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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 18.07.2006
Aktenzeichen: 1 U 29/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2
1. Hat ein Patient in einem Arzthaftungsprozess seine Klage in erster Instanz zunächst pauschal u.a. auf den Vorwurf unzureichender Eingriffsaufklärung gestützt und den Vorwurf im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens fallen gelassen, so kann er diesen Klagegrund in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO wieder aufgreifen. An die Annahme des Fallen-lassens von Parteivortrag sind hohe Anforderungen zu stellen (hier bejaht).

2. Das Tatgericht ist nicht gehalten, von Amts wegen auch die Krankenunterlagen des Patienten bei allen nachbehandelnden Ärzten beizuziehen, wenn sich aus dem gesamten Prozess-Stoff keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass hierin entscheidungserhebliche Informationen zu finden sein könnten.

3. Zum (fehlgeschlagenen) Nachweis der Verletzung des Nervus ilioinguinalis im Rahmen einer Operation zur Revision einer Narbe im Bauchraum.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 29/05 OLG Naumburg

Verkündet am 18. Juli 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink, den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und die Richterin am Amtsgericht Meier auf die mündliche Verhandlung

vom 19. Juni 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 9. Mai 2006 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern ein angemessenes Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 50.000,00 EUR (Antrag zu Ziffer 1)), den Ersatz materieller Schäden (Haushaltsführung, Pflegebedarf, vermehrte Bedürfnisse und Verdienstausfall) für die Vergangenheit als Kapitalbetrag (Antrag zu Ziffer 2)) und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2003 als monatliche Geldrente (Antrag zu Ziffer 3)) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden (Antrag zu Ziffer 4)). Sie stützt ihre Klageforderungen auf einen Anspruch auf Schadenersatz wegen einer angeblich fehlerhaft und rechtswidrig durchgeführten Narbenrevision am 15. April 1999 durch den Beklagten zu 3) als Operateur im Krankenhaus der Beklagten zu 1) in der Chirurgischen Abteilung, deren Chefarzt der Beklagte zu 2) ist.

Die zum Operationszeitpunkt 48-jährige Klägerin hatte seit 1967 vier größere Eingriffe im abdominalen Bereich vornehmen lassen müssen, und zwar eine Entfernung des Blinddarms 1967, eine Unterleibsoperation 1976, eine Nierenoperation links wegen eines Tumors 1987 und eine gynäkologische Totaloperation (Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter) wegen eines Tumors im Jahre 1993. Im Jahre 1993 war bereits ein Subileuszustand aufgetreten, d.h. eine langsam zunehmende Darmverschluss-Symptomatik. Im März 1999 stellte sie sich ihrem Hausarzt mit "extremen" Schmerzen im Bauchraum vor; dieser überwies sie zur Durchführung einer Narbenrevision in das Krankenhaus der Beklagten zu 1). Die Klägerin befand sich vom 13. April bis zum 20. April 1999 in stationärer Behandlung; am 15. April 1999 führte der Beklagte zu 3) unter der Diagnose eines Narbenbruchs eine Narbenrevision durch. Ausweislich der Krankenunterlagen trat nach der Operation zunächst eine Besserung ein, d.h. ein schmerzfreier Zustand. Die Klägerin war nach den Aufzeichnungen der Ärzte und Pflegekräfte u.a. in der Lage, aufzustehen und selbständig umherzulaufen. Unter dem 26. April 1999 vermerkte der Hausarzt der Klägerin erstmals Sensibilitätsstörungen, aber noch keine Schmerzsymptomatik. Die Klägerin hat die Richtigkeit dieser Aufzeichnungen bestritten und dagegen behauptet, sie habe sofort nach der Operation Schmerzen verspürt.

Die Klägerin hatte in ihrer Klageschrift zunächst eine unzureichende und vor allem verspätete Risikoaufklärung vor dem Eingriff gerügt. Hierauf hatten die Beklagten erwidert und den Verlauf und Inhalt der Aufklärungsgespräche im Einzelnen geschildert und unter Beweis gestellt durch Vorlage der perimed (r) - Aufklärungsbögen "Zur Anästhesie Erwachsener und Jugendlicher" (Stand: 05/96 - vgl. Anlage B 3, GA Bd. I Bl. 68-73) und "Operation eines Narbenbruchs nach Bauchoperation" (Stand: 04/92 - vgl. Anlage B 5, GA Bd. I Bl. 75-78) jeweils mit handschriftlichen Eintragungen und der Unterschrift der Klägerin sowie durch Zeugnis desjenigen Arztes, der das in den chirurgischen Bereich fallende Aufklärungsgespräch geführt haben soll. Die Kammer hatte mit Beschluss vom 6. April 2004 (vgl. GA Bd. I Bl. 102) darauf hingewiesen, dass sie nach dem bisherigen Sach- und Streitstand von einer hinreichenden Risikoaufklärung ausgehe. Schließlich hatte der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 17. August 2004, dort S. 7 (vgl. GA Bd. I Bl. 131), das dokumentierte chirurgische Aufklärungsgespräch als ausführlich und ausreichend bewertet. Sowohl in ihrer Stellungnahme zum vorgenannten Gutachten mit Schriftsatz vom 28. September 2004 als auch in dem späteren Schriftsatz vom 21. Januar 2005, in dem die Klägerin erläutert, aus welchen Gründen sie die Klage trotz deutlicher Hinweise der Kammer auf deren mangelnde Erfolgsaussicht nicht zurücknehme, findet sich keine Bezugnahme bzw. Ergänzung des Vorbringens zu einem Aufklärungsversäumnis. Die Kammer hat dieses Verhalten der Klägerin als ein Fallen-lassen des Vorbringens zum Aufklärungsversäumnis bewertet (vgl. Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, UA S. 3 f.).

