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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 14.07.2006
Aktenzeichen: 10 U 24/06
Rechtsgebiete: SGB XI, StVO, BGB, SGB X, StrG LSA, StrG LSA, ZPO


Vorschriften:

SGB XI §§ 28 ff
StVO § 3 Abs. 1 S. 2
StVO § 3 Abs. 1 S. 4
StVO § 32
StVO § 43 Abs. 1
BGB § 31
BGB § 89
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
SGB X § 116
SGB X § 119 Abs. 1
StrG LSA § 3 Abs. 1 Nr. 3
StrG LSA § 9
StrG LSA § 42 Abs. 1 S. 4
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 286 Abs. 1
ZPO § 371
ZPO § 371 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Mit Rücksicht auf die Lage und geringe Bedeutung eins Wald- und Wiesenweges in einem Naturpark sind an die Verkehrssicherungspflichten des Trägers der Wegebaulast geringe Anforderungen zu stellen. Die Eigenverantwortlichkeit der Verkehrsteilnehmer (hier: Radfahrer) steht auf einem unbefestigten Wirtschaftsweg im Vordergrund.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 24/06 OLG Naumburg

verkündet am: 14.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Göbel und die Richterin am Amtsgericht Westerhoff auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 08. Februar 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung haben die Klägerinnen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Klägerin zu 1) übersteigt 20.000,- Euro.

Gründe:

A.

Die Klägerinnen nehmen das beklagte Land aus übergeleiteten Recht wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz in Anspruch.

Der bei den Klägerinnen kranken- bzw. rentenversicherte Geschädigte K. R. befuhr mit seinem Fahrrad am 25. Mai 2003 gegen 10.45 Uhr in einer Gruppe von Fahrradfahrern einen in der Radwanderkarte als Radweg ausgewiesenen, zwei Meter breiten Radweg im Naturpark "D. " aus Richtung Buchholz kommend in Fahrtrichtung B 188. Der Weg verläuft mit einem Abstand von etwa fünf Metern längs des Wasserlaufs der O. und wird an der dem Gewässer zugewandten Seite von einer Reihe von Holzpflöcken, die in einem Abstand von drei Metern am Rande des Weges angebracht sind, gesäumt. Die unbefestigte Fahrbahnoberfläche des Weges ist mit hellgrauem, feinem Splitt versehen. In Höhe der Einmündung eines grasbewachsenen Wiesenweges, der den Radweg kreuzt und sich neben diesem mit einer Splittoberfläche befestigten Radweg längs des Ufers fortsetzt, ist in der Mitte des Radweges quer zu Fahrbahn - jeweils vor und hinter der Einmündung des Wiesenweges - ein Holzpfahl von 40 cm Höhe und etwa 6 cm Breite als Absperrung aufgestellt, um landwirtschaftliche Fahrzeuge an der Durchfahrt zu hindern. Die leicht verwitterten Holzpfähle waren zur Unfallzeit von Grasbüscheln umrankt. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeit und der Beschaffenheit des Holzpfeilers wird auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder vom Unfallort Blatt 8 der zu Informationszwecken beigezogenen Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal und Blatt 115 sowie die Lichtbildanlage Blatt 143 - 147 der Verfahrensakte 21 O 275/03 - LG Stendal verwiesen. Der Weg steht im Eigentum des beklagten Landes. Der bei den Klägerinnen kranken- und rentenversicherte Geschädigte Karl R. kam während der Fahrradtour zu Fall. Der genaue Unfallverlauf ist zwischen den Parteien streitig.

Die in der Wegesmitte aufgestellten Holzpfosten sind zwischenzeitlich mit weißrotem Signalband umhüllt worden.

In einem vor dem Landgericht Stendal im Jahre 2003 unter dem Geschäftszeichen 21 O 275/03 geführten Vorprozess hat der bei den Klägerinnen gesetzlich Versicherte Herr K. R. von dem beklagten Land Schadensersatz und Schmerzensgeld aus dem behaupteten Unfall wegen der Verletzung einer den Radweg betreffenden Verkehrssicherungspflicht verlangt. Die damaligen Prozessparteien schlossen auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50 % am 23.Juli 2004 vor dem Landgericht Stendal einen Prozessvergleich.

Gegenüber den Klägerinnen lehnte das beklagte Land mit Schreiben vom 10. Februar 2005 die Regulierung der von diesen aus übergeleiteten Recht wegen des Verkehrsunfalls ihres Versicherungsnehmers R. zu einer Haftungsquote von 50 % geltend gemachten Schadensersatzansprüche ab.

Die Klägerinnen haben behauptet, die Radfahrergruppe habe vor Passieren der Einmündung des Wiesenweges den Radweg in einer versetzten Formation befahren, an der Spitze sei der Zeuge W. , seitlich hinter ihm versetzt der Zeuge B. und ihm folgend der Verletzte R. gefahren. Hinter diesen seien links versetzt die Zeugen M. und K. gefolgt. Da der in der Mitte des Weges aufgestellte Pfosten wegen des Grasbewuchses nicht frühzeitig als Hindernis erkennbar gewesen sei, hätten die vorausfahrenden Zeugen W. und Bußmann den Pflock erst in letzter Sekunde wahrgenommen und eine Kollision gerade noch im letzten Moment durch ein Ausweichmanöver verhindern können. Auch der Versicherte habe noch den Versuch unternommen, das Hindernis zu umfahren, sei hierbei jedoch mit dem Pedal seines Fahrrades gegen den Pfeiler gestoßen und zu Fall gekommen. Durch den Sturz habe er sich eine schwerwiegende Rückenwirbelverletzung zugezogen, die eine langwierige stationäre Heilbehandlung habe erforderlich werden lassen. Der Versicherte habe unfallbedingt eine inkomplette Querschnittverletzung des zervikalen Rückenmarks mit neuromuskulärer Dysfunktion der Harnblase erlitten. (I.) Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, dem beklagten Land habe als Eigentümer der Wegefläche die Sicherungsverantwortung für den Weg oblegen, denn das Land habe das Gebiet, durch das der Weg verlaufe, als Naturpark ausgewiesen. Die hiermit verbundene Planungsverantwortung für den Naturpark betreffe auch die Gewähr für die Sicherheit und Gefahrlosigkeit der Wegeführung. Dieser dem beklagten Land im Hinblick auf die Beschaffenheit des Radweges obliegenden Verkehrssicherungspflicht sei es indessen nicht in ausreichender Weise nachgekommen. Der in der Mitte des Weges aufgestellte Holzpfahl sei nicht hinreichend gesichert gewesen, denn er sei als Hindernis nicht ausreichend kenntlich gemacht worden. Hierzu haben sie behauptet, aufgrund der topographischen Besonderheiten habe der Holzpfahl an dieser Stelle für die Fahrradfahrer eine gefährliche Falle dargestellt, der Versicherte der Klägerinnen habe auf dem für den Fahrradverkehr freigegebenen Verkehr mit einem solchen, plötzlich auftauchenden Hindernis nicht rechnen müssen, zumal sich der grasumwachsene Holzpfahl von der Fahrbahnfläche des Weges nicht optisch deutlich abgehoben habe. Sie sind insofern der Meinung gewesen, dass sich ihr Versicherter einen Eigenhaftungsanteil von allenfalls 50 % habe anrechnen lassen müssen. (II.) Im Hinblick auf den Haftungsumfang haben sie behauptet, dass sich der Versicherte aufgrund der schwerwiegenden Sturzverletzungen des Versicherten in der Zeit vom 25. Mai bis zum 11. Juni 2003 einer stationären Behandlung in der Neurochirurgischen Abteilung der Universität M. habe unterziehen müssen. Nach dem stationären Krankenhausaufenthalt seien physiotherapeutische Folgebehandlungen erforderlich gewesen. Der Versicherte sei dauerhaft erwerbsunfähig. Der Klägerin zu 1) seien für die Krankenhausbehandlung des bei ihr krankenversicherten Geschädigten, den Krankentransport und Rettungswageneinsatz sowie die weitere medizinische Versorgung und Heilgymnastik Kosten in Höhe von insgesamt 25.510,58 Euro entstanden, die sie in Höhe einer Haftungsquote von 50 % von dem Beklagten erstattet verlangen könne. Sie hat zudem behauptet, dass sie an den Versicherten in der Zeit vom 06. Juli bis 31. Juli 2003 sowie vom 13. Dezember 2004 bis zum 06. Oktober 2004 und in der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 20. November 2004 Krankengeld in einer Gesamthöhe von 26.774,02 Euro geleistet habe. Daneben sei ihr ein erstattungsfähiger Beitragsschaden zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.885,80 Euro entstanden. In dem Zeitraum vom 15. Dezember 2003 bis zum 14. März 2005 habe sie überdies Medikamentenkosten in Höhe von 511,34 Euro getragen, die sie nun von dem Beklagten zu einem Haftungsanteil von 50 % ersetzt verlangen könne.

Beide Klägerinnen sind zudem der Ansicht gewesen, dass sie auch zur Feststellung einer Einstandspflicht des Beklagten berechtigt seien, aufgrund der Art und Intensität der erlittenen Verletzungen und in Anbetracht des Lebensalters des Versicherten sei eine Verschlechterung dessen Gesundheitszustandes nicht auszuschließen. Da die zukünftige Entwicklung des Gesundheitszustandes des Beklagten nicht abzusehen sei, sei - insbesondere angesichts des Schweregrades der Rückenmarksverletzungen - mit weiteren Behandlungs- und Therapiekosten zu rechnen, die aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden könnten. Wegen der schwerwiegenden Verletzungen seien zudem Leistungsansprüche des Versicherten nach §§ 28 ff SGB XI zu erwarten.

Die Klägerinnen haben - nach teilweiser Klagerücknahme - zuletzt beantragt,

1. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 24.427,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hierauf seit dem 10. Februar 2005 zu zahlen;

2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) sämtliche auf diese übergehenden zukünftigen Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 25. Mai 2003 des versicherten Mitglieds der Klägerin K. R. , F. weg 17, R. , zu ersetzen in Höhe einer Quote von 50 %;

