Bindung durch das Schmierstoff-Lieferabkommen aufgrund einer Schmierstoffjahresbedarfsprognose im Jahr 2000 eingegangen, die sich nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des Beklagten aufgrund der negativen wirtschaftlichen Entwicklung seines Betriebs als überhöht herausgestellt hat (vgl. Schriftsatz vom 11.10.2007, S. 1). Durch die formularmäßige siebenjährige Bindung wird dem Beklagten das Risiko aufgebürdet, dass sich die von ihm im Jahr 2000 getroffene Schmierstoffjahresbedarfsprognose nach mehreren Jahren, etwa im sechsten oder siebten Jahr der Vertragslaufzeit, als überhöht erweist. Diese formularmäßige siebenjährige Bindung wird auch nicht etwa durch eine langfristige Preisgarantie seitens der Verwenderin kompensiert. Vielmehr ist im Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 in der Formularklausel Nr. 1.1 bestimmt, dass die Markenschmierstoffe zu den Preisen der jeweils gültigen Preisliste der Verwenderin abzunehmen sind, womit sich diese Preiserhöhungen in beliebiger Höhe vorbehalten hat (vgl. zum Zusammenhang zwischen Vertragslaufzeit und Preiserhöhungsmöglichkeit des Verwenders BGHZ 93, 252, 259).
Der Umstand, dass das Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 keine ausdrückliche Ausschließlichkeitsbindung enthält, ändert nichts daran, dass die formularmäßige Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von sieben Jahren den Beklagten unangemessen benachteiligt. Zum einen war die Möglichkeit des Fremdbezugs von Schmierstoffen indirekt dadurch eingeschränkt, dass nach der formularmäßigen Vereinbarung in Nr. 2 Abs. 4 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000 Verkaufsgeräte von Wettbewerbern während der Vertragslaufzeit vom Beklagten nicht aufgestellt werden durften. Zum anderen war die dem Beklagten verbliebene Möglichkeit des Fremdbezugs von Schmierstoff angesichts der beträchtlichen Schmierstoffmengen, zu deren Abnahme er sich gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 verpflichtet hatte und mit denen sein Bedarf, wie sich gezeigt hat, mehr als gedeckt war, eher theoretischer Natur.
Angesichts der vorstehend genannten Umstände ist auch das dem Beklagten im Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 eingeräumte Recht, zwischen verschiedenen Markenschmierstoffen zu wählen (vgl. Nr. 1.1.1. Abs. 2 Satz 2 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000), das indes an den Mindestabnahmemengen pro Vertragsjahr nichts änderte, nicht geeignet, eine siebenjährige Bezugsbindung zu rechtfertigen.
cc) Die Unangemessenheit der formularmäßigen Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von sieben Jahren hat im Streitfall zur Folge, dass diese Vereinbarung vollständig und ersatzlos entfällt (vgl. BGHZ 143, 103, 118). Dispositives Gesetzesrecht im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB (= § 6 Abs. 2 AGBG), das an die Stelle der unwirksamen Regelung treten könnte, gibt es nicht (vgl. BGHZ 143, 103, 118). Eine Rückführung einer übermäßig langen Vertragsdauer auf ein angemessenes Maß ist im Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) nicht zulässig (vgl. BGHZ 143, 103, 119 m.w.N.). Die Laufzeit des Vertrags kann auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf eine angemessene Laufzeit herabgesetzt werden (vgl. BGHZ 143, 103, 120 f.). Es fehlt an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, welche Laufzeit die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen als Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Außerdem würde eine derartige ergänzende Auslegung das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion von Formularklauseln auf einen zulässigen Kern (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2006 - VIII ZR 257/04, in juris dokumentiert, dort Rdn. 18) aushebeln. Aus den genannten Gründen kann die Laufzeit des Vertrags auch nicht mit Hilfe der formularmäßigen Ersetzungsklausel gemäß Nr. 6 Abs. 5 Satz 2 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000 auf eine angemessene Laufzeit herabgesetzt werden, zumal diese von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellte Klausel ihrerseits gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) verstößt (vgl. H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 10. Aufl., § 306 BGB, Rdn. 40), weil sie das Unwirksamkeitsrisiko bei der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Beklagten als Gegners der Klauserverwenderin einschränkt.
Im Übrigen bestehen jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen auch unter Berücksichtigung der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemäß Anlage 1 zum Schmierstoff-Lieferabkommen Nr. 455672 (Anlage C 5) zur Verfügung gestellten Gegenstände als Vertragslaufzeit eine Laufzeit von mehr als drei Jahren vereinbart hätten. Das Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 ist am 01.09.2000 in Kraft getreten (Nr. 2 Abs. 1 dieses Abkommens), weshalb drei Jahre am 30.08.2003 abgelaufen sind. Im Streitfall geht es indes um den Abnahmezeitraum vom 01.09.2003 bis 30.08.2006 (vgl. Klageschrift vom 29.12.2006, S. 4).
dd) Die vorstehenden Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.04.2001 - VIII ZR 135/00 = BGHZ 147, 279. Danach benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Laufzeit einer Bierbezugsverpflichtung von zehn Jahren den Gastwirt jedenfalls im Regelfall nicht unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG. Der Bundesgerichtshof hat in dem genannten Urteil maßgeblich darauf abgestellt, dass dem Gastwirt im Zusammenhang mit dem betreffenden Bierlieferungsvertrag ein Darlehen in der erheblichen Höhe von 150.000,-- DM zur Verfügung gestellt wurde, das den Betrieb der Gastwirtschaft erst ermöglichte (vgl. BGHZ 147, 279, 283, 285). Im Streitfall hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht in vergleichbarem Umfang in den Vertrag oder in das vom Beklagten betriebene Unternehmen investiert.
b) Die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von sieben Jahren führt nach § 306 Abs. 3 BGB (= § 6 Abs. 3 AGBG) zur Gesamtunwirksamkeit des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000, weil das Festhalten an diesem Abkommen für den Beklagten eine unzumutbare Härte darstellen würde. Eine unbillige Härte kann sich daraus ergeben, dass nach Wegfall der betreffenden Allgemeinen Geschäftsbedingung der maßgebende Vertragsinhalt unklar ist (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 306, Rdn. 12). Vergleichbar liegt der Fall hier. Es ist unklar, wie sich der bloße Wegfall der Laufzeitvereinbarung auf den übrigen Vertragsinhalt auswirkt. Nach dem Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 hat sich der Beklagte verpflichtet, eine Gesamt-Vertragsmenge von 8.505 l Markenschmierstoffe abzunehmen, hiervon pro Vertragsjahr 1.215 l, wobei die Mehrabnahme eines Vertragsjahres für die folgenden Vertragsjahre angerechnet wird (vgl. Nr. 1 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000). Denkbare Folge des Wegfalls der Laufzeitvereinbarung könnte z.B. sein, dass der Vertrag auf unbefristete Zeit geschlossen bleibt und dass es bei der abzunehmenden Gesamtmenge von 8.505 l verbleibt, während die Abnahmemengen pro Vertragsjahr entfallen. Der Wegfall der Laufzeitvereinbarung könnte sich aber auch dahingehend auswirken, dass es zwar bei der Abnahmemenge pro Vertragsjahr von 1.215 l und der Mehrabnahmeanrechnungsklausel gemäß Nr. 1.1.1. Abs. 2 Satz 1 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000 verbleibt, dass der Beklagte jedoch ex nunc ordentlich kündigen kann, wobei die Gesamt-Vertragsmenge dann möglicherweise anteilig zu ermäßigen wäre. Ein solches Kündigungsrecht lässt sich aus dem Wortlaut der Vertragsurkunde nicht ohne Weiteres herleiten. Im Hinblick darauf, dass der maßgebende Vertragsinhalt nach Wegfall der Laufzeitvereinbarung, wie erörtert, in verschiedener Hinsicht - auch im Hinblick auf die Hauptleistungspflichten - unklar ist, bedeutet das Festhalten an dem Schmierstoff-Lieferabkommen vom 30.08./11.09.2000 für den Beklagten eine unzumutbare Härte mit der Folge der Gesamtunwirksamkeit dieses Abkommens nach § 306 Abs. 3 BGB.
An diesem Ergebnis ändert die formularmäßige Erhaltensklausel gemäß Nr. 6 Abs. 5 Satz 1 des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000 nichts, zumal diese von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellte Klausel ihrerseits gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (= § 9 Abs. 1 AGBG) verstößt, weil sie das Gesamtunwirksamkeitsrisiko gemäß § 306 Abs. 3 BGB (= § 6 Abs. 3 AGBG) zu Lasten des Beklagten als Gegners der Klauserverwenderin einschränkt (vgl. H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 306 BGB, Rdn. 40).
2. Wegen der Gesamtunwirksamkeit des Schmierstoff-Lieferabkommens vom 30.08./11.09.2000 ist auch der Feststellungsantrag der Klägerin bezüglich des Annahmeverzugs des Beklagten unbegründet.
3. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, ob die vom Beklagten geltend gemachten kartellrechtlichen Einwände durchgreifen.
4. Auf die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 30.11.2007, S. 3 sowie im Termin vom 24.04.2008 hilfsweise erklärten Aufrechnungen mit Schadensersatzansprüchen kommt es nach dem Vorstehenden im Streitfall nicht an.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
7. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.).
Ende der Entscheidung
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