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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 14.04.2000
Aktenzeichen: 13 W 3985/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 181
ZPO § 182
ZPO § 253
BGB § 242
1. Zur Verwirkung einer Beschwerde nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO.

2. Gibt sich eine Partei ständig den Anschein, unter einer bestimmten Anschrift zu wohnen, ist die dort erfolgte Ersatzzustellung auch dann wirksam, wenn es sich tatsächlich nicht um die Wohnanschrift gehandelt hat.

3. Eine aus dem Verborgenen heraus geführte Klage ist unzulässig.


13 W 3985/99 6 O 4220/96 LG Nürnberg-Fürth

Nürnberg, den 14.4.2000

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. November 1996 wird verworfen.

Gründe:

Die als "weitere Beschwerde zum OLG" bezeichnete Beschwerde gegen den das Prozeßkostenhilfegesuch des Antragstellers für eine Nichtigkeitsklage gegen ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückweisenden Beschluß vom 27. November 1996 ist unzulässig.

Für die Einlegung einer Beschwerde gegen einen den Prozeßkostenhilfeantrag ablehnenden Beschluß ist eine Frist zwar nicht vorgesehen (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Bei dem hier vorliegenden Zeitablauf zwischen Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 27.11.1996 am 05.12.1996 und Eingang der Beschwerde am 28.09.1999 kommt jedoch nach allgemeinen Grundsätzen Verwirkung des unbefristeten Rechtsbehelfs in Betracht (Musielak/Fischer, ZPO, § 127 Rn. 17; Thomas/Putzo, 22. Aufl., ZPO § 127 Rn. 5 je m.w.N.), da eine Partei gegen den auch im Prozeßrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn sie nicht alsbald, noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit einer ergangenen Entscheidung, tätig wird, sondern durch ihr Zuwarten den Eindruck erweckt, sie nehme die Entscheidung hin. Dies ist hier der Fall, nachdem der Antragsteller die Beschwerde erst über 2 Jahre 10 Monate nach ihrer Zustellung eingelegt hat.

Dagegen kann vorliegend auch nicht eingewendet werden, die Zustellung am 05.12.1996 unter der Anschrift H in K sei nicht wirksam erfolgt. Der Antragsteller hat schon gar nicht vorgetragen, daß ihn die Nachricht von der gerichtlichen Entscheidung vom 27.11.1996 damals nicht erreicht habe. Auf die Wirksamkeit der Zustellung kommt es hier, nachdem eine Beschwerdefrist nicht einzuhalten war, nicht an.

Im übrigen wäre aber sogar von der Wirksamkeit der Zustellung auszugehen. Zwar setzt eine Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 182 ZPO voraus, daß vergeblich versucht wurde, an den Zustellungsadressaten in seiner Wohnung zuzustellen. Auch wenn es sich nach den im Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 22.03.2000, Az.: 54 XVII T 380/99, aufgeführten Umständen nicht mehr um die Wohnung des Antragstellers im Zeitpunkt des Zustellungsversuchs gehandelt hat, so muß doch der Antragsteller den von ihm erweckten Anschein gegen sich gelten lassen, er habe unter dieser Anschrift gewohnt, nachdem gegenteiliges bislang nicht bekannt war und der Antragsteller ständig bis heute die damalige Zustellungsadresse als seine Wohnanschrift angibt (vgl. BGH NJW-RR 93, 1083 unter 2 b; OLG Düsseldorf FamRZ 90, 75, OLG Karlsruhe NJW-RR 92, 700; Musielak/Wolst ZPO § 181 Rn. 2; a.A. für Zustellungen, durch die Notfristen in Gang gesetzt werden, OLG München NJW-RR 95, 59).

Darüber hinaus hätte die Beschwerde aber schon deshalb gemäß § 114 ZPO auch in der Sache keine Erfolg, weil die beabsichtigte Klage nicht zulässig wäre.

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Nichtigkeitsklage. Auch für eine Solche gilt § 253 ZPO. Zur ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört danach die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift (BGH NJW 88, 2114, OLG München, OLGR 2000, 56. Ein Kläger muß mit der Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift zeigen, daß er sich auch den nachteiligen Folgen des Betreibens eines Prozesses wie beispielsweise der Kostenerstattungspflicht im Unterliegensfalle stellt. Außerdem muß er bereit sein, auf Anordnung des Gerichts in Terminen persönlich zu erscheinen. Die vom Antragsteller nach wie vor angegebene Wohnanschrift ist aber, wie sich aus dem oben angeführten Beschluß des Amtsgerichts Köln ergibt, seit Jahren unzutreffend. Denn der Antragsteller haat diese Wohnung am 24.06.199 ohne Abmeldung verlassen. Lediglich die Mutter des Antragstellers, die allein Mieterin der Wohnung ist, wohnt noch unter dieser Anschrift. Die Post für den Antragsteller, der sich unbekannten Aufenthalts im Ausland befindet, sendet sie ihm an ein Postfach in K nach. Auf welche Weise der Antragsteller die Post dann von dort aus erhält, ist nicht bekannt.

Die vom Antragsteller angegebene Adresse ist deshalb auch dann keine ladungsfähige Anschrift, wenn den Antragsteller die dorthin gesandte Post aufgrund der Nachsendung seitens seiner Mutter über das Postfach erreicht.

Den Prozeß will der Antragsteller nach alledem aus dem Verborgenen heraus führen. Die Nichtangabe einer ladungsfähigen Anschrift kann vorliegend ihren Grund nur darin haben, sich den möglichen nachteiligen Folgen eines Prozesses zu entziehen und dokumentiert deutlich die fehlende Bereitschaft einer Anordnung nach § 141 ZPO Folge zu leisten. Dann wäre aber die Klage des Antragstellers wegen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens als unzulässig abzuweisen (BGH, a.a.O/OLG München, a.a.O.).

Prozeßkostenhilfe könnte in einem solchen Fall mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht bewilligt werden.

Ende der Entscheidung

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