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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 04.02.2009
Aktenzeichen: 4 U 2181/07
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 14 Abs. 1
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 2
BeurkG § 17 Abs. 1
1. Eine Haftung des Notars kommt in Betracht, wenn er bei der Beurkundung der Übertragung eines Fondsanteils im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung nicht ausdrücklich auf die Risiken einer noch nicht vollständig eingezahlten Kommanditeinlage hinweist.

2. Die Notarhaftung ist subsidiär gegenüber der Haftung eines Steuerberaters und Rechtsbeistands, der die Vereinbarung vorbereitend entworfen hat, ohne seinerseits auf die Risiken hinzuweisen. Die Unentgeltlichkeit dieser Tätigkeit schließt die Haftung nicht aus.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES

Az.: 4 U 2181/07

Verkündet am 4. Februar 2009

In dem Rechtsstreit

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg - 4. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kammerer, den Richter am Oberlandesgericht Bartsch und die Richterin am Oberlandesgericht Reitzenstein auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2009 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. September 2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 49.103,14 € festgesetzt. Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen den beklagten Notar Schadensersatzansprüche wegen unzureichender Belehrung bei einer Beurkundung geltend.

Im Frühjahr 1992 trennten sich die Klägerin und ihr früherer Ehemann .... Die Eheleute wollten sich einvernehmlich scheiden lassen und suchten zusammen mit dem Steuerberater und Rechtsbeistand ..., einem Freund der Familie, nach einer Lösung für einen Zugewinnausgleich der Klägerin. Das Ergebnis fasste der Steuerberater und Rechtsbeistand ... in den "Grundlagen für den - vor einem Notar - abzuschließenden Vergleich" (Anlage K2) zusammen. Darin ist festgehalten, dass der Ehemann der Klägerin dieser 300.000,00 DM zahlen sowie "seinen Kommanditanteil in Höhe von 200 000,00 DM (hiervon sind 100.000,00 DM eingezahlt) an der ... KG Wert-Konzept Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co. ..." zum 01.01.1995" übertragen sollte. Diese "Vergleichsgrundlagen" wurden dem Beklagten vom Steuerberater und Rechtsbeistand .... am 26. Oktober 1994 übergeben und von beiden gemeinsam besprochen. Mit Anschreiben vom 10. November 1994 (Anlage K5) übersandte der Beklagte den Entwurf der geplanten Scheidungsvereinbarung (Anlage K6) an die Eheleute ..., wobei er darauf hinwies, dass der Steuerberater ... eine Ablichtung des Schreibens samt Entwurf mit der Bitte um gefällige Kenntnisnahme und Durchsicht erhalte.

Am 23. November 1994 schlossen die Parteien vor dem Beklagten einen "Ehevertrag, Scheidungsvereinbarung und Überlassung". In Absatz XI des Vertrages verpflichtete sich gegenüber der Klägerin als Ausgleich für den etwa bestehenden Zugewinnausgleichsanspruch, den Verzicht auf Versorgungsausgleich, den Unterhaltsverzicht, die Übertragung des 1/2-Miteigentumsanteils am gemeinsamen Grundbesitz und die Übertragung eines - geringen - Guthabenanteils an einem Konto als Gegenleistungen - neben der Übernahme aller gemeinsamen Darlehensverbindlichkeiten - an die Klägerin einen baren Geldbetrag in Höhe von insgesamt 300.000,00 DM zu zahlen; gleichzeitig übertrug ... unter Nr. XI 3. an die Klägerin "zum Alleineigentum, seinen Kommanditanteil in Höhe von nominal 200.000,00 DM - zweihunderttausend Deutsche Mark - , hierauf eingezahlt 100.000,00 DM, an der Kommanditgesellschaft in Firma ... KG Wert-Konzept Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co. "... " und zwar mit Wirkung zum 01.01.1995"; die Klägerin nahm diese Übertragung an.

