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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: 1 Verg 9/08
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 5
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
1. Ein Bieter ist nach derzeitiger Rechtslage grundsätzlich nicht verpflichtet, die Verdingungsunterlagen bei Zugang unverzüglich auf etwaige Vergabeverstöße zu prüfen. Es ist auch im Hinblick auf § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht zu beanstanden, dass ein Bieter zunächst eine formale Prüfung der Verdingungsunterlagen durch eine Bürokraft veranlasst, bevor eine inhaltliche Befassung durch einen fachkundigen Mitarbeiter erfolgt.

2. Zur Verwirkung eines Nachprüfungsantrages (hier abgelehnt). Eine Bewerbungs- und Vergabebedingung, die die Teilnahme eines Bieters am Wettbewerb davon abhängig macht, dass der Bieter hinsichtlich des Inhalts der Verdingungsunterlagen auf Primärrechtsschutz verzichtet, ist unzulässig und unwirksam.

3. Die Vorschrift des § 97 Abs. 5 GWB ist darauf gerichtet, dass ein öffentlicher Auftraggeber eine an objektiven, willkürfreien und nicht manipulierbaren Kriterien orientierte Auswahl seines Vertragspartners nach der Einzelwirtschaftlichkeit des konkreten Angebots organisiert. Dies kann sowohl durch die Bestimmung des niedrigsten Preises für eine genau definierte Leistung als ausschließliches Wirtschaftlichkeitskriterium als auch durch die Bestimmung mehrerer Wirtschaftlichkeitskriterien für eine im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten bestmögliche Leistung erfolgen.

4. Eine Dokumentation der Gründe für die Entscheidung der Vergabestelle für eine Ausschreibung allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises ist vergaberechtlich jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn nach der konkreten Definition des Leistungs-Solls des Beschaffungsvorgangs sehr homogene, sich nur im Angebotspreis unterscheidende Angebote zu erwarten sind.

5. Das Gleichbehandlungsgebot und das Diskriminierungsverbot stellen Anforderungen an das Verhalten des öffentlichen Auftraggebers bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung, d.h. dass der Auftraggeber die von ihm beeinflussbaren Rahmenbedingungen des Vergabeverfahrens unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gestaltet. Davon unberührt bleiben jedoch Umstände, die nicht auf seine Ausschreibung zurückzuführen sind, sondern insbesondere aus der regelmäßig unterschiedlichen Marktstellung der teilnehmenden Unternehmen resultieren.

6. Ein ungewöhnliches Wagnis i.S. des Vergaberechts liegt nur vor, wenn die für den jeweiligen Vertragstyp rechtlich, wirtschaftlich bzw. technisch branchenübliche Risikoverteilung einseitig und nicht nur unerheblich zu Ungunsten des Auftragnehmers verändert vorgegeben wird (hier abgelehnt für eine Ausschreibung der Sammlung, Beförderung und Entsorgung von Restmüll im Hinblick auf eine satzungsmäßige Reduzierung der Zahl der Mindestentleerungen, auf fehlende Preisgleitklauseln für Kraftstoff und Personalkosten in einem 5-Jahres-Vertrag sowie auf ein beiderseitiges besonderes Kündigungsrecht).

7. Werden formelle Anforderungen an eine Verpflichtungserklärung eines anderen Unternehmens (hier: Notwendigkeit einer Originalunterschrift) nicht eindeutig benannt, so kann der Ausschluss eines Angebotes nicht darauf gestützt werden, dass nach einer von mehreren möglichen Interpretationen der mehrfach geänderten Bewerbungsbedingungen ein Ausschluss zulässig und ggfs. geboten gewesen wäre.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Beschluss

1 Verg 9/08 OLG Naumburg

verkündet am: 5. Dezember 2008

In dem Vergabenachprüfungsverfahren (Beschwerdeverfahren)

betreffend die u.a. im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Februar 2008 (S 30 - 040860) ausgeschriebene Vergabe des Dienstleistungsauftrags "Los 1: Hausmüllsammlung Teilgebiete S. , K. , A. ;

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann, Kühlen und Prof. Dr. Gruber auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners sowie der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) wird der Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008, 2 VK LVwA 9/08, aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Auslagen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1) und zu 2), hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) bleiben auf 4.643,65 € festgesetzt. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten war für den Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1) und zu 2) auch im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer jeweils zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 260.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner, eine kommunale Gebietskörperschaft, schrieb im Februar 2008 einen Abfallentsorgungsauftrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren (Ausführungszeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2013) EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) - Ausgabe 2006 - zur Vergabe aus. Der Auftrag ist in zwei Lose geteilt. Los 1 beinhaltet die Sammlung, den Transport und die Entsorgung von Restmüll, Sperrmüll u.ä. in den Teilgebieten S. , K. und A. ; Los 2 umfasst die Sammlung, den Transport und die Verwertung von Altpapier im gesamten Kreisgebiet. Der Auftrag hat einen Nettoauftragswert von mehr als 4,5 Millionen Euro.

Der Antragsgegner versendete am 15. Februar 2008 die Verdingungsunterlagen; die Angebotsfrist lief bis zum 9. April 2008. Die Antragstellerin hatte bereits während des Laufes der Angebotsfrist zunächst diverse Nachfragen zur Leistungsbeschreibung und zu den Bewerbungsbedingungen gestellt und dann mit Schreiben vom 5. März 2008 eine Vielzahl von Rügen erhoben. Der Antragsgegner ergänzte und modifizierte seine Verdingungsunterlagen mit insgesamt sechs Bieterinformationen in der Zeit vom 26. Februar 2008 bis zum 4. April 2008; im Übrigen wies er die Rügen der Antragstellerin mit Schreiben vom 19. März 2008 als unbegründet zurück. Mit Bieterinformation Nr. 7 vom 7. April 2008 verlängerte er die Angebotsfrist um eine Woche bis zum 16. April 2008.

Innerhalb der Angebotsfrist gingen Angebote von insgesamt elf Bieter ein, und zwar insgesamt neun Angebote für Los 1 (darunter beide Beigeladene und die Antragstellerin) und neun Angebote für Los 2 (darunter die Beigeladene zu 2) und die Antragstellerin).

Der Antragsgegner hatte bereits in der Vergabebekanntmachung angekündigt, dass er die Erteilung des Zuschlags ausschließlich vom Kriterium des niedrigsten Angebotspreises abhängig machen wolle. Im Rahmen seiner Angebotswertung ermittelte er für das Los 1 das Angebot der Beigeladenen zu 1) als das preisgünstigste Angebot, gefolgt vom Angebot der Antragstellerin. Für das Los 2 ermittelte der Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen zu 2) als dasjenige zuschlagfähige Angebot mit dem niedrigsten Festpreis, zweitplatziert war auch hier das Angebot der Antragstellerin.

Nach Zugang der Vorabinformation über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladenen zu 1) und zu 2) am 10. Juni 2008 rügte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner am 13. Juni 2008, dass die Zuschlagsentscheidung vergaberechtswidrig sei. Sie berief sich u.a. darauf, dass die Prüfung der Vollständigkeit der geforderten Eignungsunterlagen sowie die inhaltliche Prüfung der Eignung beider Zuschlagsaspiranten nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Zudem bekräftigte sie die Aufrechterhaltung ihrer Rügen der Leistungsbeschreibung vom 5. März 2008. Der Antragsgegner half diesen Rügen nicht ab.

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2008 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit dem Ziel beantragt, dass dem Antragsgegner untersagt werden möge, den Zuschlag für Los 1 an die Beigeladene zu 1) und denjenigen für Los 2 an die Beigeladene zu 2) zu erteilen.

Die Vergabekammer hat nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss vom 21. August 2008 angeordnet, dass der Antragsgegner die Ausschreibung aufzuheben habe. Sie stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen auf erhebliche Verletzungen des Transparenzgebotes durch eine in mehreren Einzelpunkten unzureichende Vergabedokumentation.

Gegen diese ihnen jeweils am 22. bzw. 25. August 2008 zugestellte Entscheidung richten sich die jeweils mit Schriftsatz vom 5. September 2008 erhobenen und am selben Tage vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen sofortigen Beschwerden des Antragsgegners, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2), wobei die Beigeladenen die Entscheidung jeweils nur teilweise angreifen, soweit dasjenige Los betroffen ist, für welches sie jeweils den Zuschlag erhalten sollen.

Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, dass die Rüge der Antragstellerin hinsichtlich der Auswahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium wegen Nichtbeachtung des § 107 Abs. 3 GWB unzulässig, hilfsweise verwirkt sei. Gleiches treffe auf die Rügen zum Inhalt der Leistungsbeschreibung zu. Zudem berief sie sich auf eine Klausel in den Verdingungsunterlagen, wonach jeder Bieter mit der Abgabe seines Angebotes die Verdingungsunterlagen als vergaberechtskonform bestätigt habe.

Der Antragsgegner meint weiter, dass eine Dokumentationspflicht für die Gründe der Auswahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium nicht bestehe.

