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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 5 W 4355/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 766
Der Mitinhaber eines sogenannten "Oder-Kontos" kann gegenüber dem vollstreckenden Gläubiger des anderen Kontomitinhabers im Vollstreckungsverfahren nicht einwenden, das Guthaben stehe ihm im Innenverhältnis alleine zu.
5 W 4355/01

Nürnberg, den 16.01.2002

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 5. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 12.12.2001, Az. 2 T 573/01, aufgehoben.

II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert beträgt 359,73 Euro.

Gründe:

I.

Mit seinem Rechtsmittel gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 03.05.2001 hat der Schuldner (und Beschwerdeführer) geltend gemacht, auf das gepfändete Gemeinschaftskonto würden nur Einkünfte seiner Ehefrau einbezahlt werden, von denen die laufenden Ausgaben zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts getätigt würden.

Das Vollstreckungsgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 05.06.2001 im Wege einer einstweiligen Anordnung die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt, diesen Beschluß am 04.10.2001 jedoch wieder aufgehoben und den Vollstreckungsschutzantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Schuldner habe den erforderlichen Nachweis für seine Darstellung nicht erbracht.

Auf die Beschwerde des Schuldners und nach Einreichung entsprechender Unterlagen hat das Landgericht mit Beschluß vom 10.12.2001 den Beschluß des Rechtspflegers vom 04.10.2001 sowie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 03.05.2001 mit der Begründung aufgehoben, daß der Beschwerdeführer nachgewiesen habe, daß auf dem auf ihn und seine Ehefrau lautenden Gemeinschaftkonto nur der Arbeitslohn seiner Ehefrau eingehe, weshalb entgegen der gesetzlichen Vermutung des § 742 BGB davon auszugehen sei, daß diese Gelder nur der Ehefrau des Beschwerdeführers zustehen; der Beschwerdeführer sei lediglich verfügungsbefugt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich nun die weitere sofortige Beschwerde der Gläubigerin, die die erfolgte Pfändung für rechtmäßig erachtet. Auf die Beschwerdebegründung vom 18.12.2001 wird ebenfalls Bezug genommen.

II.

1. Die (nach altem Recht zu behandelnde, § 26 Nr. 10 EGZPO) weitere sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 793 Abs. 2 ZPO), sie ist zulässig, da die Gläubigerin erstmals durch die Entscheidung des Landgerichts beschwert ist (§ 568 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 577 ZPO) und sie ist in der Sache auch begründet.

Nach den nicht bestrittenen Angaben der Gläubigerin und den Feststellungen der Vorinstanzen handelt es sich bei dem gepfändeten Konto um ein Gemeinschaftskonto der Eheleute in Form eines sog. "Oder-Kontos". Die Kontoinhaber eines solchen Kontos sind nach h.M. der Bank gegenüber Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB mit der Folge, daß jeder der beiden Kontoinhaber die Auszahlung der gesamten Einlage verlangen kann. Dieser Anspruch ist Pfändungsgegenstand und der Gläubiger bedarf, anders als beim sog. "Und-Konto", keines Titels gegen alle Kontoinhaber (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 12. Auflage, Rn. 341; Wagner WM 91, 1145 ff, jew. m.w.N.).

Im Innenverhältnis sind Gesamtgläubiger gem. § 430 BGB grundsätzlich ausgleichspflichtig; bei Eheleuten, wie im vorliegenden Fall, scheidet während intakter Ehe freilich in der Regel ein Ausgleichsanspruch aus (vgl. BGH NJW 90, 705). Der Ausgleichsanspruch steht der Pfändung der Forderung des Schuldners jedoch nicht entgegen.

Selbst wenn man - entgegen der wohl h.M. (vgl. Wagner a.a.O.) - der Rechtsauffassung des OLG Koblenz (NJW RR 90, 1385) folgt, wonach der vollstreckende Gläubiger Rechte an der Gesamtforderung nur "belastet" mit der Ausgleichspflicht gem. § 430 BGB zugunsten des anderen Gesamtgläubigers der gepfändeten Forderung erwirbt und Befriedigung nur unter Beachtung dieser Ausgleichspflicht beanspruchen kann, so könnte dies nicht im vorliegenden Vollstreckungsverfahren geltend gemacht und überprüft werden.

Mit den Rechtsbehelfen des Vollstreckungsverfahrens (Erinnerung gem. § 766 ZPO und sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO a.S.) können nur Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit geltend gemacht werden, Einwendungen also, die darauf hinausgehen, daß die prozessualen Voraussetzungen der erfolgten Vollstreckung nicht gegeben seien, bzw., mit der Erinnerung, Einwendungen, die sich darauf stützen, daß die Pfändung nicht in der gesetzlichen Weise bewirkt wurde (vgl. Stöber a.a.O., Rn. 710). Der Einwand, daß die gepfändete Forderung nicht besteht, kann daher auch nur unter dem Gesichtspunkt des Fehlens des für den Erlaß des Pfändungsbeschlusses erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses geltend gemacht werden und beschränkt sich, da das Vollstreckungsgericht die materiell-rechtliche Frage, ob die Forderung geschuldet wird, nicht entscheiden kann (und muß) auf offenkundige und unbestrittene Fälle (vgl. Stöber a.a.O., Rn. 488). Letzteres ist bei der hier zu prüfenden Frage, ob (s.o.) und in welchem Umfang ein Ausgleichsanspruch besteht, sicher nicht der Fall. Für eine vom Landgericht angenommene, vom Regelfall des § 430 BGB abweichende Alleinberechtigung der Ehefrau (im Innenverhältnis) ist darüber hinaus auch weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.

Der Schuldner hat im vorliegenden Verfahren auch nicht im Namen seiner Ehefrau interveniert, der gegebenenfalls ein Ausgleichsanspruch zustünde. Eigene materiell-rechtliche Einwendungen kann der Schuldner, da er, wie ausgeführt, als Gesamtgläubiger Anspruch auf Auskehrung des gesamten Guthabens gegenüber der Bank hat, nicht geltend machen. Ob die Ehefrau des Schuldners die Einwendungen im Wege der Drittwiderspruchsklage geltend machen könnte (so OLG Koblenz a.a.O., a.A. Wagner a.a.O.) bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt:

Ende der Entscheidung

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