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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 28.12.2006
Aktenzeichen: 10 W 78/06
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, AKB
Vorschriften:
ZPO § 767 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 769 | |
ZPO § 793 Abs. 1 | |
ZPO § 890 | |
UWG § 3 | |
UWG § 5 Abs. 1 | |
AKB § 13 Abs. 9 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
10 W 78/06 OLG Naumburg
In der Beschwerdesache
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Göbel als Einzelrichterin (s. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO)
am 28. Dezember 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 16. August 2006 abgeändert.
Gegen die Schuldnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen die in dem Urteil des 7. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juli 2004 angeordnete Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,- Euro ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an einem der persönlich haftenden Gesellschafter der Schuldnerin, verhängt.
Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
Gründe:
A.
Mit dem am 29. Juli 2004 verkündeten Urteil hat das Oberlandesgericht Naumburg der Verfügungsbeklagten unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an einem der persönlich haftenden Gesellschafter, es untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem Hinweis:
"DEFEKTE FRONTSCHEIBE?
Bei uns zahlen Sie keinen Cent....
.... wie Sie dabei Ihre Selbstbeteiligung bis zu 200,- € bei Teilkaskoversicherung einsparen, erfahren Sie bei uns."
oder inhaltsgleiche Formulierungen zu werben und/ oder ankündigungsgemäß zu verfahren.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 29. Juli 2004 Bezug genommen.
Eine Urteilsausfertigung ist der Schuldnerin am 10. August 2004 von Anwalt zu Anwalt zugestellt worden. Unter dem 29. September 2004 unterzeichnete die Schuldnerin eine Abschlusserklärung, mit der sie die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juli 2004 als endgültige und zwischen den Parteien materiell-rechtlich verbindliche Regelung anerkannte und auf die Rechtsbehelfe der Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage und des Antrags auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände verzichtete.
Am 18. Januar 2006 schaltete die Schuldnerin in der Anzeigenzeitung "W. " mit Verteilerkreis im Einzugsgebiet der Stadt H. und im S. kreis ein Werbeinserat mit folgendem Wortlaut:
"DEFEKTE FRONTSCHEIBE?
Austausch und Reparatur
Im Autohaus E.
Wie Sie dabei bis zu 200,- Euro sparen können, erfahren Sie bei uns.
In der Ausgabe des "W. " vom 01. Februar 2006 erschien ein weiteres Inserat der Schuldnerin, das folgenden Inhalt aufwies:
"SPAREN SIE
jetzt noch bis zu
200,- Euro
ob Steinschlagreparatur oder Austausch
AH E. die 1. Adresse bei
DEFEKTER FRONTSCHEIBE
......
alle Informationen im AH E. "
Werbeannoncen mit vergleichbaren Inhalt wurden auch in den Ausgaben vom 15. Februar 2006, 01. März 2006, 15. März 2006, 26. April 2006, 03. Mai 2006, 10. Mai 2006 und 17. Mai 2006 veröffentlicht. In der regionalen Anzeigenzeitung "S. " warb die Schuldnerin mit gleichlautenden Inseraten am 30. April 2006, am 07. Mai 2006, 14. Mai 2006, 21. Mai 2006 und 04. Juni 2006. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtungen der Werbeanzeigen - Anlagen G 7 bis G 11 und G 15 bis G 23 - Anlagenband - Bezug genommen.
Der Gläubiger hat die Ansicht vertreten, dass die Schuldnerin mit der Veröffentlichung der Werbeanzeigen schuldhaft gegen das gerichtliche Unterlassungsverbot verstoßen habe. Denn bei den beanstandeten Werbeaussagen handele es sich - ungeachtet der vorgenommenen Modifikationen in der Formulierung - im Kernbereich um mit der Unterlassungsverfügung inhalts- und deckungsgleiche Verletzungshandlungen. Die Werbung spreche erneut in erster Linie kaskoversicherte Personen mit Selbstbeteiligung an. Der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher beziehe die von der Schuldnerin versprochene Ersparnis nämlich auf die Selbstbeteiligung seiner Kaskoversicherung und verstehe die Werbeanzeigen mithin dahin, dass er bei einer Reparatur oder dem Austausch der Frontscheibe die von ihm zu erbringende Selbstbeteiligung einsparen könne. Für den kaskoversicherten Kunden, der bei Eintritt des Versicherungsfalls die Selbstbeteiligung als eine fest stehende Größe zu leisten habe, sei dagegen gänzlich unerheblich, ob die Angebote verschiedener Hersteller Preisdifferenzen aufweisen würden und damit Unterschiede in der Preiskalkulation auftreten könnten.
