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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.01.2004
Aktenzeichen: 1 AGH 13/03
Rechtsgebiete: BRAO, VwGO, ZPO, FGG
Vorschriften:
BRAO § 16 Abs. 7 | |
BRAO §§ 37 ff. | |
BRAO § 40 Abs. 4 | |
BRAO § 53 Abs. 7 | |
BRAO § 53 Abs. 9 | |
BRAO § 53 Abs. 10 S. 3 | |
BRAO § 53 Abs. 10 S. 4 | |
BRAO § 53 Abs. 10 S. 5 | |
BRAO § 55 Abs. 2 S. 1 | |
BRAO § 55 Abs. 2 S. 3 | |
BRAO § 55 Abs. 3 | |
BRAO § 55 Abs. 3 S. 1 | |
BRAO § 55 Abs. 5 | |
BRAO § 161 Abs. 1 S. 1 | |
BRAO § 161 Abs. 2 | |
BRAO § 201 Abs. 2 | |
BRAO § 223 | |
BRAO § 223 Abs. 1 | |
BRAO § 223 Abs. 1 S. 2 | |
BRAO § 223 Abs. 1 S. 3 | |
BRAO § 223 Abs. 4 | |
VwGO § 65 | |
VwGO § 65 Abs. 1 | |
VwGO § 65 Abs. 2 | |
VwGO § 66 | |
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4 | |
VwGO § 173 | |
ZPO §§ 59 ff. | |
ZPO § 67 | |
ZPO § 256 Abs. 2 | |
FGG § 13 a Abs. 1 |
2. Die Festsetzung der Abwicklervergütung durch die Rechtsanwaltskammer (§ 55 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 53 Abs. 10 S. 5 BRAO) kann sowohl von dem Abwickler als auch von dem Anwalt, für dessen Kanzlei der Abwickler bestellt worden war, vor dem Anwaltsgerichtshof angefochten werden.
3. Wird die Zulassung eines Anwalts zur Rechtsanwaltschaft widerrufen und die sofortige Vollziehung des Zulassungswiderrufs angeordnet, so darf - solange der Zulassungswiderruf noch nicht bestandskräftig geworden ist - für die Kanzlei des betroffenen Anwalts nur ein amtlicher Vertreter, nicht aber ein Abwickler bestellt werden.
4. Die Festsetzung einer von dem betroffenen Anwalt zu zahlenden Abwicklervergütung durch die Rechtsanwaltskammer entbehrt von vornherein der Grundlage, wenn für die Kanzlei des Anwalts kein Abwickler, sondern ein amtlicher Vertreter hätte bestellt werden müssen.
Anwaltsgerichtshof des Landes Sachsen-Anhalt BESCHLUSS
verkündet lt. Protokoll am 23.01.2004
In dem anwaltsgerichtlichen Verfahren
...
hat der 1. Senat des Anwaltsgerichtshofs des Landes Sachsen-Anhalt in Naumburg unter Mitwirkung
des Präsidenten des Anwaltsgerichtshofes Rechtsanwalt Meinzenbach als Vorsitzenden,
der Rechtsanwältin Sander und der Rechtsanwältin Schuldt als anwaltliche Beisitzer,
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Engel und der Richterin am Oberlandesgericht Henze-von Staden als richterliche Beisitzer
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober beschlossen:
Tenor:
I. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.05.2002/ 16.06.2003, in Verbindung mit dem Beschluss des Vorstandes der Antragsgegnerin vom 29.04.2002, über die Festsetzung der Abwicklervergütung für Frau Rechtsanwältin T. wird aufgehoben.
II. Die weiteren Anträge des Antragstellers werden zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten trägt die Antragsgegnerin; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
IV. Der Geschäftswert für das anwaltsgerichtliche Verfahren wird auf 13.345,16 EUR festgesetzt.
Gründe:
A.
Der Antragsteller, der durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm am 22. September 1987 erstmals zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde, erhielt mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts Dessau vom 14.11.1997 die anderweitige Zulassung als Rechtsanwalt beim Amtsgericht Bitterfeld, Landgericht Dessau und Oberlandesgericht Naumburg.
Mit Bescheid vom 10.07.2000 widerrief der Präsident des Landgerichts Dessau die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheides an. Die hiergegen gerichteten Anträge des Antragstellers auf Aufhebung des Widerrufsbescheides (Az.: 1 AGH 6/00) und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (Az.: 1 AGH 7/00) wies der Anwaltsgerichtshof durch die Beschlüsse vom 16.08.2000 zurück. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers im Hauptsacheverfahren hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 22.10.2001 (Az.: AnwZ (B) 55/00) hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Senats vom 16.08.2000 und die Widerrufsverfügung der Landesjustizverwaltung vom 10.07.2000 auf, nachdem der Antragsteller die Forderung, mit der der Widerruf seiner Anwaltszulassung ausschließlich begründet worden war, zwischenzeitlich bezahlt hatte.
