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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 25.09.2006
Aktenzeichen: 1 Verg 10/06
Rechtsgebiete: VgV


Vorschriften:

VgV § 13
1. Die Vorabinformationspflicht nach § 13 VgV besteht auch im Verhandlungsverfahren nach VOF. Sie ist nicht nur gegenüber den Bietern begründet, die zur Durchführung von Auftragsverhandlungen ausgewählt worden sind, sondern auch gegenüber einem Bewerber, der objektiv zu Unrecht nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist.

2. Fordert der öffentliche Auftraggeber in den Bewerbungsbedingungen zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Bewerber und ihrer Nachunternehmer für jeden Leistungsausführenden eine Erklärung über dessen Gesamtumsatz der letzten drei Geschäftsjahre sowie über den jeweiligen Teilumsatz mit denjenigen Leistungen, deren Ausführung der Erklärende übernehmen soll, so ist eine Erklärung über den "Gesamtumsatz der entsprechenden Leistungen" jedenfalls unvollständig.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Beschluss

1 Verg 10/06 OLG Naumburg

verkündet am: 25.09.2006

In dem Vergabenachprüfungsverfahren (Beschwerdeverfahren)

betreffend die u.a. im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Januar 2006 (ABl. S-3) ausgeschriebene Vergabe des Dienstleistungsauftrags "Architektenleistungen und Fachingenieurleistungen zum Umbau und zur Umnutzung eines ehemaligen Silo-Getreidespeichers und eines Boden-Getreidespeichers zu einer Denkfabrik (Büronutzung mit bis zu 20 % Wohnnutzung)",

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und Grimm und die Richterin am Oberlandesgericht Engelhard im schriftlichen Verfahren mit Schlusstermin am

5. September 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Mai 2006, 2 VK LVwA 18/06, soweit er sich auf das o.a. Vergabeverfahren bezieht, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu tragen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist eine Kapitalgesellschaft privaten Rechts, die mit der Landeshauptstadt Magdeburg einen Entwicklungsträgervertrag geschlossen hat, wonach sie als Entwicklungsträgerin die ihr von der Stadt übertragenen Aufgaben nach deren Beschlüssen und Weisungen im eigenen Namen für die Rechnung der Stadt als deren Treuhänderin ausführt.

Sie hatte den oben genannten Dienstleistungsauftrag mit einem Netto-Auftragswert von mindestens 1 Mio. EUR bereits im Februar 2005 EU-weit im Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb auf der Grundlage der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) - Ausgabe 2002 - zur Vergabe ausgeschrieben. Dieses Vergabeverfahren war nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gewesen. Nach Wiederholung der Wertung im Teilnahmewettbewerb, Eingang der Angebote der zur Angebotsabgabe im Verhandlungsverfahren aufgeforderten Bieter und deren Wertung in der ersten Wertungsstufe war nur eine Bieterin, die hiesige Antragstellerin, verblieben. Die Antragsgegnerin hatte darauf hin am 27. Dezember 2005 beschlossen, das Verfahren zu beenden und ein neues einzuleiten. Mit Schreiben vom 5. Januar 2006, welches mit einfacher Post versandt worden und der hiesigen Antragstellerin am 9. Januar 2006 zugegangen war, hatte die Antragsgegnerin ihr mitgeteilt, dass sie die Ausschreibung nach § 17 Abs. 5 VOF "abbreche" und das Vergabeverfahren neu einleiten werde. Die hiesige Antragstellerin hatte den Verzicht auf die Auftragserteilung im ursprünglichen Vergabeverfahren am 13. Januar 2006 als vergaberechtswidrig gerügt. Nachdem dies erfolglos geblieben war, hatte sie die Nachprüfung der Aufhebung der Ausschreibung beantragt. Die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hatte der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 3. März 2006, 2 VK LVwA 2/06, aufgegeben, das im Februar 2005 begonnene Vergabeverfahren fortzuführen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hatte der Senat mit seinem Beschluss vom 17. Mai 2006, 1 Verg 3/06, als unbegründet zurückgewiesen.