Die Klägerin hat im Kern behauptet, dass während der Operation des Beklagten zu 3) am 15. April 1999 der Nervus ilioinguinalis, also ein hinter der Niere schräg vor der Lendenwirbelsäule und schließlich durch den Leistenkanal verlaufender Nerv, entweder verletzt oder mit eingenäht worden sei. Zur Stützung ihrer Behauptung, die im Widerspruch zur ärztlichen Dokumentation des Eingriffs steht (vgl. OP-Bericht vom 20. April 1999, Anlage B 1, GA Bd. I Bl. 66; Arztbrief der Beklagten zu 2) und zu 3) vom 23. April 1999 an den einweisenden Hausarzt der Klägerin, Anlage K 1, Anlagenband), hat sie eine Reihe von Hilfstatsachen behauptet.

Die Beklagten haben einen Behandlungsfehler bestritten und im Einzelnen zu den vermeintlichen Auffälligkeiten und sonstigen von der Klägerin angeführten Hilfstatsachen Stellung genommen. Sie haben zudem substantiiert eine Kausalität zwischen einer Läsion des vorgenannten Nervs und den geklagten Beschwerden bestritten und auf die Möglichkeit der Nervbeeinträchtigung durch biologische Reparationsprozesse, auf psychische und vor allem neurologische Fremdursachen, letztere im Zusammenhang mit Bandscheibenvorfällen im Bereich L3 bis L5 und L5 / S1 im April 1999, verwiesen.

Die Kammer hat neben der Verwertung des Gutachtens des Chirurgen Prof. Dr. med. Sch. , Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums L. (künftig: vorgerichtlicher Sachverständiger), vom 22. April 2003 im Auftrag der Schlichtungsstelle (vgl. Anlage K 11, Anlagenband) und der Empfehlung der Schlichtungsstelle vom 8. August 2003 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 24 bis 26) im Wege des Urkundsbeweises ein schriftliches Gutachten des Dr. med. C. R. , Chefarzt der Städtisches Krankenhaus H. gGmbH (künftig: gerichtlicher Sachverständiger) vom 17. August 2004 (GA Bd. I Bl. 125 bis 137) und zur Abklärung der Einwendungen der Klägerin ein ergänzendes schriftliches Gutachten vom 1. Dezember 2004 (GA Bd. I Bl. 152 bis 154) eingeholt sowie den gerichtlichen Sachverständigen im Termin der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2005 angehört (vgl. Sitzungsprotokoll, GA Bd. I Bl. 177 bis 180).

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat im Ergebnis seiner Beweisaufnahme die Klage abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten schon dem Grunde nach nicht bestehe, weil ein Behandlungsfehler nicht erwiesen sei. Es hätten sich nicht einmal Anhaltspunkte für eine fahrlässige Verletzung des fachärztlichen Standards ergeben. Hilfsweise hat die Kammer ihre Klageabweisung auf den ebenfalls nicht geführten Nachweis der Ursächlichkeit des behaupteten Behandlungsfehlers für die behaupteten körperlichen Beschwerden und Folgebehandlungen gestützt.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. April 2005 zugestellte Urteil mit einem am 11. Mai 2005 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihr bis zum 13. Oktober 2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet. Sie hat ihre Berufungsbegründung mit Schriftsätzen vom 21. November 2005, vom 17. Dezember 2005 und vom 16. Januar 2006 ergänzt.

Die Klägerin macht nunmehr erneut eine inhaltlich unzureichende Risikoaufklärung vor dem Eingriff vom 15. April 1999 geltend. Hierzu behauptet sie erstmals, dass sie nicht über die Möglichkeit einer Nervverletzung aufgeklärt worden sei und dass sie die beiden Aufklärungsbögen jeweils "blind" unterschrieben habe. Sie behauptet weiter, dass die handschriftlichen Ergänzungen auf beiden Bögen nachträglich, d.h. nach ihrer Unterschriftsleistung, vorgenommen worden seien und bietet hierfür - ebenfalls erstmals im Verlaufe des Rechtsstreits - das Zeugnis ihres Ehemannes als Beweismittel an. Im Hinblick auf die Rüge der verspäteten Eingriffsaufklärung meint sie, dass eine Beweisaufnahme über die näheren Umstände der Verlegung des Operationstermins von einem früheren Zeitpunkt auf den 15. April 1999 notwendig sei.

