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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 1 U 37/06
Rechtsgebiete: ZPO, StBGebV, GewStG, UStG, GrEStG


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 2
StBGebV § 9 Abs. 1
StBGebV § 9 Abs. 2
StBGebV § 24 Abs. 1 Nr. 6
StBGebV § 24 Abs. 1 Nr. 8
GewStG § 14 a
GewStG § 28 Abs. 1 Satz 1
GewStG § 29
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 2
Nimmt ein Steuerberater oder ein Rechtsanwalt einen Rechtsbehelf ohne Rücksprache mit dem Mandanten zurück, so liegt hierin kein Verstoß gegen vertragliche Pflichten, wenn der Rechtsbehelf nach dem dem Berater bekannten Sachstand keine Aussicht auf Erfolgt hat, der Berater den Mandanten hierüber informiert hat und eine Kontaktaufnahme bis zum Ablauf verfahrensrechtliche Erklärungsfristen gleichwohl erfolglos geblieben ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 37/06 OLG Naumburg

Verkündet am 21. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und Grimm und die Richterin am Oberlandesgericht Engelhard auf die mündliche Verhandlung

vom 12. September 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. März 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Halle, 5 O 252/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.

Gründe:

I.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i. S. v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat der Klage zu Recht auch hinsichtlich der Positionen 4 und 5 der Rechnung der Klägerin Nr. 1599 vom 30. November 2001 (vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 7 f.) stattgegeben; die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung vermögen eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Im Ergebnis hat das Landgericht zu Recht darauf erkannt, dass die Widerklage der Beklagten unbegründet ist.

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht bei seiner Entscheidung über die o. a. Klageforderungen das Verteidigungsvorbringen der Beklagten nicht übergangen. Der unstreitige Sachverhalt lässt jedoch bei zutreffender rechtlicher Bewertung keine andere Entscheidung, als die getroffene, zu.

1.1. Die von der Klägerin geltend gemachte Gebühr für die Anfertigung der Gewerbesteuerzerlegungserklärung für das Jahr 2000 ist ordnungsgemäß nach §§ 24 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. 9 Abs. 1 und 2 StBGebV abgerechnet worden. Die Notwendigkeit der Abgabe dieser Erklärung ergibt sich aus § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG in der hier anzuwendenden Fassung vom 19. Mai 1999 (alle Rechtsnormen zitiert nach juris), wonach eine Zerlegung dann erforderlich ist, wenn im Erhebungsjahr mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden unterhalten werden, sowie aus § 14 a GewStG, die eine Erklärungspflicht des Gewerbesteuerschuldners für den Fall der Erforderlichkeit der Zerlegung vorsieht. Die vorgenannte Voraussetzung des § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG war für die Beklagte im Jahre 2000 unstreitig erfüllt: Denn die Beklagte unterhielt zwei Autohäuser, eins in Q. und eins in der damals noch selbständigen Gemeinden Lb. .

Das lediglich pauschale Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des in Ansatz gebrachten Gegenstandswertes in Höhe von 182.900 DM ist unwirksam. Die Klägerin hat substantiiert dargestellt, wie sie den Gegenstandswert ermittelt hat. Rechtlich ist der dargestellte Ansatz zutreffend: Da der Zerlegungsmaßstab nach § 29 GewStG die in den einzelnen Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne sind, stellt § 24 Abs. 1 Nr. 6 StBGebV in der hier anzuwendenden Fassung vom 20. August 1998 folgerichtig auf deren Summe ab. Dass die von der Klägerin zugrunde gelegte Bezifferung fehlerhaft sei, hätte die Klägerin bereits in erster Instanz substantiiert bestreiten müssen, was hier selbst in zweiter Instanz nicht geschehen ist.

1.2. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung der Gebühr für die Anfertigung der Umsatzsteuerjahreserklärung für die Beklagte für das Jahr 2000. Diese Gebühr hat sie ordnungsgemäß nach §§ 24 Abs. 1 Nr. 8 i. V. m. 9 Abs. 1 und 2 StBGebV abgerechnet. Die Anfertigung dieser Erklärung war notwendig, weil für das Jahr 2000 die Organschaft des jetzigen Liquidators der Beklagten i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG u. a. hinsichtlich der Beklagten noch nicht festgestellt worden war. Die umsatzsteuerliche Organschaft für die drei Kapitalgesellschaften des Liquidators der Beklagten war ausweislich des Schreibens des Finanzamts Eisleben vom 12. Mai 2000 (vgl. Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 130 f.) erst ab dem 1. Januar 2001 umsatzsteuerwirksam, d. h. für das Jahr 2000 musste die Beklagte noch eine eigene Jahresumsatzsteuererklärung abgeben.

2. Das Landgericht hat die Widerklage der Beklagten zu Recht als unbegründet abgewiesen. Es fehlt hier jedoch bereits der Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung der Klägerin im Rahmen ihrer steuerrechtlichen Vertretung der Beklagten im Widerspruchsverfahren, betreffend den Antrag auf Aufhebung des Grunderwerbssteuerbescheids des Finanzamts L. vom 17. April 1997.

Die Beklagte sieht eine Pflichtverletzung darin, dass die Klägerin den von der Beklagten selbst eingelegten Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 27. März 2000 am 30. Oktober 2000 überhaupt und zudem ohne vorherige Rücksprache mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten zurückgenommen hat. Dem folgt der Senat nicht.

Das Finanzamt L. hatte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 (vgl. Anlage B 5, GA Bd. I Bl. 75) angekündigt, dass sie den Antrag auf Aufhebung des Grunderwerbssteuerbescheids abzuweisen beabsichtigt, und hatte der Beklagten eine letzte Stellungnahmefrist innerhalb des Widerspruchsverfahrens gesetzt einschließlich der Aufforderung, den Widerspruch wegen der fehlenden Erfolgsaussichten auch zurückzunehmen.

Die rechtlichen Ausführungen des Finanzamts waren zutreffend. Die Beklagte erhielt dadurch einen umfassenden Hinweis zur Rechtslage. Dieser Hinweis enthielt auch Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, für deren Erfüllung das Finanzamt keine tatsächlichen Anhaltspunkte sah. Angesichts dieses Schreibens waren weitere steuerrechtliche Hinweise der Klägerin für die Beklagte entbehrlich.

Die Beklagte hatte nach dem unstreitigen Sachstand dieses Rechtsstreits damals ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der vom Finanzamt zugrunde gelegte Sachverhalt unvollständig sein könnte. Insbesondere kannte die Klägerin damals unstreitig das Schreiben des Grundstücksverkäufers vom 17. September 1999 noch nicht. Deshalb ist es hier auch unerheblich, ob aus dem Inhalt dieses Schreibens ggf. auf einen Aufhebungsgrund i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG zu schließen gewesen wäre.

Nachdem die Kontaktversuche der Klägerin mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten erfolglos geblieben waren, hatte die Beklagte angesichts der ablaufenden Stellungnahmefrist zu entscheiden und konnte dabei nur auf den mutmaßlichen Willen der Mandantin abstellen. Objektiv sprach das Schweigen des damaligen Geschäftsführers der Beklagten dafür, dass er aus seiner Sicht keine Einwendungen gegen die Ausführungen des Finanzamts vorbringen konnte, insbesondere keine solchen tatsächlicher Art. Ohne begründete Einwendungen stand eine Zurückweisung des Widerspruchs zu erwarten. Unter diesen Umständen sprach das Kosteninteresse der Beklagten objektiv für eine Rücknahme. Andere, gegen eine Rücknahme sprechende Umstände waren der Klägerin damals nicht bekannt.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nrn. 7 und 8 EGZPO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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