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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 30.11.2004
Aktenzeichen: 13 W 3971/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 101 | |
ZPO § 98 | |
ZPO § 70 | |
ZPO § 295 |
2. Entspricht die Beitrittserklärung des Nebenintervenienten nicht den Anforderungen des § 70 ZPO, so kann die Gegenpartei dies im Rahmen der Entscheidung über die Kostentragung nicht mehr geltend machen, wenn sie nach der Beitrittserklärung an einer Beweisaufnahme teilgenommen und einen Vergleich geschlossen hat, ohne die Mängel der Beitrittserklärung zu rügen.
13 W 3971/04
Nürnberg, den 30.11.2004
In Sachen
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden
Beschluß:
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde des Klägers und der Drittwiderbeklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.435,-Euro festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.
1. Ist bei der Beendigung eines Rechtsstreits durch Vergleich zwischen den Parteien eine Regelung über die Kosten einer Nebenintervention nicht getroffen worden, entscheidet das Gericht, bei dem der Rechtsstreit zur Zeit des Vergleichs anhängig war, durch Beschluß über die Verpflichtung der Parteien, Kosten des Nebenintervenienten zu tragen (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 101, Rnr. 4; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 103, Rnr. 9; BGH NJW 03, 1948).
Gegen diesen Beschluß ist entsprechend § 91a Abs. 2, § 99 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde zulässig (Zöller/Herget, a.a.O.).
Nachdem der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6.10.2004 den anwaltlichen Vertretern des Klägers und der Drittwiderbeklagten am 13.10.2004 zugestellt wurde, ist die am 27.10.2004 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) erfolgt. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte sind dadurch beschwert, daß ihnen das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß 3/4 der Kosten der Nebenintervention auferlegt hat.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht entsprechend der Kostenverteilung die die Parteien in dem Vergleich vom 17.8.2004 getroffen hatten, 3/4 der Kosten des Nebenintervenienten als Gesamtschuldner auferlegt.
a) Es kommt für die Entscheidung über die Kostentragung nicht (mehr) darauf an, ob der Nebenintervenient wirksam dem Rechtsstreit beigetreten ist. Seine Beitrittserklärung zu Protokoll des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 17.8.2004 entsprach zwar weder nach der Form noch nach dem Inhalt den Anforderungen des § 70 ZPO. Ob die fehlende Schriftform durch die Erklärung zu Protokoll des Gericht ersetzt werden kann - wie der Nebenintervenient meint -, kann offen bleiben. Denn der Kläger und die Drittwiderbeklagte haben in dem Verhandlungstermin vom 17.8.2004 nicht gerügt, daß der Beitritt des Nebenintervenienten nicht ordnungsgemäß erfolgt sei; nachdem anschließend eine Beweisaufnahme durchgeführt und der Rechtsstreit durch den Abschluß eines Vergleichs zwischen den Parteien beendet wurde, haben der Kläger und die Drittwiderbeklagte ein etwaiges Rügerecht verloren.
Beim Beitritt eines Nebenintervenienten prüft das Gericht von Amts wegen lediglich, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Prozeßhandlung vorliegen; ob die besonderen Voraussetzungen des § 70 ZPO betreffend Form und Inhalt des Beitritts und das nach § 66 ZPO erforderliche rechtliche Interesse am Beitritt vorliegen, wird nur geprüft, wenn eine entsprechende Rüge erfolgt und damit ein Zwischenstreit zwischen dem Beitretenden und der widersprechenden Partei entsteht (Thoms/Putzo, a.a.O., § 66, Rnr. 3; § 71, Rnr. 1; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 66, Rnr. 14; BGHZ 38, 111; 76, 301).
Es kann offen bleiben, ob eine solche Rüge überhaupt noch erhoben werden kann, wenn der Rechtsstreit bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Denn ein Zwischenstreit, wie ihn § 71 ZPO vorsieht, um die weitere Beteiligung des Beitretenden am Rechtsstreit zu klären, ist in diesem Fall nicht mehr möglich; auch eine weitere Beteiligung des Beitretenden an dem Rechtsstreit kommt nicht mehr in Betracht.