Mit Bescheid ebenfalls vom 10.07.2000 bestellte der Präsident des Landgerichts Dessau die Beigeladene, Rechtsanwältin T. , zur "Abwicklerin" der Kanzlei des Antragstellers. Die Bestellung wurde von der - inzwischen zuständigen - Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt, der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren, durch Bescheid vom 13.02.2001 um zwei bzw. drei Monate bis zum 31.03.2001 verlängert. Eine Übersendung der beiden Bescheide vom 10.07.2000 und 13.02.2001 an den Antragsteller erfolgte nicht; in seinem Widerrufsbescheid vom 10.07.2000 hatte der Präsident des Landgerichts den Antragsteller von der Abwicklerbestellung lediglich "in Kenntnis gesetzt". Mit Beschlüssen vom 02.05.2002 sowie 14.03.2003 ab (Az.: 1 AGH 2/02) lehnte der Senat den Antrag des Antragstellers vom 04.03.2002, ihm Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses über die Bestellung der Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin zu bewilligen, ab; der Antragsteller sei - so der Senat - nach Ablauf des Bestellungszeitraums nicht mehr i. S. des § 223 Abs. 1 S. 3 BRAO in seinen Rechten verletzt.
In seiner Sitzung vom 12.06.2001 beschloss der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, Rechtsanwältin T. zu gestatten, "für den Abwicklungszeitraum von 9 Monaten bei monatlich 1.500, - DM (Durchschnittsberechnung) einen Betrag von 13.500, - DM vom Abwicklungskonto auf Ihr Geschäftskonto zu übernehmen". Die Entscheidung wurde der Abwicklerin mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 12.06.2001 mitgeteilt; der Antragsteller erhielt zunächst keine Nachricht.
Am 29.04.2002 fasste der Vorstand der Antragsgegnerin ausweislich des Sitzungsprotokolls den folgenden weiteren Beschluss betr. "Abwicklervergütung RAin T. für RA F. ":
"Abwicklerin vom 10.07.2000 bis 31.03.2001 gezahlt bzw. entnommen vom Abwicklerkonto 9 Monate à 1.500,00 DM = 13.500,00 DM ohne Mwst.
Antrag lautet nunmehr monatlich 2.500,00 DM für 9 Monate Differenz 9.000 DM = 4.602,00 EUR + 736,32 EUR Mwst. = 5.338,32 EUR
Aus der Zahlung von 13.500,00 DM eine Mwst. in Höhe von 2.160,00 DM = 1.104,40 EUR
Kontofreigabe in Höhe von 6.442,72 EUR"
Über diesen Vorstandsbeschluss unterrichtete die Antragsgegnerin die Abwicklerin mit Schreiben vom 02.05.2002. Der Antragsteller, der seinerseits keine Kenntnis von der getroffenen Entscheidung erlangt hatte, stellte mit Schriftsatz vom 04.05.2003 beim Anwaltsgerichtshof den Antrag, die "Beklagte" zu "verurteilen, die Vergütung der Frau Rechtsanwältin T. B. festzusetzen"; hilfsweise die "Beklagte (zu) verurteilen, den erlassenen Beschluss dem Kläger rechtsmittelfähig zuzustellen" (Az.: 1 AGH 8/03). Nachdem sich der Antrag durch Zustellung eines rechtsmittelfähigen Bescheides der Antragsgegnerin vom 16.06.2003 erledigt hatte, sind der Rechtsanwaltskammer in jenem Verfahren durch Beschluss des Senats vom 20.06.2003 die Gerichtskosten auferlegt worden; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde nicht angeordnet.
Mit dem Bescheid vom 16.06.2003 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller den Beschluss des Kammervorstandes vom 29.04.2002 über die Festsetzung der Abwicklervergütung zu, zusammen mit Ablichtungen ihrer an Rechtsanwältin T. gerichteten Schreiben vom 12.06.2001 und 02.05.2002. Die Zustellung des Beschlusses an den Antragsteller erfolgte am 18.06.2003.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2003, eingegangen beim Anwaltsgerichtshof am 04.07.2003, hat der Antragsteller nunmehr die Aufhebung der Vergütungsfestsetzung beantragt und zugleich unter anderem die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 16.06.2003 sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegnerin dem Grunde nach begehrt.
Zur Begründung verweist der Antragsteller darauf, dass der Antragsgegnerin kein Rechtsgrund zur Seite stehe, um Rechtsanwältin T. an sich ihm - dem Antragsteller - zustehendes Geld zu verschaffen. Wie sich aus dem Beschluss des BGH vom 22.10.2001 (Az.: AnwZ (B) 55/00) ergebe, seien die Verfügungen des Präsidenten des Landgerichts Dessau vom 10.07.2000 rechtswidrig. Die Antragsgegnerin gewähre Rechtsanwältin T. auf seine - des Antragstellers - Kosten Abwicklergebühren, obwohl sie wisse, dass hierfür kein Rechtsgrund gegeben sei. Wenn überhaupt, so könne die Antragsgegnerin nur aus ihrer Bürgenhaftung aufgrund rechtswidrigen Tuns der Rechtsanwältin T. Geld geben soviel sie wolle. Insoweit sei die Vergütungsfestsetzung ihm egal; nur dass vorsätzlich sein Geld unterschlagen werde, sei ihm nicht egal.
