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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 10 VA 1/01
Rechtsgebiete: EGGVG


Vorschriften:

EGGVG § 23
Leitsätze:

1. Die Entscheidungen der Amtsgerichte in Hinterlegungssachen sind Justizverwaltungsakte, für deren Anfechtung letztlich das Antragsverfahren nach § 23 EGGVG eröffnet ist.

2. Eine Pflicht zur Verzinsung hinterlegter Geldbeträge ist im Lande Sachsen-Anhalt gesetzlich nicht bestimmt.

OLG Naumburg, Bes vom 07.03.2001, 10 VA 1/01; vorgehend AG Halle-Saalkreis, XX, HL 51/95


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Beschluss

10 VA 01/01 OLG Naumburg HL 51/95 AG Halle-Saalkreis

In dem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung über einen Justizverwaltungsakt betreffend das Hinterlegungsverfahren HL 51/95 des Amtsgerichts Halle-Saalkreis, dort die Beschlüsse der Rechtspflegerin als Hinterlegungsstelle vom 09. November 2000 sowie der Präsidentin des Amtsgerichts als Dienstaufsichtsorgan vom 05. Januar 2001,

Beteiligter:

...

Antragsteller,

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Neuwirth, den Richter am Oberlandesgericht Rüge und den Richter am Landgericht Wiedemann am 07. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beteiligten auf gerichtliche Entscheidung über die o.g. Justizverwaltungsakte wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Antragsverfahrens hat der Beteiligte zu tragen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 2.700,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Mieterin Dr. med. C. W. hat im Februar 1995 einen Betrag in Höhe von 30.956,73 DM sowie im Januar 1996 einen weiteren Betrag in Höhe von 16.243,76 DM jeweils beim Amtsgericht Halle-Saalkreis hinterlegt.

Auf Antrag des Beteiligten hat das Amtsgericht Halle-Saalkreis - Hinterlegungsstelle - mit Verfügung vom 17.08.2000 dessen Empfangsberechtigung festgestellt und an ihn die Hinterlegungsmasse - insgesamt einen Betrag von 47.200,49 DM, ausgezahlt. Hinsichtlich des weiter gehenden, auf die Herausgabe von Hinterlegungszinsen gerichteten Antrages hat es den Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Verzinsung des Betrages nicht erfolgt und rechtlich auch nicht erforderlich gewesen sei. Nach fruchtlosem Ablauf mehrerer Stellungnahmefristen hat die Hinterlegungsstelle mit Beschluss vom 09.11.2000 den Antrag auf Auszahlung von Zinsen zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat die Präsidentin des Amtsgerichts Halle-Saalkreis durch Beschluss vom 05.01.2001 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses vom 05.01.2001, der dem Beteiligten am 19.01.2001 zugestellt wurde, wird auf die Gründe des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen.

Der Beteiligte hat mit einem am 29.01.2001 beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen Schreiben einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG gestellt. Wegen der Begründung dieses Antrages wird auf den Inhalt des vorgenannten Schreibens Bezug genommen.

Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Halle-Saalkreis in der Hinterlegungssache HL 51/95 beigezogen.

II.

Der Antrag des Beteiligten auf gerichtliche Entscheidung über einen Justizverwaltungsakt ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Senat ist zur Entscheidung über den Antrag nach § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG iVm. § 25 Abs. 1 EGGVG berufen.

2. Der Antrag des Beteiligten ist zulässig. Er ist insbesondere statthaft, weil er auf eine gerichtliche Entscheidung über zwei Justizverwaltungsakte gerichtet ist. Die Entscheidungen der Amtsgerichte in Hinterlegungssachen sind Justizverwaltungsakte (vgl. Schmidt in: Bülow/ Mecke/ Schmidt, Komm. z. HinterlO, 3. Aufl. 1993, Vorbem. Rn. 13 mwN.), die nach § 1 Abs. 2 HinterlO den Amtsgerichten als Hinterlegungsstelle, dort dem Rechtspfleger nach §§ 3 Nr. 4 lit. b), 30 RPflG als Glied der Justizverwaltung sowie im Beschwerdeverfahren der Dienstaufsichtsbehörde zugewiesen sind (vgl. Schmidt aaO. § 3 Rn. 22).

Das Antragsverfahren ist nicht ausnahmsweise wegen der Regelung in § 3 Abs. 3 HinterlO verwehrt. Nach dieser Vorschrift ist im Falle eines Herausgabebegehrens nicht der Weg zur gerichtlichen Entscheidung über den - die Herausgabe ablehnenden - Justizverwaltungsakt, sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (hier ausschließlich zum Landgericht) eröffnet. Allerdings begehrt der Beteiligte nach dem Wortlaut seines Antrages an die Hinterlegungsstelle die Herausgabe von Hinterlegungszinsen. Für den Fall, dass sich dieser Antrag auf tatsächlich erzielte Zinsen bezöge, wäre der Beteiligte auf den zivilrechtlichen Klageweg zu verweisen gewesen (vgl. KG NJW-RR 1996, 1202). Hier aber sind gerade keine Hinterlegungszinsen erwirtschaftet worden. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung richtet sich daher vor allem auf eine Feststellung der Pflicht zur Verzinsung hinterlegter Geldbeträge im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwahrung dieser Beträge.

Der Antrag ist schließlich auch fristgerecht nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens gestellt worden, §§ 24 Abs. 2, 26 Abs. 1 EGGVG.

3. Der Antrag des Beteiligten hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die von ihm angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Halle-Saalkreis sind nicht rechtswidrig ergangen; sie verletzen den Beteiligten nicht in seinen Rechten, § 28 Abs. 1 EGGVG.

Das Amtsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss vom 05.01.2001 vielmehr zu Recht festgestellt, dass eine Pflicht zur Verzinsung hinterlegter Geldbeträge im Lande Sachsen-Anhalt nicht gesetzlich bestimmt ist. Aus den zutreffenden Gründen der vorgenannten Entscheidung, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen macht, stellt § 8 HinterlO - entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten - keine bundesrechtliche Rechtsvorschrift dar, die durch Art. 8 des Einigungsvertrages Gültigkeit für das Land Sachsen-Anhalt hätte erlangen können (vgl. auch Schmidt aaO., Vorbem. Rn. 14 mwN.; ThürOLG Jena RPfl 1998, 33). Eine entsprechende landesrechtliche Vorschrift existiert - auch unter Berücksichtigung etwa fortgeltender Regelungen des Rechts der ehemaligen DDR als Landesrecht - nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 30 Abs. 1 S. 1 u. 2, Abs. 2 EGGVG iVm. § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.

Der Gegenstandswert des Antragsverfahrens bestimmt sich nach § 30 Abs. 3 EGGVG iVm. § 30 KostO, wobei der Senat seiner Festsetzung die geschätzte Höhe der Hinterlegungszinsen bei Anwendbarkeit von § 8 Nr. 2 KostO, wie vom Beteiligten geltend gemacht, zugrunde gelegt hat.



Ende der Entscheidung

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