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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 2 U 2242/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 313 a | |
BGB § 249 Abs. 2 S. 1 |
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Verkündet am 03. Februar 2005
In Sachen
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Guerrein, den Richter am Oberlandesgericht Schüssel und die Richterin am Oberlandesgericht Graf aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2005
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.05.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 6.078,87 EUR.
Tatbestand
und
Entscheidungsgründe:
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen. Insoweit wird auf den Tatbestand des Ersturteils und die in" der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, den vom Kläger mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des Schadens aus dem Unfall vom 07.04.2003 zu erstatten.
Die Mietwagenkosten sind in Höhe der Rechnung der Firma L vom 19.05.2003 als erforderlicher Aufwand zu erachten.
Dem Kläger kann von der Beklagten nicht wirksam entgegengehalten werden, er habe nur einen Befreiungsanspruch, da die Mietwagenkosten von ihm gegenüber dem Mietwagenunternehmen noch nicht beglichen worden seien. Nach der absolut herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur gehören die Kosten der Miete einer Ersatzsache zu dem Herstellungsaufwand, der bei Beschädigung oder Zerstörung einer Sache nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen ist (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., Schlußanhang I, Rn 95; Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Rn 67 zu Kap. 3 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH). Der Kläger kann demgemäß von der Beklagten den für die Bezahlung der Mietwagenrechnung erforderlichen Geldbetrag verlangen.
Dahinstehen kann, ob und inwieweit der Tarif, zu welchem der Kläger das Ersatzfahrzeug anmietete, als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung im Sinne des Urteiles des BGH vom 12.10.2004 (NJW 05, S. 51) angesehen werden kann. Zur Versagung eines Anspruches des Geschädigten ist es nämlich über das eventuelle Vorliegen eines aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigten Tarifes hinaus erforderlich, daß dem Geschädigten ein günstigerer Tarif zugänglich war, was selbst unter Zugrundelegung des Sachvortrages der Beklagten konkret im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist. Auch nach der zitierten Entscheidung des BGH ist nicht allein darauf abzustellen, ob irgendein günstiger Tarif überhaupt existiert, sondern auch darauf, daß der Kläger in seinem konkreten Schadensfall ein Fahrzeug zu diesem Tarif hätte anmieten können. Hier macht demgegenüber die Beklagte selbst umfangreiche Ausführungen dazu, daß zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf ein einheitliches Preisgestaltungsverfahren der Mietwagenunternehmer für einen Unfallgeschädigten kaum die Möglichkeit bestand, einen günstigeren Tarif zu erhalten. Auch bei Kenntnis der von der Beklagten vorgelegten "Vermietpreisübersicht Nürnberg zum 01.02.2004" hätte der Kläger keinen wesentlich günstigeren Tarif finden können. Dabei ist die besondere Situation des Klägers zu beachten. Der Unfall ereignete sich am Gründonnerstag; der Kläger hatte also nur begrenzte Zeit, vor den Feiertagen ein Ersatzfahrzeug zu erhalten. Im Hinblick darauf, daß vom Sachverständigen die Reparaturdauer nur auf 12 Tage geschätzt worden war und der Kläger nicht erkennen konnte, daß eine längere Reparaturdauer wegen der zögerlichen Beschaffung von Ersatzteilen nötig sein würde, war er auch nicht zu besonderen Anstrengungen zur Minderung des Schadens verpflichtet.
Die Einrede der Beklagten, der Kläger sei zur Abtretung seiner eventuellen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mietwagenunternehmer wegen dessen mangelnder Aufklärung sowie zur Auskunft über die Einzelheiten des Zustandekommens des Mietvertrages verpflichtet, hat der Kläger durch Vorlage der entsprechenden Erklärungen entkräftet.
Soweit die Beklagte die Unangemessenheit der Versicherung für die Haftungsbefreiung rügt, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, daß die unerwartet lange Anmietung des Ersatzfahrzeuges durch eine dem Kläger nicht zuzurechnende Verzögerung bei der Ersatzteillieferung verursacht worden war. Der Zeuge A H der damals Leiter des Ersatzteillagers der Nürnberger Niederlassung der Firma B war, hat dargelegt, daß im Hinblick auf den vorher erfolgten Wechsel des Hauptlieferanten zur streitgegenständlichen Zeit erhebliche Probleme bei der Lieferung der Ersatzteile bestanden; es sei eine Katastrophe gewesen. Der Zeuge B S hat dazu bekundet, daß ihm Herr F, der zwischenzeitlich verstorbene Inhaber der Reparaturwerkstatt, bereits als der Wagen noch in der Werkstatt gestanden habe, mitgeteilt habe, daß er das Fahrzeug wegen des fehlenden Scheinwerfers nicht fertigstellen könne. Später habe er von Herrn F erfahren, daß auch ein Stoßdämpfer noch gefehlt habe. Zweifel an der. Richtigkeit der Bekundungen der Zeugen bestehen nicht.
Auf die Rüge der Beklagten in der Berufungsbegründung, der Kläger habe zur Problematik der Eigenersparnis nichts dazu vorgetragen, daß er ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet habe, hat der Kläger spezifiziert unter Darlegung der Einzelheiten der Modelle des beschädigten und des angemieteten Fahrzeuges sowie der Mietwagenklassen vorgetragen, was von der Beklagten nicht mehr bestritten wurde.
Die herrschende Rechtsprechung mutet einem Geschädigten im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht grundsätzlich nicht zu, daß er ein Mietfahrzeug unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel abholen und zurückgeben muß. Die dementsprechend angefallenen Abhol- bzw. Zustellkosten sind somit zu erstatten.
Daß die Expresskosten unvermeidbar bei der Anlieferung der Ersatzteile anfielen, wurde ebenfalls glaubhaft von den Zeugen B S und A H bestätigt. A H bekundete, daß, um überhaupt eine alsbaldige Übersendung von Ersatzteilen für die Reparatur von Unfallschäden erwarten zu können, die Bestellung nicht per Sammelbestellung, sondern grundsätzlich per Express erfolgte. Zum Ausgleich des Expressaufschlages von 6 % und des Wegfalls der verschiedenen Rabattgruppen von durchschnittlich 4 - 10 % sei auf die Listenpreise der Hersteller 10 % aufgeschlagen worden. Der Zeuge B S bestätigte, daß nach dem Inhalt eines in seiner Anwesenheit geführten Telefongespräches zwischen Herrn F und einem Angestellten der Lieferfirma sowie einer späteren Erläuterung durch Herrn F die Ersatzteile mit Expresskostenaufschlag bestellt werden mußten.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Ende der Entscheidung
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