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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 23.08.2001
Aktenzeichen: Ws 832/01
Rechtsgebiete: StVollzG
Vorschriften:
StVollzG § 115 Abs. 3 |
Ws 832/01
Nürnberg, den 23. Aug. 2001
In der Strafvollzugssache
des Strafgefangenen
wegen Disziplinarmaßnahme (Dauerarrest von 5 Tagen);
hier: Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gemäß § 116 StVollzG,
erläßt der Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluß:
Tenor:
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen wird der Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 5.6.2001 aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung - einschließlich der Entscheidungen über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe sowie die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg in Straubing zurückverwiesen.
II. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
G ist Strafgefangener in der JVA Amberg.
Am 13.3.2001 wurde gegen ihn mündlich ein Dauerarrest von 5 Tagen verhängt, da er den diensthabenden Stationsbeamten bei einer Haftraumkontrolle am 6.3.2001 als "Zwergerl" beleidigt haben soll. Der Arrest wurde vom 13.3. bis 18.3.2001 vollstreckt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 6.4.2001, eingegangen bei Gericht am 9.4.2001, stellte der Strafgefangene gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG folgenden Antrag:
"Es ist festzustellen, daß die von der JVA Amberg wegen Beleidigung eines Vollzugsbediensteten verhängte Disziplinarstrafe von 5 Tagen Arrest vom 15.3.01 (richtig: 13.3.01) und deren bereits vollzogene Vollstreckung rechtswidrig gewesen ist."
Darüberhinaus beantragte er die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe.
Mit Beschluß vom 5.6.2001 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg den Antrag des Strafgefangenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der vollzogenen Disziplinarmaßnahme als unzulässig zurückgewiesen und die Gewährung von Prozeßkostenhilfe versagt.
Gegen diesen, seinem Verteidiger am 12.6.2001 zugestellten Beschluß wendet sich der Strafgefangene mit seiner Rechtsbeschwerde vom 9.7.2001, eingegangen bei Gericht am selben Tag. Zur Begründung trägt er durch Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vor, daß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht als unzulässig hätte behandelt werden dürfen. Es sei klar erkennbar gewesen, daß er im Wege des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens eine Entscheidung darüber beantragt, daß die Maßnahme der JVA rechtswidrig war und ihn in seinen Rechten verletzte.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Nachprüfung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
Der Strafgefangene hat ausdrücklich einen Antrag gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des unmittelbar im Anschluß an die Arrestanordnung vollzogenen Dauerarrests gestellt. Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer ist dieser Antrag zulässig. Beim Vollzug einer verhängten Disziplinarmaßnahme ist regelmäßig von ihrer Erledigung im Sinne des § 115 Abs. 3 StVollzG auszugehen, es sei denn, die angegriffene Maßnahme kann ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden. Im vorliegenden Fall wurde der Arrest von 5 Tagen zwar bereits vollstreckt, eine Rückgängigmachung ist mithin nicht mehr möglich, es liegt aber darüber hinaus auch das erforderliche berechtigte Interesse des Strafgefangenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit vor: Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 115 Abs. 3 StVollzG ist gegeben, wenn der diskriminierende Charakter der Maßnahme anhält, also Folgen über ihre Erledigung hinaus hat oder wenn sich die angefochtene Maßnahme später für den Antragsteller nachteilig auswirken kann (Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 8. Auflage, § 115 Rn. 11). Von der gegen den Strafgefangenen verhängten Disziplinarmaßnahme kann nicht nur im Zusammenhang mit der Einbeziehung des Vorfalls in das Disziplinarverfahren eine diskriminierende Wirkung ausgehen. Vielmehr kann die Anordnung und Durchführung einer Disziplinarmaßnahme auch neben der disziplinarischen Ahndung des zugrunde liegenden Geschehens und über diese hinaus für ihn nachteilige Auswirkungen haben. Ein Strafgefangener, gegen den eine Disziplinarmaßnahme angeordnet und vollzogen worden ist, kann sich nämlich je nach den Umständen des Falles als ein Gefangener darstellen, der die Ordnung der Anstalt gestört hat. Das kann insbesondere bei späteren Entscheidungen etwa über Vollzugslockerungen oder Vergünstigungen nachteilig ins Gewicht fallen (OLG Hamm, NStZ 91, 510).
Gemäß § 119 Abs. 4 Satz 3 StVollzG war die Sache zur neuen Entscheidung - einschließlich der Entscheidung über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe - an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen, da sie nicht spruchreif ist. Dem Senat sind tatsächliche Feststellungen im Rechtsbeschwerdeverfahren verwehrt. Die Strafvollstreckungskammer hat dann auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu befinden.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 48, 13 GKG.
Ende der Entscheidung
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