Der Gläubiger hat beantragt,
gegen die Schuldnerin wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juli 2004 ein empfindliches Ordnungsgeld zu verhängen, ersatzweise Ordnungshaft, die an einem der persönlich haftenden Gesellschafter der Schuldnerin zu vollziehen ist.
Die Schuldnerin ist dem Antrag entgegen getreten und dabei der Meinung gewesen, dass sie mit den von ihr geschalteten Werbeanzeigen nicht der ihr in der einstweiligen Verfügung auferlegten Unterlassungsverpflichtung zuwider gehandelt habe. Mit der durch Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg untersagten Werbung sei die hier in Rede stehende Werbeanzeige weder nach Inhalt noch nach Gestaltung vergleichbar. Das Oberlandesgericht habe den Erlass der Verbotsverfügung in erster Linie darauf gestützt, dass die in der Werbeanzeige gewählte Formulierung "bei uns zahlen Sie keinen Cent" irreführend sei, weil der unzutreffende Eindruck erweckt werde, der versicherte Kunde müsse bei Auswechslung der Frontscheibe keinerlei eigene Kosten tragen. Diese als irreführend beanstandete Werbeaussage finde sich nun aber nicht mehr in dem hier in Rede stehenden Werbetext wieder. Dass die Frontscheibenreparatur kostenlos angeboten werde, könne der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher dem Anzeigentext nicht entnehmen. Dass die Schuldnerin mit einer Kostenersparnis werbe, sei demgegenüber wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Damit werde lediglich darauf hingewiesen, dass zwischen den Anbietern und Herstellern der Autoscheiben große Preisunterschiede bestünden, die Potential für eine Kostenersparnis bieten würden. Aus der Formulierung der Anzeige könne schließlich nicht geschlossen werden, dass nur der kaskoversicherte Kundenkreis angesprochen werde.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16. August 2006 den Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO zurück gewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass die in den erneut geschalteten Werbeanzeigen gewählten Formulierungen von dem Kern der Verbotsverfügung abweichen würden. Denn der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher könne der Werbung nicht entnehmen, dass die Frontscheibenreparatur kostenfrei sei. Ebensowenig ergebe sich aus dem Anzeigentext, dass in erster Linie nur der kaskoversicherte Kundenkreis angesprochen werde.
Gegen diesen, dem Gläubiger am 24. August 2006 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 07. September 2006 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Er meint, das Landgericht habe verkannt, dass eine Gegenüberstellung der dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. Juli 2004 zugrunde liegenden Werbeaussage der Schuldnerin mit dem Text der beanstandeten aktuellen Werbeanzeigen ergebe, dass diese zum Teil deckungsgleich bzw. inhaltsgleich seien. Kaskoversicherte Kunden würden den beanstandeten Anzeigen entnehmen, dass sie bei einer Frontscheibenreparatur in der Werkstatt der Klägerin ihre Selbstbeteiligung bis zu 200,- Euro einsparen könnten. Bei der Würdigung der Werbeaussage sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Kundengruppe der kaskoversicherten Verbraucher einen Anteil von nahezu 75 % aller Verbraucher ausmachen würde.
Der Gläubiger beantragt,
den Beschluss des Landgerichts Dessau vom 16. August 2006 aufzuheben und gegen die Schuldnerin wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß dem im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juli 2004 ein empfindliches Ordnungsgeld zu verhängen, ersatzweise Ordnungshaft, die an einem der persönlich haftenden Gesellschafter der Schuldnerin zu vollziehen ist.
Die Schuldnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurück zu weisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht hat am 24. Oktober 2006 beschlossen, der sofortigen Beschwerde des Gläubigers nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.
B.
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist nach §§ 793 Abs. 1, 890, 891 ZPO in Verbindung mit §§ 767 Abs. 1 Nr. 1, 769 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Ordnungsmittels ist nach § 890 ZPO begründet.
Die Schuldnerin hat mit der mehrfachen Schaltung von Werbeanzeigen in den regionalen Anzeigenzeitungen "W. " und "S. " in der Zeit vom 01. Februar 2006 bis 04. Juni 2006 der ihr durch den Titel auferlegten Unterlassungsverpflichtung schuldhaft zuwider gehandelt.
I.
Die in Rede stehenden Zeitungsannoncen der Schuldnerin werden von dem Kern des Verbotssatzes der einstweiligen Verfügung erfasst und stellen damit einen Titelverstoß dar.
1. Der Schutzumfang des Unterlassungstitels beschränkt sich nicht nur auf die im Urteilstenor konkret beschriebenen Verletzungsformen bzw. auf identische und diesen gleichwertige Handlungen; er erstreckt sich im Wettbewerbsprozess vielmehr auch auf alle sonstigen Handlungen, die der Verkehr als gleichwertig ansieht und die den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen. Der Verletzer soll sich nicht schon durch jede Änderung der Verletzungsform dem Verbotsurteil entziehen können; solche Änderungen, die den Kern der Verletzungsform unberührt lassen, werden daher mit umfasst. Hält sich die vom Verletzer vorgenommene Veränderung in diesen Grenzen und soll sich nach dem Sinn des Urteils das Benutzungsverbot auch auf eine solche Änderung erstrecken, so bedarf es keiner neuen Unterlassungsklage, sondern die Tragweite des Unterlassungsverbotes erstreckt sich auch auf diese von dem Kern des Verbotes mitumfasste Modifikation (vgl. OLG Schleswig OLGR Schleswig 2003, 279-281 m.w.N. zitiert nach juris). Kern der Verletzungshandlung ist dabei alles, was in seiner das Wesen der beanstandeten Rechtsverletzung ausmachenden Bedeutung dem gleicht, was sich bereits zugetragen hat (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03. Mai 1988, 5 W 1370/88 zitiert nach juris; OLG Schleswig OLGR Schleswig 2003, 279-281 m.w.N. zitiert nach juris); Ehricke in Münchener Kommentar, Wettbewerbsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn.154; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 6.4; Ahrens in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 65, Rdn. 8; Stöber in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 3 a). Im Kernbereich des Unterlassungsgebotes befindet sich der Schuldner selbst dann noch, wenn die neue Handlung zwar nicht gleichwertig, also nahezu identisch ist, aber dieselben sachlichen Elemente des untersagten wettbewerbsrechtlichen Verhaltens aufweist, die allein oder in ihrem Zusammenwirken die Wettbewerbswidrigkeit konkret ausmachen (vgl. BGH GRUR 1993, 157, 158; OLG Nürnberg GRUR - RR 2004, 61, 62; Ahrens in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 65, Rdn. 9). Ob die beanstandete Handlung den Kernbereich des Verbotssatzes berührt, ist durch Auslegung der Reichweite des Unterlassungstitels zu ermitteln. Zur Auslegung der Urteilsformel können Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen her-angezogen werden (vgl. OLG Stuttgart WRP 1990, 134 - 136; Ehricke in Münchener Kommentar, Wettbewerbsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 154; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 6.4; Ahrens in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 65, Rdn. 8).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier von einem Titelverstoß auszugehen.
Der Schuldnerin wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juli 2004 verboten, damit zu werben, dass der versicherte Kunde bei Auswechslung einer defekten Frontscheibe in ihrer Reparaturwerkstatt seine Selbstbeteiligung einspare.
In den Entscheidungsgründen des Unterlassungsurteils hat das Oberlandesgericht zum einen darauf abgestellt, dass die Werbung insbesondere im Hinblick auf die Formulierung "bei uns zahlen Sie keinen Cent ..." irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG und damit wettbewerbswidrig sei, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, dass der versicherte Kunde bei Austausch einer defekten Scheibe keinen eigenen Kostenanteil beisteuern müsse. Daneben hat das Oberlandesgericht die Unterlassungsverpflichtung zusätzlich auch darauf gestützt, dass die Schuldnerin mit ihrer Werbung die Versicherungsnehmer zu vertragswidrigen Verhalten ihren jeweiligen Versicherungen gegenüber animiere. Der Vorwurf des Oberlandesgerichts ging dabei dahin, dass die Schuldnerin in ihrer Anzeige Autoglasreparaturen mit einer Einsparung auf die Selbstbeteiligung bewerbe, die bezwecken soll, gegenüber dem KfZ-Versicherer zu verschleiern, dass der Kunde tatsächlich einen Nachlass auf die Reparatur erhalten habe, den er nach den AKB an sich an den Versicherer weitergeben müsste. In KfZ-Versicherungsverträge sind regelmäßig die allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung (AKB) einbezogen. Nach § 13 Abs. 9 AKB hat der Versicherer in der Teil- und Vollkaskoversicherung den Schaden abzüglich der jeweils vereinbarten Selbstbeteiligung zu ersetzen. Soweit es sich bei dem Schaden um die Reparaturkosten handelt, hat der Versicherer diese daher nur abzüglich eines dem Kunden eingeräumten Rabatts zu ersetzen. Die vereinbarte Höhe der Selbstbeteiligung steht dabei gerade nicht zur Disposition des Versicherungsnehmers. Indem die Schuldnerin einen Nachlass auf den Selbstbehalt bewirbt, verleitet sie den Versicherungsnehmer dazu, gegenüber seinem Versicherer falsch abzurechnen, weil der gewährte Rabatt nicht an den Versicherer weiter gegeben wird. Die Annahme des Wettbewerbsverstoßes beruht hier im Ausgangspunkt mithin darauf, dass eine Übernahme des Selbstbehaltes durch die Reparaturwerkstatt die von der Fahrzeugversicherung zu erbringende Schadensersatzleistung beeinflusst, da der von der Werkstatt beworbene finanzielle Vorteil rechtlich eigentlich dem Fahrzeugversicherer und nicht dem Versicherungsnehmer zusteht.
Nach den Entscheidungsgründen des Urteils vom 29. Juli 2004 zählt zum Kern des Verbotes, dass durch das Bewerben einer Einsparung der Kunde zu einem vertragswidrigen Verhalten gegenüber den KfZ-Versicherungen angestiftet wird, indem diesem nämlich ein Rabatt versprochen wird, den dieser eigentlich an den Versicherer weiter geben müsste.
3. Durch die beanstandeten neuen Werbeanzeigen hat die Schuldnerin wettbewerbswidrig im Sinne des Unterlassungstitels gehandelt. Die Werbeaussagen weichen zwar in den Formulierungen von der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Werbung ab; es wird insbesondere nicht mehr eine vollständige Kostenfreiheit suggeriert. Sie weisen allerdings gleichwohl - trotz der Modifikationen im Wortlaut - dieselben sachlichen Elemente des durch die Urteilsverfügung untersagten wettbewerblichen Verhaltens auf.
Denn die Werbeaussage "Sparen Sie jetzt noch bis zu 200,- Euro" soll ersichtlich ebenfalls dazu dienen, dem versicherten Kunden die Selbstbeteiligung zu Lasten des Versicherers zu erlassen. Das Ziel, dem Kunden einen Preisnachlass einzuräumen, der eigentlich dem Versicherer zugute kommen müsste, geht auch aus der neuen Werbung nach Auffassung des Senates hinreichend deutlich hervor.
Zwar ist in dem Text der beanstandeten aktuellen Werbeanzeige weder von einer Teilkaskoversicherung noch von einer Ersparnis auf die Selbstbeteiligung ausdrücklich die Rede. Die Werbung wendet sich aber gleichwohl auch an den kaskoversicherten Kundenkreis. Denn es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Autoglassschäden durch Steinschlag oder Riss um typische Kaskoversicherungsschäden handelt, die von der KfZ-Kaskoversicherung grundsätzlich abgedeckt werden. Ebensowenig kann unberücksichtigt bleiben, dass ein großer Teil der angesprochenen Verbraucher über eine solche Teilkaskoversicherung verfügt, die für die benannten Glasbruchschäden an KfZ eintritt.
Dem Gläubiger ist zudem darin beizupflichten, dass der durchschnittlich aufmerksame und verständige Kunde die mit der Passage: "wie Sie dabei bis zu 200,- Euro sparen können, erfahren Sie bei uns." ausgelobte Ersparnis - auch ohne ausdrückliche Erwähnung des Selbstbehaltes - auf die Selbstbeteiligung der Kaskoversicherung bezieht. Denn nur der auf den eigenen Kostenanteil bezogene Rabatt ist für den Kunden von finanziellem Interesse und bietet für diesen einen Anreiz, die Werkstatt der Schuldnerin wegen eines Glasbruchschadens aufzusuchen. Soweit die Schuldnerin dagegen einwendet, die Formulierung sei darauf gerichtet, dass der Kunde in ihrem Hause über die Preisunterschiede der Herstellerfirmen informiert werde und eine Ersparnis eben auch durch Ausnutzen der Preisspannen der Anbieter von Autoscheiben erzielt werden könne, erscheint diese Auslegung der Werbeerklärung eher fernliegend. Die Werbeaussage wird von dem angesprochenen Verbraucherkreis jedenfalls anders aufgefasst. Denn etwaige Kostendifferenzen bei den Herstellerpreisen sind für den durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreis in der Regel ohne Belang. Der tatsächliche Preis für den Austausch oder die Reparatur der Autoscheibe berührt den Versicherungsnehmer und Halter des Kraftfahrzeuges grundsätzlich nicht, weil er diesen regelmäßig von seiner Kaskoversicherung erstattet erhält. Der Versicherungsnehmer bleibt dagegen auf den feststehenden Selbstbehalt beschränkt, der von der Höhe der Reparaturkosten nicht abhängig ist. Angesichts der fixen Ausgestaltung des Selbstbehaltes kommen Preisvergünstigungen hinsichtlich der Herstellungskosten daher grundsätzlich nicht ihm, sondern allein dem Versicherer zugute.
Für den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher, der durch die Werbeanzeige angesprochen wird, kann die beworbene Ersparnis, sofern er kaskoversichert ist, dagegen nur dann einen Anreiz bewirken, die Reparaturwerkstatt der Schuldnerin aufzusuchen, wenn sich die angepriesene Preisreduzierung auf den von ihm selbst zu erbringenden Kostenanteil, nämlich die Selbstbeteiligung, auswirkt. Eine bloß günstige Preiskalkulation ist für den kaskoversicherten Kunden dagegen grundsätzlich uninteressant, da er in jedem Fall seinen fixen Selbstbehalt zu entrichten hat. "Sparen" kann er mithin nur in Höhe seines Selbstbehaltes. Deshalb bezieht er die Werbung auch automatisch auf den von ihm zu tragenden Kostenanteil des Selbstbehaltes. Hierbei fällt überdies auf, dass sich die von der Schuldnerin beworbene Einsparung (bis zu 200,- Euro) auch gerade in dem üblichen Rahmen der Selbstbeteiligung einer Kaskoversicherung bewegt.
4. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Naumburg ist das den versicherten Verbrauchern durch die verbotene Werbung angesonnene Verhalten, nämlich die Selbstbeteiligung durch eine unzutreffende Abrechnung der Reparaturkosten gegenüber der Versicherung einzusparen, zu deren Ausführung sich die Schuldnerin in ihrer Werbung erboten hat, unlauter im Sinne des § 3 UWG (vgl. ebenso OLG Frankfurt WRP 2006, 1397 - 1399 zitiert nach juris; OLG Hamm, Urteil vom 01. März 2005, 4 U 174/04 zitiert nach juris; OLG Celle WRP 2006, 129 - 130 zitiert nach juris; LG Bonn GRUR - RR 2006, 207 zitiert nach juris). Denn in allen Fällen bewirkt der dem Kunden und Versicherungsnehmer in Aussicht gestellte Preisnachlass auf die Selbstbeteiligung, dass dieser infolge der Ausgestaltung des Versicherungsvertrages in § 13 Abs. 9 AKB zu Unrecht zu Lasten des Versicherers geht. Die beworbene Ersparnis von dem Selbstbehalt stellt sich in Wahrheit als Preisnachlass auf die Reparatur dar, die nach den Versicherungsbedingungen aber dem Versicherer und nicht dem Versicherungsnehmer zugute kommen soll. Wenn in der Rechnung der dem Versicherungsnehmer gewährte Nachlass auf den Selbstbehalt jedoch nicht besonders ausgewiesen wird, zahlt der Versicherer auf eine überteuerte Rechnung, (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 01. März 2005, 4 U 174/04 zitiert nach juris). Die Werbung mit der Ersparnis in Höhe von 200,- Euro (Selbstbehalt) ist damit ebenfalls auf eine Täuschung der Versicherungen angelegt.
Der Kernbereich des Unterlassungstenors ist nach alledem berührt.
II.