Schließlich stelle es - so der Antragsteller weiter - auch eine unwahre Behauptung der Antragsgegnerin dar, wenn sie immer behaupte, sie könne über das Geld nicht bestimmen, und wenn sie ihn, den Antragsteller, auf den Zivilrechtsweg verweise. Vielmehr habe die Antragsgegnerin Rechtsanwältin T. die Begründung gegeben, in dem beim Landgericht Dessau geführten Rechtsstreit 6 O 1619/01 ihm gegenüber zu behaupten, sie dürfe das Geld verwenden und behalten.
Der Antragsteller beantragt,
1. festzustellen, dass die Verfügung der Landesjustizverwaltung vom 10.07.2000, zum einen gerichtet an den Kläger und zum anderen gerichtet an die Rechtsanwältin T. rechtswidrig ist;
2. den Beschluss vom 29.04.2003 der Rechtsanwaltskammer Sachsen-Anhalt in der Gestalt des Bescheides vom 16.06.2003, zugestellt am 18.06.2003 aufzuheben;
3. die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 16.06.2003 festzustellen;
4. festzustellen, dass die Beklagte hieraus dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sei;
5. der Beklagten zu untersagen, der Rechtsanwältin T. die Erlaubnis zu geben, über die Geldbeträge des Klägers zu verfügen;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger 13.344,72 EUR zu zahlen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, für den Antrag zu 1. fehle dem Antragsteller bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Bestellung der Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin gemäß § 223 Abs. 1 BRAO anfechtbar gewesen sei, der Antragsteller jedoch keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt habe. Auch die Feststellungsanträge zu 3. und zu 4. sowie der Hilfsantrag zu 5. seien jeweils mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.
Unabhängig hiervon stehe dem Abwickler nach § 53 Abs. 10 S. 3 i.V.m. § 55 Abs. 3 S. 1 BRAO eine angemessene Vergütung zu. Diese Vergütung sei von dem früheren Rechtsanwalt zu tragen. Könnten sich Abwickler und früherer Rechtsanwalt nicht einigen - wie im vorliegenden Fall - , so obliege es der Rechtsanwaltskammer gemäß § 53 Abs. 10 S. 4 i.V.m. § 55 Abs. 3 S. 1 BRAO, die angemessene Vergütung festzusetzen. Das sei hier geschehen. Maßgebend für die Festsetzung einer Abwicklervergütung von 2.500, - DM monatlich seien insbesondere der Rechtsanwältin T. erwachsene zeitliche Aufwand sowie die besonderen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Abwicklung gewesen. So habe der Antragsteller eine Zusammenarbeit mit der Abwicklerin rigoros abgelehnt und ihr sogar den Zugang zu den Kanzleiräumen und die Herausgabe der Akten verwehrt.
Was den Einwand angehe, für die Kanzlei des Antragstellers habe an sich ein Vertreter und nicht ein Abwickler bestellt werden müssen, so dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass der Antragsteller sich zum Zeitpunkt der Bestellung von Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin tatsächlich in Vermögensverfall befunden habe, der hierauf gestützte Zulassungswiderruf also berechtigt gewesen sei. Der Widerrufsgrund sei erst nachträglich wieder entfallen, nachdem der Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof den Ausgleich der Verbindlichkeit nachgewiesen habe, die Grundlage für den ursprünglichen Widerruf gewesen sei. Im Übrigen - so die Antragsgegnerin - sei die Bestellung eines amtlichen Vertreters im Hinblick auf die Kosten auch nicht zwangsläufig günstiger als die Bestellung eines Abwicklers.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Ministerium der Justiz hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.
B.
I.
Rechtsanwältin T. , deren Vergütung als Abwicklerin der Vorstand der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid festgesetzt hat, ist durch Beschluss des Senats vom 22.08.2003 analog § 65 VwGO beigeladen worden; es handelt sich um einen Fall der sog. notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO).
1. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Beiladung (§§ 65, 66 VwGO) sind im anwaltsgerichtlichen Verfahren, soweit das Verfahren - wie im vorliegenden Fall - eine verwaltungsrechtliche Auseinandersetzung zum Gegenstand hat, entsprechend anwendbar.
a) Für das anwaltsgerichtliche Verfahren gelten, abgesehen von einigen Sonderregelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung, kraft der Verweisung in den §§ 223 Abs. 4, 40 Abs. 4 BRAO in erster Linie die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Daneben sind, auch ohne eine dem § 173 VwGO vergleichbare Vorschrift, die Bestimmungen der Zivilprozessordnung heranzuziehen; denn der Zivilprozess und die privatrechtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind ihrem Wesen nach gleich, bei den Verfahren nach §§ 37 ff. BRAO handelt es sich um echte Streitverfahren wie nach der ZPO (vgl. BGH BRAK-Mitt. 1994, 178; Feuerich/ Weyland, BRAO, 6. Aufl. 2003, § 40 BRAO, Rdn. 4).
b) Keines der in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Rechtsinstitute wird jedoch der Stellung, wie sie Rechtsanwältin T. als unmittelbar Begünstigte des angefochtenen Bescheides im Verhältnis zu den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens einnimmt, gerecht.
