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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 1 U 76/08
Rechtsgebiete: ZPO, StVG, StVO


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 520 Abs. 3 Ziff. 3
ZPO § 529 Abs. 1 Ziff. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 2
StVG § 17 Abs. 1
StVG § 17 Abs. 3
StVG § 18
StVO § 3 Abs. 1 Satz 4
StVO § 38 Abs. 1
1. Auch bei der Nutzung von Sondersignalen ist der Fahrer eines Rettungswagens verpflichtet, sich in einen Kreuzungsbereich langsam hineinzutasten und sorgfältig zu beobachten, ob sein Sondersignal von allen anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen und beachtet wird.

2. Bewertung des Verursachungsanteils des Fahrers eines Rettungswagens mit 80 %, wenn dieser trotz für ihn "roter" Ampel mit 55 km/h in eine Kreuzung einfährt.

3. Bei einem Ausfall eines Rettungswagens eines gemeinnützigen Vereins kann die entfallene Nutzungsmöglichkeit einen ersatzfähigen Schaden darstellen, wenn der Eigentümer auf die kostenintensivere Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 76/08 OLG Naumburg

Verkündet am 26. Februar 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und Wiedemann auf die mündliche Verhandlung

vom 12. Februar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 7. Februar 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau, 4 O 1023/05, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen in Ziffern 2) und 3) des Urteilsausspruches teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die Widerklage werden der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 2) 4.237,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Mai 2005 sowie weitere 229,04 € nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 9. Februar 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Gerichtskosten haben der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 19 %, der Kläger allein darüber hinaus zu weiteren 4 %, die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu 10 % und der Beklagte zu 2) darüber hinaus zu weiteren 67 % zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers fallen den Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner zu 10 % und dem Beklagten zu 2) darüber hinaus zu weiteren 67 % zur Last; diejenigen der Drittwiderbeklagten zu 81 % dem Beklagten zu 2).

Die außergerichtlichen Auslagen der Beklagten zu 1) und zu 3) hat der Kläger jeweils zu 45 % zu tragen; diejenigen des Beklagten zu 2) tragen Kläger und Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 19 % und der Kläger allein zu weiteren 4 %.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte zu 2) zu 86 % und der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu 14 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt jeweils 20.000,00 € nicht.

und beschlossen:

Der Kostenwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.606,40 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung des Beklagten zu 2) ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Verkehrsunfall vom 21. April 2005 für beide hieran beteiligten Kraftfahrzeuge bzw. deren Fahrer nicht unvermeidbar war, weshalb die wechselseitigen Verursachungsanteile nach §§ 17 Abs. 1, Abs. 3, 18 StVG zu bestimmen waren. Hiervon geht auch die Berufung aus. Die erstinstanzlich vorgenommene Schadensverteilung zu 80 % zu Lasten der Beklagten und zu 20 % zu Lasten des Klägers und der Drittwiderbeklagten ist auch unter Berücksichtigung des hiergegen gerichteten Berufungsvorbringens angemessen. Allerdings besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Anspruch des Beklagten zu 2) gegen beide Widerbeklagte auf eine Nutzungsausfallentschädigung für den unfallbeschädigten Rettungswagen. Deren Gesamthöhe hat der Senat nach § 287 ZPO geschätzt, danach ist die Widerklage des Beklagten zu 2) unter Berücksichtigung der o.g. Ersatzquote in Höhe weiterer 1.200,00 € begründet.

1. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts zum Unfallhergang und den wechselseitigen Verursachungsanteilen.

1.1. Die Beweisaufnahme ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat alle angebotenen Beweise erhoben und in seine Beweiswürdigung einbezogen. Soweit gleichwohl einige tatsächliche Umstände nicht mehr mit hinreichender Sicherheit feststellbar waren, ist darauf zu verweisen, dass jeder nachträglichen Sachaufklärung objektiv Grenzen gesetzt sind. Eine Unvollständigkeit der Beweisaufnahme rügt auch der Beklagte zu 2) mit seiner Berufung nicht.

1.2. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sind auch bei ihrer inhaltlichen Prüfung durch den Senat nicht zu beanstanden.

