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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 1 Verg 2/07
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 128 Abs. 2 Satz 1
1. Ist ein Nachprüfungsantrag auf die Fortsetzung von Auftragsverhandlungen zur Vergabe einer Baukonzession für ein Fußballstadion und eine Sportarena gerichtet, so ist für die Gebührenberechnung im Nachprüfungsverfahren der Bruttoauftragswert der gesamten Baukonzession maßgeblich. Ob der Auftraggeber inzwischen von der Absicht der Beschaffung einer Sportarena Abstand genommen hat, ist kostenrechtlich unerheblich.

2. Auf die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens i.S.v. § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB hat die Art der Maßnahme zur Wiederherstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens, die dem Antragsteller vorschwebt, regelmäßig keinen Einfluss.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

verkündet am: 03.04.2007

1 Verg 2/07 OLG Naumburg

In der Vergabesache (Kostenbeschwerde) betreffend die Ausschreibung einer Baukonzession für ein Fußballstadion und eine multifunktionale Sportarena in H.

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und den Richter am Oberlandesgericht Grimm

am 03. April 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 02. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer war die Ausschreibung einer Baukonzession für ein Fußballstadion und eine multifunktionale Sporthalle in H. durch die Antragsgegnerin im Verhandlungsverfahren nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb. Auf beide Teile dieses Projekts erstreckten sich die Anträge der Antragstellerin vom 27.11.2006, die in der Hauptsache die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die Antragsgegnerin begehrte, und außerdem beantragt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Verhandlungen für das laufende Verfahren mit der Antragstellerin nicht ruhen zu lassen, sondern die Verhandlungen auch mit ihr fortzusetzen.

Nachdem die Antragstellerin und die Beigeladene Akteneinsicht erhalten hatten, wurde durch die Vergabekammer Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17.01.2007 bestimmt. Am Abend vor diesem Termin hat die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag zurückgenommen. Mit Beschluss vom 02.02.2007 hat die Vergabekammer das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, die auf insgesamt 12.671,03 EUR festgesetzt wurden.

Die Höhe der festgesetzten Gebühren hat die Kammer unter Berücksichtigung des personellen und sachlichen Verwaltungsaufwands sowie der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrensgegenstandes anhand der Gebührentabelle der Vergabekammern des Landes Sachsen-Anhalt bestimmt. Dabei ist die Kammer von einem Bruttoauftragsvolumen für die Planung, Durchführung und den Betrieb sowohl des Fußballstadions als auch der Sportarena von insgesamt 54.569.880,00 EUR ausgegangen. Der Umstand, dass die Auftraggeberseite im Laufe des Vergabeverfahrens versucht habe, die Sportarena aus dem Vergabeumfang herauszulösen, sei gebührenrechtlich unbeachtlich. Denn dieses Vorhaben verstoße gegen elementare Regeln des Vergaberechts, solange der Auftraggeber nicht das gesamte Vergabeverfahren aufhebe. Anhand des Gesamtauftragswertes betrage die Gebühr hier 29.784,94 EUR, die aber durch die regelmäßige Höchstgebühr von 25.000,00 EUR begrenzt sei, da weder der Aufwand der Vergabekammer noch die wirtschaftliche Bedeutung des Vorhabens als außergewöhnlich hoch zu bewerten sei. Im Hinblick auf die Rücknahme des Antrags ergebe sich nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB eine Gebühr von 12.500,00 EUR, zuzüglich Auslagen in Höhe von 171,03 EUR.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 13.02.2007, mit der sie eine Herabsetzung der Gebühr auf 2.500,00 EUR beantragt, während sie die festgesetzten Auslagen nicht angreift.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, es sei schon vor Einreichung ihres Nachprüfungsantrages klar gewesen, dass es nur noch um die Ausschreibung des Fußballstadions und nicht mehr um die Sportarena gegangen sei. Dies habe zur Folge, dass auch der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 54.589.880,00 EUR weit übersetzt sei. Die Kosten für die Realisierung des Grundmodells des Stadions, das allein weiterverfolgt worden sei, habe 24.525.000,00 EUR betragen. Aber auch dieser Wert, so meint die Antragstellerin, könne nicht maßgeblich sein, denn zu dem Zeitpunkt, als der Antrag auf Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gestellt worden sei, sei ein Zuschlag noch nicht erteilt gewesen. Deshalb sei die Bedeutung ihrer Anträge weit geringer als die üblicherweise im Vergabenachprüfungsverfahren gestellten Anträge, die regelmäßig auf eine Zuschlagserteilung gerichtet seien. Dementsprechend könne im vorliegenden Fall nicht mehr als der Regelstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,00 EUR zugrunde gelegt werden, 50 % hiervon ergäben die Mindestgebühr von 2.500,00 EUR.

