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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 13 U 2401/00
Rechtsgebiete: HOAI


Vorschriften:

HOAI § 4
HOAI § 31
Sind Vertragsgegenstand Projektsteuerungsleistungen im Sinne des § 31 HOAI und zugleich preisrechtlich geregelte, nach den Mindestsätzen der HOAI zu vergütende Architektenleistungen, muß bei der Abrechnung zwischen ihnen getrennt werden; denn § 4 HOAI darf nicht umgangen werden. Dann kann es für die Honorierung der Projektsteuerungsleistungen darauf ankommen, welche Vergütung üblich ist.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

13 U 2401/00 1 O 10591/99 LG Nürnberg-Fürth

vom 28.09.2000

In Sachen

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht D, die Richterin am Oberlandesgericht W und den Richter am Oberlandesgericht Saufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. September 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Wert der Beschwer für die Klägerin beträgt 33.137,50 DM.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 33.187,50 DM festgesetzt.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie bleibt indes in der Sache ohne Erfolg.

Es fehlt zwar nicht an der Aktivlegitimation der Klägerin, ihre Klage ist aber nicht schlüssig; die Vereinbarung eines weiteren Honorars wäre im übrigen auch nicht erwiesen.

I.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Es finden die Grundsätze zum unternehmensbezogenen Geschäft Anwendung. Bei unternehmensbezogenen Geschäften geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, daß der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll. Das setzt voraus, daß der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts muß - gegebenenfalls in Verbindung mit dessen Umständen - die eindeutige Auslegung zulassen, daß ein bestimmtes Unternehmen berechtigt oder verpflichtet sein soll. Bleiben ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an der Unternehmensbezogenheit eines Geschäfts, so greift aus Gründen der Verkehrssicherheit der gesetzliche Auslegungsgrundsatz des Handelns im eigenen Namen ein. Dann geht es nicht nur um die Frage, wer Inhaber des übereinstimmend gewollten Vertragspartners ist, sondern um die Vorfrage, wer überhaupt Vertragspartner sein soll; dafür gilt § 164 Abs. 2 BGB (BGH NJW 1995, 43 = LM § 164 BGB Nr. 77). Bei einem unternehmensbezogenen Geschäft geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, daß der Inhaber des Unternehmens Vertragspartei wird und nicht der für das Unternehmen Handelnde. Das gilt auch dann, wenn der Inhaber des Unternehmens falsch bezeichnet wird oder sonst Fehlvorstellungen über ihn bestehen. Der Handelnde haftet nur dann nach s 179 BGB, wenn ein Unternehmensträger gar nicht existiert oder wenn er keine Vollmacht hatte, für den Unternehmensträger zu handeln (BGH NJW 1998, 2897 = LM § 164 BGB Nr. 83 Bl. 1 R).

Die Übertragung dieser Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall ergibt folgendes:

Unstreitig liegt das Schreiben vom 23. August 1996 zeitlich vor dem mündlichen Vertragsschluß; das Schreiben weist unmißverständlich als potentiellen Vertragspartner einen Betrieb bzw. ein Unternehmen aus, nämlich die "M". Zudem wird im Angebot die "wir"-Form gebraucht.

Daß später nicht mehr das Unternehmen "M" sondern der Ehemann der Klägerin als Privatperson den Vertrag schließen wollte, lag auch aus der Sicht des Beklagten völlig fern.

Etwaige Fehlvorstellungen des Beklagten über die Person des Unternehmensträgers sind unschädlich.

Daß der Zeuge Vollmacht hatte, namens dieses Unternehmens zu handeln, stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.

II.

Der eingeklagte, auf 30.187,50 DM brutto bezifferte Honoraranspruch ist indes nicht schlüssig dargelegt.

Zwar ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09. Januar 1997 (NJW 1997, 1694, 1695 = LM Art. 80 GG Nr. 16 mit Anmerkung von Koeble) § 31 Abs. 2 Hs. 1 HOAI mangels Ermächtigung nichtig, soweit die Wirksamkeit von Honorarvereinbarungen für Projektsteuerungsleistungen davon abhängig gemacht wird, daß sie "schriftlich" und "bei Auftragserteilung" getroffen worden sind.