Im Zivilprozess ist die Prüfungsdichte des Berufungsgerichtes eingeschränkt. Auch wenn das Berufungsgericht noch Tatsachengericht ist, hat es grundsätzlich gemäß §§ 529 Abs. 1 Ziffer 1, 520 Abs. 3 Ziffer 3 ZPO als den Kernbestimmungen des Berufungsrechtes von denjenigen Tatsachen auszugehen, die das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellt hat, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Eine erneute Beweisaufnahme und ein Abweichen von den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes kommt daher nur dann in Betracht, wenn eine gewisse, nicht nur theoretische Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen unrichtiger oder unvollständiger Feststellungen besteht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die beweiswürdigenden Erwägungen einer festen Tatsachengrundlage entbehren, also nur Vermutungen wiedergeben, lückenhaft sind oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder schließlich bei einer Verkennung der Beweislastverteilung und wenn dies zu einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung geführt hat. Nach diesen Grundsätzen liegt hier eine vom Beklagten zu 2) behauptete fehlerhafte Beweiswürdigung nicht vor.

Die Kammer hat zutreffend der Auswertung der Diagrammscheibe (Fahrtenschreiber) aus dem Rettungswagen der Beklagten durch die beiden D. -Sachverständigen Ma. und Mi. einen sehr hohen Beweiswert zuerkannt. Diese Auswertung liefert objektive Daten zur Geschwindigkeit des Rettungswagens unmittelbar vor dem Unfall. Danach steht fest, dass sich die Beklagte zu 1) mit dem Rettungswagen der Kreuzung noch beschleunigend von 48 auf 55 km/h genähert hat und erst etwa dreieinhalb Meter vor dem Kollisionspunkt eine Vollbremsung eingeleitet hat, d.h. zu einem Zeitpunkt, als sie sich schon im Kreuzungsbereich befand und das Fahrzeug des Klägers sah. Die Einzelheiten der sachverständigen Ausführungen hierzu greift der Beklagte zu 2) im Berufungsverfahren auch nicht mehr an.

Ausgehend hiervon sind jedoch die Angaben der Beklagten zu 1) vor der Kammer in ihrer persönlichen Anhörung und diejenigen ihres Beifahrers, des Zeugen K. H. , vor der Polizei widerlegt, wonach der Rettungswagen am Kreuzungseingang angehalten habe. Ebenso widerlegt sind die Angaben des vorgenannten Zeugen vor der Kammer und des weiteren Zeugen M. P. , wonach der Rettungswagen mit Schrittgeschwindigkeit, also etwa 5 km/h, auf die Kreuzung gefahren sei. Der Beklagte zu 2) beruft sich in seiner Rechtsmittelbegründung gerade auf den letztgenannten Zeugen und meint, dass dessen Aussage besonderes Gewicht zukäme. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Neben dem unerklärbaren Widerspruch zu den Daten des Fahrtenschreibers bestehen weiter Zweifel an dessen objektiven Wahrnehmungsmöglichkeiten. Es ist schon fraglich, ob dieser Zeuge seine Aufmerksamkeit auf das Geschehen bereits vor der Kollision auf den Kreuzungsbereich und insbesondere auf die Art der Annäherung des Rettungswagens an die Kreuzung richtete oder ob er nicht ein sog. "Knall"-Zeuge war, der erst durch die Brems- oder Kollisionsgeräusche zum Unfallort sah. Selbst wenn der Senat jedoch unterstellte, dass der Zeuge P. schon das Unfallvorgeschehen beobachtete, so hatte er ausweislich der Fotos vom Unfallort und u.a. auch von seinem Standort an der Tankstelle eine sehr schlechte Sicht auf den Fahrtweg des Rettungswagens. Es ist nicht auszuschließen, dass sich seine Aussage auf den Zeitpunkt nach begonnener Gefahrenbremsung bezieht. Auch dann erscheint sie jedoch als ungenaue Beobachtung oder fehlerhafte Schlussfolgerung, denn nach den Berechnungen der Sachverständigen betrug noch die Kollisionsgeschwindigkeit des Rettungswagens über 8 km/h und lag damit über einer "Schritt"-Geschwindigkeit, die allgemein bei 3 bis 5 km/h angenommen wird.

