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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 25.08.2006
Aktenzeichen: 10 U 30/06
Rechtsgebiete: SGB X


Vorschriften:

SGB X § 118
§ 118 SGB X ist entsprechend auf einen vor einem Verwaltungs- oder Sozialgericht geschlossenen Vergleich anwendbar, da das Gesetz insoweit eine planwidrige Regelungslücke enthält.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 30/06 OLG Naumburg

verkündet am: 25. August 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2006 unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, der Richterin am Oberlandesgericht Mertens und der Richterin am Amtsgericht Westerhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. März 2006 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Magdeburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 Euro nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 16.472,39 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche nach einem Arbeitsunfall geltend, den Frau K. W. , Hilfskraft eines Alten- und Pflegeheims, am 6. Januar 1993 erlitten hatte.

Bei diesem Unfall wurde Frau W. durch ein schuldhaftes Verhalten des Versicherungsnehmers der Beklagten, Herrn H. , schwer verletzt. Sie erlitt einen Oberarmkopf-Mehrfragmentbruch links, einen Hüftpfannenbruch links, einen Beckenschaufelbruch links und eine Sprengung der linken Iliosakralfuge.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten findet das Rahmenteilungsabkommen Anwendung, das zwischen dem damaligen HUK-Verband und dem Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand am 3. Dezember 1998 geschlossen worden war. Wegen seines Inhalts wird auf Bl. 23 ff. d. A. Bezug genommen. Dieses wurde durch eine zweite und eine dritte Ergänzungsvereinbarung in den Jahren 2000 und 2004 modifiziert.

Die Abwicklung der Folgen des genannten Arbeitsunfalls wurde im Rahmen der Aufbauhilfe von dem Gemeinde Unfallversicherungsverband Oldenburg bearbeitet, da die gesetzliche Unfallversicherung auf den Gebieten der Bundesländer des Beitrittsgebiets zur Unfallzeit erst im Aufbau begriffen war. Dieser rechnete die zugunsten der Frau W. erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten mit Schreiben in der Zeit vom 30. Juni 1993 bis zum 13. Dezember 1994 gegenüber der Beklagten ab. Die insgesamt erbrachten Leistungen beliefen sich auf 131.319,20 DM. Aufgrund des Rahmenteilungsabkommens ergab sich ein Betrag in Höhe von 114.819,20 DM, den die Beklagte zum Ausgleich der Unfallfolgen zu zahlen hatte und auch zahlte.

Der Gemeinde Unfallversicherungsverband Oldenburg gab die Akten sodann an die Klägerin ab. Die Sachbearbeiterin G. übermittelte die Akten sodann im Mai 1995 an die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (im Folgenden BGW genannt).

Die Sachbearbeiterin G. führte mit dem Mitarbeiter der Beklagten R. im Januar 1996 Telefongespräche. Diesbezüglich fertigte Herr R. einen Aktenvermerk. Wegen seines Inhalts wird auf Bl. 63 f. d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11. Juli 1997 wandte sich die BGW an die Beklagte, nahm Bezug auf die mit dem Gemeinde-Unfallversicherungsverband geführte Korrespondenz und forderte die Beklagte auf, einen weiteren Betrag von 35.568,49 Euro an sie zu zahlen. Die Beklagte und die BGW schlossen sodann am 10.07.2002 einen Vergleich, wonach sämtliche Ansprüche aus Vergangenheit und Zukunft gegen Zahlung eines Betrags von 120.000,00 Euro vorbehaltlos abgefunden sein sollten.