Er behauptet unter Bezugnahme auf Teile des Vergabevermerks, dass eine zutreffende Bewertung der Vollständigkeit der Eignungsunterlagen sowie des Vorliegens der geforderten Mindesteigenschaften zur Eignung erfolgt sei und für die Angebote beider Beigeladener letztlich keine Ausschlussgründe vorgelegen hätten. In der Sitzung des Senats hat der Antragsgegner vertieft, dass die Formulierungen der Bewerbungsbedingungen hinsichtlich der Frist zur Vorlage der Eignungsunterlagen bzw. zumindest hinsichtlich eines Charakters dieser Frist als Ausschlussfrist unklar gewesen sei. Die Verwendung von Kopien sei zugelassen worden; die Antragstellerin selbst habe sich auch auf die Vorlage von Kopien beschränkt. Eine abschließende Entscheidung hierüber sei nach Konsultation des eigenen Rechnungsprüfungsamtes erfolgt. Die in der Vergabedokumentation enthaltenen Listen zur Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen hätten nur einer übersichtlicheren Erfassung des bisher Vorliegenden gedient, ohne damit inhaltliche Auseinandersetzungen abzuschneiden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen,

hilfsweise, die Wiederholung der Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats anzuordnen bzw.

äußerst hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vergabekammer zurückzuverweisen.

Die Beigeladene zu 1) meint, dass der Antragsgegner ein Wahlrecht bezüglich der Zuschlagskriterien habe und dass die Wahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium auch ohne schriftliche Begründung zulässig sei.

Hinsichtlich der Rügen zur Leistungsbeschreibung meint die Beigeladene zu 1), dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet sei, jegliche Wettbewerbsvorteile des bisherigen Leistungserbringers zu nivellieren. Hier habe der Antragsgegner sich um eine deutliche Verringerung dieser Vorteile bemüht; eine vollständige Aufhebung dieser Vorteile sei nicht möglich gewesen.

Hinsichtlich des Verlangens von Eignungsnachweisen ließen die Verdingungsunterlagen den Zeitpunkt der Vorlage dieser Nachweise nicht hinreichend deutlich erkennen. Jedenfalls sei nicht eindeutig verlangt worden, auch anzugeben, auf Grundlage welcher rechtlichen oder sonstigen Umstände der Zugriff auf Leistungen Dritter möglich sei, für die eine Verpflichtungserklärung des Dritten vorgelegt worden sei. Hilfsweise liege hierin eine unzulässige Verschärfung der ursprünglichen Bewerbungsbedingungen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, soweit er sich auf den beabsichtigten Zuschlag in Los 1 bezieht.

Die Beigeladene zu 2) vertritt ebenfalls die Auffassung, dass es entbehrlich sei, die Auswahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium zu begründen. Im vorliegenden Falle seien weitere Zuschlagskriterien nicht denkbar gewesen, weil die zu beschaffende Leistung so detailliert beschrieben worden sei, dass abweichende Angebote nur hinsichtlich des Preises zu erwarten waren.

Sie meint weiter, dass Kopien für Bewerbererklärungen ausdrücklich zugelassen worden seien. Selbst wenn die Eignungsunterlagen unvollständig gewesen seien, habe dem Antragsgegner ein Ermessen zugestanden, welches er im Sinne eines Nichtausschlusses des Angebotes der Beigeladenen zu 2) ausgeübt habe. Im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beigeladene u.a. ihre Auffassung vertieft, dass eine Verschärfung der Bewerbungsbedingungen im laufenden Vergabeverfahren ohne sachliche Rechtfertigung nicht zulässig gewesen wäre, weshalb eine entsprechende Auslegung der nachfolgenden Bieterinformationen nicht in Betracht komme.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 21. August 2008 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen, soweit er sich auf die beabsichtigte Zuschlagserteilung für das Los 2 bezieht.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) jeweils zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen die angefochtene Entscheidung und vertieft u.a. die Ansicht, dass das nationale Vergaberecht einen Vorrang der Auswahl mehrerer Wirtschaftlichkeitskriterien vorsehe, so dass jede Ausnahme hiervon im Vergabevermerk zu begründen sei.

Eine Aufhebung der Ausschreibung sei auch im Hinblick auf die von ihr erhobenen Rügen zum Inhalt der Leistungsbeschreibung gerechtfertigt.

Soweit der Senat im Rahmen seiner Vorberatung von einer Unzulässigkeit dieser Rügen ausgegangen sei, unterstelle er unzutreffend, dass ein fachkundiger Mitarbeiter der Antragstellerin die Verdingungsunterlagen bereits bei Zugang durchgesehen habe. Er behauptet dagegen, dass die Verdingungsunterlagen zunächst von einer Bürokraft eines verbundenen Unternehmens auf Allgemeinverständlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Bewerbungsbedingungen sowie auf Vollständigkeit der zu benutzenden Formulare geprüft worden sei; die ersten Beanstandungen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner hätten sich ausschließlich auf solche formellen Aspekte beschränkt. Zu einer solchen Vorprüfung habe aus Sicht der Antragstellerin angesichts der weiträumigen Angebotsfrist ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden. Erstmals am Wochenende vom 1./2. März 2008 habe der Geschäftsführer der Antragstellerin die Unterlagen gesehen und inhaltlich bearbeitet; dabei seien ihm die tatsächlichen Umstände, auf die die letztlich am 5. März 2008 erhobenen inhaltlichen Rügen gestützt waren, zur Kenntnis gelangt. Am Folgetag habe eine unternehmensinterne Besprechung und am 4. März 2008 eine Konsultation der Rechtsberater des Unternehmens stattgefunden.

Die Leistungsbeschreibung habe mit den beanstandeten Regelungen jeweils ungewöhnliche Wagnisse auf die Bieter übertragen. Hinsichtlich der Minderung der Anzahl der Mindestentleerungen im Los 1 und der damit verbundenen Preisrisiken sei der Antragsgegner verpflichtet gewesen, Preise nach Mengenkorridoren abzufragen, weil den Bietern eine Prognose der Abfallmengen nicht möglich gewesen sei. Auch sei insbesondere die Verwendung von Preisgleitklauseln hinsichtlich der Kraftstoffpreise und der Personalkosten hier notwendig gewesen.

Für den Fall der Anordnung einer Wiederholung der Wertung hat die Antragstellerin ergänzend ausgeführt, dass ihr Angebot jedenfalls vollständig gewesen sei. Eine Erklärung zur Art des Zugriffs auf fremde Kapazitäten sei nicht verlangt worden. Hinsichtlich des Loses 2 sei die Vorlage von Verpflichtungserklärungen für sie gar nicht erforderlich gewesen, weil sie insoweit über eine eigene Eignung verfüge und von der Fachkunde bzw. Leistungsfähigkeit Dritter nicht abhängig sei.

Soweit die Vorlage von Unterlagen zur Eignungsprüfung verlangt worden sei, sei ungeachtet der verwendeten Formulierungen für jeden fachkundigen Bieter klar gewesen, dass eine Vorlage innerhalb der Angebotsfrist verlangt sei und jedes Versäumnis zum Ausschluss führe. Insoweit sei auch von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen.

Der Senat hat am 13. November 2008 einen Termin der mündlichen Verhandlung durchgeführt; wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen (vgl. GA Bd. II Bl. 8). Die nachfolgend eingegangenen Schriftsätze der Antragstellerin vom 18. November 2008 und des Antragsgegners vom 28. November 2008 haben bei der Entscheidung Berücksichtigung gefunden.

II.

Die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) sind jeweils zulässig; sie haben letztlich auch in der Sache Erfolg.

Die Vergabekammer ist zu Unrecht von Vergaberechtsverletzungen des Antragsgegners ausgegangen; die von der Antragstellerin erhobenen Rügen sind unbegründet, der von der Vergabekammer angenommene Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor.

1. Die Rechtsmittel aller drei Beschwerdeführer sind zulässig. Sie wurden jeweils frist- und formgerecht (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB) beim zuständigen Gericht (§ 116 Abs. 3 S. 1 GWB) eingelegt. Die auch im Beschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfenden allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens (§§ 98 bis 100, 102, 107 Abs. 1, 108 GWB) liegen vor. Insbesondere sind alle drei Beschwerdeführer im Umfang der von ihnen eingelegten Rechtsmittel auch beschwert.

2. Die Vergabekammer ist allerdings im Ergebnis zu Recht von der Zulässigkeit der verschiedenen Einzelrügen der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag ausgegangen.

2.1. Die Antragstellerin hat hinsichtlich aller von ihr im Beschwerdeverfahren weiter verfolgten Rügen ihre Rügeobliegenheiten nach § 107 Abs. 3 GWB erfüllt.

Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn der Antragsteller den im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Vergabeverstoß nicht unverzüglich nach von ihm erlangter Kenntnis der wesentlichen tatsächlichen Umstände des Verstoßes und einer zumindest laienhaften Bewertung des Verhaltens der Vergabestelle als u.U. vergaberechtswidrig gegenüber der Vergabestelle unmissverständlich rügt und ihr dadurch Gelegenheit gibt, den vermeintlichen Verstoß noch im laufenden Vergabeverfahren zu beseitigen. Diese Obliegenheit soll gewährleisten, dass ein Bewerber bzw. Bieter stets zunächst mit der Vergabestelle gemeinsam eine Problemlösung sucht und erst im Falle eines Scheiterns dieser Bemühungen erwägt, ob er konfrontativ im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gegen den vermeintlichen Vergabeverstoß vorgeht.

Nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB wird der Zugang zum Nachprüfungsverfahren weiter dadurch beschränkt, dass neben die Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge, die logisch nur an das positive Erkennen des Vergabeverstoßes anknüpfen kann, eine absolute Rügeausschlussfrist für solche Vergabeverstöße tritt, die sich bereits aus der Vergabebekanntmachung ergeben und allein hieraus erkennbar sind. Aus der gesetzlichen Definition einer Ausschlussfrist ergibt sich zugleich, dass der Bewerber bzw. Bieter zum Erhalt seines Zugangs zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz verpflichtet ist, die Vergabebekanntmachung vor Ablauf dieser Frist auf das Vorliegen von Vergabefehlern zu untersuchen.

Die Erfüllung der Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 GWB ist für jede im Vergabenachprüfungsverfahren erhobene Rüge einzeln zu prüfen, d.h. letztlich ist auch die Beurteilung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages unter diesem Aspekt stets eine geteilte, aus mehreren Einzelentscheidungen zusammengesetzte Entscheidung.

a. Die Antragstellerin hat die Rüge der Unzulässigkeit der Auswahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium am 5. März 2008 erhoben, dies war rechtzeitig i.S. von § 107 Abs. 3 GWB.

Allerdings ist, soweit die Antragstellerin die Auswahl eines einzigen Zuschlagskriteriums generell für vergaberechtswidrig erachtet, hier auch die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB anwendbar. Denn der Antragsgegner hatte bereits in der Vergabebekanntmachung, dort unter Abschnitt IV.2.1. der EU-weiten Bekanntmachung, angegeben, dass er den Zuschlag jeweils auf dasjenige Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen beabsichtige. Mithin war für jeden Interessenten am Auftrag schon vor seiner Nachfrage nach den Verdingungsunterlagen erkennbar, dass der Antragsgegner davon ausging, dass eine Auswahl des anzunehmenden Angebots allein unter Berücksichtigung des Angebotspreises zulässig sei. Eine entsprechende Rüge dieses Steuerungselements der Ausschreibung musste danach spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist erhoben werden. Die ursprüngliche Angebotsfrist lief bis zum 9. April 2008; die Antragstellerin hat diese Frist mit ihrer Rüge vom 5. März 2008 eingehalten.

Hinsichtlich der Rüge einer generell unzulässigen Beschränkung der Auswahl der Zuschlagskriterien auf den niedrigsten Preis hat die Vergabekammer zutreffend festgestellt, dass es der Antragstellerin nicht zu widerlegen sei, dass sie für die Bewertung dieser Auswahl als vergaberechtswidrig auf die Inanspruchnahme von Rechtsberatung angewiesen gewesen sei; diese hat unbestritten erst am 4. März 2008 stattgefunden. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass sich diese Erkenntnis auch einem juristischen Laien aufgedrängt habe. Dem folgt der Senat nicht. Zwar sprechen der Wortlaut der nationalen vergaberechtlichen Vorschriften (§ 97 Abs. 5 GWB und insbesondere § 25 Nr. 3 VOL/A) und auch die Empfehlungen des in der Vergabepraxis weit verbreiteten Vergabehandbuch des Bundes gegen eine Zulässigkeit einer solchen Beschränkung der Wertungskriterien für die Wirtschaftlichkeit des Angebotes, andererseits sind Ausschreibungen, deren Wertung allein nach dem niedrigsten Preis erfolgt, in der Vergabepraxis keine Ausnahmeerscheinungen, was geeignet ist, am vermeintlich Offensichtlichen zu zweifeln. Tatsächlich geht die Vergaberechtsrechtsprechung, soweit ersichtlich, einhellig von der Zulässigkeit einer solchen Beschränkung aus.

Hinsicht der von der Vergabekammer letztlich für begründet erachteten Rüge einer im konkreten Falle fehlenden sachlichen Rechtfertigung der Auswahl des niedrigsten Preises als einziges Zuschlagskriterium durch den Antragsgegner bzw. zumindest einer unzureichenden Dokumentation derselben ist eine positive Kenntnis der Antragstellerin im Übrigen erst im Verlaufe des Nachprüfungsverfahrens nachzuweisen, weil die Antragstellerin vorher keine Kenntnis von den Beweggründen des Antragsgegners für diese Entscheidung hatte. Insbesondere enthält das Antwortschreiben des Antragsgegners vom 19. März 2008 auf das Rügeschreiben hierzu keine Ausführungen. Der Antragstellerin oblag es jedoch nicht mehr, einen im laufenden Nachprüfungsverfahren von der Vergabekammer bereits aufgegriffenen vermeintlichen Vergabeverstoß gesondert gegenüber dem Antragsgegner zu rügen.

b. Sämtliche Beanstandungen der Antragstellerin gegen den Inhalt der Leistungsbeschreibung, die im vorliegenden Beschwerdeverfahren weiter verfolgt werden, sind mit dem Schreiben der Antragstellerin vom 5. März 2008 auch rechtzeitig i.S. von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt worden.

Allerdings ergibt sich die Rechtzeitigkeit dieser Rügen nicht daraus, dass die Verdingungsunterlagen nach ihrer Übersendung am 15. Februar 2008 ab dem 26. Februar 2008 schrittweise ergänzt und korrigiert worden sind. Hinsichtlich aller späteren Rügen der Antragstellerin ist festzustellen, dass sie ihre tatsächliche Grundlage im Text der ursprünglichen Verdingungsunterlagen haben. Sie richten sich gegen eine vermeintliche Diskriminierung gegenüber dem bisherigen Leistungserbringer (Verstoß gegen § 97 Abs. 2 GWB i.V.m. § 2 Nr. 2 VOL/A) in Gestalt der Rüge der entgeltlichen Übernahme der bisherigen Müllsammelbehälter bzw. gegen die vermeintliche Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse (Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A) durch die Rügen der unterlassenen Regelung einer Preisgleitung, einer unterlassenen Vorgabe von Mengenkorridoren für die Einheitspreise für die Restabfallsammlung und -entsorgung sowie durch die Rüge des § 6 Abs. 2 des Vertragsentwurfes wegen der darin vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit. Die Obliegenheit zur Rüge entstand bei allen genannten Beanstandungen mit der ersten Kenntnisnahme vom Inhalt der Verdingungsunterlagen durch einen fachkundigen Mitarbeiter des Bieters. Denn sowohl für die Bewertung einer Diskriminierung als auch für die Einschätzung eines nicht Kalkulationsrisikos als ein solches, das die normalen vertraglichen unternehmerischen Risiken übersteigt, kommt es allein auf das Wissen und die Erfahrungen eines branchenkundigen Bieters an, nicht etwa auf die Hinzuziehung von externem technischen, wirtschaftlichen oder juristischen Sachverstand. Der Umstand, dass die Verdingungsunterlagen später geändert worden sind, könnte entgegen der Ansicht der Vergabekammer für die Frage der Erfüllung der Rügeobliegenheit nur dann von Bedeutung sein, wenn die Rüge sich gerade auf eine nachträgliche Änderung bezöge, was hier jedoch nicht der Fall ist. Die Rügeobliegenheit eines Bieters entfällt auch nicht etwa im Hinblick auf künftig erwartete oder auch nur für möglich gehaltene Selbstkorrekturen der Vergabestelle.

Die Unverzüglichkeit der vorgenannten Rügen folgt jedoch aus dem nicht widerlegten Vorbringen der Antragstellerin zum Zeitpunkt ihrer Kenntnis i.S. von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat eine erste Durchsicht der Verdingungsunterlagen durch einen fachkundigen Mitarbeiter, hier durch den Geschäftsführer der Antragstellerin selbst, erst am Wochenende des 1./2. März 2008 stattgefunden. Gemessen an diesem Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist eine Rüge am 5. März 2008 jedenfalls unverzüglich. Die behauptete vorherige Durchsicht der Verdingungsunterlagen lediglich durch eine Bürokraft eines verbundenen Unternehmens in formaler Hinsicht auf Vollständigkeit der Formulare und Eindeutigkeit der Bewerbungsbedingungen verschafft hingegen noch keine Kenntnis von den o.g. vermeintlichen Vergabeverstößen.

Dieses Vorbringen der Antragstellerin war entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht prozessual verspätet, denn es erfolgte im Termin der mündlichen Verhandlung, also vor deren Abschluss, und zudem in Reaktion auf den - für die Antragstellerin erstmaligen - Hinweis des Senats auf Bedenken gegen die Unverzüglichkeit der Rügen vom 5. März 2008. Die Vergabekammer hatte eine Rechtzeitigkeit der Rügen aus anderen Gründen angenommen, so dass für die Antragstellerin ein Anlass für weiter gehenden Sachvortrag nicht bestanden hatte.

Das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer wurde gewahrt; alle Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme; der Antragsgegner nahm diese Gelegenheit auch nochmals im Schriftsatz vom 28. November 2008 wahr.

