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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 02.06.2006
Aktenzeichen: Verg 12/06 (1)
Rechtsgebiete: VOL/A, ZPO


Vorschriften:

VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 3
ZPO § 101
1. Zur Feststellung eines unangemessen hohen Angebotes können auch die Ergebnisse vergleichbarer Ausschreibungen und übliche Marktpreise herangezogen werden.

2. Die Stellung eines Antrags ist für die Erstattung der notwendigen Auslagen eines Beigeladenen nicht erforderlich (§ 101 ZPO analog).


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Verg 12/06

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Vavra sowie der Richterin am Oberlandesgericht Willner und des Richters am Oberlandesgericht Nagorsen.

am 02.06.2006

in dem Nachprüfungsverfahren

betreffend Verwertung von organischen Abfällen (Bioabfall und Grüngut), Stadt N.

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 24.04.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beigeladenen zu 1).

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 440.053,25 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Jahr 2005 gemeinsam mit dem Landkreis N. die Verwertung von organischen Abfällen (Bioabfall und Grüngut) aus ihrem Stadtgebiet und dem Landkreis N., die bisher durch die Antragstellerin erfolgte, als nicht offenes Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach VOL/A europaweit aus.

Das von der Antragsgegnerin in das Vergabeverfahren eingeschaltete Ingenieurbüro A GmbH hatte zuvor sieben Ausschreibungen zur Verwertung von Grüngut, davon drei im Raum N. betreut, wobei Preise zwischen ca. 16 und 31 €/t erzielt worden waren.

In der Vergabebekanntmachung vom 03.05.2005 heißt es unter Ziffer III.2.1.3) unter der Überschrift "Technische Leistungsfähigkeit - Geforderte Nachweise" unter anderem:

"Ferner ist vom Eigentümer der Fläche und Einrichtungen zur Übernahme eine Bestätigung vorzulegen, dass diese dem Bieter uneingeschränkt für die Vertragslaufzeit und den Nutzungszweck zur Verfügung steht."

In der Vergabebekanntmachung war eine Aufteilung der Dienstleistung in folgende Lose vorgesehen:

- ca. 16.500 t/a Bioabfall aus dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin

- ca. 29.000 t/a Grüngut aus dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin

- ca. 8.400 t/a Bioabfall aus dem Landkreis N.

- ca. 7.300 t/a Grüngut aus dem Landkreis N.

Aufgrund des Teilnahmewettbewerbs forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 1) und 2), sowie die Firmen NS und AK zu Angeboten auf. Die Beigeladene zu 1) ist eine Bietergemeinschaft, an der die Beigeladene zu 2) beteiligt ist.

Die Vergütung der ausgeschriebenen Leistungen sollte gemäß Ziffer 5.2 der Ausschreibungsunterlagen/Leistungsbeschreibung anhand einer Mengenstaffel angegeben werden. Für Grüngut waren Mengenstaffeln von 6.300 bis 7.700 t/a (I) bis 26.100 bis 31.900 t/a (VII) von der Antragsgegnerin vorgegeben.

Die Antragstellerin gab Angebote für alle Lose und ein Nebenangebot ab, das einen Preisnachlass bei einer Auftragserteilung sowohl für Grüngut als auch Bioabfall vorsah. Die Beigeladenen und die Firma NS gaben Angebote für die Verwertung des Grünguts zu Preisen ab, die unter denen der Antragstellerin lagen. Die Angebote der Beigeladenen zu 2) und der Firma NS bezogen sich nur auf Teilmengen. Das verspätetet eingereichte Angebot der Firma AK wurde nicht geöffnet.

Der Landkreis N. entschied sich am 05.12.2005, den Auftrag auf die Angebote der Antragstellerin für Bioabfall und Grüngut zu erteilen. Der Vertragsschluss ist mittlerweile erfolgt.

Mit Schreiben vom 22.12.2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, es sei beabsichtigt, ihr den Zuschlag für Bioabfall mit 16.500 t/a zu erteilen. Den Zuschlag für Grünabfall sollten für eine Menge von 20.000 t/a die Beigeladene zu 1) und für eine Menge von 9.000 t/a die Beigeladene zu 2) erhalten.

Am 23.12.2005 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladenen mit der Begründung, wegen der Mitgliedschaft der Beigeladenen zu 2) in der Bietergemeinschaft der Beigeladenen zu 1) sei der Geheimwettbewerb in Bezug auf beide Angebote nicht mehr gewahrt. Dadurch werde sie in der laufenden Ausschreibung benachteiligt. Zudem rügte die Antragstellerin, dass die Beigeladene zu 1) bis zum Angebotsschluss am 27.10.2005 keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass die ausgeschriebenen Mengen an Grünabfällen in N. umgeschlagen werden könnten.

Mit Schreiben vom 17.01.2006 wies die Vergabestelle die Antragstellerin darauf hin, dass die von ihr geforderten Einheitspreise im Vergleich zum Marktpreis in N. ungewöhnlich hoch erscheinen würden. Sie werde deshalb aufgefordert, die Kalkulation ihrer Einheitspreise nachvollziehbar darzulegen.