Am 30.08.2005 wurde vom Amtsgericht ... die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft angeordnet (Anlage K9). Bereits mit Schreiben vom 16. August 2005 (Anlage K10) war die Klägerin von der ...bank AG - nach Abtretung der Ansprüche der Beteiligungsgesellschaft - aufgefordert worden, die restliche Kommanditeinlage in Höhe von 48.080,56 € einzuzahlen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin genauso nach wie der Aufforderung vom 11. Juli 2006 (Anlage K13), Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 1.022,58 € zurückzuführen.

Die Klägerin trägt vor, dass es der Beklagte pflichtwidrig versäumt habe, sie auf die Verpflichtung und das Risiko der Einzahlung der noch offenen Kommanditeinlage in Höhe von 100.000,00 DM (= 48.080,56 €) insbesondere auch im Fall einer Krise der Gesellschaft hinzuweisen. Ihr sei allenfalls die Gefahr bewusst gewesen, die bereits eingezahlten 100.000,00 DM zu verlieren. Wäre sie aufgeklärt worden, hätte sie mit ihrem damaligen Ehemann Vereinbarungen getroffen - wie die Bestellung von Sicherheiten oder Freistellungen -, um sich vor dem Risiko zu schützen. Im Übrigen sei sie davon ausgegangen, dass die noch offene Einlage in Höhe von 100.000,00 DM durch entsprechende Gewinnausschüttungen nach und nach hätte erbracht werden können.

Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand ... hätten nie bestanden oder seien jedenfalls nicht durchsetzbar gewesen.

Dieser habe lediglich aus Gefälligkeit und ohne Auftrag zwischen ihr und ihrem damaligen Ehemann vermittelt. Im Übrigen seien die Ansprüche nach § 68 StBerG a.F. und § 51b BRAO a.F. bereits zu einem Zeitpunkt verjährt gewesen, als sie noch keine Kenntnis von ihrem Schaden gehabt habe.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49.103,14 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 48.080,56 € seit 22.2.2006 und aus 1.022,58 € seit 26.7.2006 zu zahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu erstatten, der ihr daraus entsteht, dass sie gemäß Ziffer XI. 3. der notariellen Urkunde des Beklagten vom 23. November 1994, URNr. 1271 S/1994, statt einer werthaltigen Vermögensanlage von Herrn. ... dessen Kommanditanteil in Höhe von nominal 200.000,00 DM an der Kommanditgesellschaft der Firma ... Wert-Konzept Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co. "..." übertragen erhalten hat.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Er hat behauptet, die Klägerin über die Risiken der Nachschusspflicht belehrt zu haben. Darüber hinaus sei der Klägerin die Nachschusspflicht bekannt gewesen, weil sie von ihrem Steuerberater ... entsprechend beraten und aufgeklärt worden sei. Im Übrigen obliege ihm bei einer Beurkundung keinesfalls die wirtschaftliche Beratung der Parteien. Weiter wäre eine Haftung seinerseits subsidiär zu Ansprüchen der Klägerin gegen den Steuerberater ..., die diese noch in unverjährter Zeit hätte erheben können und müssen.

Mit Endurteil vom 27 September 2007, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es sieht den Beklagten bereits nicht verpflichtet, über die Risiken aus der Übertragung des noch nicht vollständig eingezahlten Kommanditanteils aufzuklären; vielmehr habe der Beklagte aufgrund der Einschaltung des Steuerberaters ..., dessen Ausarbeitung einer detaillierten Vermögensabfindung, der vorangegangenen Aufforderung der Vertragsparteien zur nochmaligen Prüfung des Vertragsentwurfes mit ihren Anwälten, der Übersendung des Entwurfs an den Steuerberater, dem Hinweis in der Vertragsurkunde auf die noch nicht vollständige Einzahlung der Kommanditeinlage und dem offensichtlichen Wissen der Klägerin über diesen Punkt von einer weitergehenden Belehrung absehen dürfen. Im Übrigen bestünden auch erhebliche Zweifel an der Kausalität einer fehlenden Aufklärung über die Nachschusspflicht für den geltend gemachten Schaden. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit welcher sie beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.09.2007, Az: 4 O 11496/06, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 49.103,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 48.050,56 € seit 22.02.2006 und aus 1.022,58 € seit 26.07.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer Anträge wiederholen und vertiefen die Parteien im Wesentlichen den Sach- und Rechtsvortrag erster Instanz.

