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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 1 Ws Reh 45/09
Rechtsgebiete: StrRehaG
Vorschriften:
StrRehaG § 17 a Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
1 Ws Reh 45/09 OLG Naumburg
In dem Verfahren
hat der 1. Senat für Rehabilitierungsverfahren des Oberlandesgerichts Naumburg am 29. Januar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, den Richter am Oberlandesgericht Sternberg und den Richter am Oberlandesgericht Halves
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Halle - Kammer für Rehabilitierungssachen - vom 25. November 2008 aufgehoben.
Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Vollzugsaussetzung gemäß §§ 13, 15 StrRehaG i. V. m. §§ 311, 307 StPO hat mit der Entscheidung in der Hauptsache seine Erledigung gefunden.
Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtskosten. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 30. Januar 2008 (22 Reh 8709/07) in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 16. Juni 2008 hat das Landgericht Halle - 1. Kammer für Rehabilitierungssachen - das gegen den Betroffenen ergangene Urteil des Kreisgerichts Halle - Neustadt vom 04. März 1971 (S 13/71) für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben sowie die Dauer des zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs für die Zeit vom 12. Januar 1971 bis zum 15. Dezember 1972 festgestellt.
Zuvor hatte der Betroffene einen Antrag auf Gewährung einer besonderen monatlichen Zuwendung für Haftopfer (Opferpension) gemäß § 17 a StrRehaG gestellt, der bei der Beschwerdeführerin am 17. Oktober 2007 eingegangen war.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 (... - StrRehaG-OP) hat die Beschwerdeführerin dem Betroffenen die Opferpension ab dem 01. Februar 2008 gewährt.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2008 hat sich der Betroffene an die Beschwerdeführerin gewandt und den Bescheid vom 26. Juni 2008 insofern angegriffen, als die Gewährung der Opferpension nicht ab dem 01. November 2007, sondern erst ab dem 01. Februar 2008 erfolgt ist.
Auf das als Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung ausgelegte Schreiben vom 28. Juni 2008 hat das Landgericht Halle - Kammer für Rehabilitierungssachen - mit Beschluss vom 25. November 2008 den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 26. Juni 2008 dahingehend abgeändert, dass die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17 a StrRehaG bereits ab dem 01. November 2008 gewährt wird, und eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 18. Dezember 2008.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 13 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung des Landgerichts hat die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 26. Juni 2008 dem Betroffenen zutreffend die besondere monatliche Zuwendung (Opferpension) allein für die Zeit ab dem 01. Februar 2008 gewährt, weil erst mit Erlass des - sogleich rechtskräftigen - Rehabilitierungsbeschlusses des Landgerichts Halle vom 30. Januar 2008 ein zulässiger Antrag auf Gewährung der Opferpension vorlag und die Opferpension gemäß § 17 a Abs. 4 S. 1 StrRehaG erst beginnend mit dem auf die Antragsstellung folgenden Monat gewährt wird.
Die Auffassung des Landgerichts, der Zeitpunkt der Rehabilitierungsentscheidung spiele für die Bestimmung des Berechtigten i. S. d. § 17 a Abs. 1 StrRehaG keine Rolle und Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift sei danach "der Betroffene, der eine rechtswidrige Freiheitsentziehung erlitten hat und für den Ausschließungsgründe gemäß § 16 Abs. 2 StrRehaG nicht vorliegen", teilt der Senat nicht.
Bei der Bestimmung der Berechtigten i. S. d. § 17 a Abs. 1 StrRehaG ist neben dem - der Auffassung des Landgerichts entgegenstehenden - Wortlaut die Systematik des §§ 16ff. StrRehaG zu berücksichtigen. Ohne diesen Bezug würde der Verweis in § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG auf die Berechtigten nach § 17 Abs. 1 StrRehaG auf den ersten Blick scheinbar ins Leere gehen, da in der letztgenannten Vorschrift keine Berechtigungsvoraussetzungen, sondern allein die Höhe der Kapitalentschädigung geregelt werden. Vielmehr ist insofern die Vorschrift des § 16 Abs. 1 und 2 StrRehaG heranzuziehen, worin - abgesehen von der auf das Vorliegen einer bestandskräftigen Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes bezogenen Vorschrift des § 25 Abs. 2 StrReha - allgemein die Voraussetzungen für einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen und damit sowohl für die Kapitalentschädigung gemäß § 17 StrRehaG als auch die besondere Zuwendung für Haftopfer gemäß § 17 a StrRehaG genannt werden. Hiernach setzt ein solcher Anspruch zum einen eine bereits erfolgte (vgl. Tappert in Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, 1993, § 16, Rdnr. 16; Pfister in Rehabilitierung, 1997, § 16, Rdnr. 14) rechtskräftige Rehabilitierung i. S. d. § 1 Abs. 1 StrRehaG und zum anderen das Fehlen eines Ausschlusstatbestandes gemäß § 16 Abs. 2 StrRehaG voraus.
Diese Auslegung des § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG steht auch im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Zur Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR ist unter B. zu Nummer 4 (Einführung einer besonderen Zuwendung für Haftopfer, § 17 a - neu) ausgeführt: "Berechtigte sind danach ehemalige politische Häftlinge, die ihren Status durch eine Rehabilitierungsentscheidung eines deutschen Gerichts oder eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes nachweisen können" (BT-Druck-sache 16/4842 vom 27. März 2007, S. 6). Diesen Gesetzentwurf hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hierzu mit Beschlussempfehlung und Bericht vom 23. Mai 2007 (BT-Drucksache 16/5532 vom 31. Mai 2007) gebilligt. Sodann wurde durch Art. 1 Nr. 4 des Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 2007 (BGBl. I S. 2118) mit Wirkung ab dem 29. August 2007 § 17 a StrRehaG neu in das Gesetz eingefügt.
Dass der Betroffene erst ab dem Vorliegen einer rechtskräftigen Rehabilitierungsentscheidung Berechtiger im Sinne des § 17 a Abs. 1 StrRehaG ist und erst dann einen zulässigen Antrag auf monatliche besondere Zuwendung für Haftopfer stellen kann, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nachteile, die mit dem in der Regel vom Betroffenen nicht beeinflussbaren Zeitablauf seit Stellung eines ersten - mangels Rehabilitierungsentscheidung unzulässigen - Antrags auf Opferpension verbundenen sind, sind vergleichbar mit sich aus Stichtagsregelungen ergebenden Härten. Auch diese sind üblich und vom Gesetzgeber beachtet; die Regelung wird aber deshalb nicht etwa verfassungswidrig (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, 12. Senat, Beschluss vom 02. April 2008 - 12 C 08.608 -, Abs. 6 der Gründe - Juris-Datensammlung).
Die Auslagenentscheidung folgt aus §§ 14 Abs. 4, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG, 473 StPO.
Einer Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vollzugsaussetzung gemäß §§ 13, 15 StrRehaG i. V. m. §§ 311, 307 StPO bedarf es nach der Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr.
Gegen diesen Beschluss gibt es kein weiteres Rechtsmittel.
Ende der Entscheidung
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