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) sämtliche auf diese übergehenden zukünftigen Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls des versicherten Mitglieds der Klägerin zu 2) K. R. , geboren am 22. April 1948, wohnhaft F. weg 17, R. , zu ersetzen in Höhe einer Quote von 50 %.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat seine Passivlegitimation in Abrede gestellt und insofern behauptet, dass der Weg von der Firma "A. -GmbH" aus K. , deren Gesellschafter die Landkreise O. und S. seien, in eigener Regie angelegt worden sei und unterhalten werde. Die Naturparkverwaltung habe weder die Holzpfähle gesetzt, noch sei sie für dessen Sicherung zuständig. Der streitgegenständliche Weg sei als solcher auch nicht von ihr als Radweg straßenverkehrsrechtlich gewidmet worden. Sie ist daher der Meinung, dass sie keine Verkehrssicherungsverpflichtung an dem Weg treffe. Den klägerseits behaupteten Unfallverlauf bestreitet das beklagte Land mit Nichtwissen. Es stellt insbesondere in Abrede, dass der Geschädigte Herr R. bei Befahren des Radweges zu Fall gekommen sei und sich dabei die behaupteten Verletzungen zugezogen habe und ferner, dass der in der Fahrbahnmitte aufgestellte Pfahl für den Sturz des Versicherten ursächlich geworden sei. Der Beklagte ist darüber hinaus der Meinung gewesen, dass ihm eine Verkehrssicherungspflichtverletzung bereits dem Grunde nach nicht vorzuwerfen sei. Hierzu hat das beklagte Land behauptet, dass sich der mittig platzierte Pfosten auf dem hellen Sand- bzw. Kiesuntergrund optisch gut sichtbar abgehoben habe und daher bei gebotener Aufmerksamkeit und Sorgfalt schon auf weite Sicht erkennbar gewesen sei. Da der Radweg an dem Rande zum Ufer hin mit Holzpfählen gesäumt und zu Beginn und Ende der Strecke ebenfalls in der Mitte des Weges ein Pfeiler als Absperrung angebracht gewesen sei, habe der Versicherungsnehmer der Klägerinnen mit Hindernissen dieser Art rechnen müssen. Im übrigen habe dem Versicherungsnehmer auch ausreichend Platz zur Verfügung gestanden, um den Pfahl mit seinem Fahrrad zu umfahren. Der Beklagte ist überdies der Meinung gewesen, dass der Versicherte gegen das Sichtfahrgebot verstoßen habe. Ihn treffe daher jedenfalls ein so hohes Maß an Mitverschulden, so dass ein Haftungsanteil des beklagten Landes dahinter gänzlich zurücktreten müsse. Den von den Klägerinnen geltend gemachten Schaden hat der Beklagte nach Grund und Höhe in Abrede gestellt.

Mit dem am 08. Februar 2006 verkündeten Urteil hat die erste Zivilkammer des Landgerichts Stendal die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen angeführt, dass das beklagte Land in Bezug auf den streitbefangenen Radweg die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe. Behörden seien lediglich gehalten, diejenigen Gefahren auszuräumen bzw. vor diesen zu warnen, die für den Benutzer des Weges, der die erforderliche Sorgfalt obwalten lasse, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht rechtzeitig einstellen könne. So liege der Fall hier indessen nicht. Denn der in der Mitte des Weges aufgestellte Pfosten sei nach Größe und Gestaltung auch aus weiter Entfernung deutlich zu erkennen gewesen, der braunfarbige Holzpfeiler hebe sich nämlich optisch auffallend von dem hellsandigen Fahrbahnuntergrund ab. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Weg geradlinig auf den Einmündungsbereich des Wiesenweges zulaufe und die Unfallstelle daher von Weitem sichtbar sei und im Einmündungsbereich des Wiesenweges ohnehin von dem Straßenbenutzer eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sorgfalt abverlangt werden könne, da in diesen Bereichen mit Vertiefungen und Unebenheiten regelmäßig zu rechnen sei. Insofern sei davon auszugehen, dass der Verletzte R. dem Sichtfahrgebot nach § 3 Abs. 1 S. 2 und S. 4 StVO zuwider gehandelt und dem Verkehrsraum nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt habe. Das Landgericht hat seine tatsächlichen Feststellungen dabei maßgeblich auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder der beigezogenen Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal gestützt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgen.

Sie wenden sich in erster Linie gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und rügen in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft von einer Beweiserhebung über die Beschaffenheit und Erkennbarkeit des streitbefangenen Holzpfostens durch Vernehmung der klägerseits angebotenen Unfallzeugen und durch Vornahme einer Ortsbesichtigung abgesehen habe. Es habe sich nicht auf die Augenscheinsnahme der Lichtbilder beschränken dürfen, sondern den angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen. Die Bilderserie habe im übrigen eine unmittelbar eigene Inaugenscheinnahme der örtlichen Gegebenheiten der Unfallstelle zu einem Zeitpunkt, in dem die Vegetationsverhältnisse den Zustand des Unfallortes zur Unfallzeit wiedergeben würden, keineswegs ersetzen können. Das Landgericht habe darüber hinaus die unter Beweisantritt gestellte Behauptung der Klägerinnen über die Notwendigkeit eines Ausweichmanövers des dem Verletzten vorausfahrenden Zeugen B. unzutreffend gewürdigt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens tragen sie hierzu ergänzend vor, die Zeugen W. und B. hätten den Holzpfeiler nur deshalb sturzfrei passieren können, weil sie weiter rechts als der Verletzte gefahren seien und sich deshalb nicht auf direkten "Kollisionskurs" mit dem Pfeiler befunden hätten. Wenn der Beklagte vermittels des Holzpfeilers ein Befahren des durch eine entsprechende Beschilderung zum Radfahren frei gegebenen Radweges mit Kraftfahrzeugen habe verhindern wollen, dann hätte er im übrigen andere, weniger gefährliche Maßnahmen ergreifen müssen, so etwa eine deutlich sichtbare Sperrschranke. Derartige Verkehrssicherungsmaßnahmen wären dem Beklagten mit nur geringem Aufwand sowohl technisch möglich als auch wirtschaftlich zumutbar gewesen. In der Entscheidung des Landgerichts habe im übrigen auch keine Berücksichtigung gefunden, dass der Beklagte unmittelbar nach dem Unfall den Holzpfeiler mit einem Signalband versehen habe. Nicht nachvollziehbar sei schließlich auch, aus welchem Grunde das Landgericht dem Versicherten im Einmündungsbereich des Wiesenweges eine erhöhte Aufmerksamkeit abverlangt habe. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass im Bereich einer Einmündung mit Vertiefungen und Unebenheiten zu rechnen sei, gebe es nicht.

