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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 10 W 4/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 91 a Abs. 2 S. 1
ZPO § 93
ZPO § 96
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 261 Abs. 2
ZPO § 263
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 267
ZPO § 269
ZPO § 269 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 3 S. 1
ZPO § 307
ZPO § 528 S. 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569 Abs. 1
Die strafbewehrte Unterlassungerklärung in einem Rechtsstreit steht einem Anerkenntnis gleich. Ist vorprozessual keine Abmahnung ausgesprochen worden, hat der Gegner einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungklage keine Veranlassung zur Klage gegeben.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

10 W 4/05 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und die Richterin am Landgericht Göbel

am 23. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg vom 18. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.055,20 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Verfügungsklägerin hat im Wege einer einstweiligen Verfügung begehrt, der Verfügungsbeklagten durch ein Unterlassungsgebot zu untersagen, eine für wettbewerbswidrig erachtete Angabe zur Auflagenstärke im Impressum der von der Verfügungsbeklagten verlegten Anzeigenzeitung zu veröffentlichen.

Die Verfügungsklägerin betreibt ein Verlagsunternehmen, das neben der regional führenden Tageszeitung "V. " das Anzeigenblatt "G. " verlegt. Die Verfügungsbeklagte ist ebenfalls eine Verlagsgesellschaft. In ihrem Verlag erscheinen die Anzeigenblätter "M. und Umgebung", "M. in Sch. " und "O. ".

Im Impressum der von der Verfügungsbeklagten verlegten Anzeigenzeitung "M. " war in der Ausgabe vom 11./12. September 2004 zu der Auflagenstärke in Sch. angegeben:

" Auflage M. in Sch. 30.000"

Die Verfügungsklägerin ließ die Verfügungsbeklagte mit Anwaltschreiben vom 20. September 2004 abmahnen und forderte sie zugleich auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zum 23. September 2004 abzugeben, mit der sie sich verpflichtete, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 7.500,- Euro zu unterlassen, die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, das Anzeigenblatt "M. " in Sch. habe eine Auflage von 30.000 Stück, wenn dies tatsächlich nicht der Fall sei. Die Verfügungsbeklagte lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung diesen Inhalts ab und wies in Erwiderung der Abmahnung die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 22. September 2004 auf die Richtigkeit der im Impressum ihrer Zeitung abgedruckten Angaben zur Auflagenstärke im Großraum Sch. hin. Zum Nachweis überreichte sie Bestätigungserklärungen der Druckerei über die tatsächliche Druckstärke und der mit dem Vertrieb beauftragten Firma I. Werbemittelvertrieb über die Verteilungsanzahl.

Die Verfügungsklägerin hat zunächst behauptet, dass die Verfügungsbeklagte - entgegen ihren Angaben im Impressum ihrer Anzeigenzeitung - in dem Verbreitungsgebiet Landkreis Sch. tatsächlich keine 30.000 Exemplare ihrer Anzeigenzeitung zur Verteilung bringe. Die von der Verfügungsbeklagten mit dem Vertrieb der Zeitungen beauftragte Firma I. Werbemittelvertrieb verfüge bereits nicht über ausreichende Verteilungskapazitäten, um das Verbreitungsgebiet mit der behaupteten Auflagenstärke abzudecken. Eine von der Verfügungsklägerin in einzelnen Gemeinden des Landkreises Sch. stichprobenartig durchgeführte Überprüfung habe ergeben, dass eine Verteilung des Anzeigenblattes in den Gemeinden E. , Gi. , Gö. , Ga. und T. nicht statt gefunden habe, in den Ortschaften G. und F. sei eine Verteilungsquote von unter 30 % zu verzeichnen gewesen.

Sie hat ursprünglich beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gemäß § 890 ZPO) es zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zur Zwecken des Wettbewerbes zu behaupten, dass Anzeigenblatt "M. in Sch. " habe eine Auflage von 30.000 Exemplaren.

