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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 1 U 80/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 651 Satz 1 | |
BGB § 640 Abs. 1 | |
BGB § 640 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 640 Abs. 1 Satz 2 |
Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers setzt grundsätzlich eine Abnahme der Brecherarbeiten als vertragsgerechte Leistung voraus.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 U 80/07 Oberlandesgericht Naumburg
verkündet am: 20. Dezember 2007
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel und die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und Prof. Dr. Gruber auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2007
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Juli 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal, 23 O 342/06, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.770,78 EUR nebst 10,25 % Zinsen hieraus seit dem 28. April 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz zu 86 % sowie die Kosten des Berufungsverfahrens vollständig zu tragen; der Beklagten fallen 14 % der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.
und beschlossen:
Der Kostenwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.897,36 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bezahlung restlicher Vergütung aus ihrer Rechnung vom 23. März 2006.
1. Mit der in der Berufungsinstanz allein noch streitgegenständlichen Rechnung Nr. 2006-11404 vom 23. März 2006 (vgl. Anlage K 9a, GA Bd. I Bl. 19) hat die Klägerin Brecherarbeiten auf der Baustelle in B. in der Zeit vom 20. bis 23. März 2006 abgerechnet. Der dieser Leistungserbringung zugrunde liegende Vertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist entgegen der Auffassung des Landgerichts als Werkvertrag zu bewerten.
Die Klägerin hat sich gegenüber der Beklagten zur Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung verpflichtet. Diese Arbeitsleistung sollte in der Zerkleinerung von 20.000 Tonnen des von der Beklagten erzeugten Betronbruchs der alten Straßendecke der Bundesautobahn A 9 in Höhe von B. bestehen. Nach der zwischen den Parteien des Rechtsstreits getroffenen vertraglichen Vereinbarung war die Arbeitsleistung nicht allein als solche geschuldet, sondern es war eine konkrete Qualität des Endprodukts der Brecherarbeiten vereinbart. Das Ursprungsangebot der Klägerin vom 22. Februar 2006 sah zwei Chargen mit unterschiedlicher Qualität des Endmaterials vor, nämlich 10.000 Tonnen Gemisch 0 bis 32 mm mit max. 10 % Überkorn, d.h. größeren Bruchstücken, und 10.000 Tonnen Gemisch 0 bis 45 mm, ebenfalls mit maximal 10 % Überkorn (vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 9). Hierin ist eine ergebnisorientierte Beauftragung, d.h. die Beauftragung mit der Herstellung eines bestimmten Werkes zu sehen. Zwar ist dieses Angebot nicht unverändert, sondern modifiziert angenommen worden und die Parteien streiten darüber, ob eine weitere Konkretisierung der Endqualität ("FSS B2") hinsichtlich beider Chargen oder lediglich hinsichtlich der ersten Charge vereinbart worden ist. Dies ist für die Beurteilung des Vertragscharakters jedoch unerheblich, weil es - in Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag - den Werkvertragscharakter allenfalls verstärken könnte.
Soweit sich die Klägerin auf weitere Vereinbarungen Anfang März 2006 beruft, vermag dies die getroffene Bewertung nicht zu beeinflussen. Mit zwei Schreiben jeweils vom 6. März 2006 (Anlagen K 4 und K 5, GA Bd. I Bl. 14 f.) werden Modifizierungen der Soll-Leistungen im Hinblick darauf vorgenommen, dass die erste Charge zu viel zu kleinteiliges Material enthielt, so dass deren Eignung als Frostschutzschichtmaterial in Frage stand. Diese Vertragsänderungen berühren jedoch weder die Einschätzung, dass nach wie vor eine bestimmte, vorab definierte Endqualität der Brecherarbeiten vereinbart ist, noch verändern sie - worauf es nachfolgend ankommt - die ursprüngliche Vereinbarung zum Maximalanteil an sog. Überkorn. Die Vereinbarungen beziehen sich allein auf die zusätzliche Ausscheidung von Kleinstkorngrößen.