Die behauptete Honorarabrede enthält unzweifelhaft die Tätigkeiten "Projektberatung", "Projektvorbereitung" und "Projektsteuerung". Also hatte die Klägerin steuernde und kontrollierende Bauherrenfunktionen zu übernehmen, wie sie für die tatbestandlichen Anforderungen von § 31 HOAI chrakteristisch sind. Andererseits sind Gegenstand der behaupteten Honorarvereinbarung von 5 % der Vergabesummen zu einem wesentlichen Teil auch preisrechtlich gebundene Architektenleistungen, und zwar die Einholung der Angebote, die Ausschreibung der einzelnen Gewerke und deren Vergabe. Es handelt sich hierbei um Grundleistungen gemäß den Ziffern Nr. 6 (Vorbereitung der Vergabe; Ermitteln der Mengen und Aufstellen von Leistungsverzeichnissen) und Nr. 7 (Mitwirkung bei der Vergabe; Ermitteln der Kosten und Mitwirkung bei der Auftragsvergabe) des § 15 Abs. 1 HOAI.

Zwar ist der Anwendungsbereich des § 31 HOAI nicht auf den Fall beschränkt, daß ein Architekt oder Ingenieur neben preisrechtlich gebundenen Leistungen auch solche der Projektsteuerung übernimmt. Sinn des § 31 HOAI ist es erkennbar, Projektsteuerungsleistungen aus dem Anwendungsbereich vor allem von Teil II HOAI auszunehmen. Dieser Regelungszweck ist sachlich davon unabhängig, ob Projektsteuerungsleistungen isoliert oder in Verbindung mit Architektenleistungen im Sinne beispielsweise von Teil II vereinbart werden. Auch der amtlichen Begründung zur VO ist nicht zu entnehmen, daß Projektsteuerungsleistungen nur erfaßt werden, wenn sie Annex zu anderen Architektenleistungen sind. Das ändert indes nichts daran, daß § 4 HOAI nicht umgangen werden darf, soweit es um die Vergütung preisrechtlich geregelter Architektenleistungen geht. Dann ist für die preisrechtlich geregelten Architektenleistungen § 4 Abs. 4 HOAI maßgebend; mithin gelten insoweit - weil eine schriftliche Honorarvereinbarung fehlt - die jeweiligen Mindestsätze der HOAI als vereinbart.

Es muß also bei der Abrechnung getrennt werden zwischen den preisrechtlich gebundenen Architektenleistungen, die nach den Mindestsätzen der HOAI zu vergüten sind, und den Leistungen der Projektsteuerung, bezüglich derer es auf die Ermittlung der üblichen Vergütung ankommen kann, weil wegen der Verquickung mit den preisrechtlich gebundenen Architektenleistungen auf die behauptete Vereinbarung einer Vergütung von 5 der Vergabesummen der Ausbaugewerke nicht abgestellt werden kann. Mithin ist der Vortrag zur Anspruchshöhe schon nicht schlüssig.

Daß die HOAI Anwendung findet, obwohl die Klägerin nicht Architektin ist, unterliegt keinem Zweifel; die Preisvorschriften der HOAI sind auf alle natürlichen und juristischen Personen anwendbar, die Architekten- und Ingenieuraufgaben erbringen, die in der HOAI beschrieben sind. Nicht anwendbar ist die HOAI auf Anbieter, die neben oder zusammen mit anderen Leistungen, beispielsweise Bauleistungen, auch Architekten- und Ingenieurleistungen erbringen (BGH NJW 1998, 1228 = LM HOAI Nr. 40). Es kommt auf eine Gesamtwürdigung der vereinbarten Leistungen an. Hier weicht die vereinbarte Leistung nicht erheblich von dem einen Architektenvertrag prägenden Werkerfolg ab. Die nicht preisrechtlich gebundenen Projektsteuerungsleistungen stehen gerade nicht ersichtlich ganz im Vordergrund und sie prägen den Gesamtcharakter des Vertrages um so weniger, als Vertragsgegenstand auch die Baubetreuung, die Bauleitung, die Baustellenorganisation und die Überwachung der Subunternehmer war; insoweit handelt es sich ausnahmslos um typische Architektenleistungen.

III.

Es kann deshalb auf sich beruhen, daß die Klägerin die von ihr behauptete Vergütungsvereinbarung nicht nachgewiesen hat.