Nachdem die Verfügungsbeklagte allerdings schlüssig vorgetragen und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Firma I. Werbemittelvertrieb vom 24. Oktober 2004 glaubhaft gemacht hat, dass sie seit Mitte September 2004 wöchentlich am Samstag eine Auflage von 30.000 Exemplaren ihrer Anzeigenzeitung "M. " im Landkreis Sch. zur Verteilung bringe, und zwar in Sch. Stadt 21.006 Exemplare, in C. 6.436 Exemplare und in B. 2.541 Exemplare, hat die Verfügungsklägerin daraufhin ihren Antrag umgestellt und zuletzt mit dem im Termin der mündlichen Verhandlung vom 28.Oktober 2004 überreichten Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu behaupten, das Anzeigenblatt "M. " habe in Sch. eine Auflage von 30.000 Exemplaren, ohne klar zu stellen, dass die Verteilung lediglich in Sch. - Stadt, Calbe und B. erfolge.

Sie hat insofern die Ansicht vertreten, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrer zumindest missverständlichen Angabe im Impressum bei den Anzeigenkunden wettbewerbswidrig den unrichtigen Eindruck hervorrufen würde, dass die Verteilung des Anzeigenblattes flächendeckend im gesamten Landkreis statt finde und nicht lediglich auf einzelne ausgewählte Ortschaften beschränkt sei.

Im Hinblick auf den geänderten Verfügungsantrag hat die Verfügungsbeklagte im Termin der mündlichen Verhandlung eine inhaltlich entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung mit Strafversprechen abgegeben.

Beide Parteien haben daraufhin übereinstimmend das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 18. November 2004 hat das Landgericht über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden und diese nach billigen Ermessen gegeneinander aufgehoben. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Verfügungsklägerin ihr ursprüngliches Antragsbegehren ersichtlich aufgegeben und durch das mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 neu eingeführte Sachvorbringen nebst Verfügungsantrag ersetzt habe. Während sich die Verfügungsklägerin nämlich zunächst gegen eine Bezifferung der Auflagenstärke mit 30.000 Exemplaren gewandt habe, habe sie mit ihrem neuen Verfügungsantrag nicht mehr die Auflagenstärke, sondern die mit den undifferenzierten Impressumangaben zum Verbreitungsgebiet verbundene Irreführung der Anzeigenkunden angegriffen. Hierin liege eine Änderung des Streitgegenstandes, wobei in Bezug auf den ursprünglichen, schließlich fallen gelassenen prozessualen Anspruch von einer Antragsrücknahme auszugehen sei. Da aber hinsichtlich des alten Verfügungsbegehrens eine Antragsrücknahme vorliege, habe die Verfügungsklägerin insofern die Kosten entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO zu tragen, während der Verfügungsbeklagten die mit dem zweiten Antrag verbundenen Kosten aufzuerlegen seien, da die Verfügungsklägerin mit dem zuletzt in Aussicht genommenen Antragsbegehren voraussichtlich obsiegt hätte.

Gegen diesen, der Verfügungsklägerin am 25. November 2004 zugestellten Kostenbeschluss hat sie mit einem am 08. Dezember 2004 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Kostenaufhebung wendet.

Sie vertritt die Ansicht, dass der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens insgesamt aufzuerlegen seien. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Verfügungsklägerin ihr Antragsbegehren samt Klagegrund komplett ausgewechselt habe. Mit dem neuen Antrag habe sie ihr Begehren vielmehr lediglich präzisiert und klargestellt, eine Klageänderung liege hierin indessen nicht. Allenfalls könne von einer Verlagerung des Schwerpunktes des Unterlassungsbegehrens die Rede sein. Selbst wenn man aber mit dem Landgericht eine Auswechslung des prozessualen Anspruchs annehmen wolle, sei zu berücksichtigen, dass hinsichtlich des zurückgenommenen Antrages lediglich eine Verfahrensgebühr, hinsichtlich des neu eingeführten Antrages jedoch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr entstanden sei, da nur dieser Antrag Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sei. Entsprechendes gelte für die Gerichtskosten.

Das Landgericht hat am 04. Januar 2005 beschlossen, der sofortigen Beschwerde der Verfügungsklägerin nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

B.

Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin ist nach §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden.

Das Rechtsmittel der Verfügungsklägerin bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg .

I. Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2004 das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache einvernehmlich für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigen Ermessen zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind dabei die Grundgedanken des Kostenrechts heranzuziehen, so dass in der Regel derjenigen Partei die Kosten aufzuerlegen sind, die sie ohne Erledigung bei Fortsetzung des Rechtsstreites nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO gemäß §§ 91 ff ZPO zu tragen hätte (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 24). Dies richtet sich in erster Linie nach dem voraussichtlichen Verfahrensausgang. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 91 a ZPO kann aber im Einzelfall auch berücksichtigt werden, ob sich eine Partei durch das Erledigungsereignis, z.B. etwa durch die Abgabe einer Unterwerfungserklärung, freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Jedoch ist ein Grundsatz, wonach in diesem Fall die Kosten stets dem Unterlegenen aufzuerlegen seien, nicht anzuerkennen (vgl. OLG München NJW-RR 1992, 731; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 46 Rdn. 45; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 25). Ebenso ist aber auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO heranzuziehen (vgl. OLG München NJW-RR 1992, 731; OLG Koblenz JurBüro 1993, 560; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 46 Rdn. 45; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 25). Nach § 93 ZPO sind der klagenden Partei die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen, wenn die Beklagtenseite keine Veranlassung zur Klageerhebung geboten hat und den Anspruch sofort anerkennt.

II. Unter Beachtung dieser Grundsätze wären die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens insgesamt an sich der Verfügungsklägerin aufzuerlegen gewesen, da die im Rahmen des § 91 a ZPO insoweit gebotene summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der beantragten einstweiligen Verfügung ergeben hat, dass der Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin in Ansehung des neuen, mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 eingeführten Verfügungsantrages zwar grundsätzlich begründet war, die Verfügungsbeklagte jedoch keine Veranlassung zur Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens der Verfügungsklägerin insoweit geboten hat, so dass letztere an sich unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO mit dem Kosten des Verfahrens zu belasten wäre. Der Senat sieht sich jedoch entsprechend § 528 S. 2 ZPO wegen des im Beschwerdeverfahren zu beachtenden Verschlechterungsverbotes (Verbot der reformatio in peius) gehindert, die erstinstanzliche Kostenentscheidung zulasten des Beschwerdeführers abzuändern.

Im einzelnen:

1. Dem Landgericht ist in der angefochtenen Entscheidung darin beizupflichten, dass die Verfügungsklägerin mit ihrem zuletzt mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 eingeführten Antragsbegehren den ursprünglichen prozessualen Anspruch im Wege einer Klageänderung entsprechend § 263 ZPO ausgewechselt hat. In der Umstellung des ursprünglichen Verfügungsantrages liegt - entgegen der Ansicht der Verfügungsklägerin - nicht lediglich eine Präzisierung oder Klarstellung ihres bisherigen Antrages, die Verfügungsklägerin hat ihr Antragsbegehren vielmehr grundlegend geändert und auf einen neuen Klagegrund gestützt. Denn sie hat mit dem neugefassten Verfügungsantrag zugleich eine neue Lebenssachverhaltsvariante in den Rechtsstreit eingeführt.

Was Streitgegenstand ist, bestimmt sich auch im Wettbewerbsprozess und gleichfalls im einstweiligen Verfügungsverfahren nach der in Rechtsprechung und Lehre vorherrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff. Der den Streitgegenstand im Zivilprozess bildende prozessuale Anspruch wird danach durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Von einem einheitlichen Lebenssachverhalt ist auszugehen, wenn es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt, das bei natürlicher Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. Die Identität des Klagegrundes und damit des Streitgegenstandes wird jedoch aufgehoben, wenn durch neue Tatsachen der mit der Klage eingeführte Lebenssachverhalt im Kern verändert wird und ihm damit ein anderes Gepräge verliehen wird (vgl. Lüke in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 263 ZPO Rdn. 14). Ein anderer Streitgegenstand ist mithin dann gegeben, wenn der betreffende Sachverhalt seinem Wesen nach anders ist und insofern als neues, selbständiges Geschehen erscheint. Bei einer Unterlassungsklage ist von einer klageauswechselnden Klageänderung insbesondere dann auszugehen, wenn der Unterlassungsanspruch ursprünglich auf einer andersartigen Störung gerichtet war und die neu geltend gemachte Verletzungsform von dem Kern der ursprünglich behaupteten Verletzung wesentlich abweicht (vgl. Lüke in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 263 ZPO Rdn. 17; Teplitzky, a.a.O., 7.Aufl., Kapitel 46, Rdn. 5).