Während die Beigeladene sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, ist die Antragsgegnerin der Kostenbeschwerde teilweise entgegengetreten.

Sie ist der Ansicht, der von der Antragstellerin beantragte Regelstreitwert von 5.000,00 EUR werde dem Verfahren nicht gerecht. Allerdings sei die Antragstellerin zu Recht davon ausgegangen, dass schon vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nur noch die Realisierung des Fußballstadions im Grundmodell Verhandlungsgegenstand gewesen sei. Dieses Grundmodell sei mit Bau- und sonstigen Kosten in Höhe von 24.525.000,00 EUR bemessen worden, so dass dieser Betrag als Gegenstandswert anzusetzen sei.

Mit Zustimmung aller Beteiligten hat der Senat durch Beschluss vom 12.03.2007 das schriftliche Verfahren angeordnet und den 26.03.2007 als Schlusstermin bestimmt.

II.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist statthaft. Eine Entscheidung der Vergabekammer kann auch lediglich im Kostenpunkt gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 GWB angegriffen werden. Das Rechtsmittel ist auch zulässig, denn es wurde form- und fristgerecht erhoben. Der Senat entscheidet hierüber mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten im schriftlichen Verfahren (§§ 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB).

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, denn die Entscheidung der Vergabekammer ist nicht zu beanstanden.

Den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin mit ihren Anträgen selbst bestimmt. Diese Anträge waren gerichtet auf die Feststellung einer Rechtsverletzung sowie die Fortsetzung der Verhandlungen mit der Antragstellerin und bezogen sich ausdrücklich ("im rubrizierten Verfahren") auf die Vergabe der Baukonzession für das Fußballstadion und die Sportarena. Über Beides hätte daher die Vergabekammer entscheiden müssen, wenn es nicht kurz vor dem Verhandlungstermin zur Antragsrücknahme gekommen wäre. Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin sich inzwischen gegen die Umsetzung eines Teils der ausgeschriebenen Projekte entschieden hatte, kommt es angesichts der allein maßgeblichen Anträge der Antragstellerin, die möglicherweise dem Stand des Vergabeverfahrens nicht mehr entsprochen haben, nicht an. Zu Recht hat die Vergabekammer deshalb festgestellt, dass die Überlegungen der Antragsgegnerin, die Sportarena nicht in Auftrag zu geben, gebührenrechtlich unerheblich waren. Auszugehen ist deshalb von dem Gegenstandswert beider Projekte, auf die sich die Anträge der Antragstellerin gleichermaßen bezogen.

Soweit die Antragstellerin ferner meint, die Bedeutung der von ihr gewählten Anträge weiche von dem Gewicht der regelmäßig im Vergabenachprüfungsverfahren gestellten Anträgen, die auf Zuschlagserteilung gerichtet seien, so sehr ab, dass man den Auftragswert hier gar nicht berücksichtigen dürfe, folgt der Senat ihrer Ansicht nicht. Auch wenn die Antragstellerin lediglich die Feststellung einer Rechtsverletzung beantragt, und die Verpflichtung, die Verhandlung mit ihr fortzuführen, begehrt hat, so war das dahinterstehende wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin letztlich ebenfalls auf das Ziel gerichtet, im Verhandlungsverfahren zum Zuge zu kommen oder zumindest einen Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe vorzubereiten.

Schon für die Bewertung des Interesses an der Feststellung einer Rechtsverletzung geht der Senat regelmäßig von dem vollen Auftragswert aus.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO und orientiert sich am Kosteninteresse der Antragstellerin, die eine Reduzierung der Gebühren um 10.000,00 EUR geltend gemacht hat.

Ende der Entscheidung

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