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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 27.12.2000
Aktenzeichen: 10 Wx 31/99
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BGB, MKSchG, KostO


Vorschriften:

FGG § 27 Abs. 1 S. 1
FGG § 29 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 4
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 13a Abs. 1 S. 2
ZPO § 550
BGB § 1589 Abs. 2
BGB § 1589 Abs. 1
MKSchG § 17 Abs. 2
KostO § 131 Abs. 1 Nr. 1
Zur Entwicklung der Rechtsaussichten zum gesetzlichen Erbrechts des nichtehelichen Kindes in der ehemaligen DDR nach Inkrafttreten der Fassung der DDR vom 07.10.1949.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Beschluss

10 Wx 31/99 OLG Naumburg 2 T 399/98 LG Halle 40 IV 02456/97 AG Halle-Saalkreis

In der Nachlass-Sache

betreffend den Nachlass

Antragsgegner, Beschwerdegegner und Gegner der weiteren Beschwerde, hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Kühlen, die Richterin am Oberlandesgericht Marx-Leitenberger und den Richter am Landgericht Wiedemann am

27. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Halle vom 06. September 1999, 2 T 399/98, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 25.08.1964 verstorbene und zuletzt in H. wohnhaft gewesene Erblasser war bis zu seinem Tode mit der Beteiligten zu 2) verheiratet; aus dieser Ehe ging eine Tochter, die Beteiligte zu 3), hervor. Der Erblasser hatte zudem die Vaterschaft für zwei nichteheliche Söhne, den am 21.10.1952 geborenen Beteiligten zu 1) sowie den am 01.08.1957 geborenen H. G. , anerkannt. Er hinterließ keine letztwillige Verfügung.

Für den verfahrensgegenständlichen Nachlass erteilte das Staatliche Notariat H. am 22.01. 1965 einen gemeinschaftlichen Erbschein unter dem Aktenzeichen 4 NR 32/65, welcher die Beteiligte zu 2) zu einem Viertel und die Beteiligte zu 3) zu drei Vierteln als Erben des Erblassers ausweist.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.01.1997 hat der Beteiligte zu 1) die Einziehung des Erbscheins als unrichtig beantragt und hierzu die Ansicht vertreten, dass der Erblasser nicht nur von den Beteiligten zu 2) und zu 3), sondern auch von seinen nichtehelichen Kindern, beiden vorgenannten Söhnen, beerbt worden sei.

Das Amtsgericht Halle-Saalkreis - Rechtspflegerin - hat diesen Antrag mit Beschluss vom 27.08. 1997, 40 IV 02456/97, zurückgewiesen; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt, der das Amtsgericht Halle-Saalkreis nicht abgeholfen hat. Die Beschwerdekammer des Landgerichts Halle hat nach nochmaliger Anhörung der Beteiligten mit ihrem Beschluss vom 06.09.1999, 2 T 399/98, die danach als Beschwerde auszulegende Erinnerung zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Gründe dieser Entscheidung wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 07.12.1999 hat der Beteiligte zu 1) weitere Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss des Landgerichts Halle eingelegt; er begehrt weiterhin die Einziehung des gemeinschaftlichen Erbscheins des Staatlichen Notariats H. vom 22.01.1965 sowie nunmehr zugleich die Erteilung einer Anweisung an das Amtsgericht Halle-Saalkreis dahin, einen neuen Erbschein nach dem Erblasser auszustellen, der die Beteiligten zu 1) bis zu 3) sowie den H. G. jeweils als Erben zu 1/4 ausweisen soll. Er hat sein Rechtsmittel letztlich auf die Ansicht gestützt, dass sich - im Rahmen des auf den vorliegenden Erbfall anzuwendenden Erbrechts der DDR zum 25.08.1964 - aus Art. 33 Abs. 2 iVm. Art. 144 Abs. 1 der Verfassung der DDR vom 07.10.1949 (GBl. 1949 S. 1 - im Folgenden: Verf DDR 1949) unmittelbar ein gesetzliches Erbrecht nichtehelicher Kinder ergeben habe. Auf den Inhalt des Schriftsatzes (vgl. Bl. 116 bis 120 GA) wird verwiesen.