Auf Hinweis des Senates im Beschluss vom 29. Oktober 2008 hat der Beklagtenvertreter eine Auskunft der Rechtsanwaltskammer Nürnberg vom 17. November 2008 (Anlage B6) zu einer etwaigen dortigen Mitgliedschaft des Rechtsbeistandes ... vorgelegt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte schuldhaft seine Amtspflichten aus § 17 Abs. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 BNotO verletzt hat (dazu unter 1.), denn seine etwaige Haftung ist nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO subsidiär; der Klägerin wäre es zumutbar gewesen in unverjährter Zeit Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand ... zu erheben und so zu einem Schadensausgleich zu gelangen (dazu unter 2.).

1. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Amtspflicht verletzte, als er sie - wie der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 23. August 2007 bekundete - bei der Beurkundung der Scheidungsvereinbarung nicht ausdrücklich auf die Risiken der noch nicht voller Höhe eingezahlter Kommanditeinlage hinwies.

a. Allerdings hat der Notar gemäß § 17 Abs.1 BeurkG die an einer Beurkundung Beteiligten insbesondere über die rechtliche Tragweite des Geschäftes zu belehren und darauf zu achten, dass Irrtümer vermieden werden. Hieraus folgt, dass grundsätzlich auf die rechtlichen Folgen noch nicht voll erbrachter Kommanditeinlagen hinzuweisen ist.

Vorliegend galt dies um so mehr, als die Übertragung der Kommanditeinlage nicht zentraler Punkt des Rechtsgeschäftes war; vielmehr stand in dessen Mittelpunkt die Summe der der Klägerin durch eine Scheidungsvereinbarung insbesondere als Ausgleich für verschiedene weitreichende Verzichte positiv zufließenden Beträge und Vermögenswerte.

b. Fraglich erscheint auch, ob der Beklagte von einer fehlenden Belehrungsbedürftigkeit der Klägerin ausgehen durfte.

aa)

Ein positives Wissen der Klägerin von der rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite der noch nicht voll erbrachten Kommanditeinlage, hat der Beklagte nicht bewiesen.

Die vom Zeugen ... wiedergegebene Äußerung der Klägerin anlässlich der Beurkundung, "sie sei sich zwar bewusst, dass das Papier risikobehaftet sei, sie akzeptiere den Vertrag aber" ist nicht eindeutig. Sie lässt sich zwar in dem Sinn interpretieren, der Klägerin sei ihre Einzahlungspflicht auch im Fall einer Krise des Fonds bewusst gewesen, ebenso gut aber auch in dem Sinn, der Klägerin sei - nur - die Gefahr des Verlustes der bereits getätigten Einlage bewusst gewesen.

Dass die Klägerin - wie vom Beklagten behauptet - bereits vom Berater .... über die Risiken aufgeklärt worden sei, hat dieser in seiner Zeugenvernehmung im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht ... im Verfahren 001 F..., die im Einvernehmen der Parteien Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3. September 2008 war, nicht bestätigt. Vielmehr erklärte der Zeuge, dass er sich nicht erinnern könne, mit der Klägerin die ganzen Risiken des Immobilienfonds intensiv besprochen zu haben.

bb)

Ob sich der Beklagte allein aufgrund der Einschaltung des Steuerberaters und Rechtsbeistandes ... auf eine ausreichende Beratung und Aufklärung durch diesen hatte verlassen können und sich auf den Hinweis auf die bereits erfolgte Einzahlung von 100.000,00 DM bei einer Gesamteinlage von 200.000,00 DM in der vorgelesenen Urkunde hatte beschränken könne, oder ob er sich von einer umfassenden Belehrung von anderer Seite hätte - positiv - überzeugen müssen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Mai 1990, Az: IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882 ff. = MDR 1990, 998), kann jedoch dahinstehen.