Zuvor, am 3. Januar 2006, sandte die Antragsgegnerin die Vergabebekanntmachung für die erneute Ausschreibung desselben Auftrags im beschleunigten Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb ab. Die Vergabebekanntmachung wurde u.a. im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Januar 2006 (ABl. S-3) veröffentlicht. Die Antragsgegnerin gab darin an, mindestens mit drei Bewerbern, höchstens mit fünf Bewerbern Auftragsverhandlungen durchzuführen (Ziffer IV.1.2.). Die Antragstellerin bewarb sich auch in dieser Ausschreibung. Nach der formalen Prüfung und der Prüfung auf Vollständigkeit schloss die Antragsgegnerin 67 der 70 Bewerber, darunter die Antragstellerin, aus und forderte die verbleibenden drei Bewerber, darunter die Beigeladene, zur Angebotsabgabe auf. Sie informierte die Antragstellerin zunächst nicht über das Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs. Lediglich zwei der drei Bieter reichten fristgerecht ein Angebot ein. Am 10. Februar 2006 führte die Antragsgegnerin eine Verhandlungsrunde mit diesen zwei Bietern durch. Sie beabsichtigt, den Auftrag der Beigeladenen zu erteilen.

Die Antragstellerin rügte bereits unter dem 9. Februar 2006 im Hinblick auf das Ausbleiben einer Aufforderung zur Angebotsabgabe vorsorglich ihre Nichtauswahl als vergaberechtswidrig. Die Antragsgegnerin bestätigte zwar den Eingang dieses Schreibens, beantwortete es aber erst mit Schreiben vom 24. Februar 2006, welches zudem mit einfacher Post übersandt wurde und deshalb am 1. März 2006 bei der Antragstellerin einging. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit, dass sie nicht mehr berücksichtigt werden könne, weil in ihrem Teilnahmeantrag eine - abweichend von den Teilnahmebedingungen der ursprünglichen Ausschreibung nunmehr auch für einen etwaigen Nachunternehmer geforderte - Erklärung über den Gesamtumsatz und den anteiligen Umsatz vergleichbarer Dienstleistungen in den letzten drei Geschäftsjahren nicht eindeutig sei. Die Antragstellerin rügte die Ausschlussentscheidung am 2. März 2006 als vergaberechtswidrig und gab an, dass der Gesamtumsatz und der Umsatz mit vergleichbaren Leistungen bei dem als Nachunternehmer angegebenen Architekten identisch seien. Die Antragsgegnerin ging mit Schreiben vom 6. März 2006, vom 8. März 2006 und vom 10. März 2006 auf die Rüge inhaltlich ein; mit letzterem Schreiben teilte sie mit, dass sie - auch im Hinblick auf die zwischenzeitliche Zustellung der o.a. Entscheidung der Vergabekammer vom 3. März 2006 - das neu eingeleitete Vergabeverfahren aussetze und daher zunächst auch von einer weiteren Prüfung und Beantwortung der Rüge absehe. Es werde allein das ursprüngliche Vergabeverfahren betrieben werden. Mit Schreiben vom 16. März 2006 bekräftigte die Antragsgegnerin nochmals, dass sie das neue Vergabeverfahren nicht vor Abschluss des s.g. alten Vergabeverfahrens fortsetzen werde. Tatsächlich nahm die Antragsgegnerin unter dem 13. Februar 2006 eine Wertung der Angebote im zweiten Vergabeverfahren vor, erteilte den beiden anderen Bietern neben der Beigeladenen am 16. Februar 2006 eine Vorabinformation nach § 13 VgV und übersandte der Beigeladenen am 15. März 2006 und am 16. März 2006 jeweils eine Ergänzung / Änderung zu dem in deren Angebot enthaltenen Vertragsentwurf nach Maßgabe der Ergebnisse des Verhandlungsgesprächs vom 10. Februar 2006 mit Bitte um kurzfristige Rückantwort bis zum 17. März 2006. Die Rückantwort ging auch fristgerecht ein.