Mit den aus dem Fahrtenschreiber gewonnenen Erkenntnissen stimmt hingegen überein, dass die Beklagte zu 1) gegenüber dem Zeugen POM G. T. unmittelbar nach dem Unfall bei der Unfallaufnahme angegeben hat, dass sie das Fahrzeug des Klägers nicht bemerkt habe, weil sie sich nicht ausreichend über die Verkehrslage an der Kreuzung informiert habe. Die Beklagte zu 1) konnte den Widerspruch ihrer späteren abweichenden Angaben gegenüber diesen spontanen Äußerungen nach dem Unfall nicht überzeugend erklären.

Dem gegenüber konnte in der Beweisaufnahme des Landgerichts nicht geklärt werden, ob die Ampel für den Kläger schon auf "gelb" umgeschaltet war bzw. ob der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei der Zufahrt auf die Kreuzung überschritten hatte.

Allerdings hatte der Zeuge P. vorgerichtlich und in seiner gerichtlichen Zeugenvernehmung konstant angegeben, dass die Ampel für den Kläger bereits "gelb" gezeigt hatte, als er den Kreuzungsbereich erreichte. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben des Zeugen spricht noch nicht, dass seine Angaben zur Geschwindigkeit des Rettungswagens nicht glaubhaft sind. Im Gegensatz zur Wahrnehmbarkeit des Fahrtweges des Rettungswagens stand die für die Fahrtrichtung des Klägers gültige Ampel im unmittelbaren, direkten Blickfeld des Zeugen auf den Unfallort, d.h. sie war für ihn objektiv gut wahrnehmbar. Zweifel an der Richtigkeit dieser Wahrnehmung bestehen jedoch aus den o.g. Gründen daran, ob sich die Wahrnehmung auf den früheren Zeitpunkt der Annäherung des Klägers an die Kreuzung oder erst auf den Zeitpunkt des Unfalls selbst bezieht. Zudem ergeben sich Zweifel an der Sicherheit der Erinnerungen des Zeugen auch daraus, dass er in der Sitzung der Kammer sein Erstaunen darüber zeigte, dass der Rettungswagen unstreitig von einer Frau gefahren wurde und dass der s.E. nahezu unbeschädigte Mercedes des Klägers ausweislich der Fotos in der Gerichtsakte ganz erhebliche Deformationen aufwies. Andere Zeugen haben zur Anzeige der Ampel im Zeitpunkt der Annäherung des Klägers keine Angaben machen können; der Kläger selbst hat angegeben, dass die Ampel für ihn "grün" gezeigt habe.

Zu seiner Ausgangsgeschwindigkeit hat der Kläger angegeben, jedenfalls unter 50 km/h gefahren zu sein. Der Sachverständige Mi. hat ausgeführt, dass eine genaue Ermittlung der vom Kläger gefahrenen Geschwindigkeit nicht mehr möglich sei. Sie liege nach seinen Berechnungen über 40 km/h. Eine Geschwindigkeit über 50 km/h, d.h. eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, sei auch im Wege der Rückrechnung aus der in der Kollision aufgetretenen Verformungsenergie nicht nachweisbar.

2. Die vom Landgericht vorgenommene Schadensverteilung zu 80 % zu Lasten der Beklagten und zu 20 % zu Lasten der Widerbeklagten ist unter Zugrundelegung dieser Feststellungen angemessen.

Zu Recht hat das Landgericht das Verhalten der Beklagten zu 1) als einen fahrlässigen Verkehrspflichtverstoß bewertet. Auch bei der Nutzung von Sondersignalen i.S.v. § 38 Abs. 1 StVO ist der Fahrer eines Rettungswagens, wie hier die Beklagte zu 1), verpflichtet, sich langsam in den Kreuzungsbereich hineinzutasten und sorgfältig zu beobachten, ob ihr Sondersignal von allen anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen und beachtet wird. Dies gilt umso mehr, als die für sie geltende Ampel "rot" zeigte, weil deshalb damit zu rechnen war, dass der den Fahrtweg des Rettungswagens querende Verkehr sich ohne Wahrnahme des Sondersignals in Vorfahrt wähnte.

