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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 1 Ws 381/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 111 a
Hat das Amtsgericht - Strafrichter bzw. Schöffengericht - über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch Beschluss entschieden, und ist gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung sowie gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, behandelt das Berufungsgericht, dem die Akten nach § 321 S. 2 StPO vorgelegt worden sind, die unerledigte Beschwerde als Aufhebungsantrag mit der Folge, dass gegen den Beschluss des Berufungsgerichts Beschwerde zum Oberlandesgericht zulässig ist (gegen OLG Stuttgart, NStZ 1990, 141, 142).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 Ws 381/02 OLG Naumburg 829 Js 20327/02 StA Halle

In der Strafsache

wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg

am 05. September 2002

durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hennig, den Richter am Oberlandesgericht Sternberg und die Richterin am Oberlandesgericht Marx-Leitenberger

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 9. (kleinen) Strafkammer des Landgerichts Halle vom 13. August 2002 wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Mit Beschluss vom 27. Mai 2002 hatte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Halle-Saalkreis dem Angeklagten die Fahrerlaubnis gemäß § 111 a StPO vorläufig entzogen. Mit Urteil vom 05. Juli 2002 verhängte der Strafrichter des Amtsgerichts Halle-Saalkreis gegen den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe, entzog die Fahrerlaubnis, zog den Führerschein ein und bestimmte eine Sperrfrist von neun Monaten für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis, von der Kraftfahrzeuge der Fahrerlaubnisklasse C ausgenommen wurden. Mit Beschluss vom selben Tage hob das Amtsgericht den Beschluss des Ermittlungsrichters auf, soweit er die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse C betrifft.

Gegen das amtsgerichtliche Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft jeweils Berufung eingelegt. Zudem hat die Staatsanwaltschaft den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis hinsichtlich der Fahrerlaubnisklasse C aufgehoben wurde, mit der Beschwerde angegriffen, welcher das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. Juli 2002 nicht abgeholfen hat.

Mit Verfügung vom 02. August 2002 hat die Staatsanwaltschaft die Akten dem Berufungsgericht zur Entscheidung über die Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vorgelegt.

Mit Beschluss vom 13. August 2002 hat der Vorsitzende der Berufungsstrafkammer den Beschluss des Amtsgerichts vom 05. Juli 2002 aufgehoben mit der Folge, dass der Beschluss des Ermittlungsrichters vom 27. Mai 2002 fortgilt.

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Angeklagten ist zulässig (§ 304 Abs. 1 StPO). Über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat zu Recht nicht eine Strafkammer des Landgerichts als Beschwerdekammer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (§§ 73 Abs. 1, 76 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz GVG), sondern der Vorsitzende der Berufungsstrafkammer (§§ 73 Abs. 1, 76 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2 GVG) entschieden. Nachdem die Staatsanwaltschaft die Akten an das Berufungsgericht übergeben hatte (§ 321 Satz 2 StPO), ist die kleine Strafkammer das mit der Hauptsache befasste Gericht geworden. Die zu diesem Zeitpunkt noch unerledigte Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den amtsgerichtlichen Beschluss war demgemäß in einen Aufhebungsantrag umzudeuten (herrschende Meinung, vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 111 a Rdn. 19 m. w. N.). Demgemäß ist die Entscheidung des Landgerichts nicht auf eine Beschwerde ergangen und bei der Beschwerde des Angeklagten handelt es sich nicht um eine - unzulässige - weitere Anfechtung (§ 310 Abs. 2 StPO). Soweit nach der Gegenmeinung (OLG Stuttgart NStZ 1990, 141, 142) über die Beschwerde trotz Anhängigkeit bei der Berufungskammer die Beschwerdekammer des Landgerichts entscheiden soll, verkennt sie, dass dadurch das mit der Sache befasste Berufungsgericht in seiner Entscheidungskompetenz beeinträchtigt wäre. Es bestünde auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, denn die Berufungskammer wäre - nach etwaiger Entscheidung der Beschwerdekammer - nicht gehindert, auf einen (erneuten) Antrag der Staatsanwaltschaft über denselben Verfahrensgegenstand anders zu entscheiden als zuvor die Beschwerdekammer. Auch der Hinweis, in der Praxis werde die Unterscheidung zwischen Beschwerde- und Berufungskammer keine große Rolle spielen, weil der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts entsprechend gestaltet werden könne - wonach die Berufungsstrafkammer zweckmäßigerweise in bei ihr anhängigen Fällen gleichzeitig Beschwerdekammer ist - geht fehl. Während die Beschwerdekammer mit drei Berufsrichtern besetzt ist (s. o., §§ 73 Abs. 1, 76 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz GVG), entscheidet die kleine Strafkammer außerhalb der Hauptverhandlung - wie hier - durch den Vorsitzenden allein (s. o., §§ 73 Abs. 1, 76 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2 GVG).

Die Beschwerde ist jedoch in der Sache unbegründet. Der Senat hat den Sachverhalt erneut geprüft und kommt zum gleichen Ergebnis wie das Landgericht. Weil das Beschwerdevorbringen die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht entkräftet oder wesentlich abschwächt, nimmt der Senat auf diese Gründe Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden.

Ende der Entscheidung

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