So liegen die Dinge auch hier.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass sich die Angriffsrichtungen der beiden Verfügungsanträge wesentlich unterscheiden und dass sie auf einer unterschiedlichen Tatsachengrundlage beruhen. Während die Verfügungsklägerin zunächst nämlich die Richtigkeit der Impressumangaben der Verfügungsbeklagten zur Auflagenstärke in Sch. mit der Behauptung angreift, 30.000 Exemplare würden im Landkreis Sch. tatsächlich nicht zur Verteilung gelangen, hat sie mit dem Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 ihren Sachvortrag hierzu sodann umgestellt. Denn sie hat die von der Verfügungsbeklagten glaubhaft gemachte Stückzahl von 30.000 Exemplaren nicht weiter bestritten, sondern die behauptete Auflage ihrem eigenen Vorbringen letztlich zugrunde gelegt. Sie behauptet nicht mehr, dass die Angabe zur Auflagenstärke falsch sei, sondern nur noch, dass die Angaben der Verfügungsbeklagten mit dem Ziel der Erzeugung eines Wettbewerbsvorteils irreführend erschienen, da bei dem durchschnittlichen Anzeigenkunden aufgrund der undifferenzierten Angabe im Impressum irrtümlich der Eindruck entstehen müsse, die 30.000 Exemplare würden flächendeckend im gesamten Bezirk des Landkreises verteilt. Damit unterscheidet sich der neu eingeführte Tatsachenvortrag der Verfügungsklägerin in wesentlichen Punkten von dem dem ursprünglichen Antragsbegehren zugrundeliegenden Sachvorbringen. Die Verfügungsklägerin legt ihrem neuen Verfügungsantrag danach aber ein gänzlich anders gelagertes tatsächliches Geschehen zugrunde.

Die Unterschiedlichkeiten der zugrundeliegenden Lebenssachverhaltsaspekte rechtfertigen die Annahme, dass die Verfügungsklägerin im Wege einer klageauswechselnden Klageänderung unter Aufgabe ihres ursprünglichen Rechtschutzbegehrens einen neuen prozessualen Anspruch in das einstweilige Verfügungsverfahren eingeführt hat.

2. Mit Übergabe der Klageänderungsschrift vom 27. Oktober 2004 im Termin der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2004 ist die neue Klage ordnungsgemäß nach §§ 261 Abs. 2, 253 Abs. 1 ZPO erhoben worden.

Auch im übrigen begegnet die Zulässigkeit der Klageänderung aus § 263 ZPO keinen Bedenken. Denn die Verfügungsbeklagte hat sich zu dem neuen Antragsbegehren in dem Verhandlungstermin sachlich eingelassen. Die rügelose Einlassung begründet gemäß § 267 ZPO die unwiderlegliche Vermutung einer Einwilligung der Verfügungsklägerin in die Änderung des Verfahrensgegenstandes.

3. Hinsichtlich des ursprünglichen, im Folgenden ausgewechselten Verfügungsbegehrens der Verfügungsklägerin zeitigte die zu Recht angenommene, zulässige klageauswechselnde Klageänderung - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - jedoch keine kostenrechtlichen Folgen. Insbesondere sind der Verfügungsklägerin nicht nach § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO die Kosten einer Antragsrücknahme aufzuerlegen.