Die Antragstellerin antwortete hierauf am 20.01.2006, wobei sie eine Kalkulation beifügte. Sie brachte vor, ihre Angebotspreise würden im Zusammenhang mit einer Modernisierung ihrer Anlage, Investitionen in die Anlagentechnik und einer Erweiterung des Personalbestandes stehen. Ihr Angebotspreis liege unter dem Entsorgungspreis für Privatkunden und entspreche dem üblichen Marktpreis im Großraum N. Ihr Angebot könne nicht mit der derzeitigen Vergütung für Grüngut verglichen werden, da diese im Jahr 1995 unter dem damaligen Marktpreis vereinbart worden sei.

Am 30.01.2006 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit, dass sich an der Vergabeentscheidung zugunsten der Beigeladenen nichts ändere. Der Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin könne auch deshalb nicht erteilt werden, weil ihre Angebotspreise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen würden.

Mit Schreiben vom 07.02.2006 bekräftigte die Antragstellerin die am 23.12.2005 erhobenen Rügen. Außerdem führte sie aus, ihre Angebotspreise lägen unter dem Preis für nichtkommunale Kunden und bewege sich im Mittelfeld aller öffentlich bekannten Verwertungspreise für Grünabfälle im Großraum N. Die in der Mengenstaffel angegebenen Preise hingen von der Auslastung ihrer Anlage ab.

Die Antragstellerin hat am 13.02.2006 unter Wiederholung ihrer Argumente einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Nordbayern gestellt.

Die Antragstellerin hat beantragt, der Vergabestelle zu untersagen, den Zuschlag für das Los Grünabfall an die Beigeladenen zu erteilen, die Vergabestelle zu verpflichten, die Beigeladenen von der Wertung auszuschließen, die Wertung der Angebote der beteiligten Bieter zu wiederholen und den Zuschlag nur unter Berücksichtigung ihres Angebots und der entsprechenden Rechtsauffassung der Vergabekammer zu erteilen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, die Antragstellerin habe die ihr am 30.01.2006 bekannt gemachte Vergabeentscheidung zu spät gerügt.

Der Vergleich mit den Ergebnissen anderer Ausschreibungen im Raum N. zeige die Unangemessenheit der von der Antragstellerin angebotenen Preise.

Die Überprüfung der von der Antragstellerin übergebenen Kalkulation habe überhöhte Kostenansätze ergeben. Zudem fehlten Belege einzelner Kostenansätze und eine Abgrenzung zu anderen Kostenstellen.

Ein Ausschluss der Beigeladenen sei nicht veranlasst, da keine Belege für unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abreden zwischen ihnen vorliegen würden.

Die Antragstellerin habe eine kostenorientierte Preisermittlung nicht vorgenommen.

Die Beigeladene zu 1) hat sich der Stellungnahme der Antragsgegnerin angeschlossen.

Die Vergabekammer Nordbayern hat mit Beschluss vom 24.04.2006 festgestellt, dass die Wertung der Angebote der Beigeladenen 1 und 2 die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, und der Vergabestelle aufgegeben, das Vergabeverfahren aufzuheben. Die Vergabekammer hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. f VOL/A auszuschließen seien, weil sich die Beigeladene zu 2) sowohl als Einzelbieterin als auch als Mitglied der Bietergemeinschaft der Beigeladenen zu 1) am Wettbewerb beteiligt habe. Das Angebot der Beigeladenen zu 1) sei auch deshalb auszuschließen, weil eine Genehmigung für die Umladestation K beim Angebotstermin am 27.10.2005 nicht vorgelegen habe. Die Vergabestelle habe das Angebot der Antragstellerin zu Recht als unwirtschaftlich beurteilt. Die Vergabestelle habe einen Beurteilungsspielraum. Für die Wirtschaftlichkeit des Angebots sei nicht der kalkulatorische Eigenansatz der Antragstellerin maßgeblich.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 09.05.2006 gegen die Aufhebung des Vergabeverfahrens.

Die Antragstellerin bringt vor, dass die Vergabestelle ihr Hauptangebot nicht als unwirtschaftlich im Sinne von § 25 Nr. 3 VOL/A beurteilt habe, sondern der Meinung gewesen sei, das Angebot sei wegen eines "offenbaren Missverhältnisses" zwischen Preis und Leistung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A auf der 3. Wertungsstufe auszuschließen. Die Vergabekammer habe unzutreffend mögliche Beurteilungsfehler der Vergabestelle in der 4. Wertungsstufe nach § 25 Nr. 3 VOL/A geprüft, während in Wirklichkeit Beurteilungsfehler der Vergabestelle in der 3. Wertungsstufe vorlägen.

Die Antragstellerin bringt vor, ihr Gesamtangebot für die Entsorgung sämtlicher Grünabfälle (29.000 t) liege unter dem Entsorgungspreis für Privatkunden und entspreche dem ansonsten üblichen Marktpreis im Großraum N. Die Preise lägen im Rahmen der Grüngutentsorgungspreise aller bayerischen Kompostieranlagen.

