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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 12.05.2006
Aktenzeichen: 10 U 8/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195 a. F.
Bei einem nur fahrlässigen Organisationsverschulden eine Architekten muss dieser grundsätzlich nicht die lange Verjährungsfrist gemäß § 195 a. F. BGB gegen sich gelten lassen. Etwas anderes gilt dann, wenn sich ein Architekt bewusst unwissend hält und die Pflicht zur Bauüberwachung nicht erfüllt.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 8/06 OLG Naumburg

Verkündet am 12.05.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 08. Mai 2006 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und die Richterin am Amtsgericht Westerhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 17. November 2005 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Der Wert der Beschwer und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 30.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Vorschusses für eine Ersatzvornahme aus einem Einheitsarchitektenvertrag in Anspruch und begehrt zusätzlich die Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige Schäden.

Die Beklagte ist seit dem 10.08.1995 Rechtsnachfolgerin der Firma Design-Planungsgruppe form Art B. +Partner GmbH, welche seit dem 23.06.1992 im Handelsregister des Amtsgerichts Wolfsburg eingetragen ist. Der Kläger schloss mit der "B. , L. & Partner,Wg. " am 04.02.1993 einen Einheitsarchitektenvertrag zwecks Umbau und Rekonstruktion des Anwesens A. straße 1 in Sch. . Hierin verpflichtete sich die Firma B. zur Erstellung der Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, zur Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe sowie zur Objektüberwachung und -betreuung. Die Geltung der VOB/B wurde nicht vereinbart.

Unterzeichnet wurde der Vertrag durch die Auftragnehmerin von Herrn U. B. . Sämtliche Korrespondenz durch die Auftragnehmerin/Fa. B. das Bauvorhaben betreffend mit Behörden oder mit dem Kläger (Rechnungen pp.) wurde in der Folgezeit durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. die Beklagte geführt.

Nach Auftragserteilung gab die Firma B. eine bauphysikalische Untersuchung des Gebäudes bei dem S. Ingenieurbüro in Wl. in Auftrag. Aus dem Gutachten ergab sich ein Pilzbefall des Holzes im Bereich der Geschossdecke zum nicht ausgebauten Dachboden. Im Gutachten wurde empfohlen, die durch Pilz zerstörten Hölzer komplett auszutauschen sowie befallene Hölzer gründlich mit einer Drahtbürste vor dem Wiedereinbau abzubürsten. Entsprechende Maßnahmen wurden durch die Firma B. veranlasst. Das Objekt wurde im Jahr 1993 fertiggestellt und bezogen.

Im Sommer 2002 zeigte der Kläger der Firma B. erstmals Feuchtigkeitsschäden an.

Bei einer erneuten Besichtigung im Jahr 2004 stellte der Kläger fest, dass ein hölzerner Stützbalken unter der Dachterrasse erheblich durchfeuchtet war. Dies zeigte der Kläger der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 27.02.2004 an. Mit Antwortschreiben vom 02.03.2004 lehnte die Klägerin jegliche Verantwortung ab, wobei sie bestätigte, dass das Bauvorhaben durch sie betreut wurde.

Der Kläger beantragte daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.03.2004 die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens beim Amtsgericht Schönebeck.