Die Vertragsbeziehung zwischen den Prozessparteien stellt auch keinen Werklieferungsvertrag dar. Durch § 651 Satz 1 BGB n.F. ist der Anwendungsbereich des Kaufrechts zwar erheblich ausgeweitet worden, um den Vorgaben des Verbraucherschutzes nach dem Gemeinschaftsrecht besser gerecht werden zu können (vgl. nur Sprau in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 651 Rn. 1). Dieser Schutzzweck der Norm ist durch den hier streitgegenständlichen Vertrag zwischen zwei Unternehmen schon nicht betroffen. Die Abgrenzung zwischen Werk- und Werklieferungsvertrag hat jedoch unter funktionaler Betrachtungsweise zu erfolgen (so auch Sprau, a.a.O., Rn. 4 unter Verweis auf BGH NJW 2006, 904), d.h. danach, ob der Schwerpunkt der Verpflichtung des Leistungserbringers in der Eigentumsverschaffung an neuen beweglichen Sachen besteht - dann ist Kaufrecht anwendbar - oder ob die Schöpfung eines über die Sache hinausgehenden Gesamterfolgs Vertragszweck ist. Hier sollte die Klägerin ihre Leistung an einer ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellten beweglichen Sache, dem Betonbruch, erbringen. Sie sollte auch keine völlig neue Sache herstellen und "liefern", sondern die Wiederverwendbarkeit des bereits vorhandenen Baumaterials durch bloße Zerkleinerung erreichen.
2. Die Voraussetzungen für die Fälligkeit von Werklohn nach § 640 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt.
Die Klägerin hat zwar Brecherleistungen im genannten Zeitraum erbracht, die Beklagte hat diese Leistungen jedoch nicht als vertragsgerecht erbracht abgenommen i.S.v. § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte hat vielmehr mit Schreiben vom 27. März 2006 (Anlage B 5, GA Bd. I Bl. 69) die Abnahme ausdrücklich verweigert, denn sie hat die Qualität des Endmaterials erheblich beanstandet und Nacharbeiten zur Erreichung des vereinbarten Soll-Zustandes verlangt. Sie hat zur Streitbeilegung auf einen Termin zur gemeinsamen Prüfung der Qualität des Endmaterials hingewirkt, der allerdings nicht zustande kam. Deutlicher kann eine Vertragspartei eine Ablehnung der Leistung als vertragsgerecht erbracht kaum zum Ausdruck bringen. Im Hinblick auf diese eindeutige Abnahmeverweigerung sind die von der Klägerin angeführten tatsächlichen Umstände nicht geeignet, auf eine konkludente Abnahme schließen zu lassen. Dies betrifft sowohl den Umstand, dass die Beklagte die Rechnung der Klägerin zunächst unter einem anderen Aspekt beanstandete, als auch die angebliche teilweise Abfuhr des Materials vom Lagerungsort. Die Beklagte hat hierzu im Übrigen ein Schreiben ihrer Hauptauftragnehmerin vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass diese die Qualität des Endmaterials ebenfalls nicht hinzunehmen bereit war.
Die Abnahme war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, insbesondere waren die Leistungen nicht abnahmereif i.S.v. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klägerin hat die Abnahmereife nicht schlüssig dargelegt. Hierfür genügte es nicht, die von der Beklagten behaupteten Mängel einfach zu bestreiten.
Die Beklagte hat vereinzelt und unter Vorlage eines Testates eines Ingenieurbüros dargelegt, dass das Endmaterial der Arbeiten im o.g. Zeitraum zu etwa 43 % Überkorn enthielt, d.h. das nahezu die Hälfte des zu zerkleinernden Materials nicht ausreichend gebrochen worden war. Die Klägerin hat dem gegenüber schon nicht ausdrücklich behauptet, dass die der Überkornanteil geringer war, sondern sich argumentativ vor allem gegen eine entsprechende Konkretisierung ihrer Leistungspflicht im Vertrag gewandt. Auch dem vorgerichtlichen Schriftwechsel ist zu entnehmen, dass die Klägerin die unzureichende Zerkleinerung des Materials teilweise mit mangelnden Mitwirkungsleistungen der Beklagten zu rechtfertigen versucht, nicht etwa mit dem Verweis auf eine ordnungsgemäße Zerkleinerung.
Zudem ist die Klägerin für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB auch beweisfällig geblieben. Zum ergänzenden Sachvortrag und zum Beweisantritt hätte sie sich jedoch spätestens durch den gerichtlichen Hinweis vom 28. November 2006 (vgl. GA Bd. I Bl. 80 f.) veranlasst sehen müssen. Dort war die Anwendbarkeit von Werkvertragsrecht auch vom erstinstanzlichen Gericht (noch) angenommen und daher der Hinweis erteilt worden, dass die Klägerin die Voraussetzungen einer Abnahme noch nicht vorgetragen habe. Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2007 war nochmals der Hinweis darauf ergangen, dass bislang weder zur Abnahme noch zur Pflicht zur Abnahme schlüssig vorgetragen worden sei (vgl. Sitzungsprotokoll GA Bd. I Bl. 139 f.).
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
2. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Ende der Entscheidung
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