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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 29.06.2000
Aktenzeichen: 8 U 1279/00
Rechtsgebiete: StGB, AKB, WG
Vorschriften:
StGB § 142 | |
AKB § 7 I Abs. 2 S. 3 | |
AKB § 7 V Abs. 4 | |
WG § 6 Abs. 3 |
§ 142 Abs. 4 StGB enthält nur eine Strafzumessungsregel und verhindert die schuldhafte Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB nicht.
8 U 1279/00 8 O 5048/99 LG Nürnberg-Fürth
Oberlandesgericht Nürnberg
IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Verkündet am 29. Juni 2000
In Sachen
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2000
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Beschwer des Klägers beträgt DM 14.286,60.
Beschluß
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf DM 14.286,60 festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
(Im Berufungsverfahren hat keine Beweisaufnahme stattgefunden).
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, §§ 511 ff. ZPO.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil die Beklagte wegen der vom Kläger begangenen Unfallflucht (§ 162 StGB) gemäß §§ 7 I Abs. 2 Satz 3, 7 V Abs. 4 AKB, VI Abs. 3 WG von ihrer Leistungspflicht frei wurde.
Insoweit kann zunächst auf die zutreffenden Gründe des Ersturteils, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen werden.
Die hiergegen in der Berufung gerichteten Angriffe greifen nicht durch:
1. Nach nunmehr gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung stellt eine Unfallflucht des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalles in der Kaskoversicherung auch bei eindeutiger Haftungslage eine Verletzung der Aufklärungspflicht i.S.d. § 7 I Abs. 2 Satz 3 AKB dar (vgl. BGH VersR 2000, 322; OLG Hamm, RuS 99, 493, m.w.N.).
2. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Strafvorschrift des § 142 StGB das Beweissicherungsinteresse des geschädigten Unfallgegners schützen will. § 142 StGB hat nämlich Reflexwirkung auch in der Kaskoversicherung (BGH a.a.O.). Dort besteht sein Zweck darin, dem Versicherer die sachgerechte Prüfung der Voraussetzungen seiner Leistungspflicht zu ermöglichen, wozu auch die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen gehört, aus denen sich seine Leistungsfreiheit ergeben kann (BGH VersR 98, 228; 2000, 222). Würde man bei eindeutiger Haftungslage zwischen den Unfallbeteiligten trotz der nachfolgenden Unfallflucht des Versicherungsnehmers eine Aufklärungsobliegenheit verneinen, würde dem Versicherer diese vertraglich eingeräumte Prüfungsmöglichkeit entscheidend verkürzt. Dies soll durch die Aufklärungsobliegenheit aus § 7 I Abs. 2 Satz 3 AKB gerade vermieden werden (vgl. BGH VersR 2000, 222).
3. Auch auf die Relevanzrechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, vermag sich der Kläger nicht mit Erfolg zu berufen:
Bei Verdacht einer Trunkenheitsfahrt ist die spätere Unfallflucht des Versicherungsnehmers generell im Sinn dieser Rechtsprechung geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (BGH a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.).
Auch ein nur geringfügiges Verschulden des Versicherungsnehmers ist hier nicht nachgewiesen. Diesen trifft insoweit die Beweislast (vgl. Römer/Langheid, VVG, Rz. 61 zu § 6 WG).
Geringes Verschulden kann nur bei einem Fehlverhalten angenommen werden, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer in der entstandenen Lage leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (BGH VersR 72, 341; OLG.Hamm, a.a.O.; Römer, a.a.O.). Insoweit ist zwar in der obergerichtlichen Rechtsprechung, auf die sich der Kläger ersichtlich beruft, auch eine vorübergehende Kopflosigkeit (beim Anblick eines angerichteten Unfalls) als Entschuldigungsgrund anerkannt worden (BGH VersR 76, 383; OLG Hamm, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger jedoch nur eine pauschale Behauptung aufgestellt, ohne konkrete Umstände hierfür nachzuweisen (vgl. den Fall in OLG Hamm, a.a.O.). Er kann deshalb mit diesem Einwand keinen Erfolg haben.
Da weitere Entschuldigungsgründe weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, ist die vom Kläger begangene Aufklärungspflichtverletzung nicht entschuldigt.
5. Damit verbleibt es bei dem klageabweisenden Ersturteil, so daß die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 710 Nr. 11, 713 ZPO.
V.
Die Entscheidung über den Wert der Beschwer erfolgt gemäß § 546 Abs. 2 ZPO.
VI.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 546 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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