Der vom Amtsgericht Schönebeck im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eingesetzte Sachverständige H. kam in seinem Gutachten vom 05.10.2004 zu folgendem Ergebnis: Mindestens ein Stützbalken sei erheblich durchfeuchtet und durch Insektenfraß komplett zerstört. Sämtliche Balken müssten ausgetauscht bzw. saniert werden, da die Tragfähigkeit am Aufleger nicht gewährleistet sei. Die Sockelleisten lösten sich von der Wandfläche völlig ab, deutliche waagerechte Rissbildungen oberhalb der Sockelleiste seien feststellbar. Im Bereicht der Laibung gebe es Mängel am Putz. Durch Risse könne Feuchtigkeit in den Dachterrassenaufbau eindringen. Der Aufbau der Dachterrasse sei nicht fachgerecht, da der Beton und die Dichtungsbahnen falsch ausgewählt seien. Die Dachterrasse weise auch insoweit erhebliche Mängel auf, als sie eine geschlossene Brüstung habe, aber nur einen Ablauf; ein zweiter Ablauf bzw. zumindest ein Notüberlauf sei erforderlich. Die Abdichtung der Terrasse genüge nicht der damals gültigen DIN 18195. Kosten für die Mängelbeseitigung betrügen 15.000,00 Euro, Kosten für weitere Untersuchungen müssten mit 5.500,00 Euro in Ansatz gebracht werden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.04.2005 sodann Klage erhoben beim Landgericht Magdeburg.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin der Firma B. bzw. rechtlich mit dieser identisch und müsse den geltend gemachten Anspruch gegen sich gelten lassen. Er ist weiterhin der Ansicht, dieser Anspruch sei nicht verjährt. Die Verjährung betrage 30 Jahre gem. § 638 BGB aF, da ein Organisationsverschulden der Beklagten vorgelegen habe, da diese ihren Überwachungspflichten nicht genügt habe.

Der Kläger hat beantragt:

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.500,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechthängigkeit zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiter entstehenden Schaden zu ersetzen, welcher sich aus einer Zerstörung der sich unter der Dachterrasse befindlichen Stützbalken bzw. Deckenbalken in Folge der Durchfeuchtung und Insektenfraß bei dem Objekt A. straße 1, Sch. ergibt,

hilfsweise, statt der Beklagten Herrn U. B. , geschäftsansässig Planungsgruppe B. & Partner GmbH, Ar. Straße 6, Wg. entsprechend den Anträgen zu 1. und 2. zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ihre Passivlegitimation bestritten. Hierzu hat sie behauptet, die GmbH sei nicht Vertragspartner geworden. Sie sei auch nicht die Rechtsnachfolgerin der Firma B. .

Im Übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Hierzu vertritt sie die Auffassung, es gelte die 5jährige Frist des § 638 BGB aF, da Planungsfehler für den entstandenen Schaden nicht ursächlich seien, sondern diese durch den nicht ordnungsgemäß sanierten Pilzbefall entstanden seien. Neue Abdichtungsmängel habe sie nicht zu vertreten.

Das Landgericht hat die Akten des selbständigen Beweisverfahrens beim Amtsgericht Schönebeck beigezogen.

Das Landgericht Magdeburg - Einzelrichter - hat mit dem am 17.11.2005 verkündeten Urteil die Klage im vollen Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass sich zwar die Passivlegitimation der Beklagten allein schon aus dem Schreiben vom 02.03.2004 und den durch die Beklagte versandten Rechnungen betreffend das Bauvorhaben ergebe, die Klageforderung jedoch spätestens mit Ablauf des Jahres 1998 verjährt sei. Vorliegend gelte die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB aF. Bei Inanspruchnahme von Architekten aus positiver Vertragsverletzung gelte die lange Verjährungsfrist nur dann, wenn dieser nach Auftauchen der ersten Mangelerscheinungen es unterlassen hat, den Ursachen hierfür entschieden nachzugehen. Die Beklagte habe jedoch ausreichend nachgewiesen, dass sie aufgrund des Gutachtens der Firma S. zahlreiche Maßnahmen ergriffen hatte, um den Pilzbefall zu bekämpfen. Ob diese Maßnahme fachgerecht und erfolgreich waren, könne letztlich dahinstehen, da die Beklagte zumindest nicht tatenlos geblieben sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Er ergänzt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen zur Verjährung. Nach der Rechtsprechung des BGH gelte die lange Verjährungszeit von 30 Jahren auch dann, wenn ein Werkunternehmer es unterlässt, die organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Mangelfreiheit des Bauwerks bei Abnahme beurteilt werden könne. Der Besteller müsse hiernach darlegen und beweisen, dass der Unternehmer die Überwachung des Herstellungsprozesses nicht oder nicht richtig organisiert hat, so dass der Mangel nicht erkannt worden sei. Diese Grundsätze seien nach Ansicht des Klägers auch auf die Haftung eines Architekten übertragbar und griffen im vorliegenden Fall, da der Sachverständige derart eklatante Mängel bei der Planung, Überwachung und Ausführung festgestellt habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 17.11.2005