Mit Schreiben vom 17. März 2006 (Freitag) lud die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einem Verhandlungsgespräch im ursprünglichen Vergabeverfahren zum 21. März 2006 (Dienstag). Die Bitte der Antragstellerin um Terminsverlegung um einen Tag wegen der Verhinderung ihres Projektleiters wies die Antragsgegnerin ab. Am 21. März 2006 ab 14:30 Uhr führten die Antragstellerin und die Antragsgegnerin ein Verhandlungsgespräch im ursprünglichen Vergabeverfahren durch. Nach Abschluss des Gespräches, in dessen Verlauf die Antragsgegnerin der Antragstellerin kein endgültiges Ergebnis mitgeteilt hatte, erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen den Auftrag im zweiten Vergabeverfahren mit Schreiben vom 21. März 2006, vorab per Fax um 18:39 Uhr. Der Antragstellerin teilte sie mit Schreiben vom 27. März 2006 mit, dass deren Angebot im ursprünglichen Vergabeverfahren "im Hinblick auf die Übernahme der Termin- und Kostenverantwortung nicht die verlangte Gewähr für die von uns geforderte Leistungserfüllung" biete, weshalb sie sich entschlossen habe, das ursprüngliche Vergabeverfahren ohne Auftragserteilung zu beenden.

Nachdem die Antragstellerin diese Entscheidung im ursprünglichen Vergabeverfahren gerügt und die Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren aufgefordert hatte, das Verfahren zunächst nicht weiter zu führen, teilte ihr die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3. April 2006 weiter mit, dass sie das zweite Vergabeverfahren inzwischen fortgesetzt und mit einer Auftragserteilung abgeschlossen habe. "Der guten Ordnung halber" wolle sie die Rüge der Antragstellerin "gern beantworten"; die hierzu abgegebenen Erklärungen über die Identität der geforderten Umsatzzahlen seien nicht berücksichtigungsfähig, weil sie nicht innerhalb der Bewerbungsfrist abgegeben worden seien.

Mit Fax-Schreiben vom 31. März 2006 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit dem Ziel beantragt, dass der Antragsgegnerin untersagt werden möge, in dem 2006 eingeleiteten Vergabeverfahren vor Ablauf von zwei Wochen nach der Beendigung des im Jahre 2005 eingeleiteten Vergabeverfahrens einen Auftrag zu erteilen, und ihr zugleich aufzugeben, im Falle der Fortführung des 2006 eingeleiteten Vergabeverfahren die Auswahl der Bieter im Teilnahmewettbewerb zu wiederholen.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass zumindest ein Vertragsschluss in einem neuen Vergabeverfahren vor Beendigung der ursprünglichen, auf Erteilung dieses Auftrags gerichteten Ausschreibung unzulässig sei, weil er den effektiven Rechtsschutz eines Bieters gegen eine vermeintlich rechtswidrige Aufhebung zunichte mache. Der Ausschluss ihrer Bewerbung sei zu Unrecht erfolgt, weil ihrer Bewerbung alle geforderten Angaben zu entnehmen seien. Hinsichtlich des Nachunternehmers käme es zudem auf dessen finanzielle Leistungsfähigkeit nicht an.

Die Antragsgegnerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei, weil er erst nach der Auftragserteilung eingereicht worden sei. Der Vertragsschluss sei auch nicht etwa unwirksam; die Antragstellerin sei über die beabsichtigte Zuschlagserteilung nicht zu informiere gewesen. Ihre Erklärung gegenüber der Antragstellerin hinsichtlich der Aussetzung des zweiten Vergabeverfahrens führe nicht zu einer Nichtigkeit des gleichwohl geschlossenen Vertrages.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss vom 30. Mai 2006 als unzulässig verworfen. Sie stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass der Nachprüfungsantrag erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch Auftragserteilung eingereicht worden sei. Der Vertrag sei auch im Hinblick auf § 13 VgV nicht unwirksam, weil der Antragstellerin gegenüber keine Pflicht zur Vorabinformation bestanden habe.