a) § 269 ZPO ist neben § 263 ZPO grundsätzlich nicht anwendbar, anderes gilt allenfalls bei einer quantitativen oder qualitativen Klageermäßigung nach § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 263 ZPO Rdn. 6). In der Antragsänderung liegt zwar zugleich eine Aufgabe des ursprünglich verfolgten Rechtsschutzbegehrens, § 263 ZPO regelt den Vorgang der klageauswechselnden Klageänderung jedoch abschließend und privilegiert ihn insofern, als der Kläger sein Klage- bzw. Antragsziel auch ohne die nach § 269 Abs. 1 ZPO erforderliche Einwilligung des Beklagten aufgeben kann, sofern zumindest das Gericht die Fortsetzung des Rechtsstreites mit dem geänderten Inhalt für sachdienlich erachtet. Die zulässige Klageänderung in Form einer Anspruchsauswechslung bewirkt, dass der neue Anspruch anstelle des alten tritt, der bisherige Anspruch scheidet ipso iure aus. Klageänderung einerseits und Klagerücknahme andererseits unterscheiden sich dementsprechend nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Die Klageänderung bewirkt einen Austausch des Streitgegenstandes, § 269 ZPO dagegen den Wegfall des Rechtsschutzbegehrens; die Klageänderung lässt das Prozessrechtsverhältnis der Parteien fortbestehen, § 269 ZPO zielt dagegen auf eine rückwirkende Beendigung des Verfahrens bis auf den Kostenpunkt (vgl. Greger in Zöller, ZPO, § 269 ZPO Rdn. 5).

b) Bei einer klageauswechselnden Klageänderung sind dem Kläger aber stets die Mehrkosten, die der fallen gelassene alte prozessuale Anspruch verursacht hat, aufzuerlegen. Denn über den aufgegebenen prozessualen Anspruch wird nicht mehr entschieden, so dass der Beklagte insoweit auch nicht in die Kosten verurteilt werden kann. Die von der Verfügungsklägerin in dem Termin der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klageänderung hat hier jedoch ersichtlich keine zusätzlichen Mehrkosten verursacht, da hinsichtlich des alten Antrages weder grundsätzlich abtrennbare Kosten für gesonderte Angriffs- und Verteidigungsmittel entsprechend dem Rechtsgedanken des § 96 ZPO entstanden waren, noch die Klageauswechslung zu einer Ermäßigung des Klagebegehrens geführt hat. Die Streitwerte des fallen gelassenen Anspruchs sowie des neu eingeführten sind vielmehr jeweils gleich hoch zu bewerten. Wie schon das Landgericht in der Nichtabhilfeentscheidung vom 04. Januar 2005 zutreffend ausgeführt hat, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die jeweiligen Begehren der Verfügungsklägerin unterschiedlich zu gewichten seien. Hätte die Verfügungsklägerin aber von vorneherein ihren späteren Verfügungsantrag verfolgt, so wären sowohl im Hinblick auf die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten jeweils aus einem gleich hoch zu bemessenden Streitwert Gebühren in gleicher Höhe angefallen. Denn zu berücksichtigen ist, dass der Rechtsstreit vor und nach der Klageänderung kosten- bzw. gebührenrechtlich ein und dieselbe Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 RVG) bleibt. Die Gebühren fallen nach dem höchsten Wert an, der einer Tätigkeit zugrunde liegt, die den Gebührentatbestand erfüllt (§ 23 Abs. 1 RVG). Alle Gebühren sind hier sowohl zum alten, als auch zum neuen Anspruch aus einem gleich hohen Streitwert angefallen und waren weder entsprechend § 96 ZPO ausscheidbar, noch aufgrund einer höheren Streitwertstufe Mehrkosten.

4. Was den mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 neu eingeführten Verfügungsantrages anbelangt, hätten der Verfügungsklägerin allerdings - unter Berücksichtigung des bis zu den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien gegebenen Sach- und Streitstandes - die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen auferlegt werden müssen.

Denn insoweit greift zugunsten der Verfügungsbeklagten der Rechtsgedanke des § 93 ZPO ein.

a) Die Tatsache, dass sich die Verfügungsbeklagte in dem Termin der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2004 mit einem Vertragsstrafeversprechen zur Unterlassung verpflichtet hat, rechtfertigt als solches noch nicht, sie auch automatisch mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung hat die Verfügungsbeklagte zwar den Wegfall der Wiederholungsgefahr bewirkt und damit die Erledigung des Verfügungsverfahrens herbeigeführt. Mit ihrer Erklärung hat sie sich nämlich noch nicht zugleich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben. (vgl. OLG Celle NJJW-RR 1986, 1061, 1062; OLG München NJW-RR 1992, 731; OLG Koblenz GRUR 1988, 566; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 46, Rdn. 45).

b) Durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung in dem Verhandlungstermin hat die Verfügungsklägerin den Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin im Sinne der §§ 307, 93 ZPO anerkannt. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung, durch die eine Wiederholungsgefahr ausgeräumt wird, steht einem Anerkenntnis zumindest gleich, was eine entsprechende Anwendung der Kostenvorschrift des § 93 ZPO rechtfertigt, sofern die Beklagtenseite keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt (vgl. OLG München NJW-RR 1992, 731, 732; OLG München WRP 1996, 930, 931; Hanseatisches OLG NJW-RR 2002, 215, 216; OLG Köln OLGR Köln 2001, 12,13; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 46, Rdn. 35).

