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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 15.10.2001
Aktenzeichen: 10 UF 1714/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB
Vorschriften:
FGG § 16 a | |
BGB § 1749 Abs. 1 |
10 UF 1714/01
Nürnberg, den 15.10.2001
In der Familiensache
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluß:
Tenor:
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Amberg vom 06.04.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 DM.
Gründe:
I.
Das Kind wurde am 01.01.1990 in Rumänien geboren. Es ist autistisch und geistig behindert. Es war in Rumänien in Kinderheimen untergebracht.
Frau war 1991 im Rahmen der Rumänienhilfe des Deutschen Roten Kreuzes in einem Kinderheim in Rumänien tätig, wo sie das Kind kennenlernte. Mit bei dem rumänischen Gericht am 08.08.1991 registriertem Antrag hat die Beschwerdeführerin die Adoption des Kindes beantragt. Diese wurde zunächst durch Urteil des rumänischen Gerichts vom 29.01.1993 abgelehnt. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin über ihre rumänische Bevollmächtigte Berufung ein. Mit Urteil des Berufungsgericht vom 31.05.1996 wurde die Adoption ausgesprochen, wobei das Gericht davon ausging, daß die Klägerin nach Aktenlage nicht verheiratet ist. Die Mutter des adoptierten Kindes habe der Adoption zugestimmt. Diese entspräche dem Wohl des Kindes. Bei der Adoptionsverhandlung war die Beschwerdeführerin zwar nicht anwesend, wurde jedoch durch ihre rumänische Bevollmächtigte vertreten. Das rumänische Urteil ist rechtskräftig.
Die Beschwerdeführerin war seit 19.11.1993 verheiratet. Sie wußte vom Fortgang des Adoptionsverfahrens und bemühte sich über eine Adoptionsvermittlungsstelle um zur Aufnahme des Kindes und Adoption bereite Eltern in der Bundesrepublik Deutschland. Die nunmehrigen Pflegeeltern und, erklärten sich zur Aufnahme des Kindes bereit und beabsichtigten zunächst, das Kind zu adoptieren.
Die Beschwerdeführerin hat zwischenzeitlich drei eigene Kinder. Ihr Ehemann ist mit einer Adoption nicht einverstanden. Auch die Beschwerdeführerin lehnt diese zwischenzeitlich ab.
Nach Erlaß der Adoptionsentscheidung holten die Pflegeeltern mit Vollmacht der Beschwerdeführerin das Kind aus Rumänien ab. Seitdem hält sich das Kind im Haushalt der Pflegeeltern auf und wird von diesen neben dem Besuch der Fördereinrichtungen der Lebenshilfe betreut. Sie betrieben zunächst die Adoption, sehen davon jedoch zwischenzeitlich infolge der schwerwiegenden Behinderung des Kindes ab. Sie sind jedoch bereit, das Kind weiterhin in Pflege aufzunehmen.
Die Adoptivmutter hat seit der Aufnahme des Kindes bei den Pflegeeltern zu dem Kind und den Pflegeeltern keinen Kontakt. Für die Pflegeeltern ergaben sich aus der nach Ansicht der Standesamtsbehörden unklaren Rechtslage der Wirksamkeit der Adoption erhebliche Schwierigkeiten bei der Bewilligung von Pflegegeld, bei Anträgen auf Erstellung einer Geburtsurkunde u.a.. Auch die Beschwerdeführerin wurde insoweit nicht tätig. Sie hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, sie habe in der Vergangenheit auch deshalb bei Behörden keine Anträge in Bezug auf das Kind gestellt, um nicht den Eindruck zu erwecken, als halte sie die Adoption für rechtswirksam.
Wegen dieser Untätigkeit der Adoptivmutter und zur Klärung der Wirksamkeit der Adoption hat das Kreis Jugendamt Amberg-Sulzbach beantragt, der Adoptivmutter die elterliche Sorge gem. § 1666 BGB zu entziehen.