Im Rahmen des Verfahrens der weiteren Beschwerde vor dem Senat wurde allen Beteiligten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme eingeräumt.

II.

1. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) ist zulässig. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 FGG ist eine weitere Beschwerde in Nachlass-Sachen statthaft. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) erfüllt die in § 29 Abs. 1 FGG enthaltenen Formanforderungen; der Beteiligte zu 1) ist durch Entscheidung des Landgerichts Halle auch beschwert iSv. §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG, weil hierdurch die von ihm in Anspruch genommene Miterbenstellung inzident verneint wurde.

2. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat jedoch in der Sache keinen Erfolg; denn der angefochtene Beschluss der Beschwerdekammer beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung iSd. § 27 Abs. 1 FGG iVm. § 550 ZPO.

Das Landgericht ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass der Erblasser nach dem zum Zeitpunkt des Erbfalls geltenden Recht der DDR, welches hier aus den im angefochtenen Beschluss zutreffend angeführten Gründen anzuwenden ist, allein von den Beteiligten zu 2) und zu 3), nicht aber von seinen nichtehelichen Söhnen beerbt worden ist, so dass der gemeinschaftliche Erbschein vom 22.01.1965 sachlich richtig ist.

Die Frage eines gesetzlichen Erbrechts des nichtehelichen Kindes wurde in der ehemaligen DDR nach dem Inkrafttreten der Verfassung der DDR vom 07.10.1949 zwar diskutiert, eine - eingeschränkte - Regelung eines solchen gesetzlichen Erbrechts galt jedoch erst mit Wirkung ab dem 01.04.1966, wobei bewusst auf eine rückwirkende Regelung von Erbfällen zwischen dem 07.10.1949 und diesem Stichtag verzichtet wurde. Im Einzelnen:

2.1. Die Verfassung der DDR von 1949 bestimmte in ihrem Art. 33:

"(1) Außereheliche Geburt darf weder dem Kinde noch seinen Eltern zum Nachteil gereichen.

(2) Entgegenstehende Gesetze und Bestimmungen sind aufgehoben."

(Hervorhebung durch den Senat)

Weiter hieß es in Art. 144 Abs. 1 Verf DDR 1949:

"Alle Bestimmungen dieser Verfassung sind unmittelbar geltendes Recht. Entgegenstehende Bestimmungen sind aufgehoben. Die an ihre Stelle tretenden, zur Durchführung der Verfassung erforderlichen Bestimmungen werden gleichzeitig mit der Verfassung in Kraft gesetzt. Weitergeltende Gesetze sind im Sinne dieser Verfassung auszulegen.

(Hervorhebung durch den Senat)

Bereits unmittelbar nach Inkrafttreten dieser Verfassung bestand in der rechtswissenschaftlichen Literatur Übereinstimmung darin, dass im Hinblick auf Art. 33 Verf DDR 1949 als unmittelbar geltendes Recht die Vorschrift des § 1589 Abs. 2 BGB in seiner das nichteheliche Kind rechtlich diskriminierenden Form nicht mehr anzuwenden sei (vgl. Graf NJ 1950, 14; Rademacher NJ 1950, 80; Koch NJ 1950, 345). Unterschiedlich waren die Auffassungen jedoch dazu, inwieweit sich diese Verfassungsnorm auf die gesetzliche Erbfolge auswirke, woraus sich zunächst auch Rechtsunsicherheit ergab (vgl. Einl. zu Rademacher aaO., Sättler NJ 1951, 76).