Der angebotene Preis könne nicht isoliert mit der 1995 zwischen der Antragstellerin und Antragsgegnerin vereinbarten Vergütung für Grünabfälle verglichen werden, da diese im Zusammenhang mit der Vergütung für Bioabfall gesehen werden müsse.

Die Aufteilung und Festlegung der Einheitspreise habe den damaligen haushaltsrechtlichen und gebührenrechtlichen Vorstellungen der Antragsgegnerin entsprochen, weshalb die Vergütung für Grünabfälle auf weniger als die Hälfte des damaligen Marktpreis festgelegt worden sei. Bis heute seien die Vergütungssätze nicht angepasst worden.

Die Preise für Kleinstmengen ab 2.100 t/a wie bei den bisherigen Ausschreibungen des Ingenieurbüros A GmbH stellten nicht den üblichen Marktpreis für die Grünabfallentsorgung dar. An den Ausschreibungen von Klein- und Kleinstmengen nähmen zunehmend Bieter teil, die aufgrund ihrer Betriebsstrukturen und der Art der Abfallentsorgung (z. B. Direktausbringung anstelle einer Kompostierung etc.) nicht die notwendigen Kapazitäten, Anlagentechnik und Personalbestand vorhalten müssten.

Maßgeblich sei der für die Entsorgung von 29.000 t Grünabfall angebotene Gesamtpreis.

Die Behauptung im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23.02.2006, die Beauftragung der Antragstellerin führe zu einer Mehrbelastung von 7 Mio € in sieben Jahren, sei offensichtlich unzutreffend, da sich daraus eine Differenz von 34,50 € je Tonne ergebe. Richtig sei vielmehr, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Auftragserteilung an die Antragstellerin für beide Lose mindestens 4 Mio € einsparen werde.

Unrichtig sei die Feststellung der Vergabestelle, dass die Antragstellerin die Verwertung des Grünguts in der Parallelausschreibung des Landkreises N. wesentlich günstiger angeboten hätte. Sie habe dort zum selben Einheitspreis angeboten. In dem ebenfalls vom Ingenieurbüro A GmbH erstellten Vergabevorschlag des Landkreises werde ausgeführt, dass der angebotene Preis dem Marktpreis entspreche und kein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung bestehe. Die Einwohner der Antragsgegnerin würden nicht stärker belastet als die Bürger des Landkreises N.

Der Landkreis N. habe den von ihr angebotenen Preis als angemessen bewertet .

Die der Vergabestelle am 20.01.2006 übergebene Kalkulation sei in Ordnung. Die Stellungnahme des Ingenieurbüros A GmbH hierzu sei fehlerhaft.

Die von den Beigeladenen zu 1 und 2 angebotenen offenbar sehr niedrigen Angebotspreise könnten mit deren mangelnder Leistungsfähigkeit zu tun haben.

Die von der Vergabekammer festgestellten Ausschlussgründe seien preisrelevant, da die Beigeladenen ihre Preise hätten abstimmen können.

Selbst ein Preisabstand zwischen dem günstigsten und dem nachfolgenden Angebot stelle für sich genommen kein hinreichendes Merkmal für einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen oder hohen Preis dar.

Weder die Antragsgegnerin noch die Vergabekammer hätten bei der Bewertung der Angebote der Antragstellerin zwischen ihrem Hauptangebot 2 und ihrem Nebenangebot 2 differenziert.

Durch eine Aufhebung der Ausschreibung würde den Beigeladenen zu 1) und 2) die Möglichkeit eröffnet, ihre fehlerhaften und vergaberechtswidrigen Angebote "nachzubessern", was gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und sie, die Antragstellerin, diskriminiere. Dies sei ein paradoxes Ergebnis.

Die Aufhebung der Ausschreibung führe zu dem paradoxen Ergebnis, dass die Beigeladenen die Möglichkeit erhielten, ihre fehlerhaften und teilweise vergaberechtswidrigen Angebote "nachzubessern".

Ziffer III.3.1.3. der Vergabebekanntmachung beziehe sich auf Umladestationen, nicht aber auf Behandlungsanlagen wie ihren Betrieb in F. Dies sei auch die Meinung der Antragstellerin und des Ingenieurbüros A GmbH.

Die Antragstellerin beantragt,

1. Ziffer 1 Satz 2 sowie Ziffer 2 Sätze 1 - 3 des Beschlusses der Vergabekammer Nordbayern vom 26.04.2006, Az.: 21.VK-3194-06/06 aufzuheben,

2. die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, das Hauptangebot (Nr. 2) und das Nebenangebot (Nr. 2) der Beschwerdeführerin für die Teilleistung Los 2 (Verwertung von ca. 29.000 t/a Grünabfällen aus dem Stadtgebiet Nürnberg) erneut zu werten und ihr als Mindestbietende den Zuschlag auf das Nebenangebot Nr. 2 zu erteilen,

3. hilfsweise, die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden,

4. die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären und

5. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen aufzuerlegen,

Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

Die Antragsgegnerin bringt vor, der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei unzulässig. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, dass sie mit ihrer Rüge bis zum 07.02.2006, also neun Tage seit Erhalt des Informationsschreibens vom 30.01.2006, abgewartet habe. Schon in ihrem Schreiben vom 20.01.2006 an das Ingenieurbüro A GmbH habe die Antragstellerin den Standpunkt vertreten, ihre Preise seien angemessen. Soweit es sich nicht um besonders schwierig gelagerte Ausnahmefälle handele, gehe die Rechtsprechung überwiegend von einer maximalen Rügefrist von drei Tagen aus.