aa) Zwischen Rechtsanwältin T. und der Rechtsanwaltskammer besteht keine Streitgenossenschaft analog §§ 59 ff. ZPO. Die Anträge des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung richten sich vielmehr ausschließlich gegen die Rechtsanwaltskammer, in deren Kompetenz es liegt, die von der Abwicklerin geltend gemachte Vergütung festzusetzen. Insofern bleibt die Abwicklerin, obgleich sie durch die Entscheidung über die Festsetzung ihrer Vergütung unmittelbar berührt wird, Dritte in einem fremden Rechtsstreit; sie wird nicht allein kraft ihres Betroffenseins zur (weiteren) Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens.
bb) Die Stellung der Abwicklerin in der Auseinandersetzung zwischen Rechtsanwalt und Anwaltskammer über die Vergütungsfestsetzung ist eher derjenigen eines Nebenintervenienten (§§ 66 ff. ZPO) vergleichbar. Abwicklerin wie Nebenintervenient sind gleichermaßen als Dritte in ihren rechtlichen Interessen durch einen zwischen anderen Beteiligten geführten Rechtsstreit berührt. Gleichwohl erweist sich auch das Rechtsinstitut der Nebenintervention letztlich als ungeeignet, um die Rechtsstellung der Abwicklerin in dem vorliegenden Verfahren zutreffend zu beschreiben.
Ob ein in seinen rechtlichen Interessen Betroffener einem (Zivil-)Rechtsstreit als Nebenintervenient beitritt, unterliegt ebenso der Parteidisposition wie die Entscheidung darüber, welche der Prozessparteien er gegebenenfalls unterstützt. Diese Freiheit des Dritten hinsichtlich seiner Verfahrensbeteiligung lässt sich indessen nur schwer mit dem Streitgegenstand des anwaltsgerichtlichen Verfahrens, nämlich einer hoheitlichen Maßnahme der mittelbaren (Justiz-) Verwaltung, in Einklang bringen.
Das gilt umso mehr, als der Nebenintervenient gemäß § 67 ZPO berechtigt ist, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. In dem genannten Umfang kann der Nebenintervenient also auch ohne besondere Vollmacht für die Hauptpartei tätig werden. Dass hingegen im anwaltsgerichtlichen Verfahren der Dritte gegebenenfalls für die Rechtsanwaltskammer die Prozessführung wahrnehmen und beeinflussen könnte, widerspräche der gesetzlichen Ausgestaltung des Verfahrensgegenstandes. Denn die Festsetzung der Vergütung gemäß § 55 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 10 S. 5 BRAO erfolgt durch einseitigen gebundenen Verwaltungsakt der Anwaltskammer, der nur, soweit er eine Antragstellung erfordert, der Disposition des Abwicklers unterliegt.
Schließlich bestünde im Rahmen der Vorschriften über die Nebenintervention auch keine Verpflichtung, den zum Beitritt Berechtigten über das Verfahren und dessen Auswirkungen zu unterrichten, so dass die Beteiligung des Dritten davon abhinge, ob er auf anderem Wege (zufälligerweise) von dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung Kenntnis erhielte oder nicht. Diese Praxis würde aber wiederum dem Umstand, dass eine etwaige Aufhebung des Verwaltungsaktes durch dem Anwaltsgerichtshof die Rechtsposition des Dritten, hier der Abwicklerin, unmittelbar und ohne weitere Zwischenschritte schmälern würde, nicht Rechnung tragen.
Im Verwaltungsprozess ist eine Haupt- und Nebenintervention nicht vorgesehen (s. J. Schmidt in Eyermann/ Fröhler, VwGO, 11. Aufl., § 65 Rdn. 4; Koppe/ Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 64 Rdn. 2 a.E.). Das muss dann aber auch gleichermaßen für das anwaltsgerichtliche Verfahren gelten, wenn es - wie im vorliegenden Fall - der Sache nach einen Verwaltungsstreit zum Gegenstand hat.
c) Stattdessen finden die Vorschriften der §§ 65, 66 VwGO über die Beiladung Dritter hier ergänzende Anwendung. In Anbetracht der Rechtsnatur des anwaltsgerichtlichen Verfahrens als echtes Verwaltungsstreitverfahren kommt grundsätzlich der - wenn auch nur subsidiäre - Rückgriff auf die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung in Betracht (s. etwa Kleine-Cosack, BRAO, 4. Aufl., § 40 Rdn. 3; Kopp BRAK-Mitt. 1998, 56, 58; Prütting in Henssler/ Prütting, a.a.O., § 37 Rdn. 11; vgl. auch Keidel/ Kuntze/ Winkler, FGG, 15. Aufl., § 12 Rdn. 234). Im besonderen ermöglicht das in der VwGO geregelte Rechtsinstitut der Beiladung die Einbeziehung Dritter in ein für sie fremdes gerichtliches Verfahren dann, wenn das Verfahren der Überprüfung einer Maßnahme hoheitlicher Gewalt dient und der Dritte durch die Aufhebung oder Bestätigung dieser Maßnahme unmittelbar in seinen eigenen Rechten berührt würde. So verhält es sich im vorliegenden Fall.
2. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 u. 2 VwGO sind in der Person der Rechtsanwältin T. auch erfüllt. Durch den Antrag auf Aufhebung der zu ihren Gunsten festgesetzten Abwicklervergütung wird sie unmittelbar in ihren rechtlichen Interessen berührt, was nicht zuletzt darin seinen Ausdruck findet, dass sie ihrerseits berechtigt gewesen wäre, die Vergütungsfestsetzung durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 223 BRAO anzufechten (s. BGH BRAK-Mitt. 1993, 44, 45). Darüber hinaus kann die Abwicklervergütung, die in erster Linie aus den Einnahmen der Kanzlei und nur subsidiär von der Rechtsanwaltskammer aufzubringen ist, gegenüber dem Kanzleiinhaber und dem Abwickler nur einheitlich festgelegt werden.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu 2. ist zulässig; die weiteren Anträge hat der Senat hingegen aus unterschiedlichen Gründen als unzulässig verworfen.
1. Antrag zu 1. :
Der Antrag festzustellen, dass die Verfügung der Landesjustizverwaltung vom 10.07.2000 über die Bestellung der Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin rechtswidrig (gewesen) sei, entbehrt des Rechtsschutzinteresses. Nach Ablauf des Zeitraums, für den die Beigeladene zur Abwicklerin der Kanzlei des Antragstellers bestellt worden war - d. h. spätestens nach dem 31.03.2001 - , ist der Antragsteller durch den entsprechenden Bescheid vom 10.07.2000 nicht mehr im Sinne des § 223 Abs. 1 S. 3 BRAO in seinen Rechten verletzt. Insofern nimmt der Senat auf die in dem Verfahren 1 AGH 2/02 ergangenen, ablehnenden Prozesskostenhilfebeschlüsse vom 02.05.2002 und 14.03.2003 Bezug. Darüber hinaus bestehen durchgreifende Bedenken, ob die Antragsgegnerin für einen Antrag auf Aufhebung eines von der Landsjustizverwaltung (Präsident des Landgerichts) erlassenen Bescheides überhaupt passivlegitimiert wäre, wenn dieser Bescheid tatsächlich keine fortdauernden Rechtswirkungen (mehr) entfaltet.
2. Antrag zu 2. :
Die Festsetzung der dem Abwickler zustehenden Vergütung unterliegt der Anfechtung, und zwar nicht nur durch den Abwickler selbst, sondern auch durch den Rechtsanwalt, dessen Zulassung entzogen worden ist (allgem. M., etwa AGH Nordrhein-Westfalen BRAK-Mitt. 2002, 37,38; Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 55 Rdn. 33 mw.N.; Kleine-Cosack, a.a.O., § 55 Rdn. 11). Die Beeinträchtigung eigener Rechte des Antragstellers durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.04.2002 - nicht, wie im Antrag angegeben, vom 29.04.2003 - ergibt sich bereits daraus, dass die Abwicklerin berechtigt ist, die festgesetzte Vergütung den Kanzleieinnahmen zu entnehmen, und dass sich damit zugleich etwaige, an den Antragsteller auszukehrende Überschüsse aus der Abwicklertätigkeit vermindern.
3. Antrag zu 3. :
Bei dem Antrag, die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 16.06.2003 - und damit der Vergütungsfestsetzung - festzustellen, handelt es sich der Sache nach um einen Zwischenfeststellungsantrag analog § 256 Abs. 2 ZPO, nicht um ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO; denn das Verfahren hat sich in der Hauptsache, dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides über die Vergütungsfestsetzung, bisher nicht erledigt. Da jedoch § 223 BRAO lediglich die Möglichkeit von Anfechtungs- und Untätigkeitsanträgen vorsieht, sind Feststellungsanträge im anwaltsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig (s. BGH BRAK-Mitt. 2000, 257, 258; 1993, 105, 106; Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 223 Rdn. 19; Prütting in Henssler/ Prütting, a.a.O., § 223 Rdn. 6, jeweils m.w.N.). Unabhängig davon würde dem Antragsteller im vorliegenden Fall aber auch jegliches berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung fehlen. Denn er hat kein über die Aufhebung der Vergütungsfestsetzung hinausgehendes Bedürfnis für die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Rechtsanwaltskammer geltend gemacht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Vergütungsfestsetzung als solche Grundlage für einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin sein könnte.
4. Antrag zu 4. :
Hinsichtlich des Antrags, die Schadensersatzverpflichtung der Antragsgegnerin dem Grunde nach festzustellen, gilt das unter Ziff. 3. Gesagte sinngemäß; auch dieser Antrag ist deshalb unzulässig. Im Übrigen wäre für die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, nicht des Anwaltsgerichtshofs, gegeben (s. § 40 Abs. 2 VwGO sowie BGH BRAK-Mitt. 1993, 105, 106; BVerwG NJW 1973, 1854; Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 223 BRAO, Rdn. 21).
