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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 14.05.2007
Aktenzeichen: 7 WF 599/07
Rechtsgebiete: RVG-VV, ZPO


Vorschriften:

RVG-VV Nr. 1000
RVG-VV Nr. 1004
ZPO § 621 e
Bei einer Einigung im Verfahren auf eine Beschwerde nach § 621 e ZPO fällt entsprechend RVG-VV Nr. 1004 eine 1,3 Einigungsgebühr an.
7 WF 599/07

Nürnberg, den 14.5.2007

In der Familiensache

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Die Beschwerde der Staatskasse des Freistaates Bayern, vertreten durch den Bezirksrevisor beim Amtsgericht Nürnberg, gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Nürnberg vom 16.07.2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Zwischen ihnen war ein Verfahren nach der Hausratsverordnung auf Zuweisung der Ehewohnung anhängig.

Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 01.06.2006 wurde der Antragsgegner verpflichtet, der Überlassung der früheren Ehewohnung an die Antragstellerin gegenüber dem Vermieter zuzustimmen. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsgegner befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO ein. Im Termin vom 08.11.2006 vor dem Oberlandesgericht Nürnberg haben die Parteien den Rechtsstreit durch eine Vereinbarung erledigt.

In diesem Termin wurde dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. ... beiwilligt.

Mit Schriftsatz vom 09.11.2006 hat Rechtsanwalt Dr. ... beantragt, die Gebühren und Auslagen gemäß § 55 RVG auf insgesamt 993,42 Euro festzusetzen. Dieser Betrag beinhaltet unter anderem eine 1,3 Erledigungsgebühr nach §§ 2, 49 RVG, Nr. 1004, 1002 VV in Höhe von 262,20 Euro.

Mit Beschluss vom 07.02.2006 hat der Urkundsbeamte die zu zahlende Vergütung auf 922,43 Euro festgesetzt. Zur Begründung ist insoweit ausgeführt, dass die Einigungsgebühr auf' einen Satz von 1,0 (= 204,00 Euro) zu ermäßigen sei. Gegen diese ihm nicht förmlich zugestellte Festsetzung hat Rechtsanwalt Dr. ... mit Schriftsatz vom 28.12.2006, beim Amtsgericht Nürnberg eingegangen am 03.01.2007, Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen darauf berufen, dass nach den Motiven zum RVG in allen Beschwerderechtszügen in der Hauptsache eines streitigen Verfahrens, die mit dem Berufungsverfahren vergleichbar seien, die gleichen Gebühren- anfallen würden, wie im Berufungsverfahren.

Die Vertreterin der Staatskasse ist der Erinnerung entgegen getreten. Sie hat sich auf den Wortlaut der Nr. 1004 des VV zum RVG berufen, wonach die erhöhte Einigungsgebühr von 1,3 nur in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren anfalle.

Mit Beschluss vom 16.04.2007 hat der zuständige Familienrichter am Amtsgericht Nürnberg auf die Erinnerung des Rechtsanwaltes Dr. ... den Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 07.12.2006 dahingehend abgeändert, dass die Rechtsanwalt Dr. ... als Bevollmächtigtem des Antragsgegners zu zahlende Vergütung auf 993,42 Euro festgesetzt wird.

Wegen der Begründung wird auf die Entscheidung Bezug genommen.

Das Amtsgericht Nürnberg hat die Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen, weil die Frage, ob die Einigungsgebühr im Verfahren über die befristete Beschwerde 1,0 oder 1,3 beträgt, von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Gegen die ihm am 02.05.2007 zugestellte Entscheidung des Amtsgerichts hat der Bezirksrevisor beim Amtsgericht Nürnberg als Vertreter der Staatskasse mit einem am 07.05.2007 eingegangenen Schreiben vom 04.05.2007 Beschwerde eingelegt.

Mit dieser beantragt er, den Beschluss des Amtsgericht Nürnberg vom 16.04.2007 aufzuheben und die Einigungsgebühr gemäß VV RVG 1003 mit 1,0 auf 204,00 Euro festzusetzen.

Wegen der Begründung des Rechtsmittels wird auf das Schreiben vom 04.05.2007 Bezug genommen.

Das Amtsgericht Nürnberg hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die (gemäß §§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 2 RVG) zulässige Beschwerde der Staatskasse hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Einigungsgebühr, für die in Nr. 1000 VV RVG grundsätzlich die Höhe von 1,5 einer vollen Gebühr vorgesehen ist, Verringert sich nach der Regelung des RVG - auf 1,0 einer Gebühr, wenn über den Gegenstand "ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig" ist (vgl. Nr. 1003 VV RVG) und - auf 1,3 einer vollen Gebühr, wenn über den Gegenstand "ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig" ist (vgl. Nr. 1004 VV RVG).

Zu der Frage, ob Nr. 1004 VV RVG auch dann gilt, wenn wie im vorliegenden Fall, im Zeitpunkt der Einigung eine - nach der Regelung in der ZPO einem Berufungsverfahren weitgehend nachgebildete - Beschwerde in Familiensachen nach § 621 e ZPO (hier in Verbindung mit § 621 Nr. 7 ZPO) anhängig ist, gibt es, soweit ersichtlich, noch keine veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidungen. Auch in der Kommentarliteratur wird das Problem, soweit ersichtlich, bisher noch nicht als solches dargestellt und erörtert. Äußerungen wie die von Fraunholz in Riedel/Sußbauer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Auflage, VV Teil 1, Rn. 11, dass sich die Einigungsgebühr bei Anhängigkeit eines Verfahrens in erster Instanz auf 1,0 und bei Anhängigkeit "in höherer Instanz" auf 1,3 verkürzt, oder bei Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Auflage, Seite 258 unten, dass der Rechtsanwalt bei einer Einigung "in höherer Instanz" eine 1,3 Gebühr nach Nr. 1004 VV RVG erhält, deuten allerdings darauf hin, dass Nr. 1004 VV RVG so verstanden wird, dass von der Norm über ihren Wortlaut hinaus auch Beschwerden, jedenfalls solche nach § 621 e ZPO, erfasst werden.

Der Senat ist, wie das Amtsgericht, der Auffassung, dass im Ergebnis Nr. 1004 VV RVG auch auf Beschwerden nach § 621 e ZPO anwendbar ist. Maßgeblich dafür ist insbesondere auch, dass das RVG in Teil 3 des VV in der Vorbemerkung 3.2.1. zu dem insbesondere Rechtsmittel betreffenden Abschnitt 2, Unterabschnitt I, der VV Beschwerden gegen die einen Rechtszug beendenden Entscheidungen in Familiensachen - um eine solche handelt es sich bei einer Beschwerde nach § 621 e ZPO - hinsichtlich der Verfahrens- und der Terminsgebühr der Berufung gleichstellt. Für den Senat ist kein sachlicher Grund ersichtlich, dass eine solche Gleichstellung nicht auch hinsichtlich der Einigungsgebühr gerechtfertigt und geboten ist. Unter diesen Umständen geht der Senat davon aus, dass Nr. 1004 VV RVG - jedenfalls entsprechend - auch auf die Beschwerde nach § 621 e ZPO anzuwenden ist.

Damit war die Beschwerde der Staatskasse gegen den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts als unbegründet zurückzuweisen.

Im Hinblick auf den nach § 56 Abs. 2 RVG anwendbaren § 33 Abs. 8 RVG ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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