2. Da der Beklagte allenfalls fahrlässig seine Amtspflichten bei einer Urkundstätigkeit (dazu unter a.) verletzte, kann er gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO nur in Anspruch genommen werden, wenn der Geschädigte nicht auf andere Weise zumutbar Ersatz zu erlangen vermag oder hätte erlangen können (BGH, Urt. v. 22. Juni 1995, Az. IX ZR 122/94, NJW 1995, 2713 f.). Vorliegend standen der Klägerin jedoch Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand ... zu (dazu unter b.), und es wäre ihr möglich und zumutbar gewesen, diese Ansprüche in unverjährter Zeit durchzusetzen (dazu untere, und d.).

a. Die Amtshaftung eines Notars gegenüber seinem Auftraggeber ist dann nicht subsidiär, wenn der Notar nicht im Rahmen einer "Urkundstätigkeit gemäß §§ 15 bis 17, 20 bis 22 a BNotO" tätig wird, sondern im Rahmen "sonstiger Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiete vorsorgender Rechtspflege nach § 24 Abs. 1 BNotO" (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. November 1992, Az: XI ZR 260/91, NJW 1993, 729 ff.= MDR 1993, 178 ff.). Selbständige Betreuungspflichten im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO bestehen insbesondere dann, wenn der Notar mit der Anfertigung eines Urkundenentwurfs und der Beratung der Beteiligten beauftragt wurde (so im zuvor zitierten BGH-Fall). Vorliegend wurde der Beklagte aber gerade nicht mit der Anfertigung eines Entwurfs für eine Scheidungsvereinbarung beauftragt; vielmehr entwarfen die Vertragsparteien gemeinsam mit dem Steuerberater und Rechtsbeistand ... einen Entwurf (Anlage K2), der dem Beklagten mit der Bitte und dem Auftrag um Vorbereitung zur Beurkundung und anschließender Beurkundung vom Steuerberater und Rechtsbeistand ... übergeben wurde. Ein Fall des § 24 Abs. 1 BNotO ist somit nicht gegeben. Vielmehr wurde der Beklagte im Rahmen einer Beurkundung nach § 17 BeurkG tätig.

Selbst für den Fall einer Bejahung unselbständiger Betreuungspflichten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Urkundstätigkeit stehen, würde dies im vorliegenden Fall der Subsidiarität der Notarshaftung nicht entgegenstehen, weil sie der Beurkundung, für die der Grundsatz der Subsidiarität gilt, zuzurechnen sind (Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl., Rdnr. 176). Im Übrigen bestanden vorliegend solche außerordentliche Belehrungspflichten nicht, weil sie voraussetzen, dass für den Notar nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Vermutung nahe liegt, ein Beteiligter werde mangels Kenntnis der Rechtslage insbesondere aufgrund seiner Unerfahrenheit oder Unbedachtsamkeit einen nicht bedachten Schaden erleiden (vgl. Haug, a.a.O., Rdnr. 412 und 533 ff.). Hier war zur Vorbereitung des Vertrages für die Klägerin der Steuerberater und Rechtsbeistand ... tätig, sodass von Seiten des beurkundenden Notars keine erweiterte Belehrungspflicht zu erfüllen war.

b. Obwohl der Steuerberater und Rechtsbeistand ... vorliegend - unstreitig - unentgeltlich tätig war, kommt seiner "Gefälligkeit" rechtsgeschäftlicher Charakter zu, weshalb er nach vertraglichen Grundsätzen haftet.

aa)

Eine erwiesene Gefälligkeit hat nur dann rechtsgeschäftlichen Charakter, wenn der Leistende den Willen hat, dass seinem Handeln rechtliche Geltung zukommen soll, wenn er also eine Rechtsbindung herbeiführen will und der Empfänger die Leistung in diesem Sinne angenommen hat. Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist nicht nach dem in Erscheinung getretenen inneren Willen des Leistenden zu beurteilen, sondern danach, ob der Leistungsempfänger aus dem Handeln des Leistenden unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Es kommt also darauf an, wie sich dem objektiven Beobachter das Handeln des Leistenden darstellt. Dabei lässt sich allein aus der Unentgeltlichkeit einer Leistung noch nicht auf das Fehlen ihres rechtsgeschäftlichen Charakters schließen. Vielmehr können die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Empfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird und die dabei bestehende Interessenlage der Parteien die Gefälligkeit über den Bereich rein tatsächlicher Vorgänge hinausheben; diese Umstände sind daher für die Beurteilung der Frage des Bindungswillens und der Natur des etwa in Betracht kommenden Rechtsgeschäftes heranzuziehen. Der Wert einer anvertrauten Sache, die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhaft Leistung geraten kann, können auf einen rechtlichen Bindungswillen schließen lassen (BGH, Urteil vom 22. Juni 1956, I ZR 198/54, BGHZ 21, 102 ff; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11. Juni 1008, Az: 4 U 139/07, RuS 2008, 328 ff.; OLG Celle, Urteil vom 19. Juni 2001, Az: 16 U 260/00, BauR 2002, 1427 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 11. Januar 2008, Az: 10 U 1705/06, NJW-RR 2008, 1613 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 19. April 2007, Az: III ZR 75/06, MDR 2007, 894 f.= NJW-RR 2007, 1271 ff.).

bb)

In der Scheidungsvereinbarung der Klägerin ging es zum einen um hohe Werte - die Klägerin erstrebte Leistungen ihres Ehemannes an sie in der Größenordnung von 500.000,00 DM -; zum anderen hatte die Vereinbarung erhebliche Konsequenzen für die Zukunft, weil die Klägerin auf Unterhalt und auf Durchführung eines Versorgungsausgleichs verzichtete. Damit hatte der zu entwerfende Vertrag eine große wirtschaftliche, aber auch rechtliche Bedeutung insbesondere für die Klägerin. Es war auch keine "einfache Gefälligkeit des täglichen Lebens", die der Steuerberater und Rechtsbeistand ... der Klägerin erwies. Vielmehr brachte er seine fachliche Kompetenz in die Verhandlungen ein, indem er den Immobilienfonds, zu dessen Beitritt er dem früheren Ehemann der Klägerin - so dessen Zeugenaussage vor dem Landgericht - geraten hatte, bei den Verhandlungen ins Spiel brachte und vor allem seinerseits das Ergebnis der Verhandlungen umfassend in einem Vertragsentwurf zusammenfasste (Anlage K2), der dann dem Beklagten zur Beurkundung von ihm übergeben wurde. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters kommt seinem Handeln somit rechtsgeschäftlicher Charakter zu.

cc)

Wie sich aus den Aussagen des früheren Ehemannes der Klägerin ... - vor dem Landgericht als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2007 und vor dem Amtsgericht ... im Verfahren 001 F... als Partei in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2006 - ergibt, war der Steuerberater und Rechtsbeistand ... auch und vor allem für die Klägerin tätig, denn er übermittelte ... mehrmals das Verlangen der Klägerin nach einer Aufstockung von dessen Angebot. Ob sich der Steuerberater und Rechtsbeistand ... pflichtwidrig in einem Interessenkonflikt befand, in dem der mit beiden Eheleuten verhandelte und unter Umständen auch beide beriet, ist für die vorliegende Frage seiner Haftung gegenüber der Klägerin nicht relevant.

dd)

Als Rechtsbeistand insbesondere auch auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts wäre der Berater ... verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die rechtliche Tragweite der noch nicht voll erbrachten Kommanditeinlage hinzuweisen. Dies versäumte er schuldhaft, da er sowohl nach den Ausführungen der Klägerin als auch nach seinem eigenen Bekunden in seiner Zeugenaussage vor dem Amtsgericht ... die Klägerin nicht auf die besonderen Risiken des Eintritts in die Kommanditgesellschaft bei noch nicht vollständig bezahlter Kommanditeinlage insbesondere im Fall einer Krise des Fonds aufmerksam machte. Somit haftete er der Klägerin nach vertraglichen Grundsätzen für einen etwaigen hieraus entstehenden Schaden.

c. Als die Klägerin im August des Jahres 2005 von ihrer Verpflichtung zur Einzahlung der noch offenen Kommanditeinlage und zur Rückzahlung von Ausschüttungen - und somit vom Schaden - erfuhr, waren diese Ansprüche weder nach § 68 StBerG noch nach § 51b BRAO, jeweils alte Fassung, verjährt.

aa)

Gemäß der - bis zum 14. Dezember 2004 gegolten habenden - Vorschrift des § 68 StBerG verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Auf die Kenntnis des Auftraggebers vom Eintritt eines Schadens kam es somit nicht an.