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.500,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeden weiteren entstehenden Schaden zu ersetzen, welcher sich aus einer Zerstörung der sich unter der Dachterrasse befindlichen Stützbalken bzw. Deckenbalken infolge von Durchfeuchtung und Insektenfraß an dem Objekt A. straße 1, Sch. ergibt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, nicht passivlegitimiert zu sein. Die falsche Absenderangabe bei den Rechnungen beruhe auf einem Versehen. Im Übrigen verteidigt sie hinsichtlich der Verjährung das angefochtene Urteil. In der mündlichen Verhandlung hat sie zudem erklärt, der Architektenvertrag sei mit einer neben der GmbH damals noch existierenden GbR geschlossen worden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vorschusszahlung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gem. §§ 633 Abs. 3, 635 BGB aF.

1. Mit dem Landgericht ist allerdings von einer Passivlegitimation der Beklagten auszugehen. Obwohl die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht ausdrücklich im Vertrag als GmbH bezeichnet wurde, ergibt sich aus den übrigen Gesamtumständen eindeutig, dass der Vertrag mit dieser geschlossen wurde. Selbst wenn man vorliegend nicht davon ausgehen könnte, dass es sich bei der Auslassung des Zusatzes "GmbH" im Vertragsformular lediglich um ein Versehen handelte, sondern Vertragspartner damals die GbR gewesen wäre, so ergibt sich die Passivlegitimation der Beklagten zumindest nach dem Grundsatz von Treu und Glauben. In sämtlichen vorgelegten Schreiben an den Kläger und Behörden bzgl. des Bauvorhabens tritt stets die Rechtsvorgängerin der Beklagten als beauftragtes Architekturbüro auf. Sämtliche Rechnungen wurden unstreitig an diese bezahlt und von dieser auch eingefordert. Der Unterzeichner des Vertrages - Herr U. B. - war auch damals schon Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Zuletzt im Schreiben vom 02.03.2004 hat die Beklagte selbst erklärt, das Bauvorhaben betreut zu haben (Anlage K4). Angesichts dessen erscheint die nunmehrige Berufung auf die fehlende Passivlegitimation zumindest treuwidrig.

2. Der Kläger hat jedoch keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Die Voraussetzungen des § 635 BGB aF dürften zwar vorliegen, da ausweislich des Gutachtens zumindest auch Fehler in der Planung und Objektaufsicht zu den Mängeln der Dachterrasse geführt haben dürften. Gerade die Planung und Objektaufsicht gehörte jedoch zu den Hauptpflichten der Beklagten aus dem Vertrag, so dass die geltend gemachten Ansprüche verjährt sind.

a) Die Verjährung richtet sich dementsprechend nach § 638 BGB aF iVm Art. 229 § 6 EGBGB und beträgt vorliegend 5 Jahre nach Abnahme bzw. Beendigung der Architektenleistung. Unstreitig ist vorliegend von einer Beendigung spätestens Ende 1993 auszugehen, so dass etwaige Ansprüche Ende 1998 verjährten. Verjährungshemmende oder -unterbrechende Maßnahmen sind bis dahin nicht ersichtlich.

b) Die Beklagte hat den Mangel seines Architektenwerks auch nach dem Vortrag des Klägers nicht arglistig verschwiegen im Sinne des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB aF, so dass die 30jährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB aF nicht greift.