Die Klägerinnen beantragen,

das am 08. Februar 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stendal abzuändern und

1. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 24.425,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hierauf seit dem 10. Februar 2005 zu zahlen;

2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) sämtliche auf diese übergehenden zukünftigen Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 25. Mai 2003 des versicherten Mitglieds der Klägerin K. R. , F. weg 17, R. , zu ersetzen in Höhe einer Quote von 50 %;

3. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) sämtliche auf diese übergehenden zukünftigen Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls des versicherten Mitglieds der Klägerin zu 2) K. R. , geboren am 22. April 1948, wohnhaft F. weg 17, R. , zu ersetzen in Höhe einer Quote von 50 %.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Meinung, dass die Tatsachenwürdigung des Landgerichts frei von Rechtsfehlern sei. Die Klägerinnen rügten zu Unrecht, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft zu der Feststellung gelangt sei, der Holzpfeiler sei für den Geschädigten R. auf weite Sicht erkennbar gewesen. Es stelle insbesondere keine unzulässige Beweisantizipation dar, dass sich das Landgericht im Rahmen seiner Überzeugungsbildung allein auf eine Inaugenscheinnahme der Lichtbilder aus dem Parallelverfahren 21 O 275/03 gestützt habe und von einer weiteren Beweiserhebung durch Vernehmung der angebotenen Zeugen sowie einer Ortsbesichtigung abgesehen habe. Beide Parteien hätten sich in erster Instanz auf die Lichtbildanlagen und Fotos des Vorprozesses bezogen und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Durch die Ansicht der in Bezug genommenen Fotos habe sich das erstinstanzliche Gericht ein unmittelbar eigenes, authentisches Bild von den seinerzeitigen Verhältnissen der Unfallstelle verschaffen können. Das beklagte Land hält ferner an seiner Ansicht fest, dass ihm - mangels einer straßenrechtlichen Widmung des Weges - eine Sicherungsverantwortung hinsichtlich der Beschaffenheit des Weges nicht treffe.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal zu Informationszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Gemäß Beschluss vom 26. Juni 2006 hat der Senat Beweis erhoben über den Zustand des zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auf dem Radweg aufgestellten Holzpfeilers durch Einsichtnahme in die Farbfotografien Blatt 8, Blatt 115 und Blatt 143 bis 147 der beigezogenen Verfahrensakte 21 O 275/03 des Landgerichts Stendal.

B.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerinnen bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 546 ZPO), noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung der Haftungsfrage.

Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerinnen zu Recht aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 34 S. 2 GG aufgrund übergeleiteten Rechts (§§ 116, 119 Abs. 1 SGB X) und §§ 823 Abs. 1, 31, 89 BGB in Verbindung mit §§ 116, 119 Abs. 1 SGB X verneint.

Klageantrag zu 1):

Den Klägerinnen steht gegen das beklagte Land wegen des Unfalles ihres Versicherten R. vom 25. Mai 2003 auf dem längs des Flusslaufes der O. im Naturpark D. verlaufenden Radweg weder ein nach §§ 116, 119 Abs. 1 SGB X übergeleiteter Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 34 S. 2 GG noch als Eigentümer der Wegefläche wegen einer allgemeinen Verkehrssicherungspflichtverletzung aus §§ 823 Abs. 1, 31, 89 BGB zu.

I.

Der Senat kann für die Entscheidung des Rechtsstreites dahin gestellt sein lassen, ob das beklagte Land als Verkehrssicherungspflichtiger in Anspruch genommen werden kann, weil ihm hinsichtlich des Zustandes und der Befahrbarkeit des Weges eine als Amtspflicht zu qualifizierende Verkehrssicherungspflicht obliegt. Anhand des Vorbringens der Parteien lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei feststellen, ob das beklagte Land als Träger der Straßenbaulast nach § 9 StrG LSA für die Sicherung des Radweges verantwortlich ist und ihm insofern in Ansehung des Radweges die Amtspflicht oblegen hat, den Weg in einem dem Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen und zu erhalten bzw. zu verbessern (§ 9 Abs. 1 StrG LSA). Der hier in Rede stehende Fahrradweg kann nämlich allenfalls als eine "sonstige öffentliche Straße" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA eingestuft werden. Wer Träger der Straßenbaulast für sog. "sonstige Straßen" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA sein soll, wird gemäß § 42 Abs. 1 S. 4 StrG LSA regelmäßig in einer Widmungsverfügung bestimmt. Eine entsprechende Widmungsverfügung, die dem Land die Straßenbaulast an dem Fahrradweg und damit die Sicherungsverantwortung als Amtspflicht gemäß § 9 StrG LSA zugewiesen hat, ist hier indessen schon nicht dargetan.

Eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht des beklagten Landes und damit dessen Passivlegitimation im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB kann sich hier aber möglicherweise daraus ergeben, dass das beklagte Land den Fahrradverkehr auf der in seinem Eigentum stehenden Grundfläche jedenfalls faktisch zugelassen und über einen längeren Zeitraum geduldet hat. Als Eigentümer der streitbefangenen Wegefläche stand dem Land die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit offen, den aus der Wegenutzung resultierenden Gefahren zu begegnen.

Die zwischen den Parteien streitige Frage der Passivlegitimation des beklagten Landes kann aber letztlich offen bleiben.

II.

Denn selbst wenn der Senat zugunsten der Klägerinnen eine dem Beklagten als Amtspflicht obliegende Sicherungsverantwortung für den streitbefangenen Radweg annehmen wollte, muss eine Amtshaftung des beklagten Landes hier gleichwohl ausscheiden. Dabei kann ebenfalls dahin stehen, ob sich der Unfall tatsächlich so zugetragen hat, wie ihn die Klägerinnen schildern. Denn selbst wenn man dies zu ihren Gunsten unterstellen mag, ergibt sich hieraus noch nicht, dass der Unfall tatsächlich auf einen Verstoß des beklagten Landes gegen die den hier streitbefangenen Radweg betreffende Verkehrssicherungspflicht zurückzuführen ist. 1. Unter einer Verkehrssicherungspflicht versteht man die Pflicht dessen, der eine Gefahrenquelle eröffnet, sie unterhält oder auf sie einwirkt, alle nach Lage der Dinge erforderlichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen zu treffen, damit sich die potentiellen Gefahren nicht zum Schaden anderer auswirken können (vgl. BGH VersR 1985, 839, 840; OLG Hamm NZV 2002, 129, 130; Sprau in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 823 BGB Rdn 51). Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich nach der Widmung des Verkehrsweges (BGH VersR 1989, 847, 847), den örtlichen Gegebenheiten sowie der Art und Intensität der Benutzung der Straße oder des Weges und damit nach ihrer Verkehrsbedeutung und werden begrenzt durch den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit (vgl. BGH VersR 1979, 1055; OLG Düsseldorf VersR 1996, 384; OLG Saarbrücken OLGR 2004, 177, 178; OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99, zitiert nach juris). Die Verkehrssicherungspflicht umfasst in der Regel die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Straßenbenutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes. Geschuldet werden die Sicherungsvorkehrungen, die im Rahmen der berechtigten Sicherungserwartungen des in Betracht kommenden Verkehrs nach Maßgabe des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von einem Verkehrsteilnehmer abzuwehren (vgl. BGH VersR 1979, 1055; OLG Düsseldorf VersR 1996, 384; OLG Saarbrücken OLGR 2004, 177, 178; OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99 zitiert nach juris; Sprau in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 823 BGB Rdn. 221).

Eine umfassende Sicherungsverantwortung, die jegliches Unfallrisiko auszuschließen vermag und absolute Gefahrlosigkeit gewährleistet, ist allerdings nicht erreichbar. Der Verkehrsteilnehmer kann dementsprechend nicht erwarten, dass eine Straße schlechthin völlig gefahrlos und frei von allen Mängeln nutzbar ist. Keineswegs muss für alle denkbaren, auch entfernteren Möglichkeiten eines Schadenseintrittes Vorsorge getroffen werden. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und nach objektiven Maßstäben dem Pflichtigen zumutbar sind. Deshalb geht die Verkehrssicherungspflicht der Behörden auch nicht weiter, als dass der Verpflichtete in geeigneter und zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren auszuräumen hat, die der Zustand der Straße in sich birgt und die Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung des Verkehrsweges nicht ohne weiteres zu erkennen und auf die sie sich nicht ohne weiteres einzustellen und einzurichten vermögen. Die Behörden treffen mithin keine weiteren Sicherungspflichten, wenn die Verkehrsteilnehmer bei zweckentsprechender Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt selbst etwaige Schäden abwenden könnten (vgl. BGH NJW 1970, 1126; VersR 1979, 1055). Denn der Straßenbenutzer muss sich grundsätzlich den Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet (BGH VersR 1979, 1055). Der Verkehrssicherungspflichtige muss insofern nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (BGH VersR 1979, 1055; 1980, 946 f.; OLG Düsseldorf, NJW 1996, 731, 732; OLG Rostock MDR 2001, 1052, 1053 zitiert nach juris; Saarländisches Oberlandesgericht MDR 2004, 1351 - 1352 zitiert nach juris; Sprau in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 823 BGB Rdn. 221 m.w.N.). Vor offenkundigen Hindernissen, die ein sorgfältiger Kraftfahrer auch mit einem nur beiläufigen Blick erfasst, braucht nicht gewarnt werden. Es ist vielmehr nur vor unvermuteten Gefahren eine Warnung nötig (vgl. OLG Bamberg VersR 1979, 262). Bei Wirtschafts-, Wald- und sonstigen Wanderwegen sind im übrigen wegen der geringeren Verkehrsbedeutung dieser Straßen und Wege die Sicherungsbedürfnisse der Benutzer in der Regel nicht sehr hoch anzusiedeln und folglich an die Verkehrssicherung nur relativ geringe Anforderungen zu stellen. In diesen Fällen tritt die Eigenvorsorge durch den Verkehrsteilnehmer, sich selbst vor Schaden zu bewahren, in den Vordergrund (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1994, 617; Sprau in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 823 BGB Rdn. 223).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das beklagte Land die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht hier indessen nicht verletzt.

a) In dem bloßen Aufstellen des Holzpfosten, der den Einmündungsbereich des grasbewachsenen Waldweges von dem Radweg abgrenzt und verhindern soll, dass landwirtschaftlich genutzte Kraftfahrzeuge den Weg befahren, kann als solches noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erblickt werden. Der Beklagte durfte zum Zwecke der Verkehrsbeschränkung auf dem Radweg Holzpfeiler aufstellen. Bei den fraglichen Pfosten handelt es sich nicht um Verkehrshindernisse im Sinne des § 32 StVO. Da die den Weg säumenden und begrenzenden Holzpfosten ein Befahren des Weges durch schwere Nutzfahrzeuge verhindern sollen und ihnen daher eine Sperrfunktion zukommt, erscheint es vielmehr nahe liegend, sie als Verkehrseinrichtung entsprechend § 43 Abs. 1 StVO einzustufen. Zu den Verkehrseinrichtungen gehören nämlich kraft gesetzlicher Bestimmung auch sog. "Sperrpfosten" (vgl. ähnlich OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken, 2004, 177, 178; OLG Saarbrücken, Urteil vom 31. August 2004, 3 U 748/03, zitiert nach juris; OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99, zitiert nach juris).