Jedenfalls aber haben der Kläger und die Drittwiderbeklagte ihr Rügerecht nach § 295 ZPO verloren. Die nur auf Antrag zu berücksichtigenden Mängel des Beitritts können nach § 295 ZPO geheilt werden (Thomas/Putzo, a.a.O., § 66, Rnr. 11; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 66, Rnr. 14).
Ausweislich des Protokolls über den Verhandlungstermin vom 17.8.2004 wurde nach der zu Protokoll erklärten Beitrittserklärung des Nebenintervenienten eine gütliche Einigung zwischen den Parteien erörtert. Nachdem diese Verhandlungen scheiterten, fand eine Beweisaufnahme statt. Im Anschluß an die Beweisaufnahme wurden erneute Vergleichsverhandlungen geführt, die mit dem Abschluß eines Vergleichs endeten, der für den Kläger und die Drittwiderbeklagte widerruflich war. Ein Widerruf dieses Vergleichs ist nicht erfolgt. Die "nächste mündliche Verhandlung" im Sinne von § 295 Abs. 1 ZPO bedeutet nicht notwendig, daß es sich dabei um einen weiteren Termin handeln muß (Zöller/Greger, a.a.O., § 295, Rnr. 8; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 295, Rnr. 8). Ausreichend ist ein unmittelbar an den Verfahrensfehler sich anschließender Verhandlungstermin zur Hauptsache, wofür insbesondere die Verhandlung im Anschluß an die Beweisaufnahme in Betracht kommt (§ 285 Abs. 1, § 370 Abs. 1 ZPO; Zöller/Greger, a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O.). Dabei kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob im Rahmen dieser Verhandlung Anträge gestellt wurden, sondern lediglich darauf, daß zur Sache - und nicht nur zu dem Verfahrensfehler - verhandelt wurde. Dies ist aber der Fall, wenn im Anschluß an den Verfahrensfehler eine Beweisaufnahme stattfindet und Vergleichsverhandlungen geführt werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß die bereits früher - nämlich im Termin vom 19.8.2003 - gestellten Anträge fortwirken und vor dem Beginn der Beweisaufnahme nicht wiederholt zu werden brauchten. Zum anderen macht es keinen unterschied, ob die Parteien im Anschluß an die Beweisaufnahme die Anträge wiederholen oder ob sie sich unter dem Eindruck des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf eine vergleichsweise Regelung einigen; in beiden Fällen geben sie durch ihr Verhalten zu erkennen, daß sie den vorher geschehenen Verfahrensfehler für unbeachtlich halten. Für den Verlust des Rügerechts durch das Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge ist darüberhinaus ein Verzichtswille nicht erforderlich (Thomas/Putzo, a.a.O., § 295, Rnr. 5).
b) Nach § 101 Abs. 1 ZPO hat der Gegner der Hauptpartei die Kosten der Nebenintervention zu tragen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 - 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Haben die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beendet, ist dabei die Vereinbarung maßgeblich, die im Vergleich hinsichtlich der Kostentragung getroffen wurde (BGH, NJW 03, 1948; Zöller/Herget, a.a.O., § 101, Rnr. 10; Thomas/Putzo, a.a.O., § 101, Rnr. 4a). Im vorliegenden Fall war der Nebenintervenient am Abschluß des Vergleichs nicht beteiligt; nach Ziffer III des Vergleich tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 3/4 der Kosten des Rechtsstreits. Damit haben sie auch 3/4 der Kosten des Nebenintervenienten zu tragen.
3. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens wird zu prüfen sein, ob sich die Beteiligung des Nebenintervenienten auf den gesamten Streitwert von Klage und Widerklage bezieht. Denn die Streitverkündung mit Schriftsatz vom 25.6.2004 bezog sich auf die von der Beklagten vorgenommene Verstärkung der Wohnungseingangstüren und die dafür möglicherweise vergeblich aufgewendeten Kosten, während zwischen den Parteien noch weitere Mängel streitig waren. Auf die Frage, welchen Anteil von den Kosten des Nebenintervenienten der Kläger und die Drittwiderbeklagte dem Grunde nach zu tragen haben, wirkt sich dies allerdings nicht aus.
4. Kostenentscheidung: § 97 ZPO
Ende der Entscheidung
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