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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 09.06.2006
Aktenzeichen: 10 U 13/06 (Hs)
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 4
Auch bei einem Preisnachlass-, Gutschein- oder sonstigen Rabattsystem von Apotheken ist § 4 Nr. 4 UWG zu beachten. Die Apotheke hat die Bedingungen der Inanspruchnahme klar und unmissverständlich herauszustellen. Bei der Frage, ob die Bagatellschwelle gemäß § 3 UWG überschritten ist, kommt es nicht allein auf die Höhe des einzelnen Nachlasses, sondern auf die Gefahr für eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs an.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 13/06 (Hs) OLG Naumburg

verkündet am: 09.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2006 unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, der Richterin am Oberlandesgericht Mertens und der Richterin am Amtsgericht Westerhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Januar 2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Halle unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, verurteilt, es zu unterlassen, im Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Apothekenbetriebes gegenüber Letztverbrauchern mit einem Gutschein über 0,50 Euro pro Einkauf ab 10,00 Euro, wie auf der nachfolgend abgebildeten Zuckertüte zu werben und verurteilt, an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Januar 2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 15.189,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen ein von der Beklagten praktiziertes Gutscheinsystem.

Die Beklagte ist Inhaberin einer Apotheke. Sie verteilte in dem Krankenhaus Z. Gutscheine, die auf Kaffeezuckertütchen gedruckt waren. Diese Gutscheine beliefen sich auf einen Betrag von 0,50 Euro und sollten nach dem Wortlaut bei einem Einkauf ab einem Betrag von 10,00 Euro gelten, also in der Apotheke der Beklagten eingelöst werden können.

Der Kläger zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 5. August 2004 an, dass er diese Art der Werbung für wettbewerbswidrig halte und forderte diese auf, bis zum 12. August 2004 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten,

neben dem Unterlassungsanspruch könne er gegen die Beklagte auch die Abmahnkosten in Höhe von 189,00 Euro geltend machen.

Die Gutscheinaktion verstoße gegen § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) i.V.m. mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), weil Preisnachlässe auf rezeptpflichtige Medikamente unzulässig seien. Ferner sei die Werbung gemäß § 4 Nr. 4 UWG unlauter, falls die Gutscheine beim Kauf rezeptpflichtiger Arzneimittel nicht eingelöst werden könnten. Wegen der dann anzunehmenden Irreführung liege jedenfalls eine irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu verurteilen, es zu unterlassen, im Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Apothekenbetriebes gegenüber Letztverbrauchern mit einem Gutschein über 0,50 Euro pro Einkauf ab 10,00 Euro, wie auf der nachfolgend abgebildeten Zuckertüte zu werben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. August 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten,

bei der angegriffenen Werbung handele es sich um eine zulässige Form der Imagewerbung. Sie hat behauptet, die Gutscheine habe sie nur beim Kauf rezeptfreier Artikel akzeptiert.

Die 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Halle hat die Klage mit dem am 19. Januar 2006 verkündeten Urteil abgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Werbung verstoße nicht gegen § 78 AMG i.V.m. der AMPreisV, da keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Gutscheine beim Verkauf rezeptpflichtiger Medikamente eingelöst werden würden.

Auch liege kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG vor, da es sich bei der Werbung der Beklagten nicht um eine produktbezogene Werbung handele.

Ferner scheide auch ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 4 UWG aus. Obwohl der auf der Zuckertüte abgebildete Gutschein keine Informationen darüber aufweise, auf welche Waren bzw. Warengruppen sich der Preisnachlass von 0,50 Euro beziehe, sei eine wettbewerbsrechtlich anstößige Werbung zu verneinen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Kunde bei bloßen Ankündigungen noch keine umfassende Information erwarte.

Auch gemäß §§ 3, 5 Abs. 2 S. 2 UWG komme ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht, da die Pflicht zur Aufklärung nur in den Fällen bestehe, in denen Verbraucher bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der zur Beeinflussung des Kaufentschlusses geeignet sei, getäuscht würden. Dies sei vorliegend nicht festzustellen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung und legt dar, ein Verstoß gegen § 78 AMG liege bereits deshalb vor, weil die Beklagte nicht nachgewiesen habe, die Gutscheine beim Erwerb rezeptpflichtiger Medikamente nicht einzulösen.

