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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 14.02.2006
Aktenzeichen: 10 W 2/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StPO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 1
ZPO § 44
ZPO § 44 Abs. 3
ZPO § 45 Abs. 1
ZPO § 45 Abs. 2
ZPO § 46 Abs. 2 2. HS
ZPO § 47
ZPO § 356
ZPO § 379
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 242
StPO § 26 a Abs. 1 Nr. 3
Zu den Voraussetzungen der Verwerfung eines Richterablehnungsgesuchs als unzulässig.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

10 W 2/06 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Göbel als Einzelrichterin (s. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO)

am 14. Februar 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 10. Januar 2006 aufgehoben und das Ablehnungsverfahren an den entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Vertreter der abgelehnten Einzelrichterin zur erneuten Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Beklagten zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der ersten Instanz vorbehalten.

A.

In dem dem Ablehnungsverfahren zugrunde liegenden Ausgangsprozess nimmt der Kläger den Beklagten auf Berichtigung des Grundbuches im Hinblick auf eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit für ein Leitungs- und Anlagenrecht an einem unterirdisch über dem Grundstück des Beklagten verlaufenden Schmutzwasserkanal in Anspruch.

Nachdem das ursprünglich angerufene Amtsgericht Quedlinburg den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. Februar 2005 an das Landgericht Magdeburg verwiesen hatte, hat die mit der Sache zunächst befasste Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg am 26. Juli 2005 beschlossen, über den streitigen Verkehrswert des Grundstückes Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Im übrigen hat sie die Parteien darauf hingewiesen, dass sie nicht beabsichtige, das von dem Beklagten beantragte Schriftsachverständigengutachten über die Echtheit der von dem Kläger vorgelegten Urkunden einzuholen.

Nach Wechsel in der Besetzung der 11. Zivilkammer ist die abgelehnte Einzelrichterin für das Verfahren zuständig geworden. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 hat sie dem Beklagten eine Beibringungsfrist nach § 356 ZPO in Verbindung mit § 379 ZPO für die Einzahlung des Vorschusses für die Einholung des Verkehrswertgutachtens gesetzt.

In dem nach ergebnislosen Ablauf der Beibringungsfrist anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2006 hat der Beklagte nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen von ihm persönlich verfassten, schriftlich vorbereiteten Befangenheitsantrag überreicht.

Er hat die Ansicht vertreten, dass die Verfahrensleitung der abgelehnten Richterin erkennen ließe, dass sie dem Rechtsstreit und insbesondere ihm als Partei nicht unvoreingenommen gegenüber stünde. Hierzu hat er behauptet, er habe durch die Prozessleitung den Eindruck gewinnen müssen, dass dem Kläger einseitig Vorteile eingeräumt würden, während er selbst in der Ausübung seiner Parteirechte behindert werde. So sei die abgelehnte Richterin dem Beweisantrag des Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Echtheit der vorgelegten Urkunden nicht nachgekommen. Sie habe ihn dagegen aufgefordert, den Kostenvorschuss für ein von ihm selbst als entbehrlich erachtetes Verkehrswertgutachten seines Grundstückes zu zahlen, was gleichfalls Zweifel an der Objektivität der Richterin aufkommen lasse.

Die erkennende Richterin hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2006 einen Beschluss verkündet, mit dem sie das Ablehnungsgesuch des Klägers als unzulässig verworfen hat. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem Befangenheitsantrag des Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis fehle, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich angebracht worden sei. Der Beklagte habe das Ablehnungsgesuch bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung schriftlich verfasst, ohne dass ihm die Prozessleitung der abgelehnten Richterin in der mündlichen Verhandlung bekannt gewesen sei. Dass er mit dem Antrag kein ernsthaftes Anliegen verfolge, werde auch darin deutlich, dass er die Befangenheit der Richterin lediglich pauschal behauptet habe, ohne auch nur ansatzweise konkrete Gründe mitzuteilen, die diese Einschätzung stützen könnten.

Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte mit einem am 23. Januar 2006 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er beanstandet die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und meint, die abgelehnte Richterin habe über das Ablehnungsgesuch nicht selbst befinden dürfen, sie hätte den Befangenheitsantrag vielmehr ihrem geschäftsverteilungsplanmäßigen Vertreter gemäß §§ 45 Abs. 1, 47 ZPO in Verbindung mit § 44 Abs. 3 ZPO zur Entscheidung vorlegen müssen. In der Sache trägt er - unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - ergänzend vor, dass er in der mündlichen Verhandlung den Eindruck habe gewinnen müssen, dass die abgelehnte Richterin ihn in der Ausübung seiner Parteirechte einseitig behindern wolle. Die abgelehnte Einzelrichterin sei bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage insbesondere nicht bereit gewesen, sich mit dem Vorbringen des Beklagten inhaltlich auseinander zu setzen. Insbesondere habe sie abgelehnt, den von ihm erhobenen Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB zu berücksichtigen. Den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Quedlinburg habe sie überdies sehr harsch kritisiert, womit sie zu erkennen gegeben habe, dass ihr daran gelegen sei, ein "berufungsfähiges Urteil" in der Sache zu verhindern.

Die abgelehnte Richterin hat am 24. Januar 2006 beschlossen, der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

B.

Die nach § 46 Abs. 2 2. HS ZPO in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Der Verwerfungsbeschluss des Landgerichts leidet an einem erheblichen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung führt, denn die abgelehnte Einzelrichterin hätte nicht selbst über das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 10. Januar 2006 entscheiden dürfen.

I.

1. In Rechtsprechung und Rechtsliteratur ist zwar einhellig anerkannt, dass der abgelehnte Richter - abweichend von § 45 Abs. 2 ZPO - ausnahmsweise dann zu einer eigenen Entscheidung über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch befugt sein soll, wenn das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich ist und insofern als unzulässig zu verwerfen wäre (vgl. BGH Rechtspfleger 2005, 415; BGH NJW 1992, 983, 984; BayObLG NJW-RR 1993, 1277, 1278; OLG Köln OLGR Köln 2004, 236; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1042; SächsVerfGH NJW-RR 1999, 287, 288; BVerwG NJW 1997, 3327; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 ZPO Rdn. 6; ders. § 45 ZPO Rdn. 4 m.w.N.). 2. Ein solcher, die Selbstentscheidungsbefugnis des abgelehnten Richters ausnahmsweise rechtfertigender Missbrauchsfall kann hier indessen nicht festgestellt werden.

a) Ein Ablehnungsgesuch stellt sich anerkanntermaßen als rechtsmissbräuchlich dar, wenn es offensichtlich nur dazu dienen soll, das Verfahren zu verschleppen, oder wenn mit der Ablehnung ausschließlich verfahrensfremde, vom Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts offensichtlich nicht erfasste Ziele verfolgt werden. Das Gleiche gilt bei einem nicht ernsthaft gemeinten oder unter einem Vorwand bzw. allein aus prozesstaktischen Erwägungen gestellten Ablehnungsgesuch und bei Gesuchen, die grobe Beleidigungen und Beschimpfungen der beteiligten Richter enthalten. Wird das Rechtsinstitut der Richterablehnung in derart rechtsmissbräuchlicher Weise eingesetzt, fehlt dem Befangenheitsgesuch ein Rechtsschutzinteresse und es ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. OLG Zweibrücken MDR 1980, 1025, 1026; Brandenburgisches OLG OLGR Brandenburg 2000, 35; OLG Düsseldorf Rechtspfleger 1994, 340; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 ZPO Rdn. 6 m.w.N.).

An den Tatbestand der rechtsmissbräuchlichen Richterablehnung sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Rechtsmissbrauch muss - in Anlehnung an § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO - "offensichtlich" sein (vgl. OLG Zweibrücken MDR 1980, 1025, 1026; Brandenburgisches OLG OLGR Brandenburg 2000, 35; OLG Düsseldorf Rechtspfleger 1994, 340; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 ZPO Rdn. 6 m.w.N.). Dies beruht auf der Erwägung, dass die Frage, ob ein Richter eine der Grundvoraussetzungen seiner Amtsführung, nämlich die richterliche Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit gegenüber sämtlichen Verfahrensbeteiligten auch aus der Sicht der Verfahrensbeteiligten erfüllt, dem Sinn und Zweck der Ablehnung gemäß nicht von dem abgelehnten Richter selbst entschieden werden kann. Anderenfalls wäre die durch das Rechtsstaatprinzip und durch die Garantie des gesetzlichen Richters charakteristische Aufgabe des Instituts der Richterablehnung gefährdet (vgl. OLG Zweibrücken MDR 1980, 1025, 1026). Fehlt es an der insofern erforderlichen "Offensichtlichkeit" des Rechtsmissbrauchs, hat eine Sachprüfung durch die nach § 45 Abs. 1 ZPO zuständige Kammer ohne Mitwirkung des Abgelehnten zu erfolgen.

Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Befangenheitsgesuch als rechtsmissbräuchlich darstellt, kommt es dabei maßgeblich auf den mit dem Ablehnungsgesuch erkennbar verfolgten Zweck des Ablehnungsgesuches an. Lässt sich nicht ausschließen, dass die Partei ihre persönliche Besorgnis hinsichtlich der Unparteilichkeit des zur Entscheidung in ihrer Sache berufenen Richters Ausdruck verleihen will, muss das Ablehnungsgesuch sachlich und unter Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens verbeschieden werden. Geht es dem Gesuchsführer dagegen in erster Linie darum, den Rechtsfindungsprozess zu stören und Verfahrenskomplikationen auszulösen, dann ist es gerechtfertigt, dass der abgelehnte Richter den Antrag selbst durch Beschluss als unzulässig verwirft (OLG Zweibrücken MDR 1980, 1025, 1026).

b) Nach diesen Grundsätzen kann hier indessen nicht zweifelsfrei von einem rechtsmissbräuchlich angebrachten Befangenheitsantrag ausgegangen werden.

aa) Weder aus dem Ablehnungsgesuch des Beklagten noch aus seinem sonstigen aktenkundigen Prozessverhalten ergeben sich genügende Anhaltspunkte, die darauf schließen ließen, der Beklagte habe den gegen die abgelehnte Richterin gerichteten Befangenheitsantrag ausschließlich in Prozessverschleppungsabsicht eingelegt.

Dass dem Beklagten an einer Verfahrensverzögerung gelegen sein könnte, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich. Allein in der Anbringung des Befangenheitsantrages selbst kann jedenfalls noch keine Prozessverschleppung gesehen werden. Von einem rechtsmissbräuchlichen Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht ist die Einzelrichterin ebenfalls nicht ausgegangen; sie hat dies dementsprechend auch nicht zur Begründung ihrer Entscheidung vom 10. Januar 2006 angeführt.

bb) Das Gesuch bietet aber auch im übrigen keinen genügenden Anlass zu der Annahme, der Beklagte verfolge mit seinem Antrag ausschließlich sachwidrige bzw. verfahrensfremde Zwecke. Allein der Umstand, dass der Beklagte den Befangenheitsantrag bereits zeitlich vor der mündlichen Verhandlung schriftlich vorbereitet hatte, lässt - für sich betrachtet - noch nicht auf eine rechtsmissbräuchliche zweckwidrige Handhabung dieses Verfahrensinstruments schließen. Richtig ist zwar, dass der Beklagte vor dem Verhandlungstermin die Verhandlungsführung der abgelehnten Einzelrichterin in dem Termin noch nicht aus eigener Anschauung einschätzen konnte. Dies musste ihn jedoch nicht davon abhalten, vorsorglich für den von ihm vermuteten Fall, dass die Prozessleitung der Einzelrichterin aus seiner Sicht die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte, einen Befangenheitsantrag schon einmal vor dem Termin schriftlich vorzubereiten. Es ist ihm dabei unbenommen geblieben, die Anbringung seiner vorbereiteten Eingabe von dem tatsächlichen Verlauf der mündlichen Verhandlung abhängig zu machen.