Die teilweise als angemessen angesehene Frist von fünf Tagen werde ebenso überschritten wie die maximal in solchen Fällen zugestandene Frist von 7 Tagen.

Das Hauptangebot der Antragstellerin sei ebenso wie ihr Nebenangebot zu Los 2 nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A wegen unverhältnismäßig hohen Preises zwingend auszuschließen gewesen.

Dass die Angebote der Antragstellerin über den marktüblichen Preisen im Raum N., den Preisen der anderen Bieter, den bisherigen Vertragspreisen und den Preisen bei der Parallelausschreibung des Landkreises N. gelegen hätten, habe lediglich den Anlass für die Prüfung ihrer Preisbildung gegeben.

Die Überprüfung der Kalkulation der Antragstellerin durch das Ingenieurbüro A GmbH habe ergeben, dass die Angebote in keinem Verhältnis zur Leistung stünden. Sie nehme auf die Stellungnahme des Ingenieurbüros A GmbH vom 25.01.2006 Bezug.

Die übergebene Kalkulation sei erst nachträglich erstellt worden. Die dort ausgewiesenen Kosten seien lediglich zum Zwecke der nachträglichen Begründung der willkürlich ermittelten Einheitspreise von diesen ausgehend festgesetzt worden.

Die Kostenansätze für Personalbedarf, Maschineninvestition, Sickerwasserentsorgung, Materialzukauf, sonstige Aufwendungen, Werbekosten bei der Mengenstaffel VII, Rückstellungen etc. seien erheblich überhöht. Die Vermarktungserlöse seien viel zu gering angesetzt worden. Belege für einzelne Kostenansätze fehlten ebenso wie die Abgrenzung zu anderen Kostenstellen (Verwertung von Bioabfällen, Geräte- und Maschinenverleih).

Darauf, ob die Antragstellerin mit dem Preis ihre Vollkosten decken könne, komme es für die Bewertung von dessen Angemessenheit nicht an. Sie, die Antragsgegnerin, trage nicht die Verantwortung dafür, dass die Antragstellerin über eine überdimensionierte Anlage, zuviel Personal und sonstige Überkapazitäten verfüge.

Schon nach ihren weit überhöhten Kostenansätzen komme die Antragstellerin zu einem Gewinn von 22 %.

Das Nebenangebot sei ausdrücklich ausgeschlossen worden.

Da der Preis der Mengenstaffel VII unangemessen hoch sei, gelte das auch für das Nebenangebot, da es sich vom Hauptangebot nur durch einen 3%-igen Nachlass unterscheide.

Bei der Beurteilung von Haupt- und Nebenangebot sei sie von den Gesamtpreisen (Mengenstaffel VII) ausgegangen. Die Preise für die Mengenstaffeln I bis VI seien jedoch nicht unmaßgeblich. Bei Mengenänderungen sei es möglich, dass die Endabrechnung nach den Mengenstaffeln VI oder V zu erfolgen habe. Also komme es auch auf die Angemessenheit dieser Preise an.

Die vom Ingenieurbüro A GmbH benannten Vergleichszahlen stellten keine Unterpreisangebote dar.

Der verhältnismäßige Kostenaufwand bei der Abnahme größerer Mengen sei stets niedriger als bei kleinen Mengen.

Die Ergebnisse der telefonischen Umfrage vom Mai 2006 (Anlage Bf 15) würden bestritten. Sie widersprächen zudem dem von der Antragstellerin mit Schreiben vom 20.01.2006 vorgelegten Marktspiegel, in dem die Preise weit darunter gelegen hätten. In allen Fällen fehle die Angabe der Vergleichsmenge und damit die Aussagekraft.

Der Angebotspreis gegenüber dem Landkreis N. von rund 40 € /t beziehe sich nur auf 6.200 t/a Er sei daher nur mit dem Preis der Mengenstaffel I von 94,00 €/t vergleichbar.

Die weit niedrigeren Preise der anderen Bieter könnten als Indiz herangezogen werden. Bei diesen handele es sich, wie der Vergleich mit anderen Ausschreibungen zeige, nicht um ungewöhnlich niedrige Preise.

Die für die Beigeladenen angenommenen Ausschlussgründe seien nicht preisrelevant. Die Beigeladene sei nicht wegen mangelnder Leistungsfähigkeit ausgeschlossen worden. Weder die verspätete Einreichung der Genehmigung noch die in Unkenntnis der hierzu ergangenen Rechtsprechung erfolgte "Doppelbeteiligung" hätten sich in irgendeiner Weise auf die Preisbildung der Beigeladenen zu 1) ausgewirkt.