Auch dem Kläger ist ein fahrlässiger Verkehrspflichtverstoß zuzurechnen. Allerdings ist weder ein Verstoß gegen die Ampelregelungen noch eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nachgewiesen und haben somit bei der Abwägung der Verursachungsanteile der beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge außer Ansatz zu bleiben. Es kann auch offen bleiben, ob das Fahrverhalten des Klägers u.U. bereits gegen § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO verstoßen hat. Dies wäre dann der Fall, wenn man die Kreuzungssituation als unübersichtlich bewertete, woraus sich eine Verpflichtung des Klägers zur Anpassung seiner Fahrgeschwindigkeit ergäbe, um jederzeit im Sichtbereich anhalten zu können. Jedenfalls hat der Kläger mit seiner verspäteten Reaktion auf das Sondersignal des Rettungswagens der Beklagten gegen seine Pflichten aus § 38 Abs. 1 StVO verstoßen. Für die Bewertung dieser verzögerten Reaktion als pflichtwidrig kommt es nicht darauf an, ob dies auf einem zu lauten Radio im Auto oder auf anderen Gründen beruhte. Das Sondersignal wäre für den Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten weit vor der Kreuzung akustisch wahrnehmbar gewesen und der Kläger hätte hierauf durch Verlangsamung seiner Fahrt und ggf. auch durch Anhalten vor Einfahrt in den Kreuzungsbereich reagieren müssen. Bei einer solchen Reaktion wäre der Unfall auch vermieden worden.

Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung war zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) die gefahrgeneigte Verkehrssituation durch ihr sorgfaltswidriges Einfahren auf die Kreuzung geschaffen und der Kläger den Unfall lediglich durch eine unzureichende Reaktion hierauf mitverursacht hatte. Dies rechtfertigt es, den Anteil der Beklagten zu 1) am Zustandekommen des Unfalls gegenüber dem Anteil des Klägers deutlich stärker zu gewichten. Die vom Landgericht ermittelte Quote von 80 % zu 20 % spiegelt dieses unterschiedliche Gewicht der Verursachungsanteile der Unfallbeteiligten zutreffend wider. Sie steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung in einem vergleichbaren Fall (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 3. Juli 2002, 4 U 1001/02 - OLGR 2002, 471).

3. Die Berufung des Beklagten zu 2) hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung eines Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung wendet.

3.1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts geht der Senat davon aus, dass auch bei einem Ausfall eines zwar nicht privat, aber auch nicht gewerblich genutzten Kraftfahrzeuges, wie hier eines Rettungswagens eines gemeinnützigen Vereins, die entfallene Nutzungsmöglichkeit jedenfalls einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen kann, wenn der Eigentümer auf die kostenintensivere Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet. Diese Rechtsansicht steht im Einklang mit der Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 26.März 1985, VI ZR 267/83 "Krankentransportwagen der Bundeswehr" - NJW 1985, 2471, in juris Rn. 8; vgl. auch Urteil vom 4. Dezember 2007, VI ZR 241/06 - NJW 2008, 913, in juris Rn. 6, 8, 10) und derjenigen anderer Oberlandesgerichte (vgl. OLG München, Urteil vom 25. Januar 1990, 24 U 266/89 "Polizeifahrzeug" - NZV 1990, 348; OLG Stuttgart, Urteil vom 16. November 2004, 10 U 186/04 "Polizeifahrzeug" - NZV 2005, 309). Wegen der hiergegen vorgebrachten Einwendungen in der Literatur - die dort zitierte Rechtsprechung bezieht sich jeweils auf gewerblich genutzte Fahrzeuge - nimmt der Senat auf den Inhalt seines Urteils vom 13. März 2008 (1 U 44/07 - NJW 2008, 2511, in juris Rn. 20 bis 24) Bezug, gegen das die dort zugelassene Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt worden ist.