3. Eine Verkehrssicherungspflicht hätte hier allerdings dann verletzt werden können, wenn der Holzpfosten nicht derart aufgestellt worden wäre, dass er für einen Wegenutzer gut sichtbar ist. So liegen die Dinge hier indessen nicht. Ein Radfahrer, der die erforderliche Sorgfalt obwalten läßt, wäre in der Lage gewesen, den "Sperrpfosten" zu erkennen und ihm rechtzeitig auszuweichen.

Der Holzpfosten ist nicht an einer unübersichtlichen Stelle (etwa unmittelbar hinter einer Kurve) plaziert, sondern - wie die in Augenschein genommenen Lichtbilder Blatt 115 der Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal anschaulich dokumentieren - bereits über eine größere Entfernung auf weite Sicht gut erkennbar. Der Weg verläuft über eine längere Strecke geradlinig auf den Einmündungsbereich des Wiesen- bzw. Waldweges zu, vor dem der Pfeiler mittig aufgestellt ist.

Der Weg wird im übrigen an seinem flussseitigen Wegesrand von Holzpfeilern gleicher Größe und Beschaffenheit seitlich gesäumt. Für den Wegenutzer wird hierdurch erkennbar, dass Holzpfosten der hier in Rede stehenden Art zur Wegebegrenzung und Absperrung genutzt werden. Den Nutzer des Weges kann es insofern nicht überraschen, dass ein solcher Holzpfeiler nicht nur als seitliche Begrenzung, sondern auch zur Abgrenzung sonstiger Bereiche der Wegeflächen - hier im Einmündungsbereich des Grasweges - verwendet wird.

Ausweislich der von den Klägerinnen vorgelegten Lichtbilder der Unfallstelle, die die damaligen örtlichen Gegebenheiten und Vegetationsverhältnisse unstreitig authentisch wiedergeben, war der Holzpfeiler auch trotz des Grasbewuchses bei gebotener Aufmerksamkeit als Sperrvorrichtung ohne weiteres erkennbar. Der hier in Rede stehende Pfeiler ist zwar verwittert und war zur Unfallzeit mit Gras umwuchert. Der nach der Behauptung der Klägerinnen schadensursächliche Pfeiler hebt sich aber nach Größe und Färbung gleichwohl deutlich genug von dem hellen, kiesfarbigen Hintergrund ab. Der Kontrast zwischen der Färbung des Holzpfeilers und dem hellgrauen Splitt-Untergrund der Fahrbahnoberfläche ist hinreichend ausgeprägt. Auch durch den Grasbewuchs wird die Wahrnehmbarkeit des Pfeilers nicht entscheidend beeinträchtigt. Wer auf die Fahrbahn achtet, dem hätte der Pfeiler jedenfalls auffallen müssen, zumal kurz hinter der Unfallstelle der grasbewachsene Wiesenweg einmündet, der an dieser Stelle ohnehin von dem Nutzer des Weges erhöhte Aufmerksamkeit abverlangt (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 3 StVO). Der Streckenabschnitt in Höhe der durch den Holzpfeiler begrenzten Wegeeinmündung hebt sich im übrigen auch deshalb besonders augenfällig von dem weiteren Wegeverlauf ab, weil in diesem Wegeabschnitt der Kiesbelag der Fahrbahnoberfläche in Breite des den Weg kreuzenden grasbewachsenen Wald- bzw. Wiesenweges kurzzeitig unterbrochen wird und sich erst hinter dem Einmündungsbereich wieder als Kiesweg geradlinig fortsetzt. Der Wechsel der Fahrbahnoberfläche markiert in dem hier relevanten Unfallbereich zwischen dem Kiesweg und den einmündenden bzw. kreuzenden Wiesenweg ebenfalls eine auch auf größere Entfernung deutlich sichtbare Grenze und verstärkt damit die Begrenzungswirkung des Holzpfeilers zusätzlich optisch.

4. Die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zur Erkennbarkeit des Holzpfeilers und den örtlichen Gegebenheiten der Unfallstelle sind nach § 529 Abs. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen könnten und eine Wiederholung bzw. Ergänzung der Beweisaufnahme nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geboten erscheinen ließen, sind nach Aktenlage nicht ersichtlich.

Die Berufungsangriffe der Klägerinnen gegen die Beweiserhebung und -würdigung des Landgerichts gehen fehl.

Entgegen der Ansicht der Klägerinnen liegt kein Verfahrensfehler darin, dass das Landgericht die Feststellung zur Erkennbarkeit des streitigen Holzpfahls allein aufgrund der von den Parteien in dem Vorprozess vorgelegten Fotografien aus der Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal getroffen und von der des weiteren beantragten Ortsbesichtigung sowie Beweiserhebung durch Vernehmung der klägerseits benannten Zeugen abgesehen hat. Dies stellt insbesondere keine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1237, 1238; OLG Köln NZV 1994, 279, 280; OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99 zitiert nach juris).

a) Das Landgericht hat sich im Rahmen seiner Überzeugungsbildung auf die von der Unfallstelle gefertigten Lichtbilder aus der Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal stützen können. Die Klägerinnen haben die Beiziehung der Verfahrensakte des Vorprozesses zu Informationszwecken unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die darin enthaltenen Fotoanlagen beantragt und in diesem Zusammenhang die Inaugenscheinsnahme der Lichtbilder angeboten. Sie haben damit den Beweis durch Augenschein der Lichtbilder nach § 371 Abs. 1 ZPO angetreten. Diesem Beweisangebot ist das Landgericht nach Beiziehung der Verfahrensakte 21 O 275/03 auch im Termin der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2006 nachgekommen.

b) Nach Inaugenscheinnahme der Lichtbilder konnte das Landgericht aber von der Durchführung einer Ortsbesichtigung Abstand nehmen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Tatrichter nicht verpflichtet ist, dem zusätzlich gestellten Beweisantrag auf Augenscheinsnahme einer Örtlichkeit statt zu geben, wenn eine von derselben Partei vorgelegte Fotografie die Örtlichkeit in ihren für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Merkmalen hinreichend ausweist und die Partei keine von der Fotografie abweichenden Merkmale behauptet (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1237; OLG Köln NZV 1994, 279, 280; OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99 zitiert nach juris; Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 371 ZPO Rdn. 4).