Die Beigeladene zu 1) bringt vor, die Antragstellerin habe nicht sämtliche geforderte Nachweise zur Leitungsfähigkeit abgegeben. Sie sei wegen des Fehlens eines Nachweises des Eigentümers ihres Betriebsgeländes im Forstbezirk F. über die uneingeschränkte Verfügbarkeit für die gesamte Vertragslaufzeit zwingend auszuschließen.

Unter "Übernahme" sei nicht nur die Umladung, sondern auch jede Anlage zu verstehen, in der das Material sogleich behandelt werde. Die Anlage F. stelle eine Übernahmestation im Sinne der Ausschreibung dar. Dies ergebe sich aus Ziffer II. 1.6. der Bekanntmachung. Damit müsse die Antragstellerin eine Erklärung des Grundeigentümers beibringen, aus der hervorgehe, dass ihr die Anlage bis Ende der Vertragslaufzeit Ende 2012 zur Verfügung stehe.

Der Pachtvertrag der Antragstellerin laufe Ende 2007 aus. Der Antragstellerin solle zwar angeblich eine "Vorpachtrecht" für die darüber hinaus gehende Zeit zum höchsten angebotenen Preis zustehen, wenn das Forstamt eine Ausschreibung der Fläche vornehme. Wenn sich das Forstamt für eine Eigennutzung entscheide, komme dagegen das Vorpachtrecht nicht zum Tragen.

Die von der Antragstellerin abgegebene Eigenversicherung reiche nicht aus.

Die Antragstellerin hätte schon gar nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen.

Eine unverzügliche Rüge der Beigeladenen liege nicht vor. Auf die Rüge vom 23.12.2005 komme es nicht an, da die Antragsgegnerin danach eine neue Entscheidung in Aussicht gestellt und schließlich getroffen habe. Die am 07.02.2006 gegen die am 30.01.2006 mitgeteilte Entscheidung erhobene Rüge sei nicht unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 S. 1 GWB erfolgt.

Die Pflicht zur Überprüfung auffälliger Preise gemäß § 25 Nr. 2 VOL/A erstrecke sich nur auf ungewöhnlich niedrige Angebote. Die Antragstellerin hätte schon mit Zugang des Schreibens rügen können, dass die Antragsgegnerin den Preis völlig zu Unrecht als überhöht ansehe.

Der Ausschluss der Antragstellerin in der 3. Wertungsstufe wegen eines Preises, der in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht, habe die Vergabekammer richtig anhand § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorgenommen.

Bei der Frage, ob der Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehe, habe die Vergabestelle einen Beurteilungsspielraum.

Der Missverhältnis zwischen Leistung und Preis setze sich beim Nebenangebot der Antragstellerin fort.

Bei der Angemessenheit des Preises komme es nicht nur auf die Mengenstaffel VII an. Bei Mindermengen müssten die extrem überhöhten Preise für die Mengenstaffeln I bis VI bezahlt werden.

Der von der der Antragstellerin aufgrund einer angeblichen telefonischen Abfrage der Preise vorgelegte Marktspiegel vom Mai 2006 sei für einen Preisvergleich völlig ungeeignet, da dieser sich auf Kleinmengen beziehe.

Ein Doppelangebot führe allenfalls zu einem besonders hohen Preis.

Der Preis im Altvertrag könne als Vergleichsmaßstab verwendet werden.

Der Senat hat mit Beschluss vom 24.05.2006 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Haupt- und das Nebenangebot der Antragstellerin stehen in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung. Die Vergabekammer hat der Vergabestelle zu Recht aufgegeben, das Vergabeverfahren aufzuheben.

1) Ob die Antragstellerin alle Rügen unverzüglich vorgebracht hat, lässt der Senat offen.

Die Rügeobliegenheit gilt für alle behaupteten Vergabefehler gesondert (Kühnen NZBau 2004, 428).

Der Senat teilt die Meinung der Vergabekammer, dass die Rüge vom 23.12.2005 bezüglich des geltend gemachten Ausschlusses der Beigeladenen ausreicht und nicht wiederholt werden musste (Kühnen NZBau 2004, 430 m. w. N.).

Ob die Rüge hinsichtlich der Annahme eines unangemessenen Preises erst acht Tage nach Erhalt des Schreibens vom 30.01.2006 im Sinne von § 107 Abs. 3 S. 1 GWB noch als unverzüglich anzusehen ist, erscheint dagegen sehr zweifelhaft.

Da die Entscheidung der Vergabekammer jedoch materiellrechtlich zutrifft, ist die Frage nicht entscheidungserheblich.

2) Offen lässt der Senat auch, ob die Antragstellerin wegen der fehlenden Eigentümerbestätigung auszuschließen wäre.