3.2. Der Beklagte zu 2) hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Entgegen der Bewertung durch den Kläger und die Drittwiderbeklagte sind die Nachteile des vorübergehenden Ausfalls des Rettungswagens für den Beklagten zu 2) deutlich fühlbar gewesen. Es ist nachvollziehbar, dass der Beklagte zu 2) als Kreisverband nicht mehr Einsatzfahrzeuge vorhält, als er für die Erfüllung der übernommenen Rettungsdienstleistungen benötigt. Angesichts des Fehlens von reinen Reservefahrzeugen stellt der Ausfall eines Rettungswagens hohe Anforderungen an die Organisation der Einsatzfahrten der verbleibenden Rettungswagen, die zwangsläufig zur Kompensation des Ausfalls häufiger im Einsatz unterwegs sind, an deren Wartung u.s.w.. Es ist auch plausibel, dass im Hinblick auf das Fehlen eines Rettungswagens Anpassungen der Dienstpläne der Besatzungen, insbesondere auch im Hinblick auf die jeweiligen Fahrzeugübernahmen, erforderlich werden. Diese fühlbaren Nachteile wären nicht entstanden, wenn sich der Beklagte zu 2) für die Ausfallzeit des Rettungswagens ein Ersatzfahrzeug gemietet hätte.

3.3. Die Höhe des Anspruches hat der Senat nach § 287 ZPO auf 1.200,00 € geschätzt. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Die ersatzfähige Dauer des Nutzungsausfalls schätzt der Senat auf zwanzig Tage. Nach Bewertung des Privatsachverständigen des Beklagten zu 2) wären für die Reparatur des Rettungswagens bei üblichem Verlauf vierzehn Arbeitstage erforderlich gewesen. Tatsächlich sind vom Unfalltage bis zum Abschluss der Instandsetzung des Rettungswagens siebenundzwanzig Tage vergangen. Berücksichtigt man neben den o.g. Arbeitstagen für die Reparatur die sechs Tage der drei eingeschlossenen Wochenenden, so ist ein Nutzungsausfall von zwanzig Tagen plausibel; die weiteren sieben Tage sind nicht nachvollziehbar Hierzu hat der Beklagte zu 2) auch nichts zur Erklärung dargelegt, obwohl der Kläger und die Drittwiderbeklagte die tatsächliche Dauer der Reparatur hilfsweise als nicht erforderlich bestritten hatten.

Den Tagessatz schätzt der Senat auf 300,00 €, wie vom Beklagten zu 2) geltend gemacht. Die hierzu vom Beklagten zu 2) dargelegten Anknüpfungspunkte sind schlüssig; die Widerbeklagten sind ihnen nicht substantiiert entgegengetreten und der Senat verfügt selbst nicht über bessere eigene Erkenntnisse.

Hieraus ergibt sich eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 6.000,00 €, von denen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 20 % zu tragen haben, mithin 1.200,00 €.

3.4. Infolge dessen ist auch die Höhe des Verzugsschadens in Gestalt der vorgerichtlichen nicht festsetzbaren Rechtsanwaltsvergütung anzupassen. Der Senat folgt der Berechnung des Landgerichts (UA S. 14 f.) unter Berücksichtigung eines um 1.200,00 € höheren Gegenstandswerts. Hieraus ergibt sich der Betrag in Höhe von 229,04 €. (nach RVG VV Nr. 2400 hier 273,00€ x 0,65 <Anteil der anzurechnenden Gebühr>+ nach RVG VV Nr. 7002 max. 20,00 € =197,45 € netto zzgl. 16 % nach RVG VV Nr. 7008).

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Insbesondere wird die hier auch entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Erstattungsfähigkeit einer Nutzungsausfallentschädigung für Krankentransportwagen oder ähnliche, nicht gewerblich genutzte Fahrzeuge von der Rechtsprechung einheitlich bewertet. Hinsichtlich der hier nicht entscheidungserheblichen, weiter gehenden Frage der Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls eines teilweise gewerblich genutzten Fahrzeuges liegt dem Bundesgerichtshof bereits eine Revision zur Entscheidung vor.

Ende der Entscheidung

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