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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 21.01.2008
Aktenzeichen: 9 UF 1640/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB §§ 1587 ff. |
In diesem Fall ist für die Durchführung des Versorgungsausgleichs dennoch die von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder mitgeteilte Startgutschrift zu Grunde zu legen.
9 UF 1640/07
Nürnberg, den 21.1.2008
In der Familiensache
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 9. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
1. Auf die Beschwerden der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden, wird das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - F vom 27.11.2007 (202 F 941/07) in Nr. 2 abgeändert.
2. Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Oberfranken und Mittelfranken Rentenanwartschaften von monatlich 130,15 €, bezogen auf den 30.06.2007, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungs-Nr. ... werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Oberfranken und Mittelfranken Rentenanwartschaften von monatlich 0,91 €, bezogen auf den 30.06.2007, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Beschwerdewert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit Endurteil vom 27.11.2007 hat das Familiengericht auf den am 19.07.2007 zugestellten Antrag der Antragstellerin die am 25.10.1990 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Während der Ehezeit im Sinn des § 1587 Abs. 2 BGB (01.10.1990 bis 30.06.2007) haben beide Parteien folgende ausgleichspflichtige Versorgungsanwartschaften erworben.
Antragstellerin:
bei der Deutschen Rentenversicherung Bund 446,47 €
bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 182,39 €
Das Familiengericht hat die Anwartschaft bei der VBL nach der BarwertVO in eine dynamische Rente in Höhe von 103,79 € monatlich umgerechnet.
Antragsgegner:
Er bezieht bereits Rente und zwar:
von der Deutschen Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken ehezeitbezogen 186,17 €
von der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden 101,97 €
Das Familiengericht hat die Betriebsrente beider Bayerischen Versorgungskammer in eine dynamische Rente in Höhe von monatlich 55,58 € umgerechnet.
Es hat danach folgende Ausgleichsbilanz aufgestellt:
Antragsteller:
gesetzliche Rentenanwartschaften 446,47 €
VBL 103,79 €
insgesamt 550,26 €
Antragsgegner:
gesetzliche Rentenanwartschaften 186,17 €
Bayerische Versorgungskammer 55,58 €
insgesamt: 241,75 €
Hieraus hat das Familiengericht eine Ausgleichspflicht der Antragstellerin in Höhe von 154,26 € errechnet ((550,26 € - 241,75 €): 2).
Den Ausgleich hat es durchgeführt durch Übertragung von monatlichen Rentenanwartschaften in Höhe von 130,15 € vom Rentenkonto der Antragstellern auf das des Antragsgegners und in Höhe von 24,11 € durch Begründung von monatlichen Rentenanwartschaften auf dem Rentenkonto des Antragsgegners zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der VBL.
Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist der VBL am 30.11.2007 und der Bayerischen Versorgungskammer am 03.12.2007 zugestellt worden. Diese Versicherungsträger haben gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich jeweils befristete Beschwerde eingelegt, die Bayerische Versorgungskammer mit Schriftsatz vom 10.12.2007, beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen am 14.12.2007, die VBL mit Schriftsatz vom 13.12.2007, beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen am 17.12.2007.
Sie rügen die Umrechnung der Betriebsrente des Antragsgegners nach der Barwert-VO durch das Familiengericht:
Da der Antragsgegner bereits Rente beziehe und die Betriebsrente bei der Bayerischen Versorgungskammer im Leistungsteil volldynamisch sei, müsse die Umrechnung unterbleiben und sei der Ehezeitanteil der tatsächlich gezahlten Betriebsrente in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Die VBL trägt zusätzlich vor:
Die Betriebsrente der Antragstellerin sei von der Entscheidung des BGH vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06) betroffen. Es werde jedoch angeregt, das Verfahren nicht auszusetzen, da der Antragsgegner bereits Rente beziehe.
Die Beteiligten haben der angekündigten Entscheidung im schriftlichen Verfahren nicht widersprochen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden sind zulässig. Die Bayerische Versorgungskammer und die VBL sind als Versorgungsträger beschwerdebefugt.