Die Voraussetzungen der Kostenvorschrift des § 93 ZPO liegen hier vor.

aa) Die Verfügungsklägerin hat die Unterlassungserklärung "sofort" im Sinne des § 93 ZPO abgegeben. Denn sie hat sich unmittelbar nach Aushändigung des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2004 mit dem darin enthaltenen neuen Verfügungsantrag noch vor der Stellung der Sachanträge in dem Verhandlungstermin vom 28. Oktober 2004 zur Unterlassung der irreführenden Angaben zum Verbreitungsgebiet der Anzeigenzeitung im Landkreis Sch. verpflichtet. An der Ernsthaftigkeit der abgegebenen Unterlassungserklärung Zweifel zu hegen, besteht kein Anlass.

bb) Im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 neu eingeführten prozessualen Anspruch hat sie überdies keine Veranlassung zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegeben.

(1) Veranlassung für die Erhebung einer Klage - hier für eine Antragsstellung im Wege der einstweiligen Verfügung - gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Dabei kommt es auf das Verhalten der Beklagtenseite vor dem Prozess an, zu dessen Beurteilung jedoch auch sein prozessuales Verhalten nach der Klageerhebung heran gezogen werden kann (vgl. BGH NJW 1979, 2040; OLG München NJW-RR 1992, 731, 732).

In Wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagen gibt Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens grundsätzlich nur derjenige, der auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert. Zur Vermeidung von Kostennachteilen im Prozess nach § 93 ZPO ist in Wertbewerbsfällen daher die Abmahnung für die vorgerichtliche Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen anerkannt (vgl. OLG München NJW-RR 1992, 731, 732; OLG München WRP 1996, 930,931; OLG Köln OLGR Köln 2001, 12-13; Hanseatisches OLG NJW-RR 2002, 215, 216; Teplitzky, a.a.O., Kapitel 41, Rdn. 7).

(2) Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte vor Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zunächst im Rahmen einer vorprozessualen Abmahnung zur Unterlassung der irreführenden Angaben über das Verbreitungsgebiet der Anzeigenzeitung in dem Landkreis Sch. aufgefordert. Soweit die Verfügungsklägerin mit Anwaltschriftsatz vom 20. September 2004 abgemahnt hat, hat sich diese ausschließlich auf die Angabe zur Auflagenstärke von 30.000 Exemplaren bezogen, da die Verfügungsklägerin eine Verteilung von 30.000 Zeitungen im Landkreis Sch. für nicht zutreffend erachtet hat. Dementsprechend hat sich die dem Anwaltsschreiben vom 20. September 2004 beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Ziffer 1) auch gerade auf die Behauptung bezogen, das Anzeigenblatt "M. " in Sch. habe eine Auflage von 30.000 Stück.

Die in dem Anwaltsschreiben vom 20. September 2004 enthaltene vorprozessuale Abmahnung hatte danach aber noch eine ganz andere Zielrichtung und insofern einen anderen Gegenstand, als die Verfügungsklägerin ihn sodann mit ihrem neuen Anspruchsbegehren aus dem Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 verfolgt hat.

Bevor die Verfügungsklägerin in dem rechtshängigen einstweiligen Verfügungsverfahren ihr bisheriges Anspruchsbegehren ausgewechselt, ihren Antrag umgestellt und auf einen neuen Klagegrund, nämlich eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die undifferenzierte Angabe zum Verteilungsgebiet im Landkreis Sch. gestützt hat, hätte sie die Verfügungsbeklagte zunächst hinsichtlich des neuen prozessualen Anspruchs abmahnen müssen, um Kostennachteile mit Blick auf § 93 ZPO zu vermeiden (vgl. Teplitzky, a.a.O., Kapitel 46 Rdn. 30). Eine erneute Aufforderung, sich zu verpflichten, eine irreführende Angabe zum Verbreitungsgebiet zukünftig zu unterlassen, wäre der Verfügungsklägerin trotz der verhältnismäßigen Eilbedürftigkeit eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auch noch durchaus möglich und zumutbar gewesen.