Zwischen der Klägerin und der BGW war bei dem Sozialgericht Dessau ein Rechtsstreit über die Frage anhängig, wer für den Arbeitsunfall als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sachlich zuständig war. Auf der Grundlage eines Vorschlags des Gerichts vom 8. Januar 2001 schlossen die Genannten sodann eine Vergleich, wonach der Übergang der Unfalllast für den Arbeitsunfall der Frau W. zum 1. Januar 1995 an die BGW übergehen sollte. Wegen der entsprechenden Schreiben zu dem Vergleichsschluss wird auf Bl. 27 bis 29 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin forderte die Beklagte unter Bezugnahme auf den genannten Sozialrechtsstreit mit Schreiben vom 6. Februar 2003 auf, die noch bis zum 31. Dezember 1994 entstandenen Kosten in Höhe von 16.472,39 Euro auszugleichen.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 17. Juni 2004 eine Zahlungspflicht ab und berief sich auf die Einrede der Verjährung sowie auf den mit der BGW geschlossenen Abfindungsvergleich. Wegen des Schreibens wird auf Bl. 34 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, von der Beklagten die Heilbehandlungskosten ausweislich der Abrechnungen der AOK vom 14. Dezember 1994 und vom 14. Februar 1995 sowie die Kosten für das erforderliche KFZ-Automatikgetriebe in Höhe von insgesamt 16.472,39 Euro beanspruchen zu können.

Ein zwischen der Beklagten und der BGW geschlossener Abfindungsvergleich binde sie nicht, denn bei ihr und der BGW handele es sich um rechtlich selbständige Unfallversicherungsträger gemäß §§ 114 ff. SGB VII. Sie sei aufgrund des Vergleichs vor dem Sozialgericht für alle Leistungen vom Unfallzeitpunkt 6. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 zuständig.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.472,39 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 5. Oktober 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unbegründet, da die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei und die Aufwendungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für den Unfallschaden vom 6. Januar 1993 mit der zuständigen BGW abgefunden worden seien. Auch seien etwaige Ansprüche der Klägerin zwischenzeitlich verjährt.

Die 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Magdeburg hat die Beklagte auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2006 mit dem am 10. März 2006 verkündeten Urteil antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf den Versicherungsträger übergehe, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen habe. Zwischen den Parteien sei nicht streitig, dass es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Kosten um solche handele, die vor dem 1. Januar 1995 entstanden seien. Ebenso wenig stehe die volle Haftung der Beklagten für den Schaden im Streit.

Auch sei der Schadensersatzanspruch auf die Klägerin übergegangen. Der vor dem Sozialgericht geschlossene Vergleich binde das Gericht. Habe ein Gericht über einen nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruch zu entscheiden, so sei es gemäß § 118 SGB X an eine unanfechtbare Entscheidung gebunden, dass und in welchem Umfang der Leistungsträger zur Leistung verpflichtet sei. Diese gesetzliche Regelung habe den Zweck, sozialrechtliche Vorfragen aus dem Prozessstoff des Zivilrechtsstreits herauszunehmen. Mit dem Vergleich stehe demnach die Zuständigkeit der Klägerin bis zum 31. Dezember 2004 fest.

Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht erloschen. Soweit sich die BGW mit der Beklagten verglichen habe, sei dies vorliegend unbeachtlich, da die BGW keinen Vergleich zum Nachteil Dritter habe schließen können.

Auch die Einrede der Verjährung sei unbeachtlich, da sie sich wegen des Rahmenteilungsabkommens nicht auf § 214 BGB berufen könne. Die Anmeldung von Ansprüchen sei schon kurz nach dem Unfall durch den Gemeinde-Unfallversicherer Oldenburg erfolgt, der spätestens mit Schreiben vom 14. Dezember 1993 habe erkennen lassen, dass er für die Unfallversicherung des Landes Sachsen-Anhalt handele.

Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht auf Verwirkung berufen, da sie auf Ausführungen der Sachbearbeiterin G. nicht habe vertrauen dürfen. Als Versicherungsunternehmen habe ihr klar gewesen sein müssen, dass mit einer solchen Aussage einer Sachbearbeiterin kein rechtlicher Bindungswille der Klägerin verbunden gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung und legt dar, zu Unrecht habe das Landgericht § 118 SGB X entgegen seinem Wortlaut dahin ausgelegt, dass er auch auf sozialgerichtliche Vergleiche anzuwenden sei. Ein Vergleich sei keine unanfechtbare Entscheidung in diesem Sinne. Nach einer Entscheidung, also einem Urteil oder einem unanfechtbaren Verwaltungsakt, stehe die Zuständigkeit für einen bestimmten Arbeitsunfall endgültig fest, und zwar vom Unfallzeitpunkt an und nicht etwa gespalten nach einzelnen Zeiträumen.

Gerichtliche Vergleiche seien demgegenüber per se keine Entscheidungen, sondern Regelungen zur prozessökonomischen Erledigung eines Rechtsstreits. Nur so habe es vorliegend zu einer zeitlich gespaltenen Zuständigkeit kommen können. Nach dem SGB VII gebe es nur eine einheitliche Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers für den Arbeitsunfall der Frau W. . Dies wäre hier nach ihrer Auffassung die BGW gewesen. Soweit der Kassler Kommentar ohne Begründung § 118 SGB X auf öffentlich-rechtliche Verträge ausdehne, sei dies unerheblich, denn allenfalls könnten hier Vereinbarungen zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Versicherten gemeint sein, nicht jedoch Vereinbarungen zwischen Sozialversicherungsträger über die Eintrittspflicht, die zudem auch noch in die Rechte Dritter eingriffen.

Erbringe ein unzuständiger Sozialversicherungsträger Leistungen an den Geschädigten, stehe ihm deswegen kein Regressanspruch nach § 116 SGB X zu.

Überdies seien etwaige Forderungen der Klägerin zwischenzeitlich verjährt.

Die Beklagte beantragt,

das am 10. März 2006 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, da die Klage abzuweisen ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der zu Gunsten der Geschädigten erbrachten Leistungen gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 116 Abs. 1 SGB X.

Die gemäß § 823 Abs. 1 BGB bestehenden Ansprüche der Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer der Beklagten aus dem Unfallereignis sind gemäß § 116 Abs. 1 SGB auf die Klägerin übergegangen, soweit diese zu deren Gunsten Sozialleistungen, die im Rechtsstreit der Höhe nach unstreitig sind, erbracht hat. Die Klägerin ist für die im hiesigen Rechtsstreit streitgegenständlichen Versorgungsleistungen aus der Zeit bis zum 31. Dezember 1994 aktivlegitimiert.

Dies ergibt sich aus dem zwischen der Klägerin und der BGW im Jahr 2003 vor dem Sozialgericht Dessau geschlossenen Vergleich über die Zuständigkeit der Last für den Unfall der Geschädigten, denn der erkennende Senat ist an die Regelungen dieses Vergleichs in entsprechender Anwendung des § 118 SGB X gebunden.

§ 118 SGB X bestimmt, dass ein Gericht an eine unanfechtbare Entscheidung darüber, dass und in welchem Umfang der Leistungsträger zur Leistung verpflichtet ist, gebunden ist, wenn es über einen nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruch zu entscheiden hat. Demnach ist das Zivilgericht grundsätzlich nur an Verwaltungsakte oder an gerichtliche Entscheidungen gebunden.

§ 118 SGB X ist aber entsprechend auch auf den hier vorliegenden Vergleich anwendbar, da das Gesetz hier eine planwidrige Regelungslücke enthält. Diese ergibt sich daraus, dass die Interessenlage der vorliegenden Konstellation die Gleiche ist wie bei dem von der Norm geregelten Fall. Auch der Zweck der Norm gebietet eine entsprechende Anwendung.