Nach dem Wortlaut der Bekanntmachung in Abschnitt III.2.1.3) ist die Auslegung der Antragstellerin, dass die Bestätigung des Eigentümers "der Fläche und Einrichtungen zur Übernahme" sich nicht auf die Kompostierungsanlage selbst bezieht, zumindest nicht ausgeschlossen. Ob in Abschnitt II.1.6.wirklich eine Definition des Begriffes in Abschnitt III.2.1.3. im Sinne der Antragsgegnerin zu 1) beabsichtigt ist, erscheint diskussionswürdig.

Zudem scheint die Möglichkeit, dass der Antragstellerin die Nutzung ihres Betriebsgeländes entzogen wird, selbst nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) eher theoretisch zu sein.

3) Sowohl auf das Haupt- als auch auf das Nebenangebot der Antragstellerin darf der Zuschlag nicht erteilt werden, weil die angebotenen Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A.

a) Die von der Antragstellerin für die Mengenstaffeln I bis VI angebotenen, im Verhältnis sehr hohen Einheitspreise können bei der Bewertung ihres Angebots nicht unberücksichtigt bleiben.

Gerade das Angebot gegenüber dem Landkreis N. zeigt die Brüche in der Argumentation der Antragstellerin. Sie hat dem Landkreis gegenüber einen Preis für eine Menge von bis zu 7.300 t/a angeboten, der weit unter der Hälfte liegt, den gemäß ihrem Angebot die Antragsgegnerin laut der Mengenstaffel I für dieselbe Menge zu zahlen hätte. Wenn man den dem Landkreis angebotenen Preis anhand der durch die Mengenstaffel gegebenen Relation auf eine Menge von 29.000 t/a umrechnet, ergäbe sich ein Preis, der entsprechend weniger als die Hälfte des Angebots der Antragstellerin ausmacht. Richtig ist andererseits, dass die Angebotspreise bezogen auf die prognostizierte Menge übereinstimmen, das heißt, das die Antragstellerin von der Antragsgegnerin für die Abnahme von 29.000 Tonnen denselben Tonnenpreis wie vom Landkreis für 7.300 Tonnen fordert. Für das Angebot gegenüber dem Landkreis spielt die interne Kalkulation der Antragstellerin also keine Rolle, außer man nimmt an, dass sie aus unbekannten Gründen davon ausgegangen ist, dass sie mit Sicherheit beide Aufträge erhalten würde.

Die in den Mengenstaffeln I bis VI enthaltenen Preise haben nicht nur theoretische Bedeutung. Zwischen den Mengenstaffeln VI (Obergrenze 21.300 t/a) und VII (Untergrenze 26.100 t/a) besteht eine Lücke, für die ein Einheitspreis weder gefordert noch angegeben worden ist. Dieser von den Beteiligten nicht angesprochene Punkt kann bei einer möglicherweise in einem trockenen Jahr innerhalb der statistischen Schwankungsbreite liegenden Grüngutmenge von unter 26.100 Tonnen zu Streitigkeiten führen. Zwischen den Mengenstaffeln VI und VII liegt bei den Angeboten der Antragstellerin ein erheblicher Preissprung, der auch bei einem zwischen VI und VII gemittelten Preis noch sehr groß wäre.

Große Bedeutung haben die Preise in allen Mengenstaffeln für die Vergabeentscheidung unabhängig davon, weil aufgrund Ziffer 2.4 (Zuschlagskriterium) der Ausschreibungsunterlagen/Leistungsbeschreibung eine Vergabe von Teilmengen an verschiedene Anbieter zu erfolgen hat, wenn sich aus deren Addition ein günstigerer Preis ergibt als bei einem Angebot zur Abnahme der geschätzten Gesamtmenge von 29.000 t/a. Das bedeutet, dass die Antragstellerin mit dem Ansatz sehr hoher Preise bei den unteren Mengenstaffeln mittelbar die Chancen ihrer kleineren, günstiger anbietenden Mitbewerber, die auch gemeinsam die Gesamtmenge nicht abnehmen können, beeinträchtigt und die Erfolgschance ihres Gesamtangebots erhöht. Sei es unbeabsichtigt oder nicht, ist dieser Effekt auch eingetreten.

b) Selbst wenn man vom Einheitspreis für 29.000 t/a gemäß Mengenstaffel VII unter Einschluss des im Nebenangebot eingeräumten Preisnachlasses ausgeht, liegt ein offenbares Missverhältnis zur Leistung vor.

aa) Auf die interne Kostensituation der Antragstellerin kommt es für die Beurteilung des Preises allenfalls am Rande an. Die Antragsgegnerin hat aber mit Recht darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Kalkulation mit nicht substantiiert bestrittenen und anhand der Kalkulation nachvollziehbaren 22 % einen recht hohen Gewinn vor Steuern ausweist.