Ferner bestehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 4 UWG, denn das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht gehalten gewesen sei, die Bedingungen für die Gutscheineinlösung anzugeben. Das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG verlange aber, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen klar und eindeutig anzugeben seien. Ansonsten bestehe die begründete Gefahr, dass interessierte Personen Fehlvorstellungen über die Einlösebedingungen unterliegen würden. Eine Aufklärung erst in der Apotheke der Beklagten sei zu spät.

Auch bestehe der Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5 Abs. 2 S. 2 UWG, denn das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Kunden darüber aufzuklären, dass der Gutschein nur bei Einkäufen von rezeptfreien Artikeln eingelöst werden könne. Die durch das Verschweigen hervorgerufene Fehlvorstellung sei sehr wohl gravierend. Angesichts dessen, dass eine Vielzahl von Verbrauchern Apotheken gerade deshalb aufsuchten, weil sie rezeptpflichtige Medikamente benötigten und diese lediglich in der Apotheke erwerben könnten, sei für die Verbraucher die Information, ob der Gutschein bei dem beabsichtigten Erwerb eingelöst werden könne, von wesentlicher Bedeutung. Die Verbraucher suchten die Apotheke der Beklagten auf Grund des Gutscheins auf, weil sie dort rezeptpflichtige Medikamente günstiger als in anderen Apotheken erhalten könnten. Die fehlende Information sei daher Entscheidungsgrundlage für den Kaufentschluss.

Der Kläger beantragt,

das oben genannte Urteil abzuändern und die Beklagte entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) und in der Sache mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsforderung begründet.

Der Kläger kann die Beklagte allerdings nicht wegen eines Verstoßes gegen die Preisbindung aus § 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit § 3 AMPreisV auf Unterlassung der Gutscheinwerbung für rezeptpflichtige Medikamente nach §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Anspruch nehmen.

Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer einer im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regelnden Vorschrift zuwiderhandelt. Um eine derartige Vorschrift handelt es sich bei der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 78 AMG beruhenden, die Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel gesetzlich normierenden AMPreisV (OLG Frankfurt, WRP 1999, 549 ff.; Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig/von Jagow, UWG, § 4 UWG Rdn. 64).

Mit der Ankündigung und Vergabe von Gutscheinen für die Einlösung eines Rezeptes hat die Beklagte jedoch nicht die gesetzliche Preisbindung aus § 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit § 3 AMPreisV unterlaufen.

Gemäß § 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Ziffer 2, Abs. 4, 3 Abs. 1 AMPreisV dürfen rezeptpflichtige Medikamente an Verbraucher nur zu bestimmten, nach den Vorgaben der AMPreisV festgelegten Preisen abgegeben werden. § 78 Abs. 2 S. 2 AMG verlangt, dass ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, zu gewährleisten ist. Dem Apotheker ist nicht gestattet, auf die nach der AMPreisV berechneten Endverkaufspreise Rabatte einzuräumen; denn dies würde zu anderen als den von § 3 AMPreisV in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Nr. 1 AMG festgelegten Apothekenspannen führen und das gesetzlich vorgesehene Preisgefüge stören. Die AMPreisV führt mithin eine gesetzliche Preisvereinheitlichung herbei, die keine derartigen Abweichungen zulässt (BGH, WRP 1984, 538 ff.).

Die Werbekampagne der Beklagten verstößt jedoch nicht gegen die dargestellte Preisregelung AMPreisV. Mit der Ankündigung und Vergabe von 0,50 Euro-Gutscheinen hat die Beklagte nicht in unlauterer Weise einen unzulässigen Preisnachlass auf den gesetzlich für verschreibungspflichtige Medikamente festgelegten Festpreis gewährt. Die Kunden der Beklagten erhalten bei Einlösung von Rezepten keine Preisvergünstigung in Form eines Rabatts von 0,50 Euro auf den gebundenen Medikamentenpreis.

