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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: 11 U 118/01
Rechtsgebiete: BGB, ZGB, SachenRBerG, ErholNutzG, SchuldRAnpG, BauGB, BauO LSA, ZPO
Vorschriften:
BGB § 985 | |
BGB § 912 Abs. 1 | |
BGB § 986 Abs. 1 Satz 1 | |
ZGB § 287 | |
ZGB § 291 | |
ZGB §§ 312 ff. | |
SachenRBerG § 13 | |
SachenRBerG § 3 Abs. 1 | |
SachenRBerG § 4 Nr. 1 | |
SachenRBerG § 12 Abs. 1 | |
SachenRBerG § 39 Abs. 3 | |
SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 3 | |
SachenRBerG § 2 Abs. 1 Nr. 1 | |
SachenRBerG § 13 Abs. 2 Satz 1 | |
ErholNutzG § 1 | |
SchuldRAnpG § 25 | |
SchuldRAnpG § 23 | |
BauGB § 34 Abs. 1 | |
BauGB § 34 Abs. 2 | |
BauO LSA § 6 | |
BauO LSA § 6 Abs. 1 Satz 3 | |
BauO LSA § 15 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 100 Abs. 4 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 543 Abs. 1 n.F. |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
11 U 118/01 OLG Naumburg
verkündet am: 19.02.2002
In dem Berufungsrechtsstreit
wegen Räumung einer Grundstücksteilfläche,
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 29.01.2002 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Baumgarten und Krause für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 23.10.2001 wird aufrechterhalten.
Die Beklagten tragen die weiteren Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 17.780,00 DM (9.090,78 Euro) festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 943/15, zur Größe von 640 m². Rechtsträger des südlich gelegenen Nachbargrundstücks, Flurstück 942/15, war der Rat der Gemeinde H. . Wegen der Lage der Grundstücke wird auf den Auszug aus der Liegenschaftskarte Bl. 9 d.A. verwiesen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 16.05.1990 haben die Beklagten das Flurstück 942/15, auf dem sie bereits im Jahre 1981/82 ein Einfamilienhaus erbaut hatten, zu einem Preis von 557,00 Mark der DDR erworben (Bl. 7 f. d.A.).
Das Einfamilienhaus der Beklagten auf dem Flurstück 942/15 ist über die Grenze des Nachbargrundstücks 943/15 errichtet. Seither haben die Beklagten ungefähr die Hälfte des Nachbargrundstücks 943/15 (313 m²) als Gartenland genutzt. Durch sie wurden dort Trockenlegungsmaßnahmen durchgeführt und Schilf beseitigt. Die Nutzung der Beklagten dauert bis zum heutigen Tage an.
Im Oktober 1998 hat sich die Klägerin an die Beklagten gewandt und ihnen die genutzte Teilfläche des Flurstückes 943/15 zu einem Quadratmeterpreis von 98,00 DM, später 80,00 DM, zum Kauf angeboten. Die Beklagten waren jedoch nicht zum Kauf, zumindest nicht unter diesen Bedingungen bereit. Auch das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Pachtvertrages lehnten die Beklagten ab.
Die Klägerin beabsichtigt nun, das gesamte Flurstück 943/15, welches in einem Wohngebiet liegt und für das bereits zu DDR-Zeiten eine Bebauungskonzeption vorlag, als Bauland zu veräußern. Sie hat daher die Beklagten erstmals mit Schreiben vom 10.11.1999 und nochmals mit Schreiben vom 30.03.2000 zur Räumung der Teilfläche aufgefordert. Dieser Aufforderung sind die Beklagten nicht nachgekommen.
Die Klägerin begehrt nunmehr Räumung des von den Beklagten genutzten Grundstücksteils, wobei sie von einem Wert der Grundstücksteilfläche von 25.040,00 DM (80,00 DM/m²) ausgeht. Eine Richtwertkarte des zuständigen Katasteramtes weist für die Grundstücke in der betreffenden Lage einen Wert von 50,00 DM/m² aus.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, das im Grundbuch von H. , Flur 2, Flurstück 943/15, verzeichnete Flurstück der Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 943/15, im Umfang der durch die Beklagten genutzten und eingezäunten Fläche von 313 m², welche sich nördlich an das Grundstück der Beklagten Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 942/15 anschließt, zu räumen und von ihren persönlichen Sachen geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt, da der Wert der Grundstücksteilfläche lediglich 6.260,00 DM (20,00 DM/m²) betrage. Sie haben behauptet, die von ihnen genutzte Fläche könne nicht bebaut werden; zum einen aufgrund ihrer geringen Breite von 9,1 m und zum anderen aufgrund des nassen Untergrundes.
Des Weiteren haben die Beklagten gemeint, ein Recht zum Besitz an der Teilfläche zu haben. Sie hätten nämlich aufgrund einer Vereinbarung mit der Klägerin das Flurstück 943/15 um 4 m mit ihrem Einfamilienhaus überbaut, sodass ihnen nunmehr ein Ankaufsrecht nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) zustehe. Zumindest seien sie nach den Vorschriften des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) zum Besitze des Grundstücks berechtigt, da sie Anfang der 80er Jahre mit dem mittlerweile verstorbenen damaligen Bürgermeister der Klägerin, Herrn P. , eine mündliche Vereinbarung dahin getroffen hätten, dass sie das Flurstück 943/15 als Gartenland nutzen dürfen.
Hilfsweise haben sich die Beklagten auf ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 1.565,00 DM berufen, da sie durch ihre Trockenlegungsmaßnahmen, wie sie behauptet haben, den Wert der Grundstücksteilfläche um 5,00 DM/m² gesteigert hätten.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der überbauten Fläche stattgegeben. Es hat die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts bejaht und ausgeführt, die Beklagten seien nach § 985 BGB zur Herausgabe des von ihnen genutzten Grundstücksteils verpflichtet. Ein Recht zum Besitz stehe den Beklagten nicht zur Seite. Das SachenRBerG sei auf einen Überbau nicht anwendbar, jedenfalls ergebe sich hieraus kein Recht zum Besitz bezüglich des Restgrundstücks. Für eine kleingärtnerische Nutzung gelte ausschließlich das SchuldRAnpG. Dessen Vorschriften seien allerdings auch nicht besitzrechtsbegründend, da die Beklagten dafür beweisfällig geblieben seien, einen Nutzungsvertrag über die Gartenfläche geschlossen zu haben. Die Klägerin habe eine solche Absprache mit Nichