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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 18.06.2003
Aktenzeichen: 10 WF 1658/03
Rechtsgebiete: KostO, BGB


Vorschriften:

KostO § 100 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1361 b
Auch während des Getrenntlebens der Ehegatten bemisst sich der Geschäftswert des Verfahrens auf Zuteilung der Ehewohnung i.d.R. kraft gesetzlicher Regelung nach dem einjährigen Mietwert. Für die analoge Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 KostO ist aufgrund der gesetzlichen Neuregelung kein Raum mehr.
10 WF 1658/03

Nürnberg, den 18.6.2003

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte H und Kollegen, S wird der Streitwertbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hersbruck vom 02.05.2003 dahin abgeändert, daß der Streitwert des Hauptsacheverfahrens 7.800,-- Euro beträgt.

II. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG, § 9 II BRAGO aus eigenem Recht des Anwalts, zulässige Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts ist in der Sache begründet, § 100 Abs. 3 S. 1, 3 KostO.

§ 100 Abs. 3 S. 1 KostO legt fest, daß der Geschäftswert eines Verfahrens betreffend Ehewohnung nach dem einjährigen Mietwert zu bestimmen ist. Die Vorschrift differenziert damit nicht zwischen dem Wert einer Streitigkeit betreffend die Ehewohnung während des Getrenntlebens gemäß § 1361 b BGB und einer endgültigen Regelung gemäß §§ 3 ff. der Hausratsverordnung. § 100 Abs. 3 S. 1 KostO ist zwar in seinem Regelungswortlaut mit der früheren Vorschrift des § 21 Abs. 3 Hausratsverordnung identisch, der durch Artikel 3 § 27 Nr. 7 des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16.02.2001 aufgehoben und durch § 100 Abs. 3 KostO ersetzt wurde. Da aber der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Regelungsgehalte der Beschlüsse über die Ehewohnung während des Getrenntlebens und nachehelich und auch des Streitstands in Rechtsprechung und Schrifttum über die Geschäftswertfestsetzung keine differenzierende Kostenregelung getroffen hat - wie sie z. B. für den Hausrat in § 100 Abs. 3 S. 2 KostO enthalten ist und schon in § 21 Abs. 3 HausratsVO enthalten war -, ist davon auszugehen, daß die Geschäftswertbestimmung des § 100 Abs. 3 S. 1 KostO im Regelfall auch auf die Zuweisung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten anzuwenden ist. Die frühere Rechtsprechung, die überwiegend den Streitwert des Rechtsstreits über die Zuweisung der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens mit dem sechsmonatigen-Mietwert bezifferte, kann daher aufgrund der Neufassung des § 100 Abs. 3 KostO nicht mehr angewandt werden. Insbesondere kann die entsprechende Anwendung des Abs. 3 S. 2 nicht mehr begründet werden (so für § 21 Abs. 3 HausratsVO: Müller-Gindullis, in Münchener Kommentar, 2. Auflage zu § 21 HausratsVO Rdnr. 6 mit Rechtsprechungsnachweisen). Für eine geringere Wertfestsetzung als mit dem Jahresmietwert wird nur dann Raum sein, wenn zum Zeitpunkt der Beschlußfassung bereits absehbar ist, daß die zeitliche Geltungsdauer des Beschlusses zwölf Monate nicht erreichen wird. Für diese Auffassung spricht auch die Parallele zum Trennungsunterhalt, bei welchem in aller Regel auch der zwölfmonatige Wert der Unterhaltsforderung angesetzt wird. Für den erhöhten Geschäftswert spricht schließlich auch, daß § 63 Abs. 3 BRAGO einen verminderten Gebührensatz festlegt.

Der Senat befindet sich mit dieser Auffassung in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des OLG Bamberg vom 11.09.2002 - Az.: 2 UF 153/02 - (AGS 2003, Seite 81) sowie einer Entscheidung des OLG Zweibrücken (AGS 2002, Seite 113). Die vom Senat vertretene Ansicht teilt auch Müller-Rabe in FAFamR, 4. Auflage, 17. Kapitel, Rn. 93 mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand (a.A. AG Bremen, FamRZ 2003, 244).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 25 Abs. 4 GKG.

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