Ein Preisnachlass bzw. Rabatt liegt nach der Rechtsprechung zum früheren § 1 RabattG vor, wenn Gutscheininhabern beim Erstbezug von Waren ein Sonderpreis eingeräumt wird oder wenn statt des Gutscheins entsprechende Preisgutschriften gewährt werden (vgl. OLG Frankfurt, NJW 2004, 3434, 3435). Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor.

Die Beklagte gibt die preisgebundenen Medikamente tatsächlich nicht zu einem günstigeren Preis ab, als ihr nach § 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit § 3 AMPreisV vorgeschrieben ist. Sie verlangt und erhält den vollen Apothekenpreis.

Soweit der Kläger mit der Berufung darlegt, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass sie die Gutscheine auf den Zuckertüten nicht auf preisgebundene Arzneimittel anwende, verkennt er die Beweislastregelung im Wettbewerbsprozess. Auch im Wettbewerbsrecht gilt, dass die klagende Partei grundsätzlich die seinen Anspruch begründenden Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen hat (BGH, WRP 2000, 724, 727; GRUR 2004, 246, 247). Nicht die Beklagte muss demnach darlegen und beweisen, dass sie den Wettbewerbsregeln gemäß handelt, sondern der Kläger, als derjenige, der einen Unterlassungsanspruch geltend macht, muss beweisen, dass der Beklagten ein Verstoß zur Last zu legen ist.

Auch im Wettbewerbsprozess gelten die allgemeinen Regeln über die Erklärungspflichten der Parteien gemäß § 138 ZPO; vorliegend hat die Beklagte den Vortrag des Klägers zum Einlösen der Gutscheine auf rezeptpflichtige Medikamente ausdrücklich bestritten. Da es sich bei ihrem Vortrag um eine negative Tatsache handelt, die darin besteht, ein bestimmtes Handeln nicht vorgenommen zu haben und vorzunehmen, ist von der Beklagten auch nicht mehr zu erwarten, als zu behaupten, die Gutscheine bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht einzulösen und eingelöst zu haben. Demnach kann ihr Bestreiten auch nicht als unsubstantiiert angesehen werden. Ferner liegen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, die vorliegend geeignet wären, eine Umkehr der Beweislast zu Lasten der Beklagten anzunehmen. Demnach ist der Kläger beweisfällig für seine Behauptung geblieben, die Beklagte löse die Gutscheine auch auf verschreibungspflichtige Medikamente ein.

Nach alledem widerspricht die beanstandete Gutscheinwerbung nicht der gesetzlichen Preisregelung des § 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit der AMPreisV. Ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG lässt sich danach nicht feststellen.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung auch zu Recht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 7 HWG verneint.

Die beanstandete Werbung der Beklagten mit einem 0,50 Euro-Gutscheinsystem ist auch nicht im Hinblick auf § 7 Heilmittelwerbegesetz (im Folgenden HWG) wettbewerbsrechtlich anstößig und damit unlauter im Sinne des § 3 UWG (§ 4 Nr. 11 UWG).

Das Werbeverbot aus § 7 Abs. 1 HWG in der Fassung des Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Vorschriften vom 23. Juli 2001 (BGBl. I, 1661) erfasst alle Arten von Zuwendungen, insofern also auch die Gewährung eines niedrigeren Preises bei Einlösung eines Gutscheins. Gegenstand einer Zuwendung oder Werbegabe im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG kann jeder zuwendungsfähige wirtschaftliche Vorteil sein (vgl. BGH GRUR 1990, 1041 f.; OLG Düsseldorf, WRP 2005, 135 f.). Dies kann die neben der Hauptleistung gewährte Zugabe oder der Bonus ebenso sein wie ein Rabatt. Nach der Neufassung des § 7 Abs. 1 HWG durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Vorschriften vom 23. Juli 2001 (BGBl. I, 1661) unterfallen der Vorschrift des § 7 Abs. 1 HWG dementsprechend auch die Preisnachlässe.