Mit Beschluß vom 06.04.2001 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Amberg diesem Antrag stattgegeben und das Kreisjugendamt Amberg-Sulzbach zum Vormund bestellt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Adoptivmutter. Sie trägt mit ihrer Beschwerde in erster Linie vor, die Adoption sei unwirksam, da sie im Zeitpunkt der Adoption verheiratet gewesen sei und ihr Ehemann in die Adoption nicht eingewilligt habe und weiterhin nicht einwillige. Die rumänische Adoption durch einen Ehegatten allein sei mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtssystems unvereinbar, Art. 6 Satz 2 EGBGB. Im übrigen lägen auch die Voraussetzungen des § 1666 BGB für einen Entzug der elterlichen Sorge nicht vor, da das Kindeswohl durch die Betreuung der Pflegeeltern gesichert sei.
Der Senat hat die Adoptivmutter sowie die Pflegeeltern angehört. Er hat dem Kind Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger gemäß § 50 FGG beigeordnet. Dieser hält die Adoption für wirksam und den Entzug der elterlichen Sorge für sachgerecht und geboten.
II.
Die zulässige Beschwerde der Adoptivmutter ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet, § 1666 BGB.
1. Der Entzug der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB setzt voraus, daß Frau durch die rumänische Adoptionsentscheidung vom 31.05.1996 Mutter des Kindes wurde.
Diese Frage war im vorliegenden Verfahren als Vorfrage zu entscheiden (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 7. Auflage, Anm. 9 zu § 16 a FGG).
Die in Rumänien ausgesprochene Adoption ist nach Ansicht des Senats wirksam. Das Kind hatte im Zeitpunkt der Annahme die rumänische Staatsangehörigkeit, so daß rumänische Behörden jedenfalls auch (vgl. Art. 22 EGBGB) zur Entscheidung berufen waren. Der Anerkennungsfähigkeit der Adoption in der Bundesrepublik Deutschland steht daher nicht entgegen, daß über die Adoption gemäß Art. 22 EGBGB nach deutschem Adoptionsstatut zu entscheiden wäre.
Die von dem rumänischen Gericht ausgesprochene Adoption ist zwar nach rumänischem Recht insoweit fehlerhaft, als die - dem rumänischen Gericht von der Adoptivmutter nicht mitgeteilte - zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehende Heirat und fehlende Einwilligung des Ehemanns in die Adoption nicht berücksichtigt wurden. Nach damaligem Adoptionsrecht (Art. 69 Abs. 2 Rumänisches Familiengesetzbuch) hätte die Einwilligung des Ehemanns eingeholt werden müssen. Eine Einzeladoption war nach Art. 69 des Rumänischen Familiengesetzbuchs jedoch grundsätzlich möglich.
Das Fehlen der Einwilligung des Ehemanns führt nach Ansicht des Senats nicht zur Unwirksamkeit des in Rechtskraft erwachsenen Adoptionsausspruchs. Dies ergibt sich aus dem nach rumänischem Recht nach dem Dekretsystem erfolgenden Adoptionsausspruch. Die Adoption war nach dem damals und ist auch nach dem nunmehr (Dringlichkeitsanordnung der Regierung Nr. 25 vom 09.06.1997 zur Regelung der Adoption) geltenden Recht grundsätzlich Einzeladoption bei erforderlicher Einwilligung des Ehegatten im Falle der Verheiratung des Adoptierenden. In Art. 6 der Dringlichkeitsanordnung vom 09.06.1997 ist die Einwilligung des Ehegatten allerdings nicht als Voraussetzung für die Genehmigung zur Adoption aufgeführt. Es ist daher nicht davon auszugehen, daß die fehlende Einwilligung ein Fall der Nichtigkeit oder Aufhebbarkeit der Adoption gemäß Art. 22 des vorgenannten Dekrets ist. Die Beschwerdeführerin hat auch bislang keinen Antrag gemäß Art. 22 dieses Dekrets auf Feststellung der Nichtigkeit oder Aufhebung der Adoption gestellt. Das hierbei entscheidend zu beachtende Kindeswohl spricht jedoch gegen die Annahme einer Nichtigkeit.
Auch nach deutschem Recht ist die ausgesprochene Adoption weder nichtig noch nicht anerkennungsfähig gemäß § 16 a FGG. Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, einzelne Ladungen nicht oder verspätet erhalten zu haben, handelt es sich dabei nicht um verfahrenseinleitende Schriftstücke im Sinne des § 16 a Nr. 2 FGG. Sie war in Rumänien stets entsprechend ihrem Auftrag durch eine Verfahrensbevollmächtigte vertreten. Sie hat schließlich die ergangene Adoption akzeptiert und umgesetzt. Damit sind auch eventuelle formelle Rechtsverstöße geheilt.
