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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 15.01.2001
Aktenzeichen: 13 W 4156/00
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3
BRAGO § 32 Abs. 1
Die Rücknahme einer noch nicht zugestellten Klageschrift rechtfertigt bei rechtskräftiger Kostengrundentscheidung regelmäßig nur die Erstattung einer halben Prozeßgebühr.
13 W 4156/00 14 O 6096/00 LG Nürnberg-Fürth

Nürnberg, den 15.1.2001

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. November 2000 abgeändert.

II. Die von den Klägern an den Beklagten nach dem Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 04. September 2000 zu erstattenden Kosten werden auf 3.656, 90 DM nebst 4 % Zinsen seit 04. September 2000 festgesetzt.

III. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

V. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.658,40 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die grundsätzliche Kostenerstattungspflicht der Kläger ergibt sich aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

1. Zwar lagen hier die Tatbestandsvoraussetzungen des § 269 Abs. 3 ZPO nicht vor, da mangels Zustellung der Klage gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO Rechtshängigkeit nicht eingetreten und damit ein Prozeßrechtsverhältnis nicht gegeben war.

Somit lag in der mit Schriftsatz vom 07. August 2000 erklärten Klagerücknahme eine solche im eigentlichen Sinne nicht vor, da diese ein Prozeßrechtsverhältnis voraussetzt (Zöller/Greger, 22. Aufl., § 269 ZPO Rz. 8). Es handelte sich insoweit lediglich um den Verzicht der Kläger auf weiteres Tätigwerden des Gerichtes.

2. Jedoch hat das Landgericht Nürnberg-Fürth, am 04. September 2000 einen Kostenbeschluß gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erlassen, der mangels Anfechtung auch rechtskräftig geworden ist. Dessen Wirkungen können im Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht mehr außer Acht gelassen werden (OLG Düsseldorf NJW 1965, Seite 766, 767). Dieser Beschluß geht als solcher, wie gelegentlich vertreten wird (so etwa Zöller/Greger, a.a.O., § 269 ZPO Rz. 8), auch grundsätzlich nicht ins Leere. Der Senat muß damit von einer Pflicht der Kläger zur Erstattung der Kosten des Beklagten ausgehen.

II.

Die unterbliebene Zustellung wurde nicht geheilt, weshalb Rechtshängigkeit auch nicht rückwirkend eintrat.

1. Eine Heilung kann nicht über § 187 ZPO angenommen werden. Dies gilt schon deshalb, weil diese Vorschrift voraussetzt, daß eine Zustellung der Klageschrift gewollt und verfügt war (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 187 ZPO Rz. 2; Thomas-Putzo, 22. Aufl., § 187 ZPO Rz. 7). Eine solche Verfügung des Landgerichts fehlt.

2. Auch eine Heilung gemäß § 295 ZPO kommt nicht in Betracht.

Zwar ist grundsätzlich anerkannt, daß im Rahmen des § 295 ZPO zur Herbeiführung der Rechtshängigkeit auch ein Zustellungsmangel geheilt werden kann. Problematisch ist hierbei lediglich, ob die Heilung ex tunc oder ex nunc wirkt (vgl. BGH NJW 1984, 926). Jedoch setzt ein solcher Verzicht die Anhängigkeit des Verfahrens voraus. Die Kläger haben bereits mit Schriftsatz vom 07. August 2000, eingegangen bei Gericht am 08. August 2000, die Klage "zurückgenommen". Ein Verzicht auf die Befolgung der Zustellungsvorschriften wurde von der Beklagtenseite jedoch erst mit Schriftsatz vom 05. Oktober 2000 erklärt.

III.

Der Beklagte hat Anspruch auf Erstattung einer hälftigen Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 32 BRAGO.

Im Rahmen des § 91 ZPO sind die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren.

Das OLG Düsseldorf (NJW 1965, 766) kommt in einem vergleichbaren Fall zum Ergebnis, daß die Prozeßgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 zu erstatten sei, da aufgrund der Bindungswirkung des Beschlusses nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ein Prozeßrechtsverhältnis unterstellt werden müsse und damit ein Klageabweisungsantrag durch die Beklagtenseite habe eingereicht werden dürfen.

Demgegenüber vertritt das OLG Hamm (NJW 1972, Seite 1903, 1904) die Ansicht, daß trotz der Bindungswirkung des Kostengrundbeschlusses nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ein Prozeßrechtsverhältnis mangels Zustellung fehle und deshalb entstandene Kästen keine Kosten des Rechtsstreits seien, die damit zu erstatten wären (vgl. auch Zöller/Greger, a.a.O., § 269 ZPO Rz. 8).

Nach Ansicht des Senats ist aufgrund der Bindungswirkung des Kostengrundbeschlusses zumindest) aus Kostenerstattungsgesichtspunkten von einem Prozeßrechtsverhältnis auszugehen; denn sonst würde der an sich rechtskräftige Kostenbeschluß "ins Leere lauten".

Damit wurde grundsätzlich die Gebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auf Beklagtenseite durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ausgelöst. Jedoch war mangels einer wirksamen Zustellung der Klage und der daraus folgenden fehlenden Rechtshängigkeit für den Beklagten die Stellung des Klageabweisungsantrags (noch) nicht notwendig. Da das Verfahren ohne Zustellung durch die "Klagerücknahme", endete, also noch bevor ein Sachantrag erforderlich war, liegt eine dem § 32 Abs. 1 BRAGO vergleichbare Konstellation vor, weshalb dem die Klageabweisung beantragenden Beklagten nur eine halbe prozeßgebühr inclusive Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu erstatten ist, wenn eine Klage noch vor Zustellung "zurückgenommen" wird.

Der Erstattungsanspruch berechnet sich daher wie folgt:

1/2 Gebühr aus Gegenstandswert 1.000.000,-- DM 3.112,50 DM Auslagenpauschale 40,-- DM 3.152,50 DM 16 % Mehrwertsteuer 504,40 DM 3.656,90 DM.

IV.

Kosten: §§ 92, 97 ZPO.

V.

Gegenstandswert:

Der Kläger beantragt eine Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses dahingehend, daß die zu erstattenden Kosten aus einem Gegenstandswert in Höhe von 7.267,40 DM zu berechnen seien. Insoweit ergäbe sich eine Kostenerstattungsverpflichtung in Höhe von 609,-- DM, die akzeptiert wird. Gegenstandswert ist damit die Differenz zwischen diesen 609,-- DM und den festgesetzten 7.267,40 DM.

Ende der Entscheidung

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