Im Übrigen greift die Klägerin die Beweisaufnahme als unvollständig an und vertritt die Auffassung, dass die von ihr vorgetragenen Hilfstatsachen Anhaltspunkte für ein anderes Beweisergebnis enthalten.

Sie meint vor allem, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft versäumt habe, von Amts wegen die Krankenunterlagen aller nachbehandelnden Ärzte der Klägerin beizuziehen und eine Medikamentenliste der Klägerin anzufordern. Hieraus ergäben sich u.a. Hinweise auf einen größeren Umfang der Narbenrevision, als vom gerichtlichen Gutachter zugrunde gelegt. Sie meint weiter, dass das Landgericht angebliche Widersprüche zwischen dem OP-Bericht vom 15. April 1999 und dem OP-Bericht der nachfolgenden Narbenrevision vom 25. Mai 1999 sowie des pathologischen Befundes des dabei entfernten Gewebes nicht hinreichend geklärt habe.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Einsetzen der Schmerzsymptomatik im Bauchraum und der Operation vom 15. April 1999 sowie die spätere Indikation einer operativen Neurolyse und Nervkürzung einen ersten Anschein für einen Behandlungsfehler erzeugten. Jedenfalls habe das erstinstanzliche Gericht ihr Beweiserleichterungen zu Unrecht verwehrt im Hinblick auf angebliche Dokumentationsmängel, vor allem zum Umfang des Operationsschnitts im Bauchraum und zur Menge des entfernten Gewebematerials, zur Lage des Nervus ilioinguinalis und zur behaupteten Kürzung dieses Nervs während der Operation.

Nachdem die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war und gegen sie am vorgenannten Sitzungstag auf Antrag der Beklagten ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil ergangen ist, hat die Klägerin am 18. Mai 2006 Einspruch eingelegt. Mit ihrem Schriftsatz vom 15. Juni 2006 hat sie ein Privatgutachten des Dr. med. A. S. , Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, vom 8. Juni 2006 vorgelegt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (vgl. GA Bd. III Bl. 67 ff.).

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des am 9. Mai 2006 verkündeten Versäumnisurteils des Senats und unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2003 zu zahlen;

2. der Klägerin 83.368,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2003 zu zahlen;

3. der Klägerin bis zu ihrem Tode eine monatliche Rente in Höhe von 1.449,91 EUR, zahlbar vierteljährlich im Voraus, beginnend ab dem 1. Dezember 2003, zu zahlen sowie

4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin künftig noch entstehende immaterielle Schäden, soweit diese vom Klageantrag zu Ziffer 1) nicht erfasst sind, sowie alle künftig noch entstehenden materiellen Schäden aus der Behandlung der Klägerin in der Zeit vom 13. bis zum 20. April 1999 im Städtischen Klinikum M. , Klinik für Chirurgie und Gefäßchirurgie, B. allee 34, M. , zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Träger der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagten beantragen,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Sie verteidigen im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und weisen die neuen Angriffsmittel der Klägerin, insbesondere das neue und z.T. wieder aufgegriffene Vorbringen zur Eingriffsaufklärung sowie die Beweisanträge zur Beiziehung von Krankenunterlagen der Klägerin bei nachbehandelnden Ärzten, als verspätet zurück.

Der Senat hat am 19. Juni 2006 mündlich über den Einspruch verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom 19. Juni 2006 (vgl. GA Bd. II Bl. 61 f.) Bezug genommen. Der Kläger ist Schriftsatznachlass im Hinblick auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Sitzung gewährt worden. Die Klägerin hat mit einem am 26. Juni 2006 eingegangenen, offensichtlich falsch datierten Schriftsatz ergänzend Stellung genommen.

Die Klägerin vertritt darin die Auffassung, dass die Eingriffsaufklärung schon deshalb fehlerhaft gewesen sei, weil sie von einer Indikation der Operation wegen Narbenbruchs ausgegangen sei, obwohl sich tatsächlich - nach der Operation - herausgestellt habe, dass gar kein Narbenbruch vorlag. Der Hinweis des erstinstanzlichen Gerichts zur Unschlüssigkeit der Aufklärungsrüge sei mithin von falschen Tatsachen ausgegangen und daher unbeachtlich. Weiter sei das erstinstanzliche Gericht unzutreffend davon ausgegangen, dass die Krankenunterlagen der Klägerin über die diversen Nachbehandlungen ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit seien. Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen zu vermeintlichen Widersprüchen in den Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und verweist auf angeblich fehlerhafte Bewertungen zur Indikation des Eingriffs und zur Bewertung der Dokumentation des Eingriffs, weiter darauf, dass der gerichtliche Sachverständige das Unterlassen der Entnahme eines Präparats zur pathologischen Untersuchung nicht als Behandlungsfehler erkannt habe. Der gerichtliche Sachverständige habe darüber hinaus versäumt, Fachliteratur und empirische Untersuchungen in seine Begutachtung einzubeziehen. Schließlich verweist die Klägerin erneut auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Operation und Schmerzen und meint, dass sich hieraus ein erster Anschein für eine Nervläsion durch den Eingriff ergebe.