Die Entscheidung verstößt schließlich nicht gegen den deutschen "ordre public" oder Grundrechte. Ein Verstoß gegen den "ordre public" kann nur dann angenommen werden, wenn wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts verletzt werden. Zwar ist nach deutschem Recht die Einwilligung des Ehegatten im Regelfall zwingend erforderlich (§ 1749 Abs. 1 BGB). Andererseits ist die Adoption durch einen Ehegatten allein gesetzlich nicht in allen Fällen ausgeschlossen (§§ 1741 Abs. 2, 1749 Abs. 1 Satz 2 BGB). Darüberhinaus kommt der Bestandskraft einer einmal ausgesprochenen Adoptionsentscheidung erheblich statusrechtliche Bedeutung zu. So sieht das Gesetz die Möglichkeit der Aufhebung der Adoption nur unter sehr begrenzten Voraussetzungen vor und gerade nicht in den Fällen, in denen es an der Einwilligung des Ehegatten der Adoptierenden fehlt (§ 1760 BGB, vgl. im übrigen Palandt-Diederichsen, BGB, 60. Auflage, § 1760 RN 1 und § 1749 RN 1). Ein Verstoß gegen den "ordre public" kann somit ebenso wenig angenommen werden wie ein Ausschluß der Anerkennung der rumänischen Adoptionsentscheidung nach § 16 a Nr. 4 FGG oder ein Verstoß gegen Art. 6 GG.
Die von dem rumänischen Gericht mit Dekret vom 31.05.1996 ausgesprochene Adoption ist daher nach Ansicht des Senats auch in der Bundesrepublik Deutschland wirksam. Eine Aufhebung der Adoption gemäß Art. 22 Satz 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB, §§ 1760, 1763 BGB ist bislang nicht erfolgt und dürfte aus den dargelegten Gründen sowie wegen der fehlenden Sicherung einer anderweitigen Adoption ausscheiden.
Die der Beschwerdeführerin somit zustehende elterliche Sorge für das Kind, geb. am 01.01.1990, war dieser gemäß § 1666 BGB zu entziehen, da die Beschwerdeführerin in keiner Weise den Anforderungen der elterlichen Sorge gerecht wird. Zum einen verneint sie die rechtliche Wirksamkeit der Adoption und damit jede Verantwortung. Sie hat seit der Inpflegenahme des Kindes durch die Pflegeeltern zu dem Kind keinerlei persönlichen Kontakt gesucht und trägt keinerlei Verantwortung für deren Entwicklung. Sie überläßt dies vielmehr ausschließlich den Pflegeeltern und öffentlichen Stellen. Sie tut dies nach ihrer Erklärung gegenüber dem Senat zudem bewußt, um nicht den Eindruck zu erwecken, als halte sie die von ihr beantragte und betriebene Adoption für rechtswirksam. Die Beschwerdeführerin erfüllt damit nicht einmal im Ansatz ihre Erziehungsaufgabe, auch wenn durch den Einsatz der Pflegeeltern und des Jugendamts eine Vernachlässigung des Kindes nicht vorliegt. Bei dieser Sachlage ist der Beschwerdeführerin die elterliche Sorge insgesamt zu entziehen, ein teilweiser Entzug ist ersichtlich nicht ausreichend, nachdem sich die Beschwerdeführerin in keiner Richtung um die Belange des Kindes kümmert.
Es war somit Vormundschaft anzuordnen, § 1773 BGB.
Im Hinblick auf die derzeit anstehenden rechtlichen Probleme und erforderliche Maßnahmen zum Wohl des Kindes ist die im Beschwerdeverfahren zudem nicht angegriffene Bestellung des Kreisjugendamts zum Vormund sachgerecht, § 1791 b BGB.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Die weitere Beschwerde war gemäß § 621 e Abs. 2, § 546 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch der Beschluß von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweicht.
Der Beschwerdewert war gemäß §§ 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO auf 5.000 DM zu bemessen.
Ende der Entscheidung
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