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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: 1 Ss (Bz) 131/03
Rechtsgebiete: StPO, OWiG
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 2 | |
OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 9 | |
OWiG § 51 Abs. 1 S. 2 | |
OWiG § 79 Abs. 3 S. 1 | |
OWiG § 79 Abs. 6 |
2. Wird der Bußgeldbescheid als Computerausdruck zugestellt, ist für die Wirksamkeit dieser Zustellung kein Hinweis darauf, dass der zugestellte Ausdruck automatisch erstellt und ohne Unterschrift gültig ist, erforderlich (ebenso Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 51 Rdn. 5 a; KK-OWiG, 2. Aufl., § 51 Rdn. 19).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
1 Ss (Bz) 131/03 OLG Naumburg
In der Bußgeldsache
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Naumburg am 27. Mai 2003 durch die Richterin am Oberlandesgericht Henze-von Staden, den Richter am Oberlandesgericht Sternberg und die Richterin am Oberlandesgericht Marx-Leitenberger
beschlossen:
Tenor:
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird deren Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Naumburg vom 21. Januar 2003 zugelassen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Naumburg vom 21. Januar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die bisher zuständige Abteilung des Amtsgerichts Naumburg zurückverwiesen.
Gründe:
Die Zentrale Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt Magdeburg hatte gegen die Betroffene wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 100,00 DM verhängt.
Auf den dagegen gerichteten Einspruch der Betroffenen hat das Amtsgericht das Verfahren eingestellt mit der Begründung, es sei Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 "Ziff. 8" - richtig: Ziff. 9 - OWiG eingetreten, weil der Bußgeldbescheid nicht wirksam zugestellt worden sei. Der durch die Betroffene in der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts im Original vorgelegte Bescheid, von dem sich eine Ablichtung bei den Akten befindet, enthält weder einen Ausfertigungsvermerk mit Unterschrift noch einen Hinweis darauf, dass es sich um einen automatischen Ausdruck handelt. Das Amtsgericht vertritt die Auffassung, dass ein mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellter Bußgeldbescheid nur dann wirksam zugestellt werden - und damit den Eintritt der Verfolgungsverjährung bewirken - kann, wenn darauf hingewiesen wird, dass der zugestellte Ausdruck automatisch erstellt und daher ohne Unterschrift gültig ist.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das amtsgerichtliche Urteil ist zulässig und hat Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils ist zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Die Entscheidung der Rechtsfrage, ob ein mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellter Bußgeldbescheid nur dann gemäß § 51 Abs. 1 S. 2 OWiG wirksam zugestellt und damit die Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG zu unterbrechen geeignet ist, wenn er den Hinweis auf die automatische Erstellung und Gültigkeit auch ohne Unterschrift enthält, ist hier entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und durch Aufstellung einer abstrakt-generellen Regelung von praktischer Bedeutung. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat über die Rechtsfrage in anderer Sache (Senatsbeschluss vom 11. März 2003 - 1 Ss (B) 34/03 -) bereits entschieden hat. In jener Sache hatte das Amtsgericht Zeitz bei identischer Sachlage zur Frage der Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG den anderweitig Betroffenen wegen der ihm zur Last gelegten Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt. Der Senat hatte die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO einstimmig als unbegründet verworfen. Der Senat sieht sich in der hier zu entscheidenden Sache veranlasst, diese Rechtsprechung zu festigen und hierzu grundsätzlich näheres auszuführen.
Die demgemäß zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, ist begründet. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die der Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit nicht verjährt.
Die Verjährung der der Betroffenen zur Last gelegten Tat vom 10. Oktober 2001 wurde hier durch Erlass des Bußgeldbescheides am 04. Dezember 2001, welcher der Betroffenen ausweislich der in den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 06. Dezember 2001 zugestellt wurde, unterbrochen, § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG. Die dem Bußgeldbescheid zugrundeliegende Verfügung vom 04. Dezember 2001 entspricht den inhaltlichen Anforderungen eines Bußgeldbescheides (§ 66 Abs. 1 OWiG). Hiervon enthält der in Ablichtung bei den Akten befindliche Bußgeldbescheid, welcher der Betroffenen zugestellt wurde, keine Abweichungen. Bei diesem Bußgeldbescheid handelt es sich um ein mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstelltes Schriftstück, wobei das so hergestellte Schriftstück zugestellt wird (§ 51 Abs. 1 S. 2 OWiG). Ein solcher Bescheid ist wirksam (OLG Frankfurt VRS 50, 214; OLG Stuttgart VRS 63, 370). Wird - wie hier - der Bußgeldbescheid als Computerausdruck zugestellt, ist für die Wirksamkeit dieser Zustellung kein Hinweis darauf, dass der zugestellte Ausdruck automatisch erstellt und ohne Unterschrift gültig ist, erforderlich (ebenso Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 51 Rdn. 5 a; KK-OWiG, 2. Aufl., § 51 Rdn. 19). Sinn und Zweck des § 51 Abs. 1 S. 2 OWiG ist es, unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 10/5083, S. 21). Durch die Änderung der Verjährungsunterbrechung in § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG - Unterbrechung der Verjährung nur noch, wenn der Bußgeldbescheid binnen 2 Wochen zugestellt wird - sollte das Verfahren der Verwaltungsbehörde beschleunigt werden (Katholnigg, NJW 1998, 568, 569). Dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften würde es nicht entsprechen, wenn von der Verwaltungsbehörde zu fordern wäre, dass auf dem Bußgeldbescheid ein Hinweis auf die Herstellung im automatisierten Verfahren und Gültigkeit des Bescheides ohne Unterschrift enthalten sein müsse. Auch ohne solchen Hinweis ist für den Empfänger aufgrund der Angaben in dem Computerausdruck erkennbar, dass ihm damit ein gültiger Bußgeldbescheid wirksam zugestellt wird.
Die weiteren, vom Senat von Amts wegen zu prüfenden Unterbrechungstatbestände bedürfen hier keiner weiteren Erörterung.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf dem sachlich-rechtlichen Fehler beruht. Zugleich ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die Sache einer anderen als der bisher zuständigen Abteilung des Amtsgerichts zu übertragen, § 79 Abs. 6 OWiG, besteht kein Anlass.
Ende der Entscheidung
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