5. Anträge zu 5. (Haupt- und Hilfsantrag) :
Der Hauptantrag, der Antragsgegnerin zu untersagen, Rechtsanwältin T. die Erlaubnis zu geben, über die Geldbeträge des Antragstellers zu verfügen, muss als ein vorbeugender Unterlassungsantrag aufgefasst werden. Ob ein solcher Unterlassungsantrag überhaupt in die Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs fiele und im anwaltsgerichtlichen Verfahren statthaft wäre (vgl. OVG Münster NJW 1995, 3403), lässt der Senat ausdrücklich dahinstehen. Jedenfalls aber setzte der Unterlassungsantrag die Darlegung einer Wiederholungsgefahr oder eines sonstigen Rechtsschutzbedürfnisses voraus (s. Baumbach/ Lauterbach/ Hartmann, ZPO, 62. Aufl., Grundz § 253, Rdn. 54 ff., m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall die Aufhebung der Vergütungsfestsetzung durch den Anwaltsgerichtshof nicht beachten würde, sind aber weder vom Antragsteller dargetan noch sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller mit dem Hilfsantrag schließlich die Feststellung begehrt, dass die Antragsgegnerin zur Zahlung von 13.344,72 EUR (= festgesetzte Vergütung) an ihn - den Antragsteller - verpflichtet sei, verweist der Senat wiederum auf seine Ausführungen unter Ziff. 3. und 4.; ein Feststellungsantrag im anwaltsgerichtlichen Verfahren ist grundsätzlich unzulässig. Darüber hinaus käme als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch allenfalls ein Tatbestand des Schadensersatzrechts in Betracht, für dessen gerichtliche Verfolgung jedoch die Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshof nicht gegeben ist (s. § 40 Abs. 2 VwGO sowie BGH BRAK-Mitt. 1993, 105, 106; BVerwG NJW 1973, 1854; Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 223 BRAO, Rdn. 21).
III.
Der zulässige Antrag zu 2. hat auch in der Sache Erfolg.
Der Vorstand der Antragsgegnerin hat durch Beschluss vom 29.04.2002 zu Unrecht eine - aus den Kanzleieinkünften zu entnehmende - Vergütung für die Abwicklertätigkeit der Beigeladenen festgesetzt. Denn Rechtsanwältin T. hätte nicht zur Abwicklerin, sondern zur amtlichen Vertreterin bestellt werden müssen; für ihre dem Gesetz nicht entsprechende Tätigkeit schuldet der Antragsteller ihr aber kein Entgelt.
1. Nach § 55 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 53 Abs. 10 S. 5 BRAO setzt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, wenn die Beteiligten sich über die Höhe der Vergütung nicht einigen können, auf Antrag des Vertreters oder Abwicklers die Vergütung fest. Das ist hier mit dem Vorstandsbeschluss vom 29.04.2002, dem Antragsteller zugestellt am 18.06.2003, geschehen. Die Festsetzung beruhte auf einem entsprechenden Vergütungsantrag der Rechtsanwältin T. vom 06.02.2001, die in der Zeit vom 10.07.2000 bis 31.03.2001 als Abwicklerin für die Kanzlei des Antragstellers eingesetzt war. Dass der Antragsteller und die Beigeladene keine Einigung über die geschuldete Vergütung erzielen konnten, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und ergibt sich nicht zuletzt auch aus der beigezogenen Akte des Zivilrechtsstreits 6 O 1619/01 Landgericht Dessau.
2. Die Bestellung von Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin der Kanzlei des Antragstellers war jedoch rechtswidrig. Dieser Umstand ist auch im vorliegenden Verfahren, in dem es um die Festsetzung der Vergütung für ihre Tätigkeit geht, zu beachten.
a) Ist die sofortige Vollziehung eines Zulassungswiderrufs angeordnet, so hat die Landesjustizverwaltung bzw. die Rechtsanwaltskammer für den betreffenden Rechtsanwalt im Falle des Bedürfnisses einen Vertreter - und keinen Abwickler - zu bestellen (so ausdrücklich Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 16 Rdn. 38; Jessnitzer/ Blumberg, BRAO, 9. Aufl., § 16 Rdn. 12). Das lässt sich nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 7 i. V. m. § 161 Abs. 1 S. 1 BRAO entnehmen, sondern ergibt sich darüber hinaus auch aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
Die Bestellung eines Vertreters erfolgt für denjenigen Zeitraum, während dessen der Widerruf der Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, weil entweder die einmonatige Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen oder aber, im Falle eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung, noch kein rechtskräftiger anwaltsgerichtlicher Beschluss ergangen ist. In dieser Zwischenphase ist jederzeit noch eine Aufhebung oder Änderung des ausgesprochenen Zulassungswiderrufs - sei es durch die Rechtsanwaltskammer oder durch das mit der Sache befasste Gericht - rechtlich möglich. Der Vorläufigkeit der getroffenen Entscheidung entspricht es, dass die Kanzlei des Rechtsanwalts, dessen Zulassung entzogen worden ist, von dem Vertreter zunächst weitergeführt werden, der Vertreter aber nicht auf eine Liquidation des Praxisbetriebes hinarbeiten soll. Denn eine Abwicklung der Kanzlei würde vorzeitig, noch vor einer rechtsverbindlichen Entscheidung über den Zulassungswiderruf, vollendete Tatsachen schaffen und die Effektivität des Rechtsschutzes für den vom Widerruf betroffenen Rechtsanwalt entscheidend schmälern. Eine solche Folge der Anordnung der sofortigen Vollziehung soll aber durch die Bestellung eines Vertreters gerade vermieden werden.
