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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.04.2006
Aktenzeichen: 1 U 30/06 (Hs)
Rechtsgebiete: ZPO, RBerG
Vorschriften:
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 540 Abs. 2 | |
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1 | |
RBerG § 1 Abs. 1 Satz 1 | |
RBerG § 5 Nr. 2 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
1 U 30/06 (Hs) OLG Naumburg
Verkündet am 11. April 2006
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink und die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und Grimm auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 21. Februar 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau, 3 O 7/06, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2006 an die Verfügungsklägerin jedenfalls nicht geschäftsmäßig i.S. des gesetzlichen Erlaubnisvorbehalts in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG gehandelt hat. Das hiergegen erhobene Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere tatsächliche Feststellung.
1. Es kann offen bleiben, inwieweit es sich bei dem vorgenannten Schreiben und der darin geäußerten Aufforderung der Verfügungsbeklagten, den beigefügten Anweisungen der ehemaligen Mandanten der Verfügungsklägerin nachzukommen, überhaupt um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. der o.g. Rechtsnorm handelte.
Zwar ist der Verfügungsklägerin darin zu folgen, dass eine Einziehung überzahlter Honorarvorschüsse neuer eigener Mandanten beim vormaligen Steuerberater eine Erledigung von Rechtsangelegenheiten ist und dass eine solche Rechtsbesorgung insbesondere auch nicht von Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG als erlaubnisfrei erfasst wird. Mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2006 hat die Verfügungsbeklagte jedoch lediglich die Zahlungsaufforderungen der ehemaligen Mandanten der Verfügungsklägerin weitergeleitet. Das Zahlungsbegehren wird im Namen der Mandanten selbst geäußert. Soweit man das Schreiben vom 5. Januar 2006 bereits dahin versteht, dass klargestellt ist, dass die Mandanten für die Verfolgung und Durchsetzung ihrer jeweiligen Rückzahlungsansprüche selbst tätig werden müssen - wofür hier vieles spricht -, läge in der bloßen "gebündelten" Weiterleitung dieser Aufforderungen keine Rechtsbesorgung, sondern eine Hilfestellung, die keinerlei juristischer Fachkenntnisse bedarf, nur der Vereinfachung der Zahlungsabwicklung dient und deshalb nicht dem Erlaubnisvorbehalt für Rechtsberatung unterliegt (vgl. zum Einfordern von Mietwagenkosten durch Mietwagenunternehmen im Namen des Kunden BGH, Urteil v. 5. Juli 2005, VI ZR 173/04 m.w.N.).
2. Selbst wenn der Senat im Weiteren jedoch unterstellte, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2006 Rechtsangelegenheiten der 21 ehemaligen Mandanten besorgt hat, so hat die Verfügungsbeklagte damit jedenfalls nicht geschäftsmäßig gehandelt.
Mit dem Begriff der Geschäftsmäßigkeit soll die erlaubnisfreie Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in vereinzelten Sonderfällen von einer darauf gerichteten Geschäftstätigkeit abgegrenzt werden. Geschäftsmäßig handelt nur, wer beabsichtigt, die Tätigkeit - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 286 m.w.N., u.a. auch BGH WM 2002, 2104 - von den Parteien selbst zitiert -). Die Frage der Geschäftsmäßigkeit unterliegt der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung; diese ist auf der Grundlage einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.
Indizien für eine Geschäftsmäßigkeit können u.a. sein die Entgeltlichkeit der Hilfeleistung bzw. konkrete äußere Anzeichen dafür, dass der Handelnde beabsichtigt, seine berufliche Tätigkeit regelmäßig auf solche Rechtsbesorgungen zu erstrecken. Derartige objektive Anhaltspunkte fehlen hier; sie sind auch von der Verfügungsklägerin nicht vorgetragen. Als einzigen für ihre Behauptung der Geschäftsmäßigkeit der Rechtsbesorgung sprechenden Umstand benennt die Verfügungsklägerin die Rechtsverteidigung der Verfügungsbeklagten im vorliegenden Verfahren. Anders als in dem von ihr zitierten Fall (BGH NJW 2000, 1560) beharrt die Verfügungsbeklagte hier jedoch nicht auf einem vermeidbaren Rechtsirrtum. Vielmehr hat die Verfügungsbeklagte unmittelbar nach Zugang des Abmahnschreibens der Verfügungsklägerin vom 10. Januar 2006 mit Schreiben ebenfalls vom 10. Januar 2006 erklärt, dass sie auf die Abtretung der Forderungen jeweils verzichte und nunmehr eine Zahlung auf die Konten der Mandanten verlange - damit hat sie eindeutig die Besorgung von fremden Rechtsangelegenheiten aufgegeben.
Das Schreiben vom 10. Januar 2006 spricht auch deutlich gegen eine Wiederholungsabsicht der Verfügungsbeklagten. Die dauernde und wiederkehrende gleichartige Betätigung ist jedoch Tatbestandsmerkmal des Verfügungsanspruchs.
Dem Vorausgeführten steht nicht entgegen, dass mit dem Schreiben vom 5. Januar 2006 nicht nur eine Forderung, sondern die voneinander zu unterscheidenden Rückzahlungsforderungen von insgesamt 21 Personen geltend gemacht wurden. An der Wiederholungsabsicht fehlt es hier gleichwohl, denn die Aufforderung zur Zahlung erfolgte in einem Schreiben, richtete sich an eine identische Schuldnerin und erfolgte aus jeweils demselben Rechtsgrund (vgl. zu gleichartigen Konstellationen auch BGH NJW 2001, 756; BGH NJW-RR 2005, 286 m.w.N.). Es sind schließlich, ohne dass es hierauf entscheidend ankäme, auch keine Anzeichen dafür erkennbar, dass die Verfügungsbeklagte etwa die geltend gemachten Forderungen "gesammelt" hätte, wie die Verfügungsklägerin andeutet. Denn unstreitig sind die Mandatswechsel jeweils mit Wirkung zum Ende des Kalenderjahres 2005 erfolgt; erst mit Beginn des Jahres 2006 sind mithin die geltend gemachten Ansprüche entstanden.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nrn. 7 und 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 6, 711 S. 1, 713 sowie 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Ende der Entscheidung
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