Das von der Beklagten in Gang gesetzte Gutscheinsystem lässt den erforderlichen konkreten Produktbezug jedoch nicht erkennen, die Aktion stellt sich vielmehr als eine reine Apothekenimagewerbung dar, die die Aufmerksamkeit der Kunden auf die Apotheke der Beklagten lenken soll und insofern der Kundengewinnung und -bindung dient. Die angegriffene Werbung mit den 0,50 Euro-Gutscheinen ist nämlich ganz allgemein auf Einkäufe in der Apotheke der Beklagten bezogen. Bestimmte Arzneimittelgruppen werden auch nicht indirekt bezeichnet. Demnach liegt keine Produktwerbung "für" Mittel im Sinne des § 1 HWG vor. Insofern wird ergänzend auf die zutreffende Begründung des Landgerichts Bezug genommen.

Der Kläger kann seinen Unterlassungsanspruch aber nach der Auffassung des erkennenden Senats aus allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen herleiten und insofern unter dem Gesichtspunkt des Irreführens auf §§ 3, 4 Nr. 4 UWG oder auf §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 UWG stützen.

Die in Form des Gutscheins über 0,50 Euro gewährte Vergünstigung stellt sich der Sache nach als ein Preisnachlass für den Einkauf einer nicht rezeptpflichtigen Arznei oder eines sonstigen Apothekenartikels dar. Die Anlockwirkung, die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, ist jedenfalls dann nicht wettbewerbswidrig, sofern sie nicht gegen gesetzliche Preisbindungen verstößt. Sie ist insofern vielmehr regelmäßig gewollte Folge des Leistungswettbewerbs und damit unbedenklich (vgl. BGH NJW 2003, 3632, 3633; BGH NJW 2002, 3405; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Stuckel, § 4 UWG, Rn. 86 ).

Das streitgegenständliche Gutscheinsystem stellt aber noch eine unlautere Werbung im Sinne des § 3 UWG dar, weil die Voraussetzungen der Legaldefinition des § 4 Nr. 4 UWG erfüllt sind.

Gemäß § 4 Nr. 4 UWG handelt insbesondere derjenige unlauter im Sinne von § 3 UWG, der bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt.

Auch die Gewährung eines Gutscheins über einen bestimmten Geldbetrag, der beim Kauf auf den Kaufpreis angerechnet wird, stellt einen Preisnachlass im Sinne der genannten Bestimmung dar (BGH, GRUR 2003, 1059; 2004, 349). Diese bezweckt den Schutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer vor unsachlicher Beeinflussung und Irreführung durch unzureichende Informationen über die Bedingungen der Inanspruchnahme unter anderem von Preisnachlässen.

Das normierte Transparenzgebot will mit Blick auf die hohe Attraktivität von Preisnachlässen und die daraus resultierende Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Nachfrageentscheidung des Kunden dem speziellen Informationsbedarf der Abnehmer bei Preisnachlässen Rechnung tragen. Die Vorschrift verlangt auch eine klare und eindeutige Angabe der Modalitäten der Inanspruchnahme von Preisnachlässen. Insbesondere hat der Werbende anzugeben, auf welche Waren bzw. Warengruppen sich die beworbenen Preisnachlässe beziehen (Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 4 UWG, Rn. 4.11).

Die Werbung der Beklagten enthält unstreitig keine Angaben über die Einlösebedingungen des Gutscheins, so dass weite Teile der maßgeblichen Verkehrskreise davon ausgehen werden, dass dieser Gutschein für sämtliche Waren im Sortiment der Beklagten eingesetzt werden kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise, also die Verbraucher, die das Krankenhaus in Z. besuchen, können aber ohne einen einschränkenden Hinweis nicht sogleich erkennen, unter welchen Voraussetzungen sie den Gutschein auf der Zuckertüte über 0,50 Euro einlösen können. Vielmehr werden sie dies erst dann erfahren, wenn sie die Apotheke der Beklagten aufsuchen. Es kann auch nicht erwartet werden, dass ein maßgeblicher Teil der Verkehrskreise von vornherein die Vorstellung hat, dass sich der Gutschein gesetzestreu nur auf nicht rezeptpflichtige Arzneimittel bezieht. Es dürfte in weiten Teilen der maßgeblichen Verkehrskreise, also Besuchern und womöglich Patienten eines Krankenhauses, nicht bekannt sein, dass Preisnachlässe auf rezept- und damit verschreibungspflichtige Medikamente nicht gewährt werden können.

Für Zugaben und Geschenke liegt es auf der Hand, dass anzugeben ist, welche Ware gekauft werden muss, um sie zu erhalten. Ob § 4 Nr. 4 UWG keine näheren Angaben über den Gegenstand der Verkaufsförderungsmaßnahme, etwa dessen Beschaffenheit oder Wert, gebietet, ist insoweit ohne Belang. Die Angabe der Ware, deren Verkauf gefördert wird, betrifft nicht die Beschaffenheit oder den Wert des gewährten Vorteils, sondern die Voraussetzungen für dessen Gewährung.

Die Angabe der Ware, für die der versprochene Preisnachlass gewährt wird, hat klar und eindeutig zu erfolgen. Damit ist die Beschreibung der betreffenden Waren nach abstrakten Kriterien nicht ausgeschlossen, solange sie ausreicht, dem damit Angesprochenen nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Marktteilnehmers (Köhler, a.a.O, Rn. 4.13 ) hinreichende Kenntnis zu verschaffen.

Die Angaben müssen bereits in der Werbung mit den Verkaufsförderungsmaßnahmen erfolgen. § 4 Nr. 4 UWG spricht davon, dass sie "bei Verkaufsförderungsmaßnahmen" gemacht werden müssen. Dem Zweck der Vorschrift, der nicht unerheblichen Missbrauchsgefahr entgegen zu wirken, die sich bei der Werbung mit derartigen Maßnahmen aus deren hohen Attraktivität für den Kunden ergibt (vgl. BT-Drs. 15/1487, S. 17), kann nur eine Auslegung entsprechen, die das Gebot klarer und eindeutiger Angaben auch auf diese Werbung erstreckt (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, § 4 Nr.4 UWG, Rn 4).

Zwar besteht die Möglichkeit, dass Kunden in der Apotheke der Beklagten eine Nachfrage über die Modalitäten der Gutscheineinlösung tätigen können; auch dies führt indes zu keiner abweichenden Bewertung. Die wegen ihrer Unklarheit unlauteren Verkaufsförderungsmaßnahmen haben sich bereits ausgewirkt, wenn sich der durch die Werbung Angesprochene auf Grund der Anlockwirkung erst einmal in den Geschäftsräumen des Werbenden befindet; der durch die Werbung Angesprochene ist dort nämlich in jedem Falle, also auch dann, wenn er in den Geschäftsräumen auf Nachfrage erfährt, dass der Preisnachlass nur für Waren gewährt wird, die er in der Apotheke der Beklagten nicht erwerben wollte, nunmehr dem gesamten, dort präsentierten Warenangebot mit erheblicher Beeinflussungsintensität im Sinne eines Kaufentschlusses ausgesetzt. Im Übrigen belegt die Notwendigkeit von Nachfragen auch etwaiger telefonischer Nachfragen, die der Angesprochene unmittelbar bei der Lektüre eines Gutscheins oder einer sonstigen verkaufsfördernden Maßnahme machen könnte, schon für sich genommen, dass die Angaben in der Werbemaßnahme selbst nicht hinreichend klar und eindeutig sind.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist durch die streitgegenständliche Werbemaßnahme auch die Erheblichkeitsschwelle in Form der in § 3 UWG normierten Bagatellschwelle überschritten worden.