Die Darstellung der Antragstellerin vom arbeitsteiligen Vorgehen wird teilweise durch den Inhalt der Vergabeakte bestätigt: Die ersten Anfragen um sachdienliche Auskünfte wurden nicht von der Antragstellerin selbst, sondern von der R. GmbH & Co. KG in B. in deren Namen und Auftrag gestellt und bezogen sich ausschließlich auf eine Ergänzung der Verdingungsunterlagen durch Nachreichung einzelner Seiten der Leistungsbeschreibung, von diversen Formularen sowie auf eine Anfrage nach der Zahl der Seiten der Leistungsbeschreibung zur Prüfung von deren Vollständigkeit.

Maßgeblich ist jedoch, dass der Antragsgegner den vorgenannten Vortrag der Antragstellerin nicht zu widerlegen vermochte. Soweit er in seinem Schriftsatz vom 28. November 2008 anführt, dass auch das von der Antragstellerin zur Erstprüfung der Verdingungsunterlagen eingeschaltete verbundene Unternehmen über Branchenkenntnis und -erfahrungen verfügt, genügt dies für einen entsprechenden Nachweis nicht. Es berücksichtigt insbesondere nicht das Vorbringen der Antragstellerin zur arbeitsteiligen Vorgehensweise mit der Beschränkung der Erstprüfung auf Formalien durch eine Bürokraft. Eine solche Vorgehensweise ist zulässig, insbesondere ist ein Bieter nicht verpflichtet, die Verdingungsunterlagen unmittelbar nach Zugang auf etwaige Vergabeverstöße hin durchzusehen.

Schließlich oblag es der Antragstellerin hier nicht, die vermeintliche Diskriminierung gegenüber dem bisherigen Leistungserbringer erneut zu rügen, nachdem der Antragsgegner seine Verdingungsunterlagen insoweit durch die Bieterinformation Nr. 6 vom 4. April 2008 dahin geändert hatte, dass statt des Sachwertes der Verkehrswert der Behälter für die Preisbildung beim Erwerb zu Vertragsbeginn und für die Veräußerungsoption bei Vertragsbeendigung maßgeblich sein solle. Diese Änderung der Verdingungsunterlagen stellte, wenn überhaupt, nur eine teilweise Abhilfe zur erhobenen Rüge dar. Eine Bekräftigung der Aufrechterhaltung der Rüge ist bei einer Teilabhilfe regelmäßig nicht erforderlich, jedenfalls trifft dies in der vorliegenden Konstellation zu.

c. Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin auch die Rüge der unzureichenden Prüfung und Bewertung der Vollständigkeit der Eignungsnachweise und Erklärungen zur Eignung rechtzeitig erhoben hat. Die Obliegenheit zur Rüge konnte erst nach Zugang der Vorabinformation über das Wertungsergebnis entstehen, mithin am 10. Juni 2008. Die am 13. Juni 2008 beim Antragsgegner zugegangene entsprechende Rüge ist unverzüglich i.S. von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erhoben.

2.2. Die Antragstellerin hat das Recht, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, hinsichtlich keiner der vorgenannten Rügen verwirkt. Dies betrifft insbesondere die bereits am 5. März 2008 erhobenen Rügen, hinsichtlich derer der Antragsgegner mit Schreiben vom 19. März 2008 deutlich erklärt hatte, inwieweit er keine Abhilfe zu schaffen beabsichtigt.

Allerdings wurde in der Spruchpraxis der Vergabekammern und vereinzelt auch in der Rechtsprechung der Vergabesenate eine Verwirkung des Antragsrechts angenommen. Hieran wurden jedoch zu Recht hohe Anforderungen gestellt.

Im vorliegenden Falle scheitert die Annahme der Voraussetzungen einer Verwirkung bereits am sog. Zeitmoment. Der Gesetzgeber hat - zumindest bislang - eine Frist zur Einreichung eines Nachprüfungsantrages nach Mitteilung der Vergabestelle über die Erfolglosigkeit einer Rüge bewusst nicht geregelt. Eine solche Fristbestimmung führt einerseits zu einer Beschränkung des (späteren) Zugangs zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz. Sie kann andererseits aber auch dazu beitragen, dass Nachprüfungsverfahren "höchst vorsorglich" bzw. "fristwahrend" eingeleitet werden, um sich der Möglichkeit der Nachprüfung nicht vorzeitig zu begeben. Dieser letztgenannte Nachteil der gesetzlichen Bestimmung einer Antragsfrist war wohl ausschlaggebend für die aktuell geltende Regelung. Ohne eine Fristbestimmung für die Einreichung eines Nachprüfungsantrages gilt jedoch, dass ein Nachprüfungsantrag auch aus der hier maßgeblichen Sicht einer Vergabestelle grundsätzlich solange eingereicht werden kann, solange das Vergabeverfahren noch nicht beendet ist; teilweise ist sogar die Wirksamkeit der Beendigung des Vergabeverfahrens, z. Bsp. die Nichtigkeit eines Vertragsschlusses wegen Verstoßes gegen ein materielles Zuschlagsverbot oder die fehlende sachliche Rechtfertigung einer Aufhebung, noch einer Nachprüfung zugänglich. Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen musste der Antragsgegner schon in zeitlicher Hinsicht noch mit einem Nachprüfungsantrag rechnen.

Eine Verwirkung scheitert hier aber auch an einem fehlenden sog. Umstandsmoment, d.h. einem Umstand, der bei wertender Betrachtung aus objektivierter Sicht des Antragsgegners dessen Vertrauen rechtfertigte, dass die Antragstellerin die Rügen nunmehr fallengelassen habe. Ein solcher Umstand liegt hier nicht in der Abgabe eines Angebotes durch die Antragstellerin. Die Abgabe eines Angebotes war zur Wahrung der Zuschlagschancen, aber u.U. auch zur Wahrung der Antragsbefugnis in einem späteren Nachprüfungsverfahren notwendig.

Hieran ändert sich nichts durch die vom Antragsgegner in seinen Verdingungsunterlagen verwendete Klausel, dass jeder Bieter mit der Abgabe eines Angebotes die Bewerbungs-, Vergabe- und Vertragsbedingungen anerkenne. Eine solche Bewerbungs- bzw. Vergabebedingung, die eine Teilnahme am Wettbewerb davon abhängig macht, dass der Bewerber bzw. Bieter hinsichtlich der Ausgestaltung der Verdingungsunterlagen auf die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz verzichtet, ist unzulässig und daher unwirksam. Sie geht weit über die gesetzlich geregelte Kooperationspflicht im Sinne einer Rügeobliegenheit ab dem Zeitpunkt der positiven Kenntnis einer vermeintlichen Vergaberechtsverletzung hinaus. Für einen Bieter, der - wie hier die Antragstellerin - bereits konkrete Rügen erhoben hat, bedeutete diese Klausel im Falle ihrer Wirksamkeit, dass er konsequenter Weise ein Angebot nicht abgeben kann oder auf die weitere Verfolgung seiner rechtlichen Interessen verzichten muss. Eine derartige Verknüpfung von Wettbewerbsteilnahme und Rechtsschutzverzicht ist von der Rechtsordnung nicht hinnehmbar.

2.3. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne von § 107 Abs. 2 GWB.

Die Antragstellerin hat durch die Abgabe ihres Angebots, durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens und auch durch ihre Mitwirkung am Beschwerdeverfahren hinlänglich deutlich gezeigt, dass sie ein Interesse an den beiden ausgeschriebenen Teilaufträgen hat. Sie hat Rechtsverletzungen durch den Antragsgegner im Vergabeverfahren geltend gemacht, die sie in ihren eigenen subjektiven Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB betreffen. Für den Fall der Begründetheit einiger Rügen, insbesondere zur Bewertung der Angebote der Beigeladenen zu 1) und zu 2), ist hierdurch eingetretene Verschlechterung der Zuschlagschancen der Antragstellerin offenkundig. Soweit andere Rügen, insbesondere zur Auswahl des Zuschlagskriteriums sowie zur Leistungsbeschreibung, im Falle ihrer Begründetheit grundsätzlich zumindest dazu führten, dass auch die Antragstellerin nochmals ein neues Angebot zu erstellen hätte, ist es nicht ausgeschlossen, dass das neue Angebot der Antragstellerin verbesserte Zuschlagschancen haben könnte. Dies genügt für die Annahme einer Antragsbefugnis.

3. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist insgesamt unbegründet.

3.1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium ausgewählt hat. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer bedurfte es hier keiner Dokumentation der Gründe dieser Auswahlentscheidung.

a. Nach § 97 Abs. 5 GWB soll der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Diese Vorschrift ist in ihrem Verhältnis zur vorstehenden Regelung in § 97 Abs. 4 GWB als Grundentscheidung im Kartellvergaberecht zu interpretieren, wonach die Eignung eines Bieters nur Grundvoraussetzung, aber nicht ausschlaggebendes Kriterium für die Zuschlagserteilung ist und in jedem konkreten Vergabeverfahren der Wettbewerb dadurch von Neuem beginnt, dass es maßgeblich auf die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Angebotes ankommt. Vor dem Hintergrund historischer Entwicklungen soll diese "Weichenstellung" dazu dienen, den ehemaligen "Haus- und Hoflieferanten" abzuschaffen, der seine Aufträge aus personenbezogenen Gründen erhielt, und weiter dazu, wettbewerbs- und wirtschaftlichkeitsfeindliche nationale und regionale Marktabschottungen zu beseitigen und allen Unternehmen des EU-Binnenmarktes die gleiche Chance zur Zuteilung von öffentlichen Aufträgen durch Organisation eines angebotsbezogenen Wettbewerbs zu verschaffen.