Eine Auffassung ging von einem Vergleich mit den vor 1949 entstandenen Verfassungen der auf dem Gebiet der späteren DDR bestehenden Länder aus, wonach die außereheliche Geburt dem Kinde nicht zum Nachteil gereichen dürfe, weshalb ihm "die gleichen Bedingungen für die leibliche, geistige und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen <seien> wie dem ehelichen Kinde"; entgegenstehende Bestimmungen "sind aufzuheben" (vgl. z. Bsp. Art. 22 Abs. 4 der Verfassung des Landes Sachsen vom 28.02.1947, zitiert nach: Dokumente der Staatsordnung der DDR, Bd. 1, Berlin 1959). Diese Regelung trüge erkennbar programmatischen Charakter, wovon sich die (später geschaffene) Verfassung der DDR von 1949 - ausdrücklich als Lehre aus der Zeit der Weimaer Republik - mit der Schaffung unmittelbar geltenden Rechts bewusst unterschieden habe (vgl. Koch aaO., Graf aaO.). Da § 1589 Abs. 2 BGB eine rechts-technische Vorschrift sei, die u.a. auch Sonderregelungen zum Erbrecht des nichtehelichen Kindes erst eröffne, sei nach dem Wegfall dieser Vorschrift das Abstammungsprinzip des § 1589 Abs. 1 BGB von der Regel zum ausnahmelosen Grundprinzip erwachsen, so dass nunmehr kein Raum mehr für Sonderregelungen bzw. Beschränkungen des Erbrechts nichtehelicher Kinder bestehe (vgl. Graf aaO., 15; Koch aaO.). Der Art. 33 Verf DDR 1949 schaffe daher eine sofortige rechtliche Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder, jede andere Auslegung wäre "gekünstelt" (vgl. Koch aaO.). Die andere, in der gerichtlichen Praxis wohl von Anfang an überwiegend anerkannte Auffassung betonte die Kontinuität der Texte der Länderverfassungen und der Verfassung der DDR von 1949, in denen insgesamt nicht von einer rechtlichen Gleichstellung, sondern lediglich von einem "Nicht-zum-Nachteil-gereichen" die Rede sei (so Rademacher aaO.), bzw. zog sich darauf zurück, dass der Verfassungstext keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Auslegung böte (vgl. Sättler aaO.). Aus z.T. auch pragmatischen Erwägungen heraus sah man in der Verfassungsnorm keine Neuregelung z.Bsp. des Erbrechts. Vielmehr stelle Art. 33 Verf DDR 1949 vorrangig einen verbindlichen Auftrag an den Gesetzgeber zur Schaffung gleicher Entwicklungsbedingungen für eheliche und nichteheliche Kinder ohne Verkennung der natürlichen Verschiedenheit zwischen diesen dar (vgl. Rademacher aaO., Sättler aaO., Göldner NJ 1954, 373; Nathan NJ 1954, 499 ff; ders. NJ 1954, 608 f) und beziehe sich als unmittelbar geltendes Recht nur auf so genannte "willkürliche" Nachteile, insbesondere im Unterhaltsrecht (vgl. Nathan später zusammenfassend in NJ 1957, 170, 171 und 175 f), deren Beseitigung bzw. Minderung der Rechtsprechung überlassen werden könne. Die erbrechtliche Schlechterstellung nichtehelicher Kinder sei durch die ökonomischen Bedingungen und das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung vorgegeben, so dass eine - diese Unterschiede berücksichtigende - Neuregelung der gesetzlichen Erbfolge dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsse (vgl. Sättler aaO., 77; Göldner aaO.; Nathan NJ 1957, 170, 171, 176).

Aus Sicht der späteren Entwicklung des Familien- und Erbrechts in der ehemaligen DDR hat sich die letztgenannte Auffassung durchgesetzt.

2.2. Mit dem Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.09. 1950 (GBl. 1950 S. 1037 - im Folgenden: MKSchG) schuf der Gesetzgeber der DDR ein erstes Gesetz zur Umsetzung des Art. 33 Verf DDR 1949. Wurde darin zunächst - eher deklaratorisch - hervorgehoben, dass die nichteheliche Geburt kein Makel sei (§ 17 Abs. 1 S. 1 MKSchG), insbesondere auch nicht für Mutter (!), enthielt § 17 Abs. 2 MKSchG eine eigenständige Regelung des Unterhaltsanspruches der Mutter für das nichteheliche Kind gegen den Kindsvater. Eine Regelung zum Erbrecht nichtehelicher Kinder ist in dem Gesetz nicht enthalten. Die Verabschiedung weiterer Gesetze zu einer schrittweisen Annäherung der Rechtsstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder wurde für notwendig erachtet und war auch beabsichtigt (vgl. Sättler NJ 1951, 76, 77; Göldner aaO.; Nathan 1954, 499 ff).