Soweit das Landgericht zur Begründung der Antragsverwerfung des weiteren ausgeführt hat, die abgelehnte Richterin habe in dem Rechtsstreit zuvor keine prozessleitenden Verfügungen erlassen, aus denen der Beklagte auf eine bestimmte Haltung oder Position der Richterin habe schließen können, ist dies nach Aktenlage so nicht zutreffend. Denn die abgelehnte Richterin hat dem Beklagten jedenfalls mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 eine Beibringungsfrist zur Einzahlung des Kostenvorschusses nach §§ 356, 379 ZPO gesetzt und anschließend mit Verfügung vom 15. November 2005 Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und damit - mangels eines gegenteiligen richterlichen Hinweises - durch ihre Prozessleitung zum Ausdruck gebracht, dass sie an die in dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 26. Juli 2005 geäußerten Rechtsansicht ihrer Dezernatsvorgängerin im wesentlichen anknüpfen möchte. Gerade aber auf diese in dem Hinweis- und Beweisbeschluss dargestellte richterliche Einschätzung der Sach- und Rechtslage, die die abgelehnte Richterin nicht revidiert hat, stützt der Beklagte sein Ablehnungsgesuch. In diesem Zusammenhang kann daher auch nicht davon die Rede sein, dass der Befangenheitsantrag jeglicher substantieller Begründung entbehrt. Der Beklagte hat sein Gesuch durchaus mit Tatsachen unterlegt und auf einen Ablehnungsgrund zu stützen versucht, indem er behauptet hat, dem Kläger werde durch das Absehen von der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens über die Echtheit und Unverfälschtheit der vorgelegten Urkunden und durch das Festhalten des Gerichts an der Beweisbedürftigkeit des streitigen Verkehrswertes des Grundstückes einseitig verfahrensrechtliche Vorteile zugebilligt. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat er darüber hinaus weitere zusätzliche Gesichtspunkte vorgetragen, auf die er sein Ablehnungsgesuch stützt. So hat er unter anderem dargelegt, die abgelehnte Richterin habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck vermittelt, sich mit dem Vorbringen des Beklagten nicht auseinandersetzen zu wollen. Sie habe ihm auch deshalb in der Ausübung seiner Parteirechte behindert, weil sie sich geweigert habe, sich mit dem Einwand der Treuwidrigkeit aus § 242 BGB zu beschäftigen. Spätestens die Beschwerdebegründung hätte dem Landgericht aber Anlass bieten müssen, das Ablehnungsgesuch des Beklagten als dessen ernsthaftes Anliegen nach § 42 Abs. 1 ZPO zu begreifen, mit der der Beklagte seiner persönlichen Besorgnis hinsichtlich der Unparteilichkeit des zur Entscheidung in der Sache berufenen Richters Ausdruck verleihen wollte. Der Beklagte hat damit sein Gesuch nicht gänzlich pauschal und substanzarm vorgebracht, mag der vorgetragene Grund einer Sachprüfung auch letztlich in keiner Weise standhalten.

Angesichts der strengen Voraussetzungen, die für die Annahme "offensichtlicher" sachfremder Ziele und einer Verschleppungsabsicht gelten müssen, reichen die von dem Landgericht in dem Beschluss genannten Umstände und Indiztatsachen nicht aus, um nicht nur eine nachvollziehbare Vermutung, sondern den sicheren Schluss zu rechtfertigen, das Befangenheitsgesuch sei ausschließlich in rechtsmissbräuchlicher Absicht gestellt worden. Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses geht im übrigen auch nicht mit der gebotenen Klarheit hervor, dass sich die abgelehnte Einzelrichterin der an eine Selbstentscheidung verfassungsrechtlich zu stellenden Anforderungen im einzelnen bewusst war (vgl. SächsVerfGH NJW-RR 1999, 287, 288).

cc) Ob die von dem Beklagten im einzelnen zur Begründung seines Ablehnungsgesuches vorgetragenen Umstände auch tatsächlich nach § 42 Abs. 1 ZPO durchgreifen, ist dagegen eine ganz andere, von der Feststellung des Rechtsmissbrauchstatbestandes zu unterscheidende Frage, die im Rahmen der materiell-rechtlichen Prüfung der Begründetheit des Antrages zu beantworten ist. Insofern mögen durchaus berechtigte Zweifel angebracht sein, ob die behaupteten Umstände tatsächlich geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO).