Gegen diese ihr am 6. Juni 2006 zugestellte Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 19. Juni 2006 erhobene und am selben Tage vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist u.a. der Meinung, dass der Nachprüfungsantrag zulässig sei, weil das Vergabeverfahren noch nicht wirksam abgeschlossen worden sei. Der Vertrag zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin sei nach § 13 Satz 6 VgV nichtig. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, sie über die beabsichtigte Auftragserteilung zu informieren. Denn über ihre Rüge hatte sie noch nicht abschließend entschieden. Die Antragsgegnerin habe sie über den tatsächlichen Stand des zweiten Vergabeverfahrens bewusst getäuscht, um die Inanspruchnahme von Rechtsschutz zu vereiteln. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet, weil der Ausschluss der Antragstellerin als Bewerberin vergaberechtswidrig gewesen sei. Die Bewerbungsunterlagen seien vollständig gewesen; weder der ursprünglich angegebene noch die im Verlaufe des Nachprüfungsverfahrens ergänzten Ausschlussgründe seien sachgerecht.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 30. Mai 2006, 2 VK LVwA 18/06, aufzuheben und

es der Antragsgegnerin zu untersagen, bis zu einem Zeitpunkt von 14 Tagen nach der Beendigung des am 17. Februar 2005 eingeleiteten (ersten) Vergabeverfahrens, mindestens jedoch bis zum Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung im Nachprüfungsverfahren 12/06 und der Beachtung dieser Entscheidung durch die Antragsgegnerin, in dem am 3. Januar 2006 eingeleiteten (zweiten) Vergabeverfahren den Auftrag zu erteilen sowie

es der Antragsgegnerin aufzugeben, im Falle der Fortführung des am 3. Januar 2006 eingeleiteten (zweiten) Vergabeverfahrens dies ab der Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bieter unter Beachtung der Rechtsauffassungen des Senats zu wiederholen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen im Wesentlichen die angefochtene Entscheidung und vertiefen u.a. die Ansicht, dass die Antragstellerin den Umfang der geforderten Bewerbungserklärungen nicht rechtzeitig gerügt habe, weswegen ihm eine Berufung auf vermeintlich nicht sachgerechte Forderungen verwehrt sei.

Der Senat hat mit Zustimmung aller drei Beteiligten durch Beschluss vom 9. August 2006 die Durchführung eines schriftlichen Verfahrens mit Schlusstermin am 5. September 2006 angeordnet. Die Beteiligten haben diese Frist zur Ergänzung ihrer Stellungnahmen jeweils genutzt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache letztlich keinen Erfolg.

Die Vergabekammer hat zu Recht die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin festgestellt.

1. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig. Es wurde frist- und formgerecht (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB) beim zuständigen Gericht (§ 116 Abs. 3 S. 1 GWB) eingelegt. Die auch im Beschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfenden allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens (§§ 98 bis 100, 102, 107 Abs. 1, 108 GWB) liegen vor.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig. Er ist erst nach dem wirksamen Vertragsschluss zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen bei der Vergabekammer und mithin nach wirksamer Beendigung des Vergabeverfahrens eingereicht worden.

2.1. Allerdings beruft sich die Antragstellerin zu Recht darauf, dass § 13 VgV auch auf die Auftragserteilung im Verhandlungsverfahren nach der VOF anwendbar ist (vgl. nur OLG Dresden, Beschluss v. 16. Oktober 2001, W Verg 7/01 "Müllentsorgungsfahrzeuge" = VergabeR 2002, 142; Portz in: Müller-Wrede, VOF 2. Aufl. 2003, § 13 VgV Rn. 6) und dass als Adressaten einer nach dieser Vorschrift gebotenen Vorabinformation über die beabsichtigte Auftragserteilung neben den zur Angebotsabgabe aufgeforderten und hinsichtlich der Vergabe unterlegenen Bietern auch diejenigen Bewerber anzusehen sind, die zu Unrecht nicht als Bieter ausgewählt worden sind. Dies gilt umso mehr für einen Bewerber, der - wie hier die Antragstellerin - seine vermeintlich vergaberechtswidrige Nichtauswahl als Bieter bereits gerügt und dem die Vergabestelle - wie hier die Antragsgegnerin - eine Prüfung seiner Rüge zugesagt hat.

Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin entgegen ihrer Auffassung im Nachprüfungsverfahren nicht entsprechend vorab informiert. Das Schreiben vom 24. Februar 2006 entsprach keineswegs dem Verfahrensstand, wie die Antragsgegnerin glauben machen will. Zu diesem Zeitpunkt war ausweislich des Vergabevermerks die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen bereits gefallen, die beiden anderen Bieterinnen waren hierüber bereits informiert worden. Es bleibt nur darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin mit dieser Unterlassung einer Vorabinformation an die Antragstellerin ein hohes Risiko einging.

2.2. Das Bestehen einer Vorabinformationspflicht nach § 13 VgV gegenüber einem Bewerber ist letztlich jedoch davon abhängig, ob sich die Entscheidung der Vergabestelle, diesen Bewerber nicht als Bieter auszuwählen, als objektiv vergaberechtswidrig erweist. Dies ist hier im Hinblick auf die Antragstellerin nicht der Fall.

Es kann offen bleiben, inwieweit die von der Antragsgegnerin geforderten Nachweise und Erklärungen zum Nachweis der Eignung der Bewerber innerhalb der sehr kurzen Bewerbungsfrist vergaberechtskonform waren oder nicht. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Verschärfung der Anforderungen gegenüber der ursprünglichen Ausschreibung insbesondere für solche Bewerber einen erschwerten Zugang zum Verhandlungsverfahren bedeuteten, die auf die Hinzuziehung von Nachunternehmern angewiesen waren. Inwieweit diese Zugangserschwerungen sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig waren, mag zweifelhaft sein, ist im vorliegenden Verfahren von den Beteiligten aber auch nicht ausreichend erörtert worden. Die Auswahl der geforderten Eignungsnachweise und -erklärungen ist von der Antragstellerin jedenfalls nicht innerhalb der Bewerbungsfrist gerügt worden, so dass die Antragstellerin nunmehr mit entsprechenden Rügen nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert ist. Der Senat hat von dem vorgegebenen Anforderungsprofil auszugehen.

Danach hat die Antragstellerin zumindest die Erklärung über den Gesamtumsatz ihres Nachunternehmers, des Architekten G. Sch. , und über dessen anteiligen Umsatz "für entsprechende Dienstleistungen" nicht vollständig abgegeben. Die Forderung war eindeutig so zu verstehen, dass bei einem Nachunternehmer dessen Gesamtumsatz sowie dessen Teilumsatz mit denjenigen Leistungen, die ihm im Rahmen des Nachunternehmerauftrages übertragen werden sollten, anzugeben waren. Da dem Nachunternehmer der Antragstellerin lediglich Aufgaben im Bereich der Objektplanung i.S. der Leistungsphasen 2 bis 4 nach § 15 HOAI übertragen werden sollten, dieser aber als Architekt in den vergangenen Jahren ausweislich seiner Referenzobjekte auch andere Dienstleistungen erbracht hatte, waren der Gesamtumsatz des Büros und der hier interessierende Teilumsatz keineswegs identisch. Die wohl ausschließlich als Gesamtumsatz aufzufassenden Beträge in der Erklärung des Nachunternehmers vom 12. Januar 2006 stellen demnach eine unvollständige Erklärung dar, die von der Antragstellerin in den Bewerbungsunterlagen auch nicht ergänzt worden ist.

2.3. Soweit sich die Antragstellerin - tatsächlich zutreffend - darauf beruft, dass die Antragsgegnerin sie arglistig getäuscht hat über den Stand des (zweiten) Vergabeverfahrens und über eine angeblich offene Prüfung der von ihr erhobenen Rüge, steht dies der Wirksamkeit des erteilten Auftrags nicht entgegen. Insoweit käme allenfalls eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht, welche jedoch ein kollusives Mitwirken der Beigeladenen voraussetzte. Hierfür sind tatsächliche Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3. Die Entscheidung über die Kostentragung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Der Senat legt dabei den von der Antragsgegnerin geschätzten Mindestauftragswert zugrunde.

Ende der Entscheidung

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