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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: Ws 27/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 57 Abs. 1 Nr. 3
StPO § 454 Abs. 1
Die sofortige Beschwerde gegen die Nichtaussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ist unzulässig, wenn der Verurteilte nicht in die Aussetzung eingewilligt hat.

In diesen Fällen bedarf es keiner ausdrücklichen gerichtlichen Entscheidung, ausreichend ist vielmehr ein entsprechender Vermerk in die Verfahrensakten.


Ws 27 und 28/01

Nürnberg, den 17.01.2001

In der Strafvollstreckungssache

wegen BtmG;

hier: Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Nichtaussetzung zweier Strafreste zur Bewährung,

erläßt der Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 06.12.2000 wird kostenfällig als unzulässig verworfen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 10.12.2000 gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 06.12.2000 war als unzulässig zu verwerfen, weil der Verurteilte durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert ist.

Grundsätzlich ist das Vorliegen einer Beschwer Voraussetzung für die Zulässigkeit, nicht erst für die Begründetheit eines förmlichen Rechtsbehelfs (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, vor § 296 Rn. 8 ff). Nur eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte oder schutzwürdigen Interessen des Betroffenen begründet eine Beschwer. Sie liegt nicht vor. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht ohne jede sachlich-rechtliche Prüfung der Kriterien des § 57 Abs. 1 Nr. S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB eine Aussetzung bereits deshalb abgelehnt, weil der Verurteilte mit einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht mehr einverstanden war (§ 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB).

§ 57 StGB sieht als rein formale Voraussetzungen für eine Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe zur Bewährung neben einer bestimmten Mindestverbüßungszeit vor, daß der Verurteilte mit der vorzeitigen Entlassung aus dem Strafvollzug einverstanden ist. Die Einwilligung des Verurteilten zum Zeitpunkt der Entscheidung stellt eine formelle Schranke des § 57 StGB dar, die keine sachliche Prüfung nach sich zieht. Diese erfolgt erst bei der Beurteilung der gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu beurteilenden günstigen Sozialprognose und bei der gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu bewertenden besonderen Umstände bei der Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzuges. Nur insoweit nimmt das Gericht eine eigene inhaltliche Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Voraussetzungen vor (OLG Düsseldorf NStZ 1994, 454).

Alleine diese Prüfung der sachlichen Voraussetzungen des § 57 StGB greift in die materielle Rechtsposition des Verurteilten tatsächlich und nachhaltig ein und er wird - falls sie nachteilig ausfällt - konkret beschwert. In den Fällen, in denen eine sachliche Auseinandersetzung mit diesen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfolgt, weil bereits aus formalen Gesichtspunkten eine vorzeitige Entlassung ausscheiden muß, ist eine ausdrückliche gerichtliche Entscheidung des Inhalts, daß der Strafrest nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, überflüssig. Im gegenständlichen Fall hätte es deshalb ausgereicht, wenn das Fehlen der formellen Voraussetzung der Einwilligung von der Strafvollstreckungskammer in der Verfahrensakte in einem Vermerk niedergelegt worden wäre.

Im übrigen wäre (so OLG Düsseldorf, a.a.O.) ein Tenor, wonach die Reststrafe bei verweigerter Einwilligung nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann, unverständlich, weil niemand ein anerkennenswertes Interesse an einer solchen Entscheidung haben kann. Dem Betroffenen muß auch keine Anfechtungsmöglichkeit nach § 454 Abs. 3 StPO durch die Wahl der Beschlußform erhalten bleiben. Denn derjenige Verurteilte, der seine Einwilligung - aus welchen Gründen auch immer - verweigert, ist ersichtlich nicht an einer gerichtlichen Entscheidung, mit der ihm gerade das mitgeteilt wird, was er durch das Versagen der Einwilligung herbeiführen wollte, interessiert. Sofern ein Verurteilter seine Meinung ändert und eine gerichtliche Prüfung der materiellen Entlassungsvoraussetzungen erreichen will, kann er jederzeit einen Antrag auf bedingte Reststrafenaussetzung stellen. Der Umstand, daß er zu einem früheren Zeitpunkt die gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderliche Einwilligung verweigert hatte, steht einer positiven Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt nicht entgegen.

Auf die in der Literatur (Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 57 Rn 7) unter Bezugnahme auf OLG Karlsruhe (MDR 1977, 333) und OLG Stuttgart (MDR 1990, 845) vertretene Meinung, wonach eine zunächst verweigerte Einwilligung in die Aussetzung noch im Beschwerdeverfahren erklärt werden könne, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. In der Beschwerdebegründung hat er nicht sein Einverständnis in die Strafaussetzung zur Bewährung erklärt, sondern wie bereits bei der Anhörung am 06.12.2000 vorgebracht, daß er abgeschoben werden will. Trotz ausführlicher Erläuterung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Nürnberg mit Schreiben vom 21.12.2000, daß über den Antrag auf Absehen von weiterer Strafverfolgung bei Abschiebung gemäß § 456 Abs. 1 StPO in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden ist, hat er innerhalb der ihm gesetzten Frist sein Rechtsmittel nicht zurückgenommen. Er hat lediglich mit Schreiben vom 29.12.2000 einen Antrag nach § 456 a StPO gestellt.

Die sofortige Beschwerde mußte deshalb mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen werden.

Ende der Entscheidung

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