Die nachfolgende Rechtsprechung verlieh der durch das MKSchG erreichten erheblichen Besserstellung nichtehelicher Kinder im Unterhaltsrecht de facto eine im MKSchG nicht vorgesehene rückwirkende Wirkung ab dem 07.10.1949, dem Tag des Inkrafttretens der Verfassung der DDR von 1949 (vgl. OGZ 1, 245, 246f; OGZ 2, 19, 21; OGZ 2, 221, 223; OG NJ 1952, 551; auch Göldner aaO.); eine völlige Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder erfolgte auch im Unterhaltsrecht nicht (vgl. insbesondere BG Cottbus NJ 1954, 512; BG Magdeburg NJ 1954, 513; zu beiden Anm. Penndorf NJ 1954, 514).

Das Ministerium der Justiz der DDR brachte auch in der von ihm 1956 herausgegebenen Textausgabe des BGB in einer Anmerkung zu § 1589 Abs. 2 BGB zum Ausdruck, dass diese Bestimmung zwar im Widerspruch zu Art. 33 Abs. 1 Verf DDR 1949 stehe und daher nach Art. 33 Abs. 2 Verf DDR 1949 aufgehoben sei, dies aber nicht bedeute, dass für das nichteheliche Kind "in jeder Beziehung die gleiche Regelung gelten <müsse> wie für eheliche Kinder".

Dies alles spricht - auch ohne Beleg durch den Nachweis entsprechender gerichtlicher Entscheidungen - dafür, dass sich bereits Anfang der 50er Jahre in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung gefestigt hatte, dass die Bestimmung des Art. 33 Verf DDR 1949 keine unmittelbaren Auswirkungen auf die gesetzliche Erbfolge zugunsten nichtehelicher Kinder hatte.

2.3. Eine weitere Manifestation dieser zumindest herrschenden, wenn nicht völlig einheitlichen Rechtsauffassung wurde durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts der DDR vom 19.06. 1956 (vgl. NJ-Beilage Heft 4/1956, S. 50) ausgelöst, die - ebenfalls bezogen auf eine unterhaltsrechtliche Problematik - ausdrücklich darauf gestützt wurde, dass "manche für eheliche Kinder geltende Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung auf nichteheliche Kinder erstreckt werden" könne (Hervorhebung durch den Senat).

In der durch diese Entscheidung ausgelösten Diskussion (vgl. Nathan NJ 1957, 170; Artzt NJ 1957, 235 ff; Feiler NJ 1957, 303 f) zeigte sich eine offensichtlich bereits bestehende bzw. nunmehr entstandene Einhelligkeit darüber, dass Art. 33 Verf DDR 1949 zwar durch die Aufhebung des § 1589 Abs. 2 BGB unmittelbar die Anerkennung der Verwandtschaft zwischen nichtehelichem Kind und beiden Eltern bewirkt habe, hieraus aber nicht folge, dass alle auf die Verwandtschaft sich gründenden Rechtsbeziehungen auf das Verhältnis zwischen nichtehelichem Kind und beiden Elternteilen auszudehnen seien. Letzteres wurde insbesondere für die Begründung erbrechtlicher Beziehungen als zutreffend erachtet.

Im Jahre 1957 entschied das Bezirksgericht Magdeburg in einem Zivilrechtsstreit ausdrücklich, dass das nichteheliche Kind nach geltendem Recht (auch unter Berücksichtigung von Art. 33 Verf DDR 1949) nicht zu den gesetzlichen Erben seines Vaters zähle (vgl. NJ 1958, 144 f). Dazu bedürfe es erst einer Festlegung durch den Gesetzgeber. Diese Auffassung wird in weiteren Veröffentlichungen dieser Zeit unwidersprochen bekräftigt (vgl. Jansen, Leitfaden des Familienrechts der DDR, 1958, S. 158 f; auch Hagemeyer, Zum Familienrecht in der Sowjetzone, 1958, S. 29).