So liegen die Dinge auch hier.

Von einer Ortsbesichtigung, wie sie die Klägerinnen in ihrer Berufungsbegründung anregen, ist kein weiterer Erkenntnisgewinn und damit keine weitere Sachaufklärung zu erwarten. Denn die von den Klägerinnen in Bezug genommenen Fotografien vermitteln bereits einen authentischen Gesamteindruck von der Unfallstelle und die beweispflichtigen Klägerinnen haben überdies keine von den Fotografien abweichenden oder nicht erfassten Merkmale und Besonderheiten behauptet. Sie tragen vielmehr vor, dass die von dem Geschädigten und Kläger des Vorprozesses vorgelegten Fotos (Blatt 8 d. Akte 21 O 275/03) exakt die Situation des Holzpfeilers mit den zum Unfallzeitpunkt vorherrschenden Vegetationsverhältnissen abbildet. Die Authenzität der von dem beklagten Land zur Akte des Vorprozesses gereichten Lichtbildanlage haben sie ebenfalls nicht in Abrede gestellt. Durch das vorhandene Photomaterial aus der beigezogenen Verfahrensakte, das auch der Senat in der Berufungsverhandlung selbst in Augenschein genommen hat, ist die Unfallörtlichkeit aus den verschiedensten Blickwinkeln und Perspektiven in einer Art und Weise dokumentiert, dass sich daraus ein hinreichend verlässliches und eindeutiges Bild für die zu treffende Entscheidung ergibt. Der Zustand der Pfosten als auch die örtlichen Verhältnisse werden durch die Farbfotos ausreichend dokumentiert, so dass es einer Ortsbesichtigung daneben zur Sachverhaltsaufklärung nicht mehr bedarf.

Die gleichen Verhältnisse werden sich an der Unfallstelle heute im übrigen auch nicht mehr vorfinden lassen. Denn der nach der Behauptung der Klägerinnen schadensursächliche Pfeiler ist inzwischen mit Signalbändern versehen worden. Zudem dürften sich die Vegetationsverhältnisse auch heute anders darstellen als vor nahezu drei Jahren. Im Umkleiden der Pfosten mit Signalbändern liegt allerdings noch keineswegs ein Schuldanerkenntnis des beklagten Landes. Da der Ausgang des Prozesses aus Sicht des Beklagten ungewiss ist, entspricht es einem Gebot der Vorsicht, ggf. weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden (vgl. ebenso OLG Rostock MDR 2001, 1052, 1053).

c) Da der Zustand der Pfosten zum Zeitpunkt des Unfalles aufgrund der gemäß § 371 ZPO in Augenschein genommenen Fotos hinreichend bekannt ist, ist auch die Vernehmung der zu diesem Beweisthema angebotenen Zeugen entbehrlich gewesen. Das Landgericht hat sich bereits durch Auswertung der vorgelegten Photomaterialien aus der beigezogenen Verfahrensakte 21 O 275/03 LG Stendal, auf die sich die beweispflichtigen Klägerinnen bezogen haben, einen nach § 286 Abs. 1 ZPO ausreichenden Grad an Überzeugung bilden können. Von dem angebotenen Zeugenbeweis war kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten. Die Zeugen vermögen lediglich ihre eigene subjektive Sicht und Einschätzung von der konkreten Unfallsituation wiederzugeben, die individuell höchst unterschiedlich ausfallen kann und hier möglicherweise auch durch einen gewissen Grad an Unaufmerksamkeit geprägt sein mag. Dagegen können die Fotographien dem erkennenden Gericht einen unmittelbaren, objektiven Eindruck und insofern ein verlässliches, nicht subjektiv verfärbtes Bild von der Unfallstelle vermitteln.

Der Senat hat sich durch Inaugenscheinnahme der Lichtbilder überdies auch selbst ein eigenes Bild von dem Zustand der Pfosten und deren Erkennbarkeit machen können. Geht man aber von dem auf den Fotos dokumentierten Zustand der Pfosten aus, kann damit zugleich die rechtliche Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein sorgfältiger Fahrradfahrer die Pfosten erkennen konnte und musste. Der angebotene Beweis, dass der Pfosten auch für die vorausfahrenden Zeugen W. und B. nicht frühzeitig erkennbar war, ist dabei von vornherein nicht geeignet, die Überzeugung des Senates, die sich der Senat anhand der Lichtbilder gemacht hat, zu erschüttern.