II.

Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Senats ist zulässig; insbesondere wurde er form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Das Berufungsverfahren wird in den Stand vor Säumnis der Klägerin zurückversetzt. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat verfahrensfehlerfrei und in der Sache zutreffend darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagten schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Schadenersatz - gleich welcher Anspruchsgrundlage - besitzt. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Berufung vermögen eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin in erster Instanz ihre Behauptung fallen gelassen hat, dass sie nicht bzw. nicht rechtzeitig über die Risiken des Eingriffs vom 15. April 1999 aufgeklärt worden sei. Hierüber war erstinstanzlich nicht zu befinden.

Allerdings sind an die Annahme der prozessualen Überholung des Klagevorbringens hohe Anforderungen zu stellen: Grundsätzlich ist ein Klagegrund auch dann zu bescheiden, wenn er nur in der Klageschrift vorgebracht und nicht mehr in nachfolgenden Schriftsätzen bekräftigt oder ergänzt wird. Anders liegt der Fall jedoch hier. Der Vorwurf der unzureichenden Aufklärung der Klägerin war in der Klageschrift pauschal erhoben worden. Ein fiktiver Entscheidungskonflikt der Klägerin im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung war nicht dargelegt worden. Die Rüge der unzureichenden Eingriffsaufklärung war gegenüber dem Anspruchsschreiben der Klägerin im vorangegangenen Schlichtungsverfahren neu (vgl. Schriftsatz vom 7. Mai 2002, Anlage K 9, Anlagenband) und beruhte augenscheinlich auf den späteren - möglicherweise ungenaueren - Erinnerungen der Klägerin. Der Senat kann offen lassen, ob es unter Berücksichtigung dieser Umstände schon vertretbar gewesen wäre, von einer prozessualen Überholung auszugehen, nachdem die Beklagten substantiiert zum Aufklärungsverlauf und -inhalt vorgetragen und die Klägerin hierauf nicht repliziert hat. Jedenfalls nach dem deutlichen Hinweis der Kammer auf die Unschlüssigkeit dieses Vorbringens, dem dringenden Anraten der Kammer zur Klagerücknahme und der ausdrücklichen Erklärung der Klägerin, dass und aus welchen Gründen sie die Klage weiter aufrecht erhält, durfte die Kammer den nicht weiter aufgegriffenen Vortrag zum Aufklärungsversäumnis als überholt ansehen. Denn die Klägerin hat nach dem gerichtlichen Hinweis das angebliche Aufklärungsversäumnis mit keinem Wort mehr angesprochen, weder im Hinblick auf eine Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Hinweises noch durch Bekräftigung oder Ergänzung ihres Vorbringens.

Darauf, ob der gerichtliche Hinweis zu Recht erging oder nicht, kommt es danach nicht an, denn die Klägerin hätte auf diesen Hinweis in irgendeiner Form reagieren müssen, um die von der Kammer getroffene Bewertung ihres Prozessverhaltens zu vermeiden. Nur hilfsweise ist anzumerken, dass der Hinweis - entgegen der Auffassung der Klägerin - inhaltlich zutreffend war. Die Klägerin hatte ungenügend vorgetragen, sie hatte die substantiierte Darstellung der Beklagten nicht bestritten, der gerichtliche Sachverständige hatte die Aufklärung, wenn sie denn so, wie dokumentiert, vorgenommen worden war, als standardgerecht bewertet. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Aufklärung auf der Grundlage der Annahme einer Indikation eines Eingriffs erfolgte. Allein der Verdacht auf Narbenbruch, der auf den klinischen Symptomen bei der Klägerin beruhte, begründete die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs, unabhängig davon, ob sich der Verdacht in der Operation bestätigt oder nicht. Insoweit ist immer auf die Erkenntnislage des Arztes im Zeitpunkt der Entscheidung zur Operation abzustellen und nicht auf eine rückschaueende Betrachtung der medizinischen Behandlung.

Schließlich ist im Hinblick auf die erstinstanzliche Bewertung des Prozessverhaltens der Klägerin darauf zu verweisen, dass die Klägerin eine Berichtigung des Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils nicht beantragt hat, obwohl der Tatbestand ausdrücklich das Fallen-lassen dieses Vorbringens als unstreitiges Prozessgeschehen schildert.