bb) Die Behauptung der Antragstellerin, dass kleinere Mengen günstiger verwertet werden können als größere, ist für Mengen im Bereich von mehreren tausend Jahrestonnen nicht plausibel. Das Gegenteil ergibt sich schon aus der von der Antragstellerin vorgelegten Mengenstaffel. Die betrieblichen Fixkosten je Tonne Grüngut sinken proportional zur behandelten und verkauften Menge Kompost. Das einzelne Bauern oder Grundbesitzer Grüngut möglicherweise direkt auf ihrem (Brach-)land ausbringen können, erscheint für die genannten Mengen nicht als realistische Alternative, geschweige denn für eine Dauer von mehreren Jahren.

cc) Da in der Praxis Überangebote keine Rolle spielen, gibt es zur Frage, bei welchem relativen Abstand zu einem günstigeren Angebot ein Missverhältnis zur Leistung anzunehmen ist, bezogen auf die VOB/A und auf die VOL/A kaum verwertbare Rechtsprechung. Es sind aber keine Gründe ersichtlich, anders als bei der Feststellung eines unangemessen niedrigen Angebots nicht auf einen Preisvergleich mit anderen Anbietern abzustellen. Ebenso erscheint die Spanne von 10 % zum nächsten Angebot, die die Rechtsprechung als Kriterium eines unangemessen niedrigen Preises ansieht (JurisPK-VergR/Kullack/Zeiss, VOB/A § 25 Rn. 80 m. w. N.), als brauchbares Beurteilungskriterium. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall auch das zweithöchste Angebot überteuert oder umgekehrt bereits unangemessen niedrig ist.

Damit stellt sich die Frage, welche Vergleichspreise im vorliegenden Verfahren heranzuziehen sind. Nach der Auffassung des Senats sind die von der Antragstellerin vorgelegten Preisspiegel zwar nicht verwertbar, sprechen aber eher gegen die Antragstellerin als für sie. Die vom Ingenieurbüro A GmbH präsentierten Daten aus anderen Ausschreibungen haben eine hohe Aussagekraft. Verwertbar sind zudem die von den Konkurrenten im vorliegenden Verfahren angebotenen Einheitspreise. Ein gewisses Indiz bildet außerdem der bisher von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin aufgrund eines frei ausgehandelten Vertrages gezahlte Preis.

(1) Die von der Antragstellerin vorgelegten Preisspiegel vom Januar und Mai 2006 beziehen sich auf die Abnahme nicht näher bezifferter Grüngutmengen von Privaten, nicht auf von Großlieferanten individuell ausgehandelte Verträge. Die Annahme von Kleinstmengen bis herunter zum Kilogrammbereich erfordert jedoch einen weit größeren Erfassungs- und Abrechungsaufwand. Zugleich zeigt der am 20.01.2006 vorgelegte Preisspiegel für den Raum N. extreme Preisdifferenzen. Wie sich aus ihm ergibt, können selbst kleine Privatkunden bei genügender Marktübersicht ihr Grüngut bei verschiedenen Firmen zu Preisen abliefern, die weit mehr als 10 %, ja bis zu 40 % unter dem Einheitspreis liegen, den die Antragsgegnerin bei einer Abnahme von 29.000 Tonnen im Jahr zahlen soll. Der Preisspiegel vom Mai 2006 ist nicht einmal für Privatkunden ein echter Vergleichsmaßstab, da er im wesentlichen Firmen in anderen Teilen Bayerns erfasst.

(2) Die von kommunalen Auftraggebern erzielten Preise ergeben sich dagegen aus der vom Ingenieurbüro A GmbH erstellten Übersicht, wobei Grüngutmengen bis zu 14.400 t/a Vertragsgegenstand waren. Diese Preise liegen trotz geringerer Mengen, die entsprechend einen höheren Fixkostenanteil enthalten, deutlich unter den Preisen des Haupt- und Nebenangebots der Antragstellerin.

Die Differenz liegt durchgehend für beide weit jenseits der Spanne von 10 % zum nächsten Angebot,

(3) Die von den Konkurrenten im vorliegenden Verfahren angebotenen Einheitspreise liegen ebenfalls weit unter dem Haupt- und Nebenangebot der Antragstellerin für 29.000 t/a. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich die Konkurrenzangebote nur auf Teilmengen beziehen, also, wenn man kalkulatorische Besonderheiten des einzelnen Betriebs außer Acht lässt, mit höheren Fixkosten belastet sind. Bezieht man die Angebote der Mitbieter auf die entsprechenden Mengenstaffeln der Antragstellerin, sind die Preisunterschiede sogar exorbitant. Dies gilt auch im Verhältnis zum Angebot der nicht ausgeschlossenen Firma NS.

Nach der Auffassung des Senats (ebenso Heiermann/Rusam, VOB/A 10. Aufl. § 25 Rn 67) kann zumindest das Angebot der Beigeladenen zu 1) als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, da es sich bei ihm nicht um ein unangemessen niedriges Angebot handelt, wie ein Vergleich mit den bisherigen Ausschreibungsergebnissen zeigt.

Zwar hat das OLG Koblenz mit Beschluss vom 23.12.2003 - 1 Verg 8/03 ausgeführt, dass mit der Annahme eines Ausschlussgrundes bereits inzident dessen kalkulationserhebliche, auf die Wettbewerbsstellung sich auswirkende Bedeutung bejaht werde, so dass folgerichtig von der Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Preisen der ausgeschlossenen Angebote und ihrer Mängel ausgegangen werden müsse. Dies verbiete die Heranziehung als Beurteilungsmaßstab für ein anderes Angebot als unangemessen hoch.

