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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 1 Ws 718/07
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 314 Abs. 1 |
2. Auch ein handschriftliches, mit Telefax übermitteltes Schreiben, das den Namen und die Anschrift des Absenders trägt, ersichtlich vollständig ist, aber kein Handzeichen oder einen sonstigen das Schreiben abschließenden Namenszug des Absenders enthält, kann hierfür genügen.
1 Ws 718/07
Nürnberg, den 10.12.2007
In dem Strafverfahren
wegen Verstoßes gegen das BtmG,
hier: sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Verwerfung der Berufung durch das Landgericht Nürnberg-Fürth,
erlässt der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.09.2007 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Nürnberg hat den Angeklagten am 18.07.2007 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Mit am 25.07.2007 eingegangenen handschriftlichen Fax-Schreiben, das mit der Anschrift des Verurteilten versehen ist, jedoch keine Unterschrift trägt, wurde Berufung gegen das Urteil unter Angabe des Aktenzeichens eingelegt.
Mit Beschluss vom 10.09.2007 hat die 6. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 18.07.2007 kostenfällig als unzulässig verworfen. Zur Begründung ist angeführt, das Schreiben vom 25.07.2007 sei nicht unterschrieben, so dass die Schriftform des § 314 Abs. 1 StPO nicht eingehalten sei.
Gegen diesen, dem nunmehrigen Verteidiger am 12.09.2007 zugestellten Beschluss hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 14.09.2007, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Dieser beruft sich darauf, dass zur Schriftform nicht notwendig auch eine Unterzeichnung gehöre.
II.
Die statthafte (§ 322 Abs. 2 StPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 306 Abs. 1,311 Abs. 2 StPO) ist begründet.
Die Berufung muss bei dem Gericht des ersten Rechtszugs binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftstelle oder schriftlich eingelegt werden (§ 314 Abs. 1 StPO).
Zur Schriftform gehört, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Soweit Schriftform, aber nicht Unterzeichnung vorgeschrieben ist, ist eine handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt notwendig (BVerfG NJW 1963, 755; BGH NStZ-RR 2000, 305 OLG Zweibrücken, IMStZ 1984, 576; Meyer-Goßner, StPO, Einleitung Rn. 128). Ausgehend vom Zweck des Schriftformerfordernisses, nämlich der Gewährleistung der willentlichen Äußerung eines nicht nur im Entwurfsstadium befindlichen Schriftsatzes, muss daher das Gericht prüfen, ob in dem nicht handschriftlich unterzeichneten Schriftstück selbst Anzeichen für ein bewusstes und gewolltes Inverkehrbringen erkennbar sind (BVerfG NJW 2002, 3534). Solche Anzeichen sind etwa Nennung von Daten, die in der Regel nur den Betroffenen bekannt sind.
Ausgehend von diesen Überlegungen ist in der Rechtsprechung zwischenzeitlich weitgehend anerkannt, dass auch ein mit Computerfax eingelegtes Rechtsmittel, das keine Unterschrift enthält, aber etwa mit dem maschinenschriftlichen Namen des Absenders versehen ist, gegebenenfalls mit dem Zusatz, dass dieses Schreiben aus dem PC versandt wurde und deshalb keine Unterschrift enthalte (BVerfG NJW 2002, 3534; OLG München NJW 2003, 3429; Meyer-Goßner, StPO, 50. Auflage, Einleitung Rn. 139 a), eine wirksame Rechtsmitteleinlegung darstellen kann.
Der Beschluss des Landgerichts, der nur auf die fehlende Unterschrift abstellt, greift daher zu kurz. Die Strafprozessordnung unterscheidet zwischen Schriftlichkeit und dem Erfordernis einer Unterschrift, (vgl. etwa § 172 Abs. 3 S. 1 StPO; für die Revisionseinlegung einerseits § 314 Abs. 1 StPO und für die Revisionsbegründungsschrift andererseits § 345 Abs. 2 StPO). Auch die den Angeklagten erteilten Rechtsmittelbelehrungen nach Formblatt StP 132 enthalten keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Unterschrift.
Das Schreiben des Verurteilten enthält neben dessen Namen und vollständiger Handschrift im oberen Teil das vollständige Aktenzeichen und die Erklärung, er lege Berufung gegen das Urteil ein, was mit einem Ausrufezeichen abgeschlossen ist. Das Schreiben endet weder mit einer Unterschrift noch mit einer Paraphe. Das Schreiben ist mit Telefax von einer Firma in Feuchtwangen aus versandt worden. Der Angeklagte wohnt in Bechhofen (Landkreis Ansbach) und arbeitet bei einer Zeitarbeitsfirma in Ansbach. Diese gesamten Umstände lassen trotz fehlender Unterschrift zweifelsfrei erkennen, dass das Schreiben vom Angeklagten stammt und von ihm willentlich in den Verkehr gebracht wurde.
Zwar unterscheidet es sich von den eingangs zitierten Fällen dadurch, dass bei diesen regelmäßig entweder eine Paraphe oder ein maschinenschriftlicher Name am Ende des Schriftstückes angebracht war. Indes ist auch dies nicht erforderlich. Mit seinem durch ein Ausrufezeichen abgeschlossenen Satz "Ich lege Berufung gegen das Urteil ein!" bringt der Angeklagte zum Ausdruck, dass dies eine abschließende Äußerung in diesem Schreiben sein soll.
So hat auch das Oberlandesgericht Zweibrücken (NStZ 84, 576) ein maschinenschriftliches Schreiben ausreichen lassen, das nicht nur keine Unterschrift des Verfassers, sondern das Kürzel des mit dem Antragsteller nicht identischen Briefverfasser enthielt, weil das Schreiben nicht nur den Betroffenen als Antragsteller ausgewiesen habe, sondern auch seinen Inhalt nach eindeutig als Antrag zu erkennen gewesen sei.
Dann aber muss auch ein handschriftliches Schreiben, dass nach seinen äußeren Umständen eindeutig vom Angeklagten stammt, als ausreichende schriftliche Berufungseinlegung genügen.
Eine Kostenentscheidung nach § 464 StPO war zu treffen, da die Entscheidung ein unselbständiges Beschwerdeverfahren abschließt (vgl. Meyer-Goßner, 50. Auflage, § 464 StPO Rn. 7 a). Diese folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.
Ende der Entscheidung
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