Das Wiederaufgreifen der Rüge von Aufklärungsversäumnissen in zweiter Instanz stellt sich danach als neues Angriffsmittel dar; für die Benennung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen für einzelne Beweisbehauptungen gilt dies ohnehin. Dieses Angriffsmittel konnte nicht zugelassen werden, denn ein Zulassungsgrund i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Die Feststellung der Kammer, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler der Beklagten nicht nachgewiesen habe, ist weder in verfahrensrechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.

2.1. Die Beweiswürdigung der Kammer lässt keinen Rechtsfehler erkennen, insbesondere hat die Kammer alle gebotenen Maßnahmen zur Sachaufklärung ergriffen.

a) Allerdings führt die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz zu Recht an, dass es die Kammer versäumt habe, den gerichtlichen Sachverständigen zur Angabe von Belegstellen für die von ihm vertretenen medizinischen Ansichten in der Literatur, insbesondere ggf. zu Hinweisen auf empirische Studien anzuhalten, z. Bsp. im Hinblick auf die Häufigkeit von Verletzungen des Nervus ilioinguinalis bei Pfannenstielschnitten. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sich dieses Versäumnis im konkreten Fall auf die Entscheidungsfindung ausgewirkt hat. Denn selbst eine Bezifferung der als "eher selten" vorkommend bewerteten Verletzungen und deren Nachweis durch empirische Studien, also eine - wie auch immer graduierte - statistische Wahrscheinlichkeit solcher Nervverletzungen hätte gerade keinen Schluss auf eine Verletzung des Nervus ilioinguinalis im konkreten Fall zugelassen. Ergänzend, aber keineswegs entscheidungserheblich ist darauf zu verweisen, dass es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Gutachten inhaltlich von medizinischem Fachwissen abweicht oder ungenau ist. Auch der Privatgutachter der Klägerin hat sich bei seiner Bewertung ausschließlich auf seine eigene chirurgische Erfahrung gestützt (vgl. GA Bd. III Bl. 76) und nicht etwa Widersprüche der Angaben des gerichtlichen Sachverständigen zur medizinischen Fachliteratur ausgewiesen.

b) Im Übrigen ist jedoch festzuhalten, dass die Kammer allen Einwendungen der Klägerin in erster Instanz ausführlich im Wege des Urkunds- und des Sachverständigenbeweises nachgegangen ist. Die Klägerin hatte nicht nur Gelegenheit zur ausgiebigen Stellungnahme zum Inhalt der jeweiligen Gutachten, sondern die Kammer hat darüber hinaus offen ihre Zwischenergebnisse der Beweiswürdigung präsentiert und der Klägerin zweimal Gelegenheit zur ergänzenden Befragung des gerichtlichen Sachverständigen und ggf. auch zur Einholung eines Privatgutachtens eingeräumt.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Kammer nicht verpflichtet, die Krankenunterlagen der nachbehandelnden Ärzte von Amts wegen einzuholen bzw. die Klägerin aufzufordern, diese Unterlagen vorzulegen. Auch der Arzthaftungsprozess ist ein Zivilprozess, bei dem grundsätzlich der Beibringungsgrundsatz gilt. Die Klägerin hat sich auf die Krankenunterlagen anderer Ärzte oder auf Medikamentenlisten selbst dann nicht berufen, als ihr die schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und der unmissverständliche Hinweis des Landgerichts auf die drohende Klageabweisung vorlagen. Die Kammer hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass in den Krankenunterlagen der Klägerin bei anderen Ärzten entscheidungserhebliche Informationen für die Durchführung der Operation vom 15. April 1999 zu finden sein könnten. Der vorgerichtliche Sachverständige, dem die Krankenunterlagen des Hausarztes der Klägerin und mithin auch die jeweiligen Arztbriefe der auf Überweisung hin tätig gewordenen Fachärzte vorlagen, hat eingeschätzt, dass die Auswertung der "weiteren vorhandenen Unterlagen ... keine für das Gutachten relevanten Aspekte" ergeben habe. Die Unterlagen, aus denen die Klägerin in zweiter Instanz die Notwendigkeit der Auswertung der Krankenunterlagen über die Nachbehandlungen schlussfolgert, also vor allem das Privatgutachten der Klägerin und das als "schwedisches Attest" am 21. November 2005 zur Akte gereichte und zuletzt als "norwegisches Gutachten" bezeichnete, nicht amtlich übersetzte Schreiben des R. L. vom 24. Oktober 2005, lagen dem Landgericht nicht vor. Der gerichtliche Sachverständige hat die ihm vorliegenden Unterlagen der Nachbehandlung, z. Bsp. den Entlassungsbericht der Reha-Klinik S. vom 26. Juli 2001, ausgewertet und hierin gerade Belege gefunden, die gegen einen Zusammenhang zwischen dem Eingriff vom 15. Mai 1999 und den Beschwerden der Klägerin sprechen (vgl. nur GA Bd. I Bl. 134).

d) Ohne entsprechenden Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin war die Kammer auch nicht gehalten, etwa durch Vernehmung des Operateurs vom 25. Mai 1999 selbst zu ermitteln, ob die Formulierung im OP-Bericht der nachfolgenden Revisionsoperation, wonach der N. ilioinguinalis "noch etwas nachgekürzt ..." werde, auf eine vorherige Erstkürzung dieses Nervs hindeute.