Nach § 42 Abs. 1 ZPO findet die Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nämlich nur statt, wenn objektive Gründe vorliegen, die vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden bleiben dabei außer Betracht (BayObLGZ 1986, S. 249/252 f.; 1987 S. 211/217; 1998 S. 35/37; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42, Rn. 9). Eine von der Partei für fehlerhaft erachtete Rechtsansicht des abgelehnten Richters oder eine vermeintlich unzutreffende Entscheidung bzw. Verfahrensverstöße stellen in der Regel allerdings grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar, sofern die Fehlerhaftigkeit nicht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei beruht und die Grenze der Willkür nicht überschritten wird (vgl. Brandenburgisches OLG OLGR Brandenburg 2000, 35, 36; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., Rdn. 23), wofür hier indessen überhaupt kein Anhalt besteht. Im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung vor allem den Rechtsmittelgerichten vorbehalten ist. Vermeintliche Verfahrensverstöße im Rahmen der allgemeinen Prozessleitung, wie sie jedem Richter unterlaufen können, und für fehlerhaft erachtete Entscheidungen lassen dabei nicht per se einen Rückschluss auf eine unsachliche Einstellung des Richters zu. Die Befangenheitsablehnung ist nämlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle (BGH NJW 2002, 2396; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42, Rdziff. 28). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das prozessuale Vorgehen des abgelehnten Richters so grob fehlerhaft ist, dass bei einer verständig urteilenden Partei der Anschein der Voreingenommenheit des Richters gegenüber der ablehnenden Partei entstehen muss (OLGR Frankfurt 2000, 36; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1995, 692, und vom 29. Oktober 1993 IX B 91/92, BFH/NV 1994, 489). Dies ist nur dann der Fall, wenn das prozessuale Vorgehen des abgelehnten Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage etwa in der Weise entbehrt, dass die in die richterliche Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und in der Verfassung wurzelnde elementare Regeln zum Schutz der Grundrechte, insbesondere des Persönlichkeitsrechts, verletzt worden sind und sich der Richter so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, so dass die Prozessleitung den Anschein der Willkür erweckt, oder sich aufgrund einer irrigen Rechtsauffassung des abgelehnten Richters für einen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung einer Partei geradezu aufdrängen muss (vgl. BayObLG DriZ 1977, 244, 245; KG NJW 2004, 2104, 2105; ; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 ZPO Rdn. 24 m.w.N.). Das prozessuale Vorgehen der Richterin am Amtsgericht bietet für eine solche Annahme tatsächlich keinen Anlass.

Die bestehenden Zweifel an der materiellen Berechtigung des Ablehnungsgesuches aus § 42 Abs. 2 ZPO rechtfertigen jedoch nicht schon die Vermutung, der Beklagte habe mit seinem Gesuch ausschließlich verfahrensfremde Zwecke verfolgt und daher rechtsmissbräuchlich gehandelt.

II.

Da das Ablehnungsgesuch des Beklagten nach alledem nicht die Schwelle zum Rechtsmissbrauch überschritten und im übrigen auch den formellen Anforderungen des § 44 ZPO entsprochen hat, durfte dieses nicht durch die abgelehnte Einzelrichterin selbst als unzulässig verworfen werden. Das Landgericht hätte vielmehr in Anbetracht des hinreichend spezifizierten Ablehnungsgrundes und der nicht zweifelsfrei festgestellten Prozessverschleppungsabsicht nicht durch die abgelehnte Einzelrichterin entscheiden dürfen, sondern nach §§ 45 Abs. 1, 47 in Verbindung mit 44 Abs. 3 ZPO verfahren müssen, wollte es dem Beklagten nicht seinen gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 GG) im Ablehnungsverfahren entziehen (vgl. BGH NJW 1992, 983, 984; OLG Köln OLGR Köln 2004, 236; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 1467, 1468; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 46 ZPO Rdn. 14).

Zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag des Beklagten ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, weil der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert ist. Da sich hier die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Verwerfungsbeschluss gerichtet hat, ist die Prüfung auf die Zulässigkeitsfrage beschränkt gewesen. Da der Senat das Ablehnungsgesuch - in Abweichung von dem Landgericht - für zulässig erachtet, hat es die Sache an das Ausgangsgericht zur Ermöglichung einer Sachentscheidung durch den zuständigen gesetzlichen Richter nach gehörigen Verfahren (§§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 Abs. 2 S. 1, Art. 101. Abs. 1 GG) zu verweisen (vgl. OLG Köln OLGR Köln 2004, 236; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 46 ZPO Rdn. 14).

III.

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist dem Landgericht vorzubehalten gewesen.

Ende der Entscheidung

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