Die vergaberechtliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ist darauf gerichtet, eine an objektiven, willkürfreien, (möglichst) nicht manipulierbaren Kriterien orientierte Auswahl des Vertragspartners zu organisieren. Sie hat einen einzelwirtschaftlichen Maßstab, d.h. es geht stets um die Wirtschaftlichkeit des konkreten Beschaffungsvorgangs für den Auftraggeber, nicht um gesamtwirtschaftliche Erwägungen. Nach diesem Begriffsverständnis kann Einzelwirtschaftlichkeit grundsätzlich in zwei Alternativen definiert werden: Einzelwirtschaftlichkeit kann erreicht werden, wenn für eine genau definierte Leistung die Gegenleistung in Form von Entgelt möglichst gering ist, d.h. wenn der vom Auftraggeber zu leistende Aufwand so gering, so minimal, wie möglich, ist (daher auch: Minimalprinzip). Einzelwirtschaftlichkeit kann auch dadurch verwirklicht werden, dass mit den für die Beschaffungsmaßnahme zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln als fixe Größe eine möglichst hochwertige Leistung erworben werden soll, d.h., dass mit einem relativ feststehenden Aufwand das bestmögliche, maximale Ergebnis erzielt werden soll (daher auch: Maximalprinzip).

Die Auswahl, nach welchem der beiden vorgenannten Prinzipien die Einzelwirtschaftlichkeit gewährleistet werden soll, ist letztlich schon keine vergaberechtliche Frage mehr. Für das Erreichen der vergaberechtlichen Zielstellungen der Organisation einer wirklich wirtschaftlichen Beschaffung ausreichend ist es bereits, dass die Auswahl des Vertragspartners nach einem der beiden Prinzipien erfolgt.

Diese Erwägungen haben im Übrigen ausdrücklichen Niederschlag in Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG gefunden, der beide Alternativen der Definition von Einzelwirtschaftlichkeit für ein konkretes Vergabeverfahren als gleichwertig aufführt.

b. Die in der Vorbereitung einer Ausschreibung zu treffende Auswahl von konkreten Zuschlagskriterien setzt die Grundentscheidung über die Anwendung eines der beiden o.g. Prinzipien voraus. Diese Entscheidung muss notwendigerweise für jeden konkreten Beschaffungsvorgang individuell getroffen werden, denn sie ist von der Konzeption der jeweiligen Vergabe und insbesondere von dem definierten Leistungs-Soll abhängig. Die Entscheidung kann daher nur vom jeweiligen Auftraggeber selbst getroffen werden; die Festlegung kann hingegen nicht abstrakt, z. Bsp. durch den Gesetzgeber, erfolgen (so z. Bsp. auch Burgi, VergabeR 2007, 457, 471).

In diesem Sinne hat der Europäische Gerichtshof das Gemeinschaftsrecht auch ausdrücklich ausgelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Oktober 2004, Rs. C-247/02 "Sintesi SpA ./. Autoritá per la Vigilanza sui Lavori Publici" - ZfBR 2005, 203 = NZBau 2004, 685; Urteil v. 28. März 1995, Rs. C-324/93 "Evans Medical Ltd. u.a. ./. Secretary Of State for the Home Department u.a.").

Die nationale Vorschrift des § 97 Abs. 5 GWB besagt nichts Anderes. Allerdings enthält die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Vergaberechtsänderungsgesetzes, mit dem § 97 Abs. 5 GWB in seiner aktuellen Fassung eingeführt worden ist (vgl. BT-Drs. 13/9340, S. 36), und die Antwort der Bundesregierung zur Verteidigung des ursprünglichen Entwurfes durchaus Passagen (ebenda, S. 48), die darauf hindeuten könnten, dass der im Normtext verwendete Begriff der Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Festlegung auf das o.g. Maximalprinzip zu verstehen sei. Semantisch ist dieses Begriffsverständnis jedoch eher fernliegend, die teleologische Auslegung spricht eindeutig gegen eine solche Interpretation. Dem entsprechend geht auch die nationale Rechtsprechung, soweit ersichtlich einhellig, davon aus, dass es in der Dispositionsfreiheit des Auftraggebers liegt, zu bestimmen, worauf es ihm beim Vertragsschluss vor allem ankommt. Grenze sind lediglich willkürliche Zwecke (vgl. nur OLG München, Beschluss vom 17. Januar 2008, Verg 15/07 "Lärmschutz-Einhausung" - VergabeR 2008, 574 = NZBau 2008, 280). Selbst wenn die vorausgeführte Auslegung des § 97 Abs. 5 GWB durch den Senat nicht zwingend wäre, sondern nur eine von mehreren möglichen Auslegungsalternativen darstellte, so wäre sie die vorzugswürdige. Denn § 97 Abs. 5 GWB gilt nach seinem Anwendungsbereich für Vergabeverfahren mit EU-weiter Ausschreibungspflicht und stellt insoweit eine Umsetzung von Gemeinschaftsrecht dar. Es ist schon fernliegend, dass der nationale Gesetzgeber bewusst eine Vorschrift erlassen wollte, die mit dem für denselben Regelungsgegenstand geltenden Gemeinschaftsrecht nicht im Einklang steht. Gibt es aber zwei Auslegungsalternativen einer nationalen Rechtsvorschrift, von denen eine gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wie es hier nach dem Vorausgeführten der Fall wäre für die Auslegung des § 97 Abs. 5 GWB im Sinne einer abstrakten Festlegung auf die Anwendung des Maximalprinzips der Einzelwirtschaftlichkeit, so ergibt sich aus der Verpflichtung eines jeden Mitgliedsstaates der Europäischen Union zur effektiven Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, dass Verwaltung und Rechtsprechung in ihrer Rechtsanwendung der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegungsalternative Geltung verschaffen.

c. Der Auffassung des Senats steht schließlich nicht entgegen, dass sowohl § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 VOB/A als auch der hier anwendbare § 25 Nr. 3 VOL/A und ähnlich auch § 16 Abs. 3 VOF nach ihrem Wortlaut von der Wahl mehrerer Zuschlagskriterien und damit von einer Ausschreibung nach dem o.g. Maximalprinzip ausgehen und ausdrücklich die Regelung enthalten, dass der niedrigste Preis allein nicht ausschlaggebend sei. Der Wirtschaftlichkeitsbegriff in den Verdingungsordnungen kann kein anderer sein als derjenige in § 97 Abs. 5 GWB, jedenfalls nicht, soweit Vergabeverfahren mit EU-weiter Ausschreibungspflicht betroffen sind. Die Regelungen in den Verdingungsordnungen, die über den Anwendungsbefehl in den §§ 4 bis 12 VgV die Normqualität von Verordnungsrecht haben, können vom höherrangigen Gesetzesrecht nicht abweichen. Demzufolge ist die Regelung, wonach der Preis allein nicht ausschlaggebend sei, dahin auszulegen, dass dies natürlich dann nicht gelten kann, wenn der Preis das einzige als Zuschlagskriterium ausgewählte Kriterium ist. Die genannten Regelungen sind insgesamt eher als haushaltsrechtliche, nicht als vergaberechtliche Bestimmungen in dem Sinne zu verstehen, dass vorzugsweise nach dem Maximalprinzip ausgeschrieben werden solle.

d. Nach dem Vorstehenden ist vergaberechtlich die Auswahl des Preises als alleiniges Zuschlagskriterium nicht generell unzulässig (ebenso bereits BayObLG, Beschluss vom 9. September 2004, Verg 18/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Mai 2007, VII-Verg 1/07 "Postdienste" - NZBau 2007, 600; VK Bund, Beschluss vom 4. März 2008, VK 2 - 19/08).

e. Die Auswahl des Preises als ausschließliches Zuschlagskriterium ist im konkreten Falle auch in der Sache nicht zu beanstanden. Sie steht insbesondere im Einklang mit der übrigen Gestaltung der Verdingungsunterlagen durch den Antragsgegner. Die Leistungsbeschreibung ist hinsichtlich der den Auftraggeber interessierenden Zielvorgaben, insbesondere Entsorgungssicherheit, Entsorgungshäufigkeit und Abrechnungsgenauigkeit, sehr detailliert und lässt den Eingang sehr homogener Angebote erwarten. Nebenangebote sind nicht zugelassen. Bei Abfallentsorgungsleistungen ist ein Differenzierungspotenzial zwar generell nicht ausgeschlossen, so könnten, wie die Antragstellerin zutreffend ausgeführt hat, insbesondere auch Umweltaspekte bei der Leistungsbewertung berücksichtigt werden. In der konkreten Leistungsbeschreibung sind solche Differenzierungspotenziale jedoch nicht angelegt, und zwar weder im Anforderungsprofil an die Einzelleistungen noch hinsichtlich der geforderten Angebotserläuterungen, die eine Prüfung und Bewertung solcher Umstände überhaupt ermöglichen könnten. Es ist auch weder ersichtlich noch von der Antragstellerin vorgetragen, dass die Entscheidung des Antragsgegners für eine Ausschreibung ausschließlich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises für sie etwa diskriminierend oder willkürlich gewesen sei.

f. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist eine Dokumentation der Gründe des Auftraggebers für die Auswahl des Minimalprinzips vergaberechtlich jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn nach der konkreten Definition des Leistungs-Solls des Beschaffungsvorgangs, wie hier, sehr homogene, sich nur im Angebotspreis unterscheidende Angebote zu erwarten sind (im Ergebnis wohl ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Mai 2007, VII-Verg 1/07 a.a.O.; jedenfalls wird für die Zulässigkeit der Festlegung allein auf das Kriterium des niedrigsten Preises ausschließlich auf die objektiven Umstände abgestellt, eine entsprechende Passage des Vergabevermerks wird nicht erwähnt).