Dies gilt umso mehr, als die Kammer diesen tatsächlichen Umstand als nicht entscheidungserheblich bewerten durfte. Allein aus einer vor dem 25. Mai 1999 erfolgten Kürzung des Nervus ilioinguinalis wäre weder zwingend darauf zu schließen gewesen, dass die Erstkürzung durch den Beklagten zu 3) und nicht durch einen der Voroperateure im Bauchraum der Klägerin erfolgt wäre, noch vor allem darauf, dass der Beklagte zu 3) diesen Falls bei der Kürzung des Nervs gegen den chirurgischen Facharztstandard verstoßen hätte. Die Klägerin muss gerade nachweisen, dass gerade der Beklagte zu 3) durch seinen Eingriff den Nerv verletzt oder eingenäht hat; diese Angaben hätte der Operateur vom 25. Mai 1999 nicht machen können.

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin sieht der Senat im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen keine inneren Widersprüche und auch keine Widersprüche zum Gutachten des vorgerichtlichen Sachverständigen. Das betrifft insbesondere auch den Umfang des Eingriffs vom 15. April 1999 und die Schnittführung. Die Schnittführung ist im Operationsbericht beschrieben. Hiervon zu unterscheiden ist die vom gerichtlichen Sachverständigen nur mit 1 cm Länge beschriebene Faszienlücke. Im Kern kommen sowohl der vorgerichtliche als auch der gerichtliche Sachverständige zu der völlig übereinstimmenden Bewertung, dass die Krankenunterlagen keinen Hinweis auf einen Fehler bei der Durchführung der Narbenrevision durch den Beklagten zu 3) am 15. April 1999 enthalten. Beide Sachverständige stützen dies vor allem auf die Lage des Nervs - weit lateral, d.h. seitlich, an der Wand des Unterbauchs gegenüber der Lage des zu behandelnden Narbenbruchs und der Lage des hierzu geführten Schnitts -, auf die von der Klägerin selbst geschilderten Schmerzsymptome, die nicht zu einer Nervverletzung bzw. -beeinträchtigung passen, sowie auf die postoperativen Befunde, insbesondere während der Operation vom 25. Mai 1999, die zwar unter dem Verdacht einer Nervenirritation als Neurolyse, d.h. einer Herauslösung von Nerven aus dem Narbengebiet, eingeleitet wurde, in deren Verlauf sich der zuvor geäußerte Verdacht jedoch gerade nicht bestätigte.

Für eine Fehlerhaftigkeit der Operation am 15. April 1999 und mithin gegen die Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen spricht auch nicht, dass die Operation vom 25. Mai 1999 als Neurolyse begonnen wurde. Dies war Reaktion auf die von der Klägerin geklagten Schmerzen und sonstigen klinischen Symptome; der ursprüngliche Verdacht einer Nervschädigung wurde im Verlaufe der Operation gerade nicht bestätigt. Unergiebig als Beweisanzeichen für eine Fehlerhaftigkeit der Operation am 15. April 1999 ist auch, dass die Folgeoperation vom 25. Mai 1999 ein größeres Operationsgebiet erfasste, in ihrem Verlaufe im weitaus größeren Maße eine Exzision, d.h. Ausschälung von Gewebematerial erfolgte und abschließend, wie für eine Neurolyse typisch, der Nervus ilioinguinalis aus dem bei der Operation am 25. Mai 1999 erweiterten Behandlungsgebiet herausverlegt wurde. Dies alles zeigt zwar, dass bei der Operation vom 25. Mai 1999 eine Verletzung des Nervus ilioinguinalis hätte eintreten können - was ausweislich der Krankenunterlagen nicht der Fall war -, lässt aber nicht den von der Klägerin hieraus gezogenen Rückschluss auf eine gleiche Verletzungsgefahr während der Operation vom 15. April 1999 zu.

Im Übrigen hat die Klägerin im Termin der mündlichen Verhandlung am 6. April 2005 eben diese vermeintlichen Widersprüche und angeblichen Fehler des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen benannt und dem gerichtlichen Sachverständigen selbst vorgehalten; die Antworten des gerichtlichen Sachverständigen hierauf sind auch für den Senat nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Ein weiterer Aufklärungsbedarf bestand danach weder für die Kammer noch für den Senat.

f) Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz neue eigene Beweisantritte vorgenommen hat, fehlt es jeweils an einem Zulassungsgrund i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO.

