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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 03.04.2001
Aktenzeichen: 10 WF 4418/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO
Vorschriften:
BRAGO § 10 | |
BRAGO § 31 | |
ZPO § 613 |
10 WF 4418/00 1 F 329/00 AG Regensburg
Nürnberg, den 3.4.2001
In der Familiensache
wegen Ehescheidung,
hier: selbständige Festsetzung eines Gegenstandswertes
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluß:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Regensburg vom 29. November 2000 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Zwischen den Parteien war ein Scheidungsverfahren anhängig, in dem eine Folgesache "elterliche Sorge" nicht anhängig wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2000 hörte das Gericht die Parteien nach § 613 ZPO zum Sorgerecht kurz an. Die Parteien erklärten, daß es bei der gemeinsamen Sorge verbleiben solle. Eine gerichtliche Entscheidung erging deswegen nicht. Im Streitwertbeschluß vom selben Tag erfolgte kein Streitwertansatz für die elterliche Sorge.
Unter dem 31. August 2000 beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin, den Gegenstandswert für das Sorgerecht. Gemäß § 10 BRAGO auf 4.500,-- DM festzusetzen. Das Amtsgericht - Familiengericht - Regensburg wies diesen Antrag mit Beschluß vom 29. November 2000 mit der Begründung zurück, die angeordnete Anhörung der Parteien habe nicht der Vorbereitung einer gerichtlichen Entscheidung und auch nicht der Aufklärung eines streitigen Sachverhaltes gedient. Nachdem deswegen eine Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO, welche selbständig nach § 10 Abs. 1 BRAGO festzusetzen wäre, nicht ausgelöst werden konnte, sei auch die selbständige Feststellung des Gegenstandswertes nicht veranlaßt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 5. Dezember 2000.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Frage, ob die nach § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Anhörung beider Ehegatten zur elterlichen Sorge eine Beweisgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO auch nach dem Gegenstand der elterlichen Sorge auslöst - und zwar unabhängig davon, ob er im Scheidungsverbund anhängig wird oder nicht - ist in Rechtsprechung und Literatur außerordentlich umstritten. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Gegenüberstellung von Enders in FuR 2000, 467 ff; auf Hartmann, Kostengesetze, 30. Auflage, Rd.Nr. 179 zu § 31 BRAGO; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madera, BRAGO, 14. Auflage RdNnr. 111 zu § 31 BRAGO; OLG Koblenz in MDR 2001, 34 ff; OLG Köln in FamRZ 2000, 1383.
Der Senat vertritt die Auffassung, daß für nicht anhängige Prozeßgegenstände keine Gebühr nach § 31 BRAGO entstehen kann.
Nach dem in § 613 Abs. 1 ZPO neu eingefügten Satz 2 hört das Gericht die Ehegatten nicht nur zur Ehesache, sondern, wenn gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind, auch zur elterlichen Sorge an und weist auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und Dienste der Träger der Jugendhilfe hin. Nach der Gesetzesbegründung (BT Drucksache 13/4899 Seite 63) soll dies sicherstellen, daß das Gericht die notwendigen Informationen erhält, sollte im Einzelfall zur Wahrung des Kindeswohls aufgrund schwerwiegender Interventionsgründe die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen erforderlich werden. Die Rechtsvorschrift erweitert also nur den richterlichen Fragenkatalog, zumal auch der Streitwert für das gerichtliche Verfahren laut der Gesetzesbegründung nicht ansteigt. Eine Beweiserhebung im zivilprozessualen Sinne, nämlich eine auf Wahrheitsfindung ausgerichtete Tätigkeit des Gerichtes, liegt deswegen in derartigen Fällen regelmäßig nicht vor (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., RdNr. 111 zu § 91 BRAGO).
Die Gegenmeinung kann sich nicht auf den angeblich eindeutigen Wortlaut der erwähnten BT-Drucksache berufen, aus dem sich das Entstehen der Beweisgebühr ergebe. Der entsprechende Absatz lautet:
"Die Erweiterung der richterlichen Anhörung um die elterliche Sorge begründet über die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO hinaus keine weiteren anwaltlichen Gebührenansprüche und erhöht auch den Streitwert des Verfahrens nicht."
Dieser Satz ist zwar mißverständlich, muß aber anders verstanden werden, als die Gegenmeinung es tut. Geht man davon aus, daß der Gesetzgeber gehalten ist, neu zu schaffende Rechtsvorschriften auch unter Kostengesichtspunkten zu überdenken, so ergibt sich aus dem Wort "hinaus", daß der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollte, über die durch die Anhörung der Parteien zur Ehesache nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ohnehin entstandenen Gebühren hinaus würden durch die Neuregelung keine neuen Kosten anfallen. Eine solche Auslegung steht im Einklang mit dem Wortlaut der Gesetzesmaterialien und hält sich im Rahmen des allgemeinen zivilprozessualen Grundsatzes, daß nämlich von nicht anhängigen Prozeßgegenständen keine Gebühren nach § 31 BRAGO entstehen können.
Eine Wertfestsetzung nach § 10 BRAGO ist deswegen nicht erforderlich.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.
Ende der Entscheidung
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