Allerdings ist die Vergabekammer zu Recht davon ausgegangen, dass die Verpflichtung der Vergabestelle, hier des Antragsgegners, zur Dokumentation nicht auf die Angebotsprüfung und -wertung beschränkt ist. Vielmehr ist ein Vergabevermerk fortlaufend während des gesamten Vergabeverfahrens, beginnend bei der Vorbereitung der Ausschreibung, zu führen und soll alle vergaberechtlichen Entscheidungen des Auftraggebers abbilden. Solche vergaberechtlichen Entscheidungen werden auch in der Vorbereitungsphase getroffen, z. Bsp. bei Schätzung des erwarteten Auftragswertes, bei der Auswahl der Vergabeart oder beim Absehen von einer Losaufteilung trotz tatsächlich bestehender Möglichkeiten zu einer Unterteilung des Gesamtauftrages in Lose.

Die Dokumentation des Vergabeverfahrens ist jedoch kein Selbstzweck, sondern dient, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, der Transparenz des Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Die Bestimmung des Leistungs-Solls einer Beschaffungsmaßnahme und damit auch die Bestimmung der Zuschlagskriterien, die Bestandteil der Definition des Beschaffungsbedarfs sind, ist primär keine vergaberechtlich geregelte Angelegenheit, sondern der Auftraggeber unterliegt insoweit regelmäßig den Bestimmungen des Haushaltsrechts, ggfs. auch des Beihilferechts oder kommunalrechtlichen Beschränkungen u.s.w. Das Vergaberecht regelt (nur) die Art und Weise der Beschaffung und enthält Bestimmungen zur Art und Weise der Definition des Leistungs-Solls lediglich im Zusammenhang mit der Organisation eines fairen Wettbewerbs und gleicher Auftragszugangschancen für alle geeigneten Unternehmen mit dem Ziel einer Gewährleistung einer wirtschaftlichen Beschaffung. Der Umfang der vergaberechtlichen Dokumentationspflichten muss sich an diesem Regelungszweck orientieren und messen lassen. Der Vergabevermerk soll gerade (nur) die Einhaltung der Vergaberegeln transparent machen. Eine etwaige Intransparenz haushaltsrechtlich determinierter Entscheidungen kann keine Verletzung subjektiver Bieterrechte aus dem Vergaberecht i.S. von § 97 Abs. 7 GWB begründen. Ihr Aufgreifen bleibt u.U. einer verwaltungsinternen Rechnungsprüfung vorbehalten.

3.2. Die vorgebrachten Rügen zum Inhalt der Leistungsbeschreibung sind unbegründet.

3.2.1. Die Leistungsbeschreibung verletzt durch die Vorgabe einer Erwerbspflicht hinsichtlich der bereits eingesetzten Müllsammelbehälter zu festgesetzten Preisen nicht das vergaberechtliche Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter.

Das Gleichbehandlungsgebot und das Diskriminierungsverbot stellen Anforderungen an das Verhalten des Auftraggebers bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung, d.h. dass der Auftraggeber die von ihm beeinflussbaren Rahmenbedingungen des Vergabeverfahrens unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gestaltet. Davon unberührt bleiben jedoch Umstände, die nicht auf seine Ausschreibung zurückzuführen sind, sondern insbesondere aus der regelmäßig unterschiedlichen Marktstellung der teilnehmenden Unternehmen resultieren. Dies betrifft insbesondere den Umstand, dass ein Unternehmen wegen seiner Präsens vor Ort und wegen seiner bisherigen Geschäftstätigkeit ggfs. größere Chancen für die Abgabe eines wirtschaftlichen Angebotes hat. Insoweit wäre ein diese Unterschiede in der Wettbewerbsstellung nivellierendes Eingreifen des Auftraggebers regelmäßig diskriminierend für das betroffene Unternehmen. Nach diesen Maßstäben ist die o.g. Vorgabe in der Leistungsbeschreibung nicht zu beanstanden.

a. Der Auftraggeber ist vergaberechtlich frei darin, ob er im Rahmen der Beschaffung der jetzt ausgeschriebenen Dienstleistung das Eigentum an den Müllsammelbehältern erwerben möchte oder nicht. Er hat im Übrigen für seine Entscheidung gegen einen eigenen Eigentumserwerb und für eine Eigentümerstellung des jeweiligen Leistungserbringers nachvollziehbare, sachliche Gründe angegeben.

b. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin allein durch die vorgegebene Verwendung gebrauchter, nämlich der bereits bei den Entsorgungskunden vorhandenen Müllsammelbehälter wirtschaftlich schlechter gestellt ist als andere Bieter des Vergabeverfahrens einschließlich des bisherigen Leistungserbringers der in Los 1 ausgeschriebenen Leistungen, der derzeit Eigentümer dieser Behälter ist. Die Ausschreibung sieht nach dem letzten Stand der Verdingungsunterlagen den Erwerb der Behälter zu Beginn der Leistungsausführung und die Veräußerung der Behälter bei Beendigung der Leistungsausführung jeweils zu ihrem Verkehrswert vor. Wirtschaftlich belastet ist der künftige Auftragnehmer durch den Wertverlust während der Vertragslaufzeit und durch die Verpflichtung zur Instandhaltung und erforderlichenfalls zum Austausch dieser Behälter. Diese wirtschaftliche Belastung ist für alle Bieter gleich. Den Informationsvorsprung des bisherigen Eigentümers der Behälter im Hinblick auf deren Alter und Zustand hat der Antragsgegner, soweit es ihm möglich war, ausgeglichen. Der Austausch von Behältern ist darüber hinaus auch gebührenpflichtig.

c. Ebenso fehlt es an konkreten Anhaltspunkten, dass der in der Leistungsbeschreibung festgelegte Erwerbspreis derart übersetzt sein könnte, dass hieraus ein vom Antragsgegner geschaffener Wettbewerbsvorteil des bisherigen Eigentümers der Behälter resultierte. Der Antragsgegner hat seine letzte, auf die Rügen u.a. der Antragstellerin hin veränderte Preisfestlegung nachvollziehbar belegt; er hat den Verkehrswert durch Anfrage nach durchschnittlichen Marktpreisen bei einem Großlieferanten ermittelt und ist insbesondere von der ursprünglichen, auf der Grundlage der Angaben des Eigentümers der Behälter beruhenden Sachwertermittlung abgerückt. Die Antragstellerin hat in ihrer preislichen Argumentation unberücksichtigt gelassen, dass der Marktwert der bereits bei den Entsorgungskunden vorhandenen Müllsammelbehälter auch dadurch bestimmt wird, dass in diesen Behältern die zu verwendenden Transponder bereits eingebaut sind. Im Übrigen hat der Antragsgegner im Ergebnis zu Recht darauf hingewiesen, dass etwaige Abweichungen zwischen dem von ihm ermittelten Marktpreis und einem durch externen Sachverständigen ermittelten Marktpreis auch in das Verhältnis zum Gesamtauftragsvolumen zu setzen sind. Hieraus ergibt sich, dass etwaige geringfügige Abweichungen auch hinzunehmen wären.

d. Schließlich ist hier auch zu berücksichtigen, dass die in den Verdingungsunterlagen enthaltene Verpflichtung zur Übernahme der im Entsorgungsgebiet bereits eingesetzten Müllsammelbehälter regelmäßig wirtschaftliche Vorteile für jeden möglichen künftigen Auftragnehmer, also auch für die Antragstellerin, bietet. Hierdurch wird der Umfang der Anfangsinvestitionen und auch der notwendige zeitliche Vorlauf vor Beginn der Leistungsausführung erheblich reduziert. Der ansonsten notwendige Erwerb neuer Müllsammelbehälter, ihre Umrüstung auf die im Entsorgungsgebiet verwendeten Transponder sowie die Verteilung der Müllsammelbehälter an die Endnutzer wäre mit einem erheblichen finanziellen und personellen Aufwand für den Auftragnehmer verbunden, den u.U. allein der bisherige Eigentümer der Behälter nicht zu leisten hätte.

3.2.2. Die Leistungsbeschreibung des Antragsgegners ist in den von der Antragstellerin gerügten Aspekten auch nicht mit der Überwälzung eines ungewöhnlichen Wagnisses i.S. von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A verbunden.