Dies betrifft den Antrag auf Vernehmung des Ehemannes S. Bn. und des Neurologen Dr. med. B. jeweils als Zeugen über die Größe der Narbe der Operation vom 15. April 1999, den Antrag auf Einholung eines weiteren, ggf. als Obergutachten zu wertenden fachchirurgischen Gutachtens als auch die Vorlage des Privatgutachtens. Hinsichtlich dieser Beweisantritte handelt es sich um Angriffsmittel, die ebenso bereits in erster Instanz hätten vorgebracht werden können. Die Klägerin hat ihr eigenes Versäumnis einer rechtzeitigen Antragstellung bzw. einer rechtzeitigen Beauftragung eines Privatgutachters nicht entschuldigen können. Insbesondere der - in der Sache unzutreffende - Verweis der Klägerin auf das späte Bekanntwerden der angeblich üblichen prozessrechtswidrigen Verfahrensweise des erkennenden Senats vermag den verspäteten Beweisantritt nicht zu entschuldigen. Die Klägerin hatte bereits in erster Instanz eindeutige Hinweise der Kammer darauf erhalten, dass der Nachweis eines Behandlungsfehlers als nicht geführt angesehen werde. Spätestens durch das erstinstanzliche Urteil hat das Landgericht klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es die von der Klägerin angeführten internen Widersprüche der gerichtlichen Gutachten nicht zu erkennen vermag. Die Klägerin hätte mithin allerspätestens mit der Berufungsbegründung ihre Einwendungen vorbringen und - soweit sie die vorherige Einholung eines Privatgutachtens beabsichtigt - dieses mit der Berufungsbegründung vorlegen müssen. Das hat sie entgegen eigener Ankündigung nicht getan. Der Klägerin sind gerade im Hinblick auf die von ihr angekündigte Einholung "weiterer (privat einzuholender) medizinischer Stellungnahmen" zweimal erhebliche Verlängerungen der Berufungsbegründungsfrist gewährt worden (vgl. Verfügung vom 9. Juni 2005, GA Bd. II Bl. 9 - Verlängerung um weitere zwei Monate - und Verfügung vom 11. August 2005, GA Bd. II Bl. 16 - Verlängerung um weitere zwei Monate). Die Berufungsbegründung enthält auch nicht etwa einen Hinweis auf ein noch folgendes Privatgutachten.

2.2. Die Klägerin hat es nicht vermocht, konkrete Anhaltspunkte zu bezeichnen, die für den Senat Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und eine erneute oder ergänzende Beweisaufnahme gebieten.

a) Entgegen der Meinung der Klägerin liegen die Voraussetzungen für einen ersten Anschein eines Behandlungsfehlers nicht vor. Es ist kein Geschehensablauf bewiesen, der typischerweise den Rückschluss auf einen chirurgischen Fehlgriff erlaubt.

aa) Dies betrifft zunächst die Schmerzsymptomatik, die die Klägerin unter Zeugenbeweis durch ihren Ehemann und den Neurologen Dr. med. B. sowie im Wege des Urkundsbeweises durch die Behandlungsunterlagen des letztgenannten Neurologen gestellt hat. Der von der Klägerin in Anspruch genommene unmittelbare zeitliche Zusammenhang ist gerade nicht gegeben. Die erheblichen Schmerzen der Klägerin lagen bereits vor dem Eingriff am 15. April 1999 vor. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin - wie sie behauptet und nunmehr unter Beweis gestellt hat - unmittelbar nach der Operation bereits Schmerzen verspürt hätte, wären diese mit höherer Wahrscheinlichkeit auf die Grunderkrankung und die Erfolglosigkeit des Operationsversuchs vom 15. April 1999, nicht aber auf einen Behandlungsfehler während dieser Operation zurückzuführen. Im Übrigen ist erneut darauf zu verweisen, dass der gerichtliche Sachverständige ausdrücklich erklärt hat, dass die Verletzung des o.g. Nervs typischerweise zunächst Taubheitsgefühle, nicht aber eine gesteigerte Schmerzsymptomatik zur Folge gehabt hätte. Der gerichtliche Sachverständige hatte zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst während ihrer Rehabilitationsbehandlung im Jahre 2001 angegeben hatte, dass die Beschwerden nach der Operation vom 15. April 1999 zunächst kurzzeitig nachgelassen hätten und selbst im Jahre 2001 noch geringer seien als vor der Operation am 15. April 1999.

