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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 11 UF 145/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB
Vorschriften:
FGG § 20 Abs. 1 | |
BGB § 1618 Satz 4 |
Das Kind hat kein eigenes Beschwerderecht gegen die Entscheidung, welche den Antrag, die Einwilligung des anderen Elternteils in eine Namensänderung zu ersetzen, ablehnt.
Zu den Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils in eine Namensänderung des Kindes.
11 UF 145/00 251 F 1200/99 AG Fürth
Nürnberg, den 29.2.2000
In der Familiensache
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden Beschluß:
Tenor:
I. Die Beschwerde der beteiligten Kinder gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 15.12.1999 wird verworfen.
II. Die Beschwerdeführer tragen die außergerichtlichen Kosten der anderen Beteiligten je zur Hälfte.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kinder J, geb. am 19.09.1991, und M, geb. am 17.09.1993, stammen aus der rechtskräftig geschiedenen Ehe der Beteiligten A S und K D. Die elterliche Sorge für beide Kinder wurde der Mutter übertragen, die am 21.12.1998 wieder geheiratet hat und den Namen ihres Ehemannes als Ehenamen führt.
Die Mutter und ihr Ehemann möchten den Kindern ihren Ehenamen geben. Die Kinder wünschen dies ebenfalls. Der Vater der Kinder ist nicht bereit, seine Zustimmung zur Einbenennung zu geben. Den Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters hat das Familiengericht Fürth mit Beschluß vom 15.12.1999 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Erteilung des neuen Ehenamens nicht zum wohl der Kinder erforderlich ist, da die Einbenennung in erster Linie nur der Beseitigung der Unannehmlichkeiten dienen soll, die durch die Namensverschiedenheit auftreten, und die Namensänderung die bereits eingetretene Entfremdung der Kinder zum leiblichen Vater noch weiter vertiefen würde.
Gegen diesen, der Mutter am 30.12.1999 zugestellten Beschluß legte diese mit einem am gleichen Tag beim Amtsgericht Fürth eingegangenen Schreiben vom 05.01.2000 ausdrücklich im Namen der Kinder sofortige Beschwerde ein, mit der die Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur Einbenennung erstrebt wird.
Der Vater bleibt auch im Beschwerdeverfahren bei seiner ablehnenden Haltung.
II.
Die als befristete Beschwerde im Sinne von § 621 e ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RPflG zu wertende sofortige Beschwerde der Kinder (BGH FamRZ 1999, 1648) ist unzulässig, da die Kinder nicht beschwerdeberechtigt sind.
Ein Beschwerderecht nach § 20 Abs. 1 FGG steht den Kindern nicht zu, da sie durch die Entscheidung des Familiengerichts nicht in ihren Rechten beeinträchtigt sind. Der Begriff der Beeinträchtigung im Sinne von § 20 I FGG setzt voraus, daß mit der Entscheidung unmittelbar in ein im Zeitpunkt der Entscheidung bestehendes subjektives Recht des Beschwerdeführers eingegriffen wird (Keidel/Kahl, FGG, § 20 Rn. 12).
Die Bestimmung des Kindesnamens ist ein aus der elterlichen Sorge für die Kinder hergeleitetes Recht der Eltern (BGH a. a. O. m. w. N.). Dementsprechend sieht § 1618 S. 1 BGB kein eigenes Initiativrecht der Kinder für die Einbenennung vor, sondern räumt dieses Recht nur dem allein sorgeberechtigten Elternteil und seinem Ehegatten ein. Die Rechte der Kinder werden durch das Unterlassen der Einbenennung daher nicht berührt. Ob etwas anderes gilt, wenn die Zustimmung des Vaters durch das Gericht ersetzt worden wäre, da dazu die Einwilligung der das fünfte Lebensjahr vollendet habenden Kinder erforderlich ist (§ 1618 S. 3 BGB), kann hier dahinstehen.
Ein eigenes Beschwerderecht der Kinder ergibt sich auch nicht aus §§ 59ff. FGG, da beide noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben.
Die Beschwerde wäre im übrigen auch unbegründet, da die Erteilung des Ehenamens der Mutter nicht zum Wohle der Kinder im Sinne von § 1618 S. 4 BGB erforderlich ist, wie das Familiengericht in seinem Beschluß bereits überzeugend dargelegt hat.
Für die Ersetzung der Zustimmung reicht der Wunsch der Kinder nach Integration in die neue Familie und der Namensgleichheit in dieser Familie nicht aus, wie der Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG FamRZ 1983, 809) im Beschluß vom 15.04.1999 (FamRZ 1999, 1379, 1380) festgestellt hat.
Die mit der Namensverschiedenheit zum sorgeberechtigten Elternteil verbundenen Unannehmlichkeiten sind in der Regel altersbedingt und damit vorübergehender Natur, die die gedeihliche Entwicklung der Kinder nicht ernstlich beeinflussen können. Die Kinder müssen im gewissen Umfang lernen, mit Konflikten zu leben. Dazu gehört bei Kindern aus gescheiterten Ehen, daß sie mit den damit verbundenen Problemen, wozu auch die Namensverschiedenheit zum allein Sorgeberechtigten zählt, fertig werden.
Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des neuen Namensrechtes, innerhalb einer Familie verschiedene Namen zu führen, hat der Gesichtspunkt der Namensgleichheit in der neuen Familie bei der Berücksichtigung des Kindeswohls an Bedeutung verloren. Außerdem darf auch nicht außer Acht gelassen werden, daß die Einbenennungsehe scheitern kann und bei Rückänderung des Namens der Mutter die Kinder dann ggf. mit dem Namen, zu dem sie nur eine vorübergehende Beziehung gehabt hatten, u. U. allein dastehen (Palandt-Diederichsen, BGB, § 1618 Rn 17).
So verständlich der Wunsch der Kinder in der jetzigen Situation ist, durch die Namensänderung ihre Zugehörigkeit zur neuen Familie der Mutter zu dokumentieren, darf nicht aus den Augen verloren werden, daß die Namensänderung auch etwas mit der Identität bzw. mit dem Identitätsverlust und den Bindungen an den leiblichen Vater zu tun hat. Dessen Interesse sieht das Gesetz grundsätzlich als gleichrangig zu dem Kindesinteresse an. Die Gesetz gewordene Formulierung wollte ausdrücklich die Beziehungen der Kinder an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, unterstreichen (OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 1375, 1376 mit Verweisung auf BT-Drucksache 13/8511, S. 74).
Das Interesse des Vaters an der Beibehaltung seines Namens muß erst dann zurückstehen, wenn die Kindesinteressen überwiegen.
Dazu genügt es aber nicht, daß die Kinder, wie vorgetragen, derzeit Schwierigkeiten mit dem Namen D haben und aufgrund ihrer Erfahrungen aus dem Trennungskonflikt der Eltern den Namen D stark ablehnen. Die Probleme der Kinder mit dem Namen D werden in der Beschwerdeschrift dadurch belegt, daß J in der Schule und M beim Arzt unter diesen Namen angesprochen, verstört reagierten und sich offensichtlich aus der neuen Familie dadurch ausgegrenzt fühlten. Daß die Kinder mit dem Namen D nicht in Verbindung gebracht werden wollen, ergibt sich auch daraus, daß sie derzeit ihren Vater ablehnen und die Umgangskontakte verweigern.
Diese Fakten reichen aber nicht aus, die Einbenennung im Interesse der Kinder für erforderlich zu halten. Denn die Einstellung der Kinder hat sicher auch etwas mit dem Vaterbild zu tun, das sie von ihrer Mutter vermittelt bekommen.
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang der Satz in der Beschwerdeschrift, in dem die Mutter von ihrem Recht spricht, daß ihre Kinder so heißen wie sie. Dies verdeutlicht schlaglichtartig, daß die Mutter den leiblichen Vater aus dem Bewußtsein der Kinder zu verdrängen, wenn nicht gar auszulöschen wünscht, da bei dieser Denkweise für die Tatsache, daß es auch "seine Kinder" sind schon begrifflich kein Raum mehr ist.
Daß bei der Einstellung der Mutter die Kinder unter einem Loyalitätskonflikt leben, liegt auf der Hand. Daß sie dann in dieser Situation den Vater durch die Verweigerung des Umgangskontaktes und dem Wunsch nach Einbenennung ablehnen, ist nachvollziehbar und verständlich. Damit signalisieren sie der Mutter, in dem offenbar von ihr noch nicht verarbeiteten Trennungskonflikt auf ihrer Seite zu stehen.
Dies rechtfertigt aber nicht, den Kindern mit der Einbenennung auch die letzten Bindungen an ihren Vater zu nehmen. Etwas anderes wäre es, wenn dieser tatsächlich durch sein Verhalten die Bindungen der Kinder an die neue Familie destabilisieren würde.
Dafür finden sich aber keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil spricht der Umstand, daß der Vater auf die gerichtliche Durchsetzung eines Umgangskontaktes verzichtet, um den Kindern weitere Belastungen zu ersparen, dafür, daß seine Weigerung, der Einbenennung zuzustimmen, nicht auf das Motiv, die Kinder in der neuen Familie zu verunsichern, zurückzuführen ist, sondern auf seinen verständlichen Wunsch, damit die letzten Bindungen zu den Kindern aufrecht zu erhalten.
Aus alledem folgt, daß die Namensänderung nicht zum Wohle der Kinder geboten ist. Der Name der Kinder ist bei der gegebenen Situation derzeit die einzige Möglichkeit, bei den Kindern das Bewußtsein an ihren leiblichen Vater aufrecht zu erhalten.
Kosten: § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG, § 131 III KostO.
Geschäftswert: §§ 30 Abs. 2, 94 Abs. 2 KostO.
Ende der Entscheidung
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