Ein ungewöhnliches Wagnis i.S. des Vergaberechts liegt nur vor, wenn die für den jeweiligen Vertragstyp rechtlich, wirtschaftlich bzw. technisch branchenübliche Risikoverteilung einseitig und nicht nur unerheblich zu Ungunsten des Auftragnehmers verändert vorgegeben wird. Das ist nicht der Fall bei solchen dem Vertragstyp generell innewohnenden Risiken oder bei der Überwälzung sog. Bagatellrisiken. Nach diesen Maßstäben begegnen die gerügten Umstände keinen durchgreifenden Bedenken.

a. Es ist nicht ersichtlich, dass die gerügte satzungsmäßige Reduzierung der Zahl der Mindestentleerungen der Müllsammelbehälter für Restmüll einen unmittelbaren Einfluss auf die vertragliche Risikoverteilung hat. Die Vergütung der Entsorgungsleistungen beim Restmüll ist ausschließlich abhängig von den entsorgten Gesamtmengen, nicht von der Anzahl der entleerten Behälter. Die Zahl der vom Entsorger durchzuführenden Entleerungen ist im Übrigen durch die Tourenpläne vorgegeben.

Allerdings liegt das wirtschaftliche Risiko der Leistungserbringung im ausgeschriebenen Auftrag vor allem darin, dass selbst bei unterstelltem gleichbleibenden Aufwand für die Einsammlung des Restmülls die Entwicklung der Gesamtabfallmengen nur eingeschränkt prognostizierbar ist. Der potenzielle Auftragnehmer kann die Entwicklung des Restmüllaufkommens nicht selbst beeinflussen. Insbesondere mit zunehmender Vertragslaufzeit wird die Prognose der anfallenden Restmüllmengen unsicher. Dieses Risiko mag sich durch die Reduzierung der Zahl der Mindestentleerungen mittelbar erhöhen, nach den mitgeteilten Erfahrungen des Antragsgegners aus der Vergangenheit kommt dies jedenfalls bei Kunden mit Behältern bis zu 240 l in Betracht. Das Risiko hat originär jedoch wenig mit der Zahl der Mindestentleerungen zu tun und mehr mit der demographischen Entwicklung, der Intensität der praktizierten Mülltrennung u.s.w.

Der Antragsgegner hat zur Verbesserung der Prognostizierbarkeit der künftigen Entwicklung dadurch beigetragen, dass er die ihm zugänglichen Informationen über die Entwicklungen in der Vergangenheit mitgeteilt hat. Hinsichtlich der Daten zum Restmüllaufkommen im Allgemeinen hat die Antragstellerin eine unzureichende Information schon nicht gerügt; hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der Reduzierung der Zahl der Mindestentleerungen hat er mit der Bieterinformation Nr. 3 vom 19. März 2008, dort unter Ziffer 2.2., die Erfahrungen aus der bei ihm durchgeführten Reduzierung der Zahl von Mindestentleerungen im Zeitraum 1998 / 1999 mitgeteilt.

Bei der Bewertung dieses Mengenrisikos, insbesondere des Mengenminderungsrisikos, unter dem Aspekt der Gewöhnlichkeit bzw. Ungewöhnlichkeit ist zu berücksichtigen, dass ein solches Risiko einem mittelfristigen Dauerschuldverhältnis regelmäßig immanent ist. Für die Frage, ob hierin im Einzelfall gleichwohl ein ungewöhnliches Wagnis liegt, ist insbesondere maßgeblich, inwieweit die vorgegebene Vertragsgestaltung branchenüblich oder aber nur dadurch erklärbar ist, dass der öffentliche Auftraggeber aufgrund seiner Marktmacht eine solche Risikoverteilung durchsetzen zu können erwartet. Im Bereich der Abfallwirtschaft sind Fünfjahresverträge nicht selten, z.T. sind in der Vergangenheit sogar Verträge mit längerer Laufzeit abgeschlossen worden, wie dem Senat aus eigener Befassung mit solchen Verträgen bekannt ist. Es ist zumindest nicht unüblich, dass bei Ausschreibungen von mittelfristigen Restmüllentsorgungsaufträgen keine Vorgabe von Mengenkorridoren für die Einheitspreisbildung erfolgt. Die Antragstellerin selbst hat auch nicht etwa geltend gemacht, dass generell die Angabe von Mengenkorridoren erforderlich gewesen sei. Dies spricht gegen ein ungewöhnliches Wagnis. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kostenrisiken des potenziellen Auftragnehmers auch dadurch reduziert sind, dass bei wesentlichen Änderungen der Leistung, insbesondere auch der Jahresgesamtmengen, im abzuschließenden Vertrag Preisänderungen vorgesehen sind. Dies ergibt sich ausdrücklich aus der Ergänzung der Verdingungsunterlagen durch die Bieterinformation Nr. 3 vom 19. März 2008, dort Ziffer 3.3., sowie aus der subsidiären Geltung des § 2 Nr. 3 VOL/B. Die hierin liegende Risikoreduzierung lässt die Gesamtrisikoverteilung als vertragstypisch erscheinen.

b. Es ist hier vergaberechtlich auch unbedenklich, dass der Vertrag eine Preisgleitklausel im Hinblick auf die Kraftstoffkosten und die Personalkosten des Auftragnehmers nicht enthält.

Es ist bereits zweifelhaft, ob hier die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Preisgleitklausel überhaupt vorliegen. Nach § 15 Nr. 2 VOL/A kommt dies nur bei längerfristigen Verträgen in Betracht und ist davon abhängig, dass wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten sind. Die Vorschrift ist dahin auszulegen, dass der Maßstab des anzustellenden Vergleichs die gesamten Preisermittlungsgrundlagen in ihrer Summe sind und wesentliche Änderung einzelner Preisermittlungsgrundlagen nur dann erheblich sein können, wenn sie auf die gesamte Preisermittlung nicht unerhebliche Auswirkungen entfalten. Hinsichtlich der Kraftstoffkosten sind hier zwar erhebliche Preisschwankungen möglich und tendenziell u.U. auch ein Preisanstieg zu erwarten. Dass dieser im Verhältnis zu den Gesamtkosten der Auftragsdurchführung wesentlich sein wird, ist zumindest nicht offensichtlich. Eine außergewöhnliche Entwicklung der Personalkosten zu Ungunsten des Auftragnehmers ist nach derzeitigem Stand und unter besonderer Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin hierzu nicht festzustellen. Es kann offen bleiben, ob allein der Umstand, dass im politischen Raum die Einführung von Mindestlohnregelungen für die Abfallwirtschaft diskutiert wird, schon vor deren Einführung die "vorsorgliche" preisliche Berücksichtigung rechtfertigt, was vor dem Hintergrund, dass diese Diskussionen bislang über Jahre hinweg weit gehend erfolglos geführt worden sind, zweifelhaft sein mag.

Selbst wenn eine Preisgleitklausel nach § 15 Nr. 2 VOL/A zulässig wäre, so stand sie im Ermessen des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat dieses Ermessen zumindest nach der Rüge der Antragstellerin ausgeübt und sich gegen eine Preisgleitung entschieden. Diese Ermessensausübung ist auch unter dem Aspekt des Verbots der Überwälzung eines ungewöhnlichen Wagnisses nicht zu beanstanden. Der Auftraggeber darf und muss sogar bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigen, dass jede "automatische" Preisgleitung - anders als eine flexiblere Preisanpassungsregelung i.S. von § 2 Nr. 3 VOL/B - auch geeignet ist, die Geldentwertung zu befördern. Eine flächendeckende Anwendung von Preisgleitungsklauseln durch die öffentlichen Auftraggeber hätte u.U. erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Der Antragsgegner hat zutreffend berücksichtigt, dass die Vertragslaufzeit mit fünf Jahren für einen Abfallentsorgungsauftrag letztlich überschaubar ist, die genannten Risiken branchenüblicher Weise vom Auftragnehmer getragen werden und regelmäßig eine vertragliche Preisanpassungsregelung für den Bedarfsfall ausreicht. Es fällt schon nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen in den Risikobereich eines Auftragnehmers, dass wegen geänderter gesetzlicher oder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen der Kostenaufwand zur Erbringung der Vertragsleistungen steigt. Es ist gerade auch in der Abfallwirtschaft Sache des Auftragnehmers, für derartige Kostensteigerungen Vorsorge zu treffen und sie ggfs. durch einen entsprechenden Wagniszuschlag in seiner Preiskalkulation zu berücksichtigen (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. September 2003, VII-Verg 26/03). Der vom Senat mit Beschluss vom 9. September 2003, 1 Verg 5/03, zu beurteilende Sachverhalt war wesentlich verschieden vom vorliegenden Fall: Dort ging es um einen Auftrag, dessen Ausführungszeit insgesamt zehn Jahre umfasste und vor allem erst ca. drei Jahre nach Auftragserteilung beginnen sollte. Dort konnte u.a. dem Umstand einer größeren Vertragssicherheit, die eine starre Preisanpassungsregelung bietet, größere Bedeutung zukommen.

c. Die Aufnahme eines Kündigungsrechts für den Fall des endgültigen Scheiterns von notwendigen Vertragsverhandlungen nach § 2 Nr. 3 VOL/B ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere wird hierdurch dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis der Vertragsgestaltung aufgebürdet.