Die Bestellung eines Abwicklers gemäß § 55 Abs. 5 BRAO kommt erst dann in Betracht, wenn die Rücknahme oder der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bestandskräftig geworden ist. In § 55 Abs. 5 BRAO findet dieser gesetzgeberische Wille seinen Ausdruck in der Formulierung, dass ein Abwickler für die Kanzlei eines "früheren" Rechtsanwalts bestellt werden könne. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung als solche führt aber noch nicht zur Löschung des Rechtsanwalts in der Anwaltsliste (heute allgem. Meinung, s. Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 16 Rdn. 39; Henssler in Henssler/ Prütting, a.a.O., § 16 Rdn. 23; Jessnitzer/ Blumberg, a.a.O., § 16 Rdn. 12).
b) Dass die Beigeladene zunächst von dem Präsidenten des Landgerichts Dessau und später von der Antragsgegnerin fälschlicherweise zur Abwicklerin berufen worden ist, lässt die rechtliche Grundlage für die jetzige Festsetzung der Abwicklervergütung unmittelbar entfallen.
Einer vorhergehenden Anfechtung des Bestellungsaktes durch den Antragsteller bedurfte es nicht. Das gilt für den vorliegenden Fall schon deshalb, weil dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt ein rechtsmittelfähiger Bescheid über die Abwicklerbestellung zugestellt worden ist und der Zeitraum, für den die Beigeladene zur Abwicklerin berufen worden war, inzwischen geendet hat. Unter diesen Umständen steht einer inzidenter vorgenommenen Rechtmäßigkeitsprüfung nicht der Einwand der Bestandskraft der Bestellung entgegen. Gleichwohl eine gesonderte Anfechtung des Bestellungsaktes zu verlangen, würde nur eine überflüssige Förmlichkeit bedeuten (vgl. auch bereits die Ausführungen zur Zulässigkeit des Antrags zu 1., oben unter Ziff. II.1.).
Die Zustellung eines rechtsmittelfähigen Bescheides über die Abwicklerbestellung wird hier auch nicht durch die Mitteilung des Landgerichtspräsidenten am Schluss seines Widerrufsbescheides vom 10.07.2000 ersetzt, dass er die Beigeladene zur Kanzleiabwicklerin "bestellt habe". Denn der dem Antragsteller zugestellte Widerrufsbescheid verfolgte, wie vor allem dessen Tenor belegt, ein ganz anderes Regelungsziel als die Abwicklerbestellung, nämlich die Entziehung der Anwaltszulassung und die gleichzeitige Anordnung der sofortigen Vollziehung. Hingegen sollte der Antragsteller über die - anderweitig erfolgte - Berufung der Abwicklerin lediglich informatorisch in Kenntnis gesetzt werden. Dem Widerrufsbescheid ließ sich nicht entnehmen, dass mit dieser bloßen Mitteilung die Abwicklerbestellung etwa auch gegenüber dem Antragsteller Rechtsverbindlichkeit erlangen sollte und er insofern Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen musste, um die einmonatige Frist des § 223 Abs. 1 S. 2 BRAO zu wahren. Daher fehlt es im Verhältnis zum Antragsteller bis zum heutigen Tage an einer unanfechtbaren Entscheidung über die Bestellung der Beigeladenen zur Abwicklerin.
3. Die Rechtmäßigkeit der Vergütungsfestsetzung kann auch nicht losgelöst von der Frage beurteilt werden, ob Rechtsanwältin T. im konkreten Fall zur Abwicklerin oder aber zur amtlichen Vertreterin für den Antragsteller hätte bestellt werden müssen. Zwar verweisen sowohl § 55 Abs. 3 BRAO für den Abwickler als auch § § 16 Abs. 7, 161 Abs. 2 BRAO für den Vertreter auf dieselbe Vergütungsregelung in § 53 Abs. 10 S. 4 u. 5 BRAO. Diese gesetzestechnische Ausgestaltung ändert jedoch nichts daran, dass die Vergütungen jeweils für Tätigkeiten mit völlig unterschiedlicher Zielsetzung geschuldet werden.
a) Dem Abwickler obliegt es nach § 55 Abs. 2 S. 1 u. 3 BRAO, die schwebenden Angelegenheiten der Kanzlei abzuwickeln, und er gilt für diese schwebenden Angelegenheiten grundsätzlich als von der Partei bevollmächtigt. Die Annahme neuer Aufträge durch ihn ist, dem Zweck der Abwicklung entsprechend, auf den Zeitraum der ersten sechs Monate beschränkt (s. § 55 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. BRAO). Hingegen stehen dem amtlich bestellten Vertreter gemäß § 53 Abs. 7 u. 9 BRAO sämtliche anwaltlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den er vertritt, was auch die uneingeschränkte Aquisition neuer Mandate umfasst (vgl. Feuerich/ Weyland, a.a.O., § 53 Rdn. 28). Durch die festzusetzende Vergütung wird insofern, über die Bearbeitung der jeweiligen konkreten Mandate hinaus, die Erledigung unterschiedlicher, geradezu gegensätzlicher Aufgaben abgegolten, nämlich im Falle der Abwicklervergütung die Beendigung des Kanzleibetriebes (oder dessen kurzfristige Veräußerung), im Falle der Vertretervergütung die Aufrechterhaltung und Fortführung der Anwaltspraxis.
b) Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er sich gegen den Widerruf seiner Anwaltszulassung gewandt hat (Az.: 1 AGH 6/00), hat der Antragsteller zugleich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er weiterhin als Anwalt tätig sein und seine Kanzlei fortführen wolle. Angesichts dieser eindeutigen Willensbekundung erscheint es aber weder gerechtfertigt noch zumutbar, ihm nunmehr die Vergütung dafür aufzuerlegen, dass noch während des laufenden Verfahrens ein anderer Rechtsanwalt im Auftrage der Landesjustizverwaltung bzw. der Antragsgegnerin die Anwaltskanzlei bereits liquidiert hat.
c) Die Beigeladene hat allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass sie ihre Tätigkeit für die Kanzlei des Antragstellers nicht als Abwicklertätigkeit aufgefasst habe. Vielmehr sei sie - so Rechtsanwältin T. - davon ausgegangen, dass sie die Geschäfte der Kanzlei fortführe, bis der Antragsteller seine Anwaltszulassung zurückerhalten hätte oder seine (angebliche) Sozia, die die Umzulassung in den Landgerichtsbezirk Dessau habe herbeiführen sollen, als Abwicklerin eingesetzt worden wäre.
Doch sind diese - letztlich nicht eindeutig nachprüfbaren - subjektiven Vorstellungen der Abwicklerin für die Rechtmäßigkeit der Vergütungsfestsetzung ohne Belang. Maßgebend ist der förmliche Bestellungsakt und die in ihm zum Ausdruck kommende Zielsetzung, die der eingesetzte Verwalter seiner Tätigkeit zugrunde zu legen hat. Im Zweifel will der Abwickler - nur - die ihm gestellte Aufgabe, d.h. die Abwicklung der laufenden Angelegenheiten (s. § 55 Abs. 2 S. 1 BRAO), erfüllen. Diese Annahme gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die bisherige Kanzlei des Antragstellers in Zscherndorf während der Tätigkeit der Beigeladenen auch unstreitig aufgelöst worden ist.
d) Ebensowenig lässt sich die Festsetzung der Abwicklervergütung durch den Hinweis der Antragsgegnerin rechtfertigen, dass sich der Antragsteller im Zeitpunkt der Bestellung der Rechtsanwältin T. zur Abwicklerin tatsächlich in Vermögensverfall befunden habe und dieser Widerrufsgrund erst nachträglich im Beschwerdeverfahren, infolge Tilgung der zugrundeliegenden Forderung, entfallen sei. Die Fortführung der Kanzlei durch einen amtlich bestellten Vertreter soll gewährleisten, dass nicht zu Lasten des betroffenen Rechtsanwalts bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden, noch bevor eine abschließende Entscheidung über den Widerruf seiner Zulassung ergangen ist (s. oben unter B. III. 2. a)). Dieser Zweck der Vertreterbestellung behält aber unabhängig davon Gültigkeit, welchen Ausgang das gerichtliche Verfahren letztlich nimmt und aus welchem Grund der ursprünglich erlassene Widerrufsbescheid gegebenenfalls wieder aufgehoben wird.
4. Der dem Antragsteller zugestellte Bescheid vom 16.06.2003, und damit auch das korrespondierende Schreiben an die Beigeladene vom 02.05.2002 und der Vorstandsbeschluss der Antragsgegnerin vom 29.04.2002, sind infolgedessen aufzuheben. Weder ist Rechtsanwältin T. berechtigt, die ihr zustehende Vergütung aus den Kanzleieinkünften des Antragstellers zu entnehmen, noch kann der Antragsteller anderweitig zur Vergütung der Tätigkeit der Abwicklerin herangezogen werden. Vielmehr wird die Beigeladene, wie der Senat bereits unter Ziff. II. seines Beschlusses vom 22.08.2003 erwogen hat, wegen einer Abgeltung der von ihr auftragsgemäß ausgeführten Tätigkeit die Landesjustizverwaltung und/ oder die Rechtsanwaltskammer in Anspruch müssen.
C.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 201 Abs. 2 BRAO, § 13 a Abs. 1 FGG. Der Senat hat die Gerichtskosten insgesamt der Antragsgegnerin auferlegt, weil der Antragsteller mit seinem Hauptanliegen, nämlich keine Vergütung an die rechtswidrig bestellte Abwicklerin zahlen zu müssen, Erfolg hat. Demgegenüber sollte den Anträgen zu 1., zu 3., zu 4. und zu 5., die als unzulässig zu behandeln sind, erkennbar lediglich eine Hilfsfunktion zukommen.
Die Festsetzung des Geschäftswertes richtet sich nach § 202 Abs. 2 BRAO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
IV.
Die sofortige Beschwerde an den Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs wird gemäß § 223 Abs. 3 BRAO zugelassen.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 223 Abs. 3 BRAO besitzt einerseits die Einbeziehung eines Dritten in ein anwaltsgerichtliches Verfahren, das zwischen anderen Beteiligten geführt wird, zugleich aber auch die rechtlichen Interessen des Dritten berührt. Darüber hinaus steht bisher noch eine höchstrichterliche Klärung der Frage aus, inwiefern im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung der Vergütungsfestsetzung gemäß §§ 55 Abs. 3, 53 Abs. 10 S. 5 BRAO auch Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Vertreter- bzw. Abwicklerbestellung erhoben werden können.
Ende der Entscheidung
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