Der Beschluss des OLG Koblenz betrifft ausdrücklich den Ausschluss durch die Vergabestelle, nicht im Nachprüfungs- oder Beschwerdeverfahren. Man mag darüber streiten, ob diesem Unterschied zum vorliegenden Verfahren große Bedeutung zukommt.

Der Senat hält aber in jedem Fall eine streng formale Berücksichtigung des Ausschlusses für unangebracht. Wenn man die Entscheidung des OLG Koblenz so interpretiert, dass ein aus welchem Grund auch immer erfolgter Ausschluss dem Angebot zwingend jede Indizwirkung hinsichtlich der Preisbeurteilung nimmt, kommt man zu untragbaren Ergebnissen. Eine Vergabestelle, die nicht wie die Antragstellerin über Vergleichspreise aus anderen Ausschreibungen verfügt, müsste einem offenkundig völlig überhöhten Angebot den Zuschlag geben, wenn die anderen Bieter aufgrund des Verstoßes gegen Formvorschriften oder des Fehlens für das Gesamtvorhaben belangloser Angaben ausgeschlossen werden mussten. Dies würde dem Ziel des Vergabeverfahrens, im Wettbewerb einen günstigen Preis zu erzielen, geradezu zuwiderlaufen.

Ob ein ausgeschlossenes Konkurrenzangebot einen zulässigen Vergleichsmaßstab darstellt oder nicht, wird sich nur anhand des Einzelfalls entscheiden lassen. Man kann argumentieren, die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) die Beigeladene zu 1) hinsichtlich einer Teilmenge unterboten hat, zeige die Preisrelevanz der Kenntnis des Angebots der Bietergemeinschaft für die Beigeladene zu 2).

In Bezug auf die von der Beigeladenen zu 1) angebotenen Preise, insbesondere für den Gesamtauftrag, um den sich die Beigeladene zu 2) überhaupt nicht beworben hat, fehlt jedoch die Aussagekraft. Das Verhalten der Beigeladenen zu 2), die von Anfang an offen als Mitglied der Bietergemeinschaft aufgetreten ist, weist auf die Unkenntnis der vergaberechtlichen Rechtsprechung hin, spricht aber umgekehrt dagegen, dass die Bietergemeinschaft wettbewerbswidrige Zwecke verfolgen wollte.

(4) Der niedrige Preis für Grüngut im laufenden Vertrag stellt ebenfalls ein verwertbares Indiz dar. Es besteht eine Vermutung dagegen, dass ein Unternehmer über Jahre einen völlig unauskömmlichen Preis akzeptiert. Mangels Aufdeckung des für Bioabfall vereinbarten Preises bleibt die Argumentation der Antragstellerin unklar.

c) Die Behauptung der Antragstellerin, die Aufhebung der Ausschreibung führe zu dem "paradoxen" Ergebnis, dass die Beigeladenen ihre fehlerhaften Angebote nachbessern könnten, überzeugt nicht. Einmal handelt es sich dabei um eine Folge jeder Aufhebung einer Ausschreibung. Zum anderen lässt sich ebenso umgekehrt argumentieren, es sei paradox, wenn die Antragstellerin nur wegen des auf formalen Gründen beruhenden Ausschlusses der beiden Beigeladenen mit ihrem teuren Angebot zum Zuge käme.

Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 S. 1 GWB liegen nicht vor. Anders als im Verfahren des OLG Koblenz vom 23.12.2003 - 1 Verg 8/03 sprechen zahlreiche Vergleichskriterien für einen überhöhten Preis. Die Wertung des Haupt- und Nebenangebots der Antragstellerin als außer Verhältnis zu ihrer Leistung liegt auch dann im Beurteilungsspielraum der Vergabestelle, wenn man die Angebote der Beigeladenen zu 1) und 2) nicht berücksichtigt und nur auf die übrigen Vergleichskriterien abstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 analog ZPO. Sie umfasst auch die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB sowie die notwendigen Kosten der Beigeladenen zu 1). Nach der Grundsatzentscheidung BGH NJW 2004, 2092, 2096 richtet sich die Kostenentscheidung im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren allein nach der ZPO. Diese verlangt für die Kostenerstattung nicht die Stellung von Sach- oder Verfahrensanträgen. Hinzu kommt, dass sich die Beigeladene zu 1) durch anwaltliche Schriftsätze am Verfahren beteiligt hat.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 50 Abs. 2 GKG nach dem Interesse der Antragstellerin, den Auftrag zu erhalten. Dabei unterstellt der Senat eine Liefermenge von 29.000,-- t/a und eine Vertragslaufzeit vom 01.07.2006 bis zum 31.12.2012. Maßgeblich ist das Nebenangebot, da dieses günstiger ist als das Hauptangebot.

Ende der Entscheidung

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