Das Kündigungsrecht soll nur für den Fall bestehen, dass die Voraussetzungen des § 2 Nr. 3 VOL/B vorliegen, also Änderungen in der Beschaffenheit der Leistungen oder - nach dem Inhalt der o.g. Bieterinformation Nr. 3 - in der Zahl der Entleerungen pro Jahr oder eine Änderung der Jahresgesamtmengen. Es ist schon zweifelhaft, inwieweit diese ausdrückliche Regelung eines Kündigungsrechts eine nicht unerhebliche Abweichung gegenüber der rechtlichen Situation ohne diese Regelung darstellt. Denn scheitern die Vertragsverhandlungen, steht eine Beendigung des Vertragsverhältnisses ohnehin im Raum. Maßgeblich für die Frage der Risikoverteilung ist jedoch auch, dass das Kündigungsrecht beiden Vertragspartnern eingeräumt wird, so dass die Verhandlungssituation ausgeglichen bleibt. Dies unterscheidet die vorliegende Klausel auch ganz wesentlich von dem Sachverhalt, der dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Juni 1977 (MDR 1978, 45 - hier zitiert nach juris) zugrunde lag.

3.3. Die Bewertung der Vollständigkeit des Angebots der Beigeladenen zu 1) zum Los 1 sowie des Angebots der Beigeladenen zu 2) zum Los 2 hinsichtlich der geforderten Erklärungen und Nachweise für die Eignungsprüfung sowie die Bewertung beider genannter Unternehmen als geeignete Vertragspartner verletzt subjektive Rechte der Antragstellerin nach § 97 Abs. 7 GWB nicht.

3.3.1. Entgegen den Feststellungen der Vergabekammer ergibt sich aus der Dokumentation des Vergabeverfahrens hinlänglich eine eigenständige Prüfung der Vollständigkeit der Eignungsunterlagen sowie eine inhaltliche Prüfung und Bewertung der Eignung durch den Antragsgegner. Der Antragsgegner hat eine "Auswertung der Vorlage der geforderten Erklärungen und Nachweise" für jeden Bieter ausgefüllt; dabei hat er sich nicht auf bloße "Haken" beschränkt, sondern durch handschriftliche Anmerkungen die inhaltliche Bearbeitung deutlich gemacht. Es finden sich z.T. Anmerkungen zu Nachforderungen mit entsprechender Fristsetzung und auch inhaltliche Anmerkungen. Der Vergabevermerk enthält in seiner ursprünglichen Version zu Los 1 die Empfehlung zum Ausschluss von drei Angeboten wegen Mängeln im Bereich der Eignungsunterlagen; zu Los 2 ebenfalls zum Ausschluss eines Angebotes. Die Anlage zu dieser ursprünglichen Empfehlung vom 22. Mai 2008 belegt die interne Auseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit / der Pflicht zum Ausschluss dieser Angebote, die mit dem Ergebnis endete, dass die Angebotsausschlüsse nicht erfolgten.

3.3.2. Die Angebotsunterlagen der Beigeladenen zu 1) sind nach den vorgegebenen Bewerbungsbedingungen vollständig.

Entgegen der erhobenen Rüge der Antragstellerin und vor allem auch entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist die Verpflichtungserklärung des Unternehmens T. & B. Entsorgungsdienste GmbH O. zugunsten der Beigeladenen zu 1) nicht zu beanstanden. Nach dem für die Abgabe der Verpflichtungserklärung zur Verfügung gestellten Vordruck "Verpflichtungserklärung eines vom Bieter eingesetzten Unternehmens" war die Art und Weise des Zugriffs des Bieters auf die fremden Ressourcen lediglich dadurch anzugeben, dass eine von drei vorgegebenen Alternativen angekreuzt werden sollte. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer solchen Forderung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass ein Verlangen dieser Angabe nach dem Inhalt der Vergabebekanntmachung und demjenigen der ursprünglichen Verdingungsunterlagen noch nicht avisiert war, ist diese Anforderung von der Beigeladenen zu 1) jedenfalls erfüllt worden. Denn sie hat die erste vorgegebene Alternative - verbindliche Einräumung des Rückgriffs (hier durch ein Konzernunternehmen) - angekreuzt. Die Erklärung ist im Original unterschrieben und trägt ein Firmenstempel.

3.3.3. Die Entscheidung des Antragsgegners, das Angebot der Beigeladenen zu 2) nicht von der weiteren Wertung auszuschließen, ist nicht zu beanstanden.

Allerdings hat die Beigeladene zu 2) die Verpflichtungserklärung des von ihr vorgesehenen Unternehmens für die Papierverwertung, der P. GmbH nur in Fax-Kopie eingereicht, d.h. ohne eine Originalunterschrift eines Bevollmächtigten dieses anderen Unternehmens. Ein Ausschluss konnte auf eine fehlende Originalunterschrift jedoch nicht gestützt werden, wie der Antragsgegner in seinem Vergabevermerk mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt hat. Hierfür fehlt es jedenfalls an einem eindeutigen Verlangen einer original unterschriebenen Erklärung des dritten Unternehmens.

Nach dem Inhalt der Vergabebekanntmachung ist die Vorlage von Kopien von Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen ausdrücklich und bewusst eröffnet, um den Aufwand der Bieter für die Beibringung der Eignungsunterlagen gering zu halten (vgl. Abschnitt III. 2. Teilnahmebedingungen, dort in III. 2.1. ausdrücklich und in III. 2.2. und III 2.3. durch Verweis auf III. 2.1.).

Der Wortlaut der Bewerbungsbedingungen ist hiermit identisch (vgl. Anhang zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes, dort Ziffer 9 <S. 9> unter Abschnitt 9.1. und 9.2. sowie 9.2.5. <S. 12>). Gleiches enthält der Vordruck des Angebotsschreibens unter Ziffer 7.3.1. <S. 11>). Insoweit hatte sich der Antragsgegner zur Wahrung seiner Prüfungspflichten vorbehalten, Originale im Einzelfalle nachzufordern.

In den nachfolgenden Bieterinformationen war die Frage der Zulässigkeit der Vorlage von Kopien mehrfach Gegenstand der Auskünfte. Diesen Bieterinformationen ist zu entnehmen, dass der Bieter Vordrucke jeglicher Art auch in kopierter Form verwenden dürfe (was einer ausdrücklichen Regelung u.U. nicht bedurft hätte), dass er aber seine Erklärungen mit Originalunterschrift, nicht mit kopierter Unterschrift einzureichen habe. Eine ausdrückliche Regelung, die die Vorlage von Erklärungen Dritter in Kopie - abweichend von den ursprünglich bekannt gemachten Bewerbungsbedingungen vorschreibt, ist keiner der Bieterinformationen zu entnehmen. Deshalb kann hier auch offen bleiben, ob eine solche zusätzliche formelle Anforderung zulässig gewesen wäre oder nicht.

4. Nebenentscheidungen

Die Entscheidung über die Kostentragung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1 sowie Abs. 4 Satz 2 GWB; diejenige im Beschwerdeverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Antragsgegner und beide Beigeladene sind als Verfahrensbeteiligte jeweils obsiegende Hauptpartei im Sinne des Kostenrechts.

Die Festsetzung der Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer erfolgt nach § 128 Abs. 1 und 2 GWB; wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vergabekammer im aufgehobenen Beschluss Bezug genommen.

Die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten bereits im Verfahren vor der Vergabekammer - für das Beschwerdeverfahren ergibt sich diese Notwendigkeit aus § 120 Abs. 1 GWB - war nach § 128 Abs. 4 GWB festzustellen. Insbesondere angesichts der größeren Zahl der von der Antragstellerin erhobenen Rügen und der Schwierigkeiten in deren rechtlichen Beurteilung, des erheblichen Auftragswerts der ausgeschriebenen Teilaufträge und der Bedeutung einer rechtzeitigen Auftragserteilung für die Sicherstellung der Erfüllung der Pflichtaufgaben des Antragsgegners war es auch dem Antragsgegner nicht zu verwehren, unmittelbar externen anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Der Senat legt dabei die Summe der geprüften Brutto-Angebots-summen der Angebote der Beigeladenen zu 1) zu Los 1 und der Beigeladenen zu 2) zu Los 2 zugrunde. Als Brutto-Angebotssumme des Angebots der Beigeladenen zu 2) hat der Senat den Brutto-Angebotspreis der Beigeladenen zu 2) für die Sammlung und den Transport des kommunalen Altpapiers je Mg herangezogen und diesen Betrag mit der geschätzten jährlichen Altpapiermenge und der Vertragslaufzeit von fünf Jahren multipliziert. Der vom Antragsgegner gesondert abgefragte Mindesterlös der Verwertung dieses Altpapiers, der die zu zahlende Vergütung vermindert blieb unberücksichtigt, weil die reale, leistungsbezogene Vergütung des Dienstleistungsanteils des Gesamtauftrages anzusetzen ist (ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss v. 2. April 2008, VII-Verg 34/07). Anders, als im dort entschiedenen Fall, war hier eine Schätzung der Aufwendungen des Auftragnehmers für die Übernahme des Altpapiers und des hierauf aufzuschlagenden Gewinnanteils nicht erforderlich, weil der hiesige Antragsgegner den Angebotspreis für die Dienstleistungen Sammlung und Transport sowie den Erlös aus der Verwertung des Altpapiers gesondert abgefragt und mit-hin jeder Bieter, auch die Beigeladene zu 2), diese Einzelpositionen aufgeschlüsselt angegeben hat.

Ende der Entscheidung

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