(3) Eine vorherige Unterlassungsaufforderung war hier aber auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Von einer vorherigen Abmahnung darf nur dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn feststeht, dass der Verwarnte die Abmahnung nicht beachten wird, ihre Erfolglosigkeit mithin vorauszusehen ist und sie eine reine Förmelei darstellen würde, oder wenn die Abmahnung für den Gläubiger aus sonstigen rechtlich anerkannten Gründen nicht zumutbar, ihre Unterlassung folglich rechtlich bedeutungslos bleibt (vgl. OLG München NJW-RR 1992, 731, 732; OLG München WRP 1996, 930,931; OLG Köln OLGR Köln 2001, 12-13; OLG Köln WRP 1988, 404; Hanseatisches OLG NJW-RR 2002, 215,216; Teplitzky, a.a.O., Kapitel 41, Rdn.21).

So liegen die Dinge hier indessen nicht. Die Voraussetzungen eines solchen, die Entbehrlichkeit der Abmahnung begründenden Ausnahmefall sind hier nicht anzunehmen.

Aus der Tatsache, dass die Verfügungsbeklagte die mit Anwaltsschreiben vom 20. September 2004 übermittelte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht unterzeichnet hat, konnte die Verfügungsklägerin nicht schon schließen, dass sich die Verfügungsbeklagte auch einer Unterlassungsaufforderung verschlossen hätte, die sich auf die als missverständlich beanstandete Formulierung im Impressum zum Verbreitungsgrad bezogen hätte. Es ist auch im übrigen nichts dafür ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte einer entsprechenden Aufforderung nicht nachgekommen wäre, diese vielmehr von vorneherein aussichtslos erschien. Die Verfügungsbeklagte, die auf das Abmahnschreiben vom 20. September 2004 unverzüglich reagierte und Nachweise für die Richtigkeit der angegebenen Auflagenstärke beibrachte, hat vielmehr mit ihren vorprozessualen Bemühungen und auch mit ihrem prozessualen Verhalten gezeigt, dass sie sich berechtigten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsforderungen nicht von vorneherein widersetzt, sondern willens ist, diesen auch zu entsprechen.

Es kann hier mithin nicht davon ausgegangen werden, dass eine vorherige, auf das neue prozessuale Anspruchsbegehren bezogene Abmahnung der Verfügungsklägerin keinen Erfolg geboten hätte.

Kann aber auf der Grundlage des Vorbringens der Verfügungsklägerin nicht von einer ausnahmsweisen Entbehrlichkeit der Abmahnung ausgegangen werden, so hat die Verfügungsbeklagte in Ansehung des neuen Verfügungsantrages die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens der einstweiligen Verfügung nicht veranlasst und es erschiene grundsätzlich gerechtfertigt, die Verfügungsklägerin nach der übereinstimmenden Erledigung der Hauptsache nach Maßgabe des § 91 a ZPO unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO mit den Kosten dieses Verfahrens zu belasten.

c) Da der Senat eine Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung entsprechend § 528 S. 2 ZPO allerdings nur in dem Rahmen vornehmen kann, in dem dies beantragt ist und den Beschwerdeführer gegenüber dem erstinstanzlichen Beschluss nicht schlechter stellen darf, muss es hier zumindest unter Zurückweisung der Beschwerde bei einer Kostenaufhebung verbleiben.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Kostenstreitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO. Der Streitwert bestimmt sich dabei nach dem Betrag der bis zur Abgabe der Erledigungserklärungen entstandenen Kosten des Rechtsstreites und entspricht insofern den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die in erster Instanz entstanden sind (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht NJW-RR 2002, 215, 216; OLG Köln OLGR Köln 2001,12,13; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 49, Rdn. 41; Herget in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 3 ZPO Rdn. 16 Stichwort "Erledigung der Hauptsache").

Ende der Entscheidung

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