Die Schuldnerin hat den Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig begangen. Sie kann sich hier insbesondere nicht auf einen Verbotsirrtum berufen, denn diesen hätte sie bei Anspannung der gebotenen Sorgfalt und gehöriger Prüfung der Rechtslage vermeiden können. Auch wenn die Abgrenzung im Kern gleicher von den im Kern ähnlichen Verletzungshandlungen schwierig sein mag und eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erfordert, vermag die Komplexität dieser Wertung die Schuldnerin nicht ohne weiteres zu entlasten. Denn sie hätte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt durchaus damit rechnen müssen, dass das Gericht die Rechtslage abweichend beurteilt (vgl. Ehricke in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 159; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 6.7). Fahrlässig handelt dabei auch derjenige, der sich erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt und deshalb eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung in Betracht ziehen muss (vgl. BGH NJW 1998, 2144, 2145; OLG Stuttgart WRP 1999, 1072, 1073; Ahrens in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, Kapitel 68, Rdn. 8).
Selbst anwaltlicher Rat, deren vorherige Einholung die Schuldnerin hier gar nicht behauptet hat, könnte die Schuldnerin nicht entlasten (vgl. OLG Frankfurt NJW 1996, 1071; Stöber in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 5). Auch dass ein Gericht - wie hier das Landgericht - die Rechtsansicht des Schuldners bestätigt hat, rechtfertigt als solches noch nicht die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums der Schuldnerin (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl., § 276 BGB Rdn. 22 m.w.N.)
III.
Gegen die Annahme einer Zuwiderhandlung gegen die Urteilsverfügung kann schließlich auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, viele Konkurrenten im Marktsegment der Schuldnerin verhielten sich ähnlich. Dass Wettbewerbsverstöße auch von anderen Mitbewerbern begangen werden, lässt die verübte Verletzungshandlung nicht entfallen. Eine Verrohung der Werbepraktiken und des Marktgeschehen kann den begangenen Wettbewerbsverstoß nicht entschuldigen. Soweit die Schuldnerin zudem behauptet, dass sich der Gläubiger in Wettbewerbsbenachteiligungsabsicht ausschließlich gegen die Werbepraktiken der Schuldnerin wende und damit die Mitbewerber der Schuldnerin einseitig begünstige, vermag dies der Senat nicht festzustellen. Das Vorbringen der Schuldnerin zu einem treuwidrigen Verhalten des Gläubigers wegen einer einseitigen Belastungstendenz entbehrt der notwendigen Substanz.
IV.
Der Senat wertet die einzelnen Veröffentlichungen der Werbeanzeigen in der Anzeigenzeitungen "S. " und "W. " in der Zeit vom 01. Februar bis 04. Juni 2006 als eine Handlungseinheit und sieht darin einen einheitlichen Verstoß. Denn der Wille der Schuldnerin war von vorneherein auf einer wiederholten Schaltung der Anzeigen gerichtet, so dass eine Zusammenfassung der mehreren gleichartigen Einzelakte gerechtfertigt erscheint. Bei seiner Wertung hat der Senat berücksichtigt, dass die im Recht der Vertragsstrafe bedeutsame Frage, ob und inwieweit mehrere Einzelakte zu einer einzigen Zuwiderhandlung zusammen gefasst werden können, sich bei der Ordnungsgeldfestsetzung nicht in gleicher Schärfe stellt, weil dem Gericht bei der Festsetzung der Gesamtsanktion ein Ermessenspielraum zukommt, der eine angemessene Würdigung der Einzelakte ermöglicht. Auf die früher verwendete Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs ist im Rahmen des § 890 ZPO daher gar nicht zurück zu greifen (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 6.4; Ehricke in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006 Rdn. 156).
Im Ergebnis einer umfassenden Gesamtwürdigung, in der insbesondere auch Art, Intensität und Dauer des Verstoßes sowie der Verschuldensgrad der Schuldnerin, der erzielte Vorteil sowie die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung Eingang gefunden haben, erachtet der Senat die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von insgesamt 5.000,- Euro als eine angemessene und sachgerechte Sanktion für die Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot.
Für den Fall, dass das Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- Euro nicht beigetrieben werden kann, erfolgt die Verurteilung zu Ordnungshaft in Höhe von 10 Tagen, wobei ein Tag einem Ordnungsgeld von 500,- Euro entspricht.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891, 91 ZPO.
Ende der Entscheidung
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