Die Beschwerden sind auch begründet, denn die Betriebsrente des Antragsgegners bei der Bayerischen Versorgungskammer ist im Leistungsteil dynamisch (BGH FamRZ 2004, 1706). Deshalb ist die vom Antragsgegner bezogene Betriebsrente nicht nach der BarwertVO umzurechnen.
Auf Seiten der Antragstellerin ist die vom Familiengericht nach der BarwertVO in eine dynamische Rente umrechnete Betriebsrente bei der VBL in Höhe von 103,79 € monatlich - auf die Umrechnung in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils wird insoweit Bezug genommen - in die Ausgleichsbilanz zur Durchführung des Versorgungsausgleichs einzustellen, obwohl die bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festgestellt werden kann.
Der BGH hat nämlich mit Urteil vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06) entschieden, dass die Übergangsregelung in der Satzung der VBL bei der Berechnung der Startgutschrift zum 31.12.2001 innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung führt und deshalb insoweit unwirksam ist. Diese durch den Wegfall der unwirksamen Übergangsregelung verursachte Lücke in der Satzung der VBL könne mit Rücksicht auf die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie nicht durch eine gerichtliche Regelung ersetzt werden.
Die am 08.09.1952 geborene Antragstellerin zählt zu den rentenfernen Versicherten. Rentennah ist nur, wer am 01.01.2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagegesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 01.01.1997 vorweisen kann (BGH a. a. O.). Dies trifft auf die Antragstellerin nicht zu.
Die Anwartschaft der Antragstellerin enthält laut Auskunft der VBL vom 08.10.2007 eine Startgutschrift zum 31.12.2001 in Höhe von 347,44 €. Der Ehezeitanteil der Startgutschrift beträgt laut Auskunft der VBL 125,39 €.
Dies hat nach der genannten Entscheidung des BGH zur Folge, dass der Wert der von der Antragstellerin bis zum Umstellungsstichtag erworbenen Anwartschaften auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalls leistende Rente nicht verbindlich feststeht. Er hängt von dem Ergebnis der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien ab.
Das Oberlandesgericht Stuttgart (15 UF 240/07) hat in einem ähnlichen Fall das Verfahren Versorgungsausgleich in analoger Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzt. Dies kommt im vorliegenden Fall jedoch nicht in Betracht, da der Antragsgegner bereits Rente bezieht. Auch nach dem VAÜG wäre in diesem Fall der Versorgungsausgleich durchzuführen (§ 3 Abs. 2 VAÜG).
Da nach der zitierten Entscheidung des BGH vom 14.11.2007 keine Möglichkeit besteht, die festgestellte Regelungslücke hinsichtlich der Startgutschrift durch eine gerichtliche Regelung auszufüllen, bleibt nach Auffassung des Senats nur die Möglichkeit, dennoch von den von der VBL mitgeteilten Werten auszugehen. Sollte sich nach der Neuregelung der Satzung aufgrund des Verhandlungsergebnisses der Tarifparteien eine wesentliche Änderung ergeben, kann eine Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich gemäß § 10 a VAHRG erfolgen. Die Beteiligten sind daher auf diese Möglichkeit zu verweisen.
Es ergibt sich somit folgende Ausgleichsbilanz:
Antragstellerin:
gesetzliche Rentenanwartschaften 446,47 €
VBL 103,79 €
insgesamt 550,26 €
Antragsgegner:
gesetzliche Rente 186,17 €
Betriebsrente Bayerische Versorgungskammer 101,97 €
insgesamt: 288,14 €
Hieraus errechnet sich eine Ausgleichspflicht der Antragstellerin in Höhe von 131,06 € ((550,26 € - 288,14 €): 2) monachtlich.
In Höhe der halben Differenz der beiderseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, also in Höhe von 130,15 €, erfolgt der Ausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften vom Rentenkonto der Antragstellerin auf das des Antragsgegners (§ 1587 b Abs. 1 BGB).
Der Restbetrag von 0,91 € monatlich wird ausgeglichen gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG durch Begründung von Rentenanwartschaften auf dem Rentenkonto des Antragsgegners zu Lasten der Anrechte der Antragstellerin bei der VBL.
Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.
III.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird gemäß § 21 GKG abgesehen. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten besteht kein Anlass.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 49 GKG.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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