§ 118 SGB X normiert die Erweiterung der Bestandskraft von Verwaltungsakten der Sozialversicherungsträger und der Rechtskraft von Urteilen der Sozial- und Verwaltungsgerichte. Sozialgerichtliche Vorfragen sollen durch diese Bestimmung aus den zivilgerichtlichen Verfahren herausgenommen werden. Die Regelung dient damit in erster Linie der Prozessökonomie. Insofern ist kein Grund ersichtlich, die Bindungswirkung für den vorliegenden Fall eines Vergleichs zwischen zwei Sozialversicherungsträgern nur deshalb entfallen zu lassen, weil dieser eine gerichtliche Entscheidung über ihre Zuständigkeit obsolet gemacht hat. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso bei der vorliegenden Konstellation die sozialrechtliche Vorfrage der Zuständigkeit eines Sozialversicherungsträgers in dem hiesigen Zivilrechtsstreit erörtert werden sollte.

Eine analoge Anwendung berührt auch die Interessen eines Schädigers grundsätzlich nicht. Diesem dürfte es gleichgültig sein, an welchen von mehreren in Betracht kommenden Sozialversicherungsträgern er Ersatzleistungen zu erbringen hat, solange er nicht doppelt in Anspruch genommen wird; dies ist aber in Ansehung der eindeutigen zeitlichen Aufteilung, die vorliegend in dem Vergleich vorgenommen worden ist, zunächst einmal nicht der Fall.

Nur ergänzend sei noch bemerkt, dass die Beklagte die materiell-rechtliche Richtigkeit der Vergleichsregelung über die Zuständigkeit nicht in Abrede stellt. Dafür, dass die Klägerin für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 für die Unfalllast des Unternehmens M. gGmbH nicht zuständig war und die Unfalllast gemäß §§ 669 Abs.1, 649 RVO, die seinerzeit anwendbar waren, auf die BGW übergegangen war, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Aus dem Hinweis des Sozialgerichts vom 8. Januar 2003 ergibt sich vielmehr, dass zur Zeit des Arbeitsunfalls der Geschädigten W. , also am 1. April 1993, die Unfalllast für das Unternehmen M. gGmbH zweifelsfrei noch bei der Klägerin lag. Die BGW hatte dem Unternehmen erst am 3. Januar 1994 einen Mitgliedschein erteilt, der nach Auffassung des Kammervorsitzenden gemäß § 668 Abs. 1 RVO dazu führen könnte, den Übergang der Versicherungslast auf die BGW erst ab dem 1. Januar 1995 anzunehmen. Für die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, der M. sei schon zur Unfallzeit Mitglied bei dem BGW gewesen, versäumt sie es, Anhaltspunkte vorzutragen.

Demnach ist nach der Auffassung des Senats die Aktivlegitimation der Klägerin selbst bei einer Nichtanwendung des § 118 SGB X gegeben.

Die Geltendmachung der auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzansprüche ist auch nicht durch den Vergleich, den die Beklagte und die BGW im Jahr 2002 geschlossen haben, erloschen.

Ein Vergleich ist gemäß § 779 BGB ein schuldrechtlicher Vertrag, denn er stellt hinsichtlich der streitigen und ungewissen Punkte zwischen den Parteien fest, was gelten soll. Er wirkt wegen seines vertraglichen Charakters nur zwischen den Parteien, die ihn abgeschlossen haben. Insofern sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte beim Abschluss des Vergleichs von einer irgendwie gearteten Beteiligung der Klägerin ausgehen konnte und musste. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin hierfür irgendeinen Rechtsschein gesetzt hat. Die Beklagte wusste, dass sich mehrere Versicherungsträger mit dem streitgegenständlichen Schadensfall befasst hatten, nämlich zunächst der Gemeinde Unfallversicherungsverband, dann die Klägerin und schließlich die BGW. Insofern lag es auf der Hand, dass sie sich im Jahr 2002 mit der BGW nur wegen der Ansprüche, die dieser aus dem Schadensfall zugestanden hatten, vergleichen konnte. Es hätte ihr freigestanden, sich wegen der weiteren Einrichtungen ebenfalls abzusichern. Dass sie dies unterlassen hat, kann indes unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dazu führen, die Wirkungen des Vergleichs mit der BGW auf Dritte auszudehnen.

Allerdings kann die Beklagte der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts erfolgreich die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Die auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche der Geschädigten gegen die Beklagte aus unerlaubter Handlung sind gemäß § 852 BGB zwischenzeitlich verjährt, da die Klägerin schon im Jahr des Unfalls, also im Jahr 1993, Kenntnis von der Haftung der Beklagten erlangt hatte, was sich aus dem Schreiben ihrer Rechtsvorgängerin vom 20. September 1993 ergibt, mit dem erstmals detailliert Aufwendungen geltend gemacht worden sind.

Etwaige gem. § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangene Ansprüche sind demnach gemäß §§ 852 Abs. 1, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Var. 1, 193 BGB a. F. mit Ablauf des 20. September 1997 verjährt.

Der Beginn der Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Verjährungsregelungen. Die Verjährung begann gemäß §§ 852 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB a. F. spätestens am 20. September 1993 und endete gemäß §§ 852 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB a. F. mit Ablauf des 20. September 1996.

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB kommt es auch für den Ablauf der Verjährung auf die alten, taggenauen Verjährungsvorschriften an. Denn nach diesen ist die Verjährung kürzer als die neue erst zum Jahresende eintretende dreijährige Verjährung der §§ 195, 199 BGB n. F.

Für den Beginn der Verjährung kommt es gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erfahren hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Verjährung eines gemäß § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen Regressanspruchs auf den Kenntnisstand des zuständigen Sachbearbeiters der jeweiligen Regressabteilung abzustellen (vgl. BGHZ 133, 129, 138 ff. m.w.N.). Dieser Kenntnisstand kann zweifelsfrei für den oben genannten Zeitpunkt angenommen werden, denn die Klägerin muss sich die Kenntnis des bei ihrer Rechtsvorgängerin zuständigen Sachbearbeiters zurechnen lassen.

Insofern kommt es darauf, ob nach dem Ende der Zuständigkeit der Rechtsvorgängerin der Klägerin der bei dieser zuständigen Sachbearbeiterin Zweifel über die Zuständigkeit aufgekommen sind, nicht an. Vorliegend sind streitgegenständlich Rechnungen der AOK gegenüber der Klägerin vom 14. Dezember 1994 und vom 14. Februar 1995 sowie ein Bescheid des Gemeinde-Unfallver-sicherungsverbandes Oldenburg vom 27. Januar 1995. Selbst wenn man das Vorliegen dieser Rechnungen bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Klägerin als maßgeblich für den Beginn der Verjährungsfrist ansehen würde, wäre die letzte Frist mit Ablauf des 14. Februar 1998 abgelaufen. Für den Beginn der Verjährung ist aber ungeachtet dessen auf die Kenntnis von dem Schadensfall abzustellen, die nicht gleichbedeutend mit der Kenntnis vom Umfang und der Höhe des Schadens ist. Es genügt, wenn Kenntnis besteht, dass eine unerlaubte Handlung zum Schaden geführt hat. Nicht erforderlich ist, dass der Schaden in seinen Einzelelementen überschaut wird (BGH, NJW 1997, 2448). Diesbezüglich wäre im Zweifelsfall die Feststellungsklage das geeignete Mittel gewesen, eine Verjährungsunterbrechung herbeizuführen.

Soweit die Klägerin geltend macht, nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB sei für ihre Ansprüche das neue Verjährungsrecht maßgeblich, wonach gemäß § 202 BGB n. F. Vereinbarungen über die Verlängerung der Verjährungsfrist zulässig seien, verkennt sie, dass eine Anwendung für die Ansprüche ausgeschlossen ist, die am 1. Januar 2002 schon verjährt waren. Wie ausgeführt ist in Ermangelung irgendwelcher Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass dies schon Ende des Jahres 1997 der Fall war.

Nach dem zwischen den Parteien geltenden Rahmenabkommen ist es der Beklagten allerdings grundsätzlich verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Da der Gemeindeunfallversicherungsverband, der im Jahr 1993 als Rechtsvorgänger der Klägerin tätig geworden war, die Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Schadensfall bereits spätestens mit Schreiben vom 14. Dezember 1993 gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte, ist die in § 8 des Rahmenabkommens vorgesehene Ausschlussfrist von 5 Jahren gewahrt worden. Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 225 BGB a. F. davon auszugehen, dass der Verjährungsverzicht unwirksam ist.

Nach der Rechtsprechung muss der Gläubiger einer verjährten Forderung bei Erhebung der Einrede der Verjährung durch den Schuldner trotz vorangegangenen Verzichts hierauf innerhalb kurzer Frist den Klageweg beschreiten. Diese Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (NJW 1998, 902 ff.) besagt, dass ein Schuldner (hier die Beklagte) bei vorangegangener Vereinbarung eines Verzichts auf die Einrede der Verjährung mit einer gleichwohl erfolgenden Berufung auf den Eintritt der Verjährung gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt und zwar auch dann, wenn der Verzicht auf die Einrede bereits vor Eintritt der Verjährung vereinbart worden ist, was gegen § 225 BGB a. F. verstoßen hat und deswegen unwirksam war. Dieser Vorwurf trifft den Schuldner erst recht, der sich - wie die Beklagte hier - nicht an eine rechtswirksam getroffene Vereinbarung halten will.

Der Einwand der Arglist hat Auswirkungen aber nur, solange der Schuldner beim Gläubiger, hier der Klägerin, den Eindruck erweckt oder aufrechterhält, dessen Ansprüche zu befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und solange der Schuldner den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abhält. Das Vertrauen des Gläubigers darauf, dass sein Anspruch nicht an der Verjährung scheitern wird, ist jedoch nur solange gerechtfertigt, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründenden Umstände andauern. Fallen sie fort, erklärt insbesondere der Schuldner (treuwidrig), sich nicht mehr an den Verzicht halten zu wollen, so muss der Gläubiger binnen einer angemessenen und ihrerseits nach Treu und Glauben zu bemessenden kurzen Überlegungsfrist seinen Anspruch gerichtlich geltend machen. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie hier - die Vereinbarung über den Einredeverzicht wirksam getroffen war oder nicht. Diese Klagefrist ist von ihrem Zweck her kurz zu bemessen; eine großzügige Ausdehnung würde der bereits eingetretenen Verjährung zuwider laufen. Aus diesem Grund ist in der Rechtsprechung, je nach den Umständen des Falles, wiederholt vom BGH eine Frist von drei Monaten oder auch schon von sechs Wochen für zu lang erklärt und für die Mehrzahl der durchschnittlichen Fälle eine Frist von einem Monat für ausreichend gehalten worden.

Vorliegend erfolgte die Klageerhebung am 19. Mai 2005. Mit Schreiben vom 6. Februar 2003 forderte die Klägerin die Beklagte zum Ausgleich der streitgegenständlichen Forderungen auf. Die Beklagte berief sich schon mit Schreiben vom 30. Mai 2003, auf das die Klägerin in ihrer Klageschrift Bezug genommen hat, auf die Einrede der Verjährung. Insofern war der Klägerin schon zu dieser Zeit bekannt, dass die Beklagte sich an die Regelung im Rahmenabkommen zu dem Verzicht auf die Verjährungseinrede nicht mehr gebunden fühlte. Die Beklagte hat - soweit ersichtlich - ab dieser Zeit kein Verhalten an den Tag gelegt, das die Klägerin von der Erhebung der Klage abgehalten haben könnte. Gründe, wieso sie nach dem Mai 2003 noch nahezu zwei Jahre bis zur Klageerhebung zugewartet hat, sind nicht ersichtlich. Auch die Verhandlungen, die die Klägerin in der Berufungserwiderungsschrift, Seite 3, wiedergegeben hat, geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung, denn da die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist der Inhalt der übrigen Schreiben aus der Zeit vom 6. Februar 2003 bis zum 17. Juni 2004 irrelevant.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Zulassung der Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht geboten.

Ende der Entscheidung

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