Die Vorschrift fand indes nur Anwendung, wenn der Steuerberater Hilfe in Steuersachen geleistet hatte oder eine Empfehlung gab, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Besorgung von steuerlichen Angelegenheiten des Auftraggebers stand (BGH, Urteil vom 21. April 1982, Az: IVa ZR 291/80, BGHZ 83, 328 ff. = NJW 1982, 1866 f.). Vorliegend fehlt es an einem derartigen steuerrechtlichen Bezug.

bb)

Im August 2005 waren Ansprüche der Klägerin auch nicht nach § 51b BRAO (der mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 aufgehoben wurde) verjährt.

Nach dieser Vorschrift verjährten gegen einen Rechtsanwalt gerichtete Schadensersatzansprüche - kenntnisunabhängig - drei Jahre nach ihrer Entstehung, spätestens aber drei Jahre nach Beendigung des Auftrags.

Für Rechtsbeistände galt die kurze Verjährungsfrist des § 51b BRAO indes gemäß § 209 Abs. 1 BRAO nur nach einer Aufnahme in die zuständige Rechtsanwaltskammer auf Antrag (BGH, Urteil vom 17. November 2005, Az: IX ZR 8/04, NJW-RR 2008, 275 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., vor § 78 Rdnr. 7).

Ausweislich der vom Beklagtenvertreter vorgelegten Auskunft der Rechtsanwaltskammer Nürnberg vom 17. November 2008 ist der Rechtsbeistand ... nicht Mitglied der Rechtsanwaltskammer Nürnberg.

Diese Auskunft ist auch von der Klägerin nicht bestritten worden.

cc)

Damit unterlagen Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand ... bei ihrer Entstehung mit Erwerb des Kommanditanteils durch die Klägerin in der notariellen Vereinbarung vom 23. November 1994 zunächst der 30-jährigen Regelverjährung nach §195 BGB alter Fassung. Nach der Überleitungsvorschrift zum Verjährungsrecht nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB) trat ab dem 1 Januar 2002 an die Stelle der 30-jährigen Regelverjährung die 3-jährige Regelverjährung des § 195 BGB neuer Fassung. Diese begann mit dem Schluss des Jahres, in dem die Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte und somit mit Ablauf des Jahres 2005 (§ 199 Abs. 1 BGB n.F.). Die Ansprüche sind daher erst mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt.

d. Eine Inanspruchnahme des Steuerberaters und Rechtsbeistandes ... war der Klägerin auch zumutbar gewesen.

Die Klägerin selbst hatte versucht, mit Schreiben ihrer anwaltlichen Vertreter vom 24. Oktober 2006 (Anlage K22) Schadensersatzansprüche auch gegen den Steuerberater und Rechtsbeistand ... geltend zu machen. Sie hatte sich dann aber mit der ablehnenden Antwort des Rechtsbeistandes und Steuerberaters ... (Anlage K23) zufrieden gegeben, der sich auf Verjährung berief. Zwar war die Überprüfung der Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche vorliegend sicherlich nicht einfach: sie warf indes keinerlei Auslegungsprobleme auf (das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. März 1997, Az: III ZR 295/96, NJW 1997, 2109 f. betrifft einen weitaus schwieriger gelagerten und somit nicht vergleichbaren Sachverhalt). Im Übrigen genügen Schwierigkeiten bei der Auslegung gesetzlicher Vorschriften, die für die Frage anderweitiger Ersatzmöglichkeit maßgebend sind, in der Regel nicht, um eine Subsidiarität der Notarshaftung zu verneinen (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 839 Rdnr. 169 i.V.m. Rdnr. 60).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen § 708 Nr. 10, § 711 ZPO zugrunde.

IV.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit wirft keine grundsätzlichen Fragen auf, vielmehr werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits entwickelte Grundsätze - insbesondere zur Haftung aus Gefälligkeit und zur Subsidiarität der Notarshaftung - auf einen konkreten Fall angewandt.

Ende der Entscheidung

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