5. Da der Holzpfeiler für einen durchschnittlich aufmerksamen Wegenutzer auf weite Sicht als Hindernis erkennbar war, hat für das beklagte Land keine Verpflichtung bestanden, den Bereich um den Pfeiler durch weitere Sicherungsvorkehrungen zusätzlich abzusichern. Ein Fahrradfahrer muss vielmehr eigenverantwortlich selbst darauf achten, wo er hinfährt, und muss erkennbare Verkehrseinrichtungen umfahren. Da das Aufstellen von Sperrpfosten zulässig und verkehrsüblich ist, kann sich der Radfahrer auch nicht darauf verlassen, dass sich im Anschluss an Wegeeinmündungen oder davor keine Sperrpfosten befinden, zumal diese Art von Holzpfosten - ausweislich der Lichtbilder - auch seitlich erkennbar zur Wegebegrenzung genutzt worden sind. Er darf nicht "blind" darauf vertrauen, dass sich seiner Fahrt nichts in den Weg stellt. Die örtlichen Gegebenheiten sowie die Verkehrsbedeutung des hier in Rede stehenden Weges haben das beklagte Land nicht zu zusätzlichen besonderen Sicherungsmaßnahmen verpflichtet. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass der hier in Streit stehende unbefestigte Radweg in einem Naturpark belegen, nur mit einem losen Kiesbelag versehen und nicht für den Kraftfahrzeugverkehr gewidmet ist. Er wird von Besuchern des Naturparks, Fußgängern und Radfahrern, frequentiert und weist aufgrund seiner Lage eine eher geringe Verkehrsdichte auf. Nach den örtlichen Gegebenheiten ist bei einem solchem unbefestigten Wirtschaftsweg mit teilweisem Grasüberwachs, Unebenheiten und Hindernissen ohne weiteres zu rechnen gewesen. Mit Rücksicht auf die Lage und geringe Verkehrsbedeutung des Weges sind an die Verkehrssicherungspflichten aber auch nur geringe Anforderungen zu stellen. Die Eigenvorsorge durch den Verkehrsteilnehmer, sich selbst vor Schaden zu bewahren, tritt in diesen Fällen in den Vordergrund (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1994, 617).

Soweit sich die Klägerinnen darauf berufen, dass ihrem Versicherungsnehmer die Sicht nach vorne in Richtung des Pfeilers versperrt gewesen sei, weil er inmitten einer Gruppe von Fahrradfahrern gefahren sei, muss dieser Umstand, nämlich die von dem Geschädigten gewählte Fahrformation, für die Beurteilung der Sicherungsverantwortung des beklagten Landes indessen ohne Relevanz bleiben. Dem Versicherungsnehmer der Klägerinnen kann in diesem Zusammenhang vielmehr entgegen gehalten werden, dass er durch diese Fahrweise seinen Sorgfaltspflichten, insbesondere dem straßenverkehrsrechtlichen Sichtfahrgebot nach § 3 Abs. 1 S. 2 und 4 StVO nicht ausreichend entsprochen habe. Gemäß § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 4 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer nämlich mit seiner Fahrweise den jeweiligen Verkehrsverhältnissen und Sichtweite anzupassen (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW 1996, 731, 732). Entsprechendes gilt in Bezug auf eine Sichtbeeinträchtigung, die von anderen Verkehrsteilnehmern ausgelöst worden ist. Sollten die vorausfahrenden Teilnehmer der Fahrradtour dem Geschädigten die Sicht nach vorne behindert haben, hätte er sich mit seiner Fahrweise hierauf besonders einstellen und besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit obwalten lassen müssen. Dies hat der Geschädigte indessen offensichtlich unterlassen. Wer sich an einem erkennbaren Pfosten verhakt, ist hingegen entweder zu schnell gefahren oder hat - infolge Unaufmerksamkeit - zu spät reagiert (vgl. OLG Rostock MDR 2001, 1052 - 1053; auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 3 StVO Rn. 32).

Der Unfall ist mithin darauf zurückzuführen, dass der Versicherungsnehmer der Klägerinnen die ihm obliegende Sorgfalt beim Befahren des Radweges nicht ausreichend beachtet hat. Dabei handelt es sich nicht lediglich um den Vorwurf eines Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB. Gegenüber einem Verkehrsteilnehmer, der die erforderliche Sorgfalt nicht walten lässt, besteht vielmehr bereits keine Verkehrssicherungspflicht (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 22. März 2001, 1 U 144/99).

Da nach alledem eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Landes nicht feststellbar ist, ist dieser den Klägerinnen weder aus Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 S. 2 GG noch - bei Verneinung einer Amtspflicht des beklagten Landes -aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 Abs. 1, 31, 89 BGB zum Ersatz des geltend gemachten Schadens verpflichtet.

Feststellungsanträge zu 2) und zu 3):

Die Feststellungsanträge zu 2) und zu 3) sind zwar gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Insbesondere ist ein rechtsschutzwürdiges Interesse der Klägerinnen an der Feststellung der Einstandspflicht des beklagten Landes nach § 256 Abs. 1 ZPO zu bejahen. Denn der Schadenssachverhalt befindet sich noch weiterhin in der Entwicklung, so dass den Klägerinnen eine Bezifferung ihres Schadens derzeit noch nicht möglich ist. Mit Blick auf Art und Intensität der von ihrem Versicherungsnehmer erlittenen Verletzungen ist eine zukünftige massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers und den Eintritt zusätzlicher Folgewirkungen der unfallbedingten Verletzungen nicht auszuschließen. Mit dem Eintritt eines weiteren Schadens muss wenigstens gerechnet werden.

Die nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellungsanträge zu Ziffern 2 ) und Ziffern 3) sind jedoch mangels einer feststellbaren Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Landes nicht aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 34 S. 2 GG bzw. aus §§ 823 Abs. 1, 31, 89 BGB begründet.

Wegen der Einzelheiten zum Haftungsgrund nimmt der Senat - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf seine obigen Ausführungen zum Klageantrag zu 1) Bezug. Denn die vorstehenden Ausführungen gelten für die Feststellungsanträge entsprechend.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zu dem Bundesgerichtshof nicht gemäß § 543 Abs. 1 ZPO zugelassen, da dem Rechtsstreit weder eine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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