bb) Die nachfolgende, im Mai 1999 nachgewiesene Keloidbildung, d.h. die Bildung von krankhaften Formen der Narbenbildung im Bauchraum, lässt einen Rückschluss auf einen Behandlungsfehler ebenfalls nicht zu. Die Ursache dieser Keloiden ist derzeit überhaupt nicht aufklärbar, wie sich aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinen schriftlichen Gutachten und in seiner Anhörung ergibt. Dies bestätigt auch der von der Klägerin vorgelegte Aufsatz aus dem Internet: Unter "Ätiologie" ist als Wissensstand vermerkt, dass die Ursachen der Keloidbildung noch nicht komplett erforscht sind. Schließlich führt auch der Privatsachverständige der Klägerin dasselbe aus. Insoweit bleibt es mithin dabei, dass der Krankheitsverlauf bei der Klägerin mindestens ebenso nachvollziehbar, wenn nicht sogar wahrscheinlicher durch biologische Reparationsprozesse erklärbar ist.

b) Anhaltspunkte für eine Nervschädigung durch die Operation am 15. April 1999 ergeben sich auch nicht den "Befunden" des R. L. . Der Senat hat schon erhebliche Bedenken gegen die Aussagekraft dieser Bescheinigung, weil es sich um eine privatschriftliche Bescheinigung handelt, aus der weder die Qualifikation des Arztes noch der genaue Inhalt der durchgeführten Untersuchungen zu ersehen ist, die noch dazu nicht in einer beglaubigten Übersetzung vorliegt und die schließlich "auf Wunsch" der Klägerin gefertigt wurde. Selbst wenn der Senat diese Bedenken jedoch zurückstellte, so ließe sich aus dem Vorliegen neurologischer Anzeichen einer Nervverletzung im Jahre 2005 nicht auf eine Nervverletzung im Jahre 1999 schließen. Dies gilt umso mehr, als andere Ursachen der Nervbeschädigungen durchaus in Betracht kommen.

c) Im Hinblick auf die fehlende Zulassung des Privatgutachtens der Klägerin als neues Angriffsmittel in der Berufungsinstanz ist lediglich ergänzend anzuführen, dass der Inhalt dieses Privatgutachtens ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vorgerichtlichen und der gerichtlichen Gutachten zu wecken vermag. Der Privatsachverständige stützt sich auf die Befunde des Neurologen Dr. med. B. vom 12. Mai 1999, des Operateurs vom 25. Mai 1999 und auf diejenigen aus dem "norwegischen Gutachten" vom 25. Oktober 2005, an dessen korrekter Übersetzung s.E. keine Zweifel bestehen, sowie auf seine eigenen chirurgischen Erfahrungen, um zu der Abschlussbewertung zu kommen, dass es seiner Ansicht nach nicht so sei, dass keinerlei Zusammenhang zu einer möglichen Nervenverletzung gegeben sei. Ein konkreter Anhaltspunkt für einen Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) und zu 3) ist in diesem Werturteil nicht zu erkennen.

3. Das Landgericht hat seine die Klage abweisende Entscheidung zu Recht auch darauf gestützt, dass die Klägerin den Nachweis der Kausalität zwischen der angeblichen Nervläsion und den behaupteten Beschwerden nicht hat führen können. Als mögliche Ursachen für die geklagten Beschwerden kommen krankhafte Veränderungen der Lendenwirbelsäule und psychische Beschwerden in Betracht. Selbst wenn die Beschwerden ganz oder teilweise mit der Bildung von Keloiden zusammenhängen, ist die Ursache dieser Keloidbildung - wie vorausgeführt - unklar.

Da die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr nicht vorliegen, verbleibt es bei der Beweislast der Klägerin für die Kausalität zwischen behaupteter Pflichtverletzung und behauptetem Schaden.

Der Klägerin kommen insbesondere keine Beweiserleichterungen unter dem Aspekt eines Dokumentationsmangels zugute. Ihre Argumentation, dass der OP-Bericht vom 15. April 1999 unvollständig sei, weil darin die Verletzung des Nervs bzw. seine Kürzung nicht aufgeführt seien, scheitert bereits am Nachweis der Richtigkeit der Behauptungen zur Nervverletzung bzw. -kürzung. Der Umfang der Narbenrevision ist entgegen der Auffassung der Klägerin durch die Beschreibung der Schnittführung hinreichend dokumentiert. Soweit eine Darstellung des Nervus ilioinguinalis nicht im OP-Bericht erwähnt ist, ist auch hier nicht erwiesen, dass dieser Nerv durch das Operationsgebiet lief und freizulegen war. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen verlief der Nerv gerade neben dem Operationsgebiet und strahlte allenfalls mit sensiblen Fasern in das Operationsgebiet ein. Wenn aber der Nerv nicht im Operationsgebiet lag, dann war dieser negative Umstand im OP-Bericht auch nicht festzuhalten. Denn die ärztliche Dokumentation ist in erster Linie ein Hilfsmittel für die nachfolgende Behandlung; die Erfordernisse der nachfolgenden Behandlung bestimmen die Anforderungen an den Inhalt der Dokumentation, nicht etwa die Informationsbedürfnisse in einem späteren Arzthaftungsprozess.

III.

Die Entscheidung über die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nrn. 7 und 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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