aa) Dies wäre dann der Fall, wenn die Beklagte gewusst hätte, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragsgegners von Erheblichkeit ist, er verpflichtet war, diesen Umstand mitzuteilen und dies trotz positiver Kenntnis nicht tut (vgl. BGH NJW 1992, 1754). Dass die Beklagte positive Kenntnis von den Mängeln hatte, behauptet auch der Kläger nicht.

bb) Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur 30jährigen Verjährungsfrist bei einem festgestelltem Organisationsverschulden des Werkunternehmers (BGHZ 117, 318ff) auch vorliegend auf die Haftung des Architekten anwendbar seien, so kann dem nicht gefolgt werden. Der BGH hat die Anwendung des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB aF, also die Annahme arglistigen Verschweigens, auf die Fälle ausgedehnt, in denen sich der Unternehmer seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des Werks dadurch entzieht, dass er sich unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bedient, Mängel zu offenbaren (BGH a. a. O.). Hiernach muss der Unternehmer die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweist. Diese Grundsätze hat der BGH ausdrücklich entwickelt, um zu verhindern, dass der Besteller dadurch haftungsrechtlich benachteiligt wird, dass er anstelle eines Alleinunternehmers ein Unternehmen beauftragt, welches arbeitsteilig organisiert ist (BGH a. a. O.). Dementsprechend hat der Unternehmer dann einzustehen, wenn er die Überwachung und Prüfung des Werks nicht oder nicht richtig organisiert hat und der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre.

Diese Grundsätze sind nicht auf die Haftung eines Architekten übertragbar (so wohl auch BGH in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22.09.2005, AZ: VII ZR 310/04). Denn der Architekt bedient sich vorliegend des Werkunternehmers nicht als Gehilfen zur Verrichtung eines eigenen Geschäfts. Eine Schutzbedürftigkeit des Bestellers ist insoweit nicht ersichtlich. Andernfalls würde die dreißigjährige Verjährung der Haftung eines Architekten immer greifen, denn Fehler beruhen bei ihm letztlich immer auf einer falschen Planung und Überwachung, da es sich hierbei regelmäßig um die Hauptpflicht eines Architekten handelt. Etwas anderes könnte hier allenfalls gelten, wenn sich der Architekt ebenfalls eines Erfüllungsgehilfen, z. B. eines Bauleiters, bedient hätte und diesen nicht ausreichend überwacht hätte.

Selbst wenn man der Ansicht des Klägers und einiger Oberlandesgerichte (OLGR Düsseldorf 2004, 294ff, OLG Hamm, Bau R 2002, 1706ff, OLG Celle, NJW-RR 1995, 1486) zur grundsätzlichen Übertragbarkeit der diesbezüglichen BGH-Rechtsprechung folgen wollte, so bleibt es dabei, dass auch nach den Grundsätzen des Organisationsverschulden nicht erreicht werden soll, dass der Architekt auch bei Fahrlässigkeit eine 30jährige Verjährungsfrist gegen sich gelten lassen muss (OLG Düsseldorf a. a. O., OLG Hamm a. a. O.).

Zwar kann ein besonders erheblicher Mangel durchaus ein Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sei, so dass es weiterer Darlegungen nicht bedarf (BGH a. a. O.). Vorliegend geht es jedoch gerade nicht um ein Organisationsverschulden im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Die Anwendung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. im Fall eines Organisationsverschuldens dient nicht dem Zweck, Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln, die der Auftragnehmer (möglicherweise auch grob) schuldhaft verursacht hat, der Verjährungsfrist von 30 Jahren zu unterwerfen (s. a. OLG Hamm, BauR 2002, 1706ff). Der Auftragnehmer soll sich vielmehr der Arglisthaftung nicht dadurch entziehen können, dass er das Werk arbeitsteilig herstellen lässt und sich selbst unwissend hält. Dementsprechend können Mängel nur dann ein überzeugendes Indiz für eine fehlende oder unzureichende Organisation sein, wenn es nahezu undenkbar erscheint, dass diese Mängel im Falle einer ausreichenden Organisation der Überwachung und Überprüfung der Arbeiten übersehen worden wären. Das ist bei den genannten Ausführungsfehlern nicht der Fall. Der Kläger selbst hat nichts dazu vorgetragen, dass die Beklagte sich bewusst unwissend hielt bzw. ihrer Pflicht zur Bauaufsicht überhaupt nicht nachgekommen ist.