Nach der Begründung zu § 3 UWG (Begr. RegE UWG zu § 3, BT-Drucks 15/1487, S. 17) setzt die Feststellung, ob ein Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, eine nach objektiven und subjektiven Momenten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffende Wertung voraus. In diese Wertung sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb und der Schutzzweck des Wettbewerbsrechts einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung kann demnach auch bei Verstößen mit nur geringen Auswirkungen für den Marktteilnehmer im Einzelfall vorliegen, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist oder eine nicht nur unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Insofern ist es nicht angezeigt, nur auf den Einzelwert der Gutscheine von 0,50 Euro abzustellen. In der Tat macht dieser Betrag bei einem Einkauf von 10,00 Euro nur 5 % aus. Hierauf kommt es aber nicht an. Der wettbewerbsrechtliche Verstoß der Beklagten ist nicht durch die Gewährung eines in der Tat für sich betrachtet unerheblichen Preisnachlasses von 0,50 Euro ab einem Einkaufswert von 10,00 Euro zu begründen, sondern er ergibt sich wegen der mit den auf Zuckertüten befindlichen Gutscheinen verbundenen Irreführung der maßgeblichen Verkehrskreise.

Diese könnten sich allein wegen der Gutscheine veranlasst sehen, die Apotheke der Beklagten aufzusuchen, und zwar mit der Vorstellung, der Gutschein könne für sämtliche Produkte der Angebotspalette der Beklagten eingesetzt werden. Nachdem diese Verbraucher erfahren werden, dass ihre Vorstellung irrig ist, werden sie zu einer nicht unerheblichen Anzahl die Apotheke nicht wieder verlassen, sondern das Produkt kaufen, dass sie ohnehin in ihre Vorstellung beim Betreten der Apotheke aufgenommen hatten. Insofern stellt die streitgegenständliche Werbung sehr wohl eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs dar, weil sie dazu geeignet ist, bei Kunden eine Fehlvorstellung zu erwecken, die diese dazu veranlasst, gerade die Apotheke der Beklagten und nicht eine der nach der überschlägigen Schätzung des Senats vorhandenen rund 10 anderen Apotheken in Z. aufzusuchen.

Aus den vorgenannten Gründen ist der Unterlassungsanspruch des Klägers gleichzeitig auch gemäß §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG begründet. Demnach ist eine Werbung unlauter, wenn irreführend geworben wird, was insbesondere der Fall ist, wenn über die Art und Weise der Preisberechnung Unklarheiten hervorgerufen werden. Dies ist vorliegend der Fall, da - wie ausgeführt - die maßgeblichen Verkehrskreise bei Erhalt der Gutscheine nicht erkennen können, dass sich diese nur auf nicht rezeptpflichtige Arzneimittel und Produkte beziehen.

Der von dem Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach alledem wegen einer Verletzungshandlung im Sinne des § 3 UWG begründet.

Auch der Zahlungsantrag des Klägers ist begründet.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann bei einer berechtigten Abmahnung der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Maßstab für die Höhe des Aufwendungsersatzes ist die Erforderlichkeit, vergleichbar mit der Notwendigkeit der Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO. Ob Aufwendungen erforderlich sind, bestimmt sich nach den Verhältnissen des jeweiligen Gläubigers, vorliegend also des Klägers. Da dieser ein Verband ist, der Wettbewerbsverstöße satzungsmäßig verfolgt, kann dieser nur anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten beanspruchen, und zwar in Form einer Kostenpauschale. Unter Abwägung aller Umstände erscheint dem erkennenden Senat der von dem Kläger beanspruchte Betrag in Höhe von 176,64 Euro netto plus 7 % MWtSt, also insgesamt 189,00 Euro angemessen, um seine Aufwendungen zu kompensieren. Die Höhe der Kostenerstattung entspricht der in der Rechtsprechung anerkannten, im Rahmen der Schätzung anzusetzenden Pauschale, die Wettbewerbsverbänden und insbesondere auch der Klägerin bei Abmahnungen zugestanden wird (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, § 12 UWG, Rn. 1.97, m.w.N.).

Auf diesen Zahlungsanspruch sind allerdings nur die zugesprochenen Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit nach §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 2, 3 ZPO und entspricht der erstinstanzlichen Wertfestsetzung, die die Parteien nicht angegriffen haben.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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