2.4. Nach Eintritt des Erbfalls im vorliegenden Fall, nämlich erst am 01.04.1966, trat das Einführungsgesetz zum Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965 (GBl. Teil I 1966, S. 19 ff - im Folgenden: EG FGB) in Kraft (vgl. § 29 EG FGB). Das Gesetz enthielt in seinem § 9 auch erbrechtliche Bestimmungen für das "außerhalb der Ehe geborene" Kind, nach denen das z.Zt. des Erbfalls minderjährige nichteheliche Kind und unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen auch das volljährige nichteheliche Kind gesetzlicher Erbe seines Vaters bzw. seiner Großeltern väterlicherseits war, und die die erbrechtlichen Bestimmungen des BGB ablösten (vgl. § 27 Nrn. 1 und 2 EG FGB zur Aufhebung von Vorschriften des BGB). Diese gesetzliche Regelung, die zwar eine erhebliche erbrechtliche Besserstellung nichtehelicher Kinder, aber eben auch keine Gleichstellung mit ehelichen Kindern herstellte, wurde allgemein als die Erfüllung des aus Art. 33 Verf DDR 1949 resultierenden Auftrages an den Gesetzgeber angesehen (vgl. Lehrkomm. Familienrecht der DDR, 1966, § 9 EG FGB, Abschn. I und II <S. 329 bis 331 - darin wird zur bisherigen Rechtslage ausgeführt, dass das außerhalb der Ehe geborene Kind nur ein Erbrecht im Verhältnis zur Mutter, aber kein Erbrecht im Verhältnis zum Vater besaß; dies sei zwar eine dem Art. 33 Verf DDR 1949 widersprechende Benachteiligung des Kindes gewesen, zu deren Beseitigung es aber der Einzelregelung durch den Gesetzgeber bedurft hätte <329 f>; Ansorg, Leitfaden zum Familienrecht der DDR, 1967, S. 101 bis 103 - darin wird die erbrechtliche Regelung des § 9 EG FGB als Beleg dafür angeführt, dass das Gesetz aus der gesellschaftlichen Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder "möglichst weitgehende rechtliche Schlussfolgerungen" ziehe; Lehrbuch Familienrecht, 1981, S. 47 bis 51). Gleiches kommt in den rechtsvergleichenden Stellungnahmen von Autoren in der DDR zur Rechtsentwicklung in der damaligen Bundesrepublik zum Ausdruck (vgl. Grandke NJ 1967, 259 ff; diess. NJ 1968, 340 ff).

Das EG FGB sah keine Rückwirkung auf solche Erbfälle vor, die zwischen dem 07.10.1949, dem Tag des Inkrafttretens der Verfassung der DDR von 1949, und dem 01.04.1966, dem Tag des Inkrafttretens des EG FGB, eingetreten waren, und somit keine Rückwirkung auf den hier verfahrensgegenständlichen Erbfall.

2.5. Das Landgericht Halle hat danach in seiner hier angefochtenen Entscheidung die zum Zeitpunkt des Erbfalles am 25.08.1964 geltende Rechtslage in der damaligen DDR zutreffend beurteilt (ebenso BG Erfurt FamRZ 1994, 465 f, ebenfalls für einen Erbfall im Jahre 1964, m. zustimmender Anm. Bosch FamRZ 1994, 466; vgl. auch Bosch FamRZ 1992, 869 ff <878>; Bestelmeyer RPfl 1993, 381 ff).

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 13a Abs. 1 S. 2 FGG iVm. 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO; die Festsetzung des Gegenstandswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde ergibt sich aus §§ 30 Abs. 3 S. 1 iVm. Abs. 2 S. 1, 31 Abs. 1 S. 1 KostO.



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