Der Beklagte bestreitet ihr Zustandekommen; er behauptet, für sämtliche vereinbarten und erbrachten Leistungen der Klägerin sei ein Honorar von viermal 5.000,-- DM vereinbart worden, insgesamt also 20.000,-- DM. Für das Gegenteil ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig.

Diesen Beweis hat sie auch nach Ansicht des Senats nicht erbracht.

Eine schriftliche Honorarvereinbarung fehlt. Das Schreiben der Klägerin vom 20. Dezember 1996 ist kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, weil es nicht auf einen bereits erfolgten Vertragsschluß Bezug nimmt, weshalb dem Schweigen des Beklagten schon deshalb kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt (Palandt/Heinrichs, 59. Aufl., § 148 BGB Rn. 11).

Zwar übersieht der Senat nicht, daß der Beklagte - abgesehen von seinem Schreiben vom 14. Mai 1997 - nicht schriftlich die drei Rechnungen monierte und geltend machte, es sei kein Honorar von 5 % aus der Vergabesumme der Ausbaugewerke, also von 26.250,-- DM, vereinbart worden. Dieses Indiz hat aber schon deshalb keinen hohen Stellenwert, weil der Beklagte unwiderlegt behauptet, er habe auf die Rechnungen deshalb nicht schriftlich geantwortet, weil er während dieses Zeitraumes beruflich stark unter Druck stand und kaum Zeit hatte (Bl. 45 d.A.); er will zudem mündlich die geltend gemachten Beträge beanstandet haben (Bl. 37 d.A.). Das Gegenteil hat die dafür darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht nachgewiesen.

Die Aussage des Zeugen D ist nahezu ohne Beweiswert, weil dieser Zeuge unzweifelhaft wirtschaftlich hinter dem Unternehmen steht und deshalb am Ausgang des Rechtsstreits genauso stark interessiert ist wie seine Ehefrau, die Klägerin.

Der Inhalt der vom Landgericht zu Recht als glaubhaft bezeichneten Aussage des Zeugen K hat kein solches Gewicht, daß der Vortrag der Klägerin als erwiesen und damit der gegenteilige Vortrag des Beklagten als widerlegt angesehen werden könnte. Es ist nicht auszuschließen, daß zum Zeitpunkt der Vorsprache des Zeugen K bei dem Beklagten die vereinbarten 20.000,-- DM nicht vollständig bezahlt waren. Ein Datum der Vorsprache hat der Zeuge nicht genannt; es sollen damals "die Umbauarbeiten schon relativ abgeschlossen" gewesen sein. Die Rechnung vom 07. März 1997 über 10.000,-- DM für die Monate Januar und Februar 1997 wurde "nach Abschluß der Arbeiten" aufgestellt. Wann die 20.000,-- DM bezahlt wurden, steht ebenfalls nicht fest; dazu fehlt ein Vortrag der Klägerin. Davon abgesehen ist es nachvollziehbar, wenn der Beklagte geltend macht, er habe seinerzeit vor den anwesenden Patienten und vor dem Personal keine Diskussionen über eventuell noch ausstehende Gelder führen wollen (Bl. 45 d.A.). Wenn - wie die Klägerin nunmehr vorträgt - die von ihr behauptete Äußerung gegenüber dem Zeugen K erst nach dem anwaltlichen Mahnschreiben vom 10. Juli 1997 erfolgte, so ist die Haltung des Beklagten um so mehr verständlich, weil er bereits mit Schreiben vom 14. Mai 1997 die Rechnungen nicht akzeptiert hatte.

Es steht auch nicht fest, daß die Absprache zu den 20.000,-- DM als Netto- und nicht als Bruttovergütung getroffen wurde. Der Beklagte behauptet, über die Berechnung der Mehrwertsteuer sei nach seiner Erinnerung nicht gesprochen worden (Bl. 45 d.A.). Zwar ist im Schriftsatz des Beklagten vom 18. August 2000 von 20.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer die Rede (Bl. 91 d.A.); insofern handelt es sich indes um einen Schreibfehler, wie die Prozeßbevollmächtigte des Beklagten im Termin klargestellt hat.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 546 Abs. 1 ZPO), weshalb die Anordnung einer Sicherheitsleistung unterbleibt (§§ 711, 713 ZPO).

Die Festsetzung des Wertes der Beschwer beruht auf den §§ 546 Abs. 2, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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