cc) Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch nicht der Schluss, dass besonders eklatante Fehler bzw. Mängel - wie der Kläger meint - regelmäßig, ohne Prüfung von Kenntnis und Vorsatz, zur Annahme eines arglistigen Verschweigens und damit zu einer dreißigjährigen Verjährungsfrist führen. Grundsätzlich gilt die Regel, dass Verletzungen der Hauptpflichten eines Werkvertrages der fünfjährigen Verjährung unterliegen. Hierzu zählen auch und gerade Planungs- und Bauaufsichtsfehler eines Architekten. Dieser Grundsatz findet sich auch nach den aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geänderten Vorschriften zum Werkvertrag, insbesondere in § 634 a Abs. 1 Ziff. 2 BGB nF. Das heißt, ein Abweichen von dieser Regel ist die absolute Ausnahme. Die Voraussetzungen, die zur Annahme einer dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 638 Abs. 1 S. 1 BGB aF führen, hat aber der Besteller und damit der Kläger darzulegen und zu beweisen (vgl. BGHZ 117, 318ff). Dies ist ihm nicht gelungen. Zwar handelt sich nach dem Gutachten um mehrere Verstöße gegen die Regeln der Technik beim Aufbau der Dachterrasse, diese sind aber - anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu Organisationsverschulden entschiedenen Fall - nicht derart augenfällig, dass sie für die Beklagte nicht zu übersehen waren, so dass eines mit Arglist vergleichbares damaliges Verhalten der Beklagten nicht feststellbar ist. Im Gegenteil haben sich die Fehler erst im Laufe vieler Jahre schleichend bemerkbar gemacht.

3. Grundsätzlich ist zwar nach der Rechtsprechung des BGH auch die Haftung des Architekten aufgrund positiver Vertragsverletzung mit der Folge einer 30jährigen Verjährungszeit gem. § 195 BGB aF möglich. Es ist jedoch vorliegend nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte einer solchen Vertragsverletzung schuldig gemacht hat.

Eine solche Haftung nach PVV kommt in Betracht, wenn ein umfassend beauftragter Architekt bei erstem Auftreten von Baumängeln - wie vom Landgericht dargelegt - es unterlässt, den Ursachen entschieden und ohne Rücksicht auf eigene Haftung nachzugehen, so das es zur Verjährung der gegen ihn selbst oder den Werkunternehmer gerichteten Gewährleistungsansprüche und Schadensersatzansprüche gar nicht erst kommt (BGHZ 71, 144ff).

Die Verletzung einer solchen Nebenpflicht ist hier jedoch nicht feststellbar und auch von dem Kläger nicht vorgetragen. Erforderlich ist hierfür nämlich eine ständige pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung (BGH a. a. O.). Die Behebung der im Jahr 1993 im in Auftrag gegebenen Gutachten der Fa. S. festgestellten Schäden hat die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin jedoch unstreitig veranlasst.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bereits vor Ablauf der Verjährung Kenntnis von einer etwaigen unsachgemäßen Mängelbeseitigung durch die beauftragten Werkunternehmer hatte bzw. positive Kenntnisse von Versäumnissen und Fehlern beim Aufbau der Dachterrasse besaß. Zum Zeitpunkt der ersten Mängelanzeige gegenüber der Beklagten waren etwaige Ansprüche bereits verjährt. Vorliegend geht es auch gerade nicht um derartige Versäumnisse der Beklagte, sondern um Fehler und Nachlässigkeiten bei der Durchführung der Planung und Bauaufsicht, also hinsichtlich ihrer Hauptpflichten aus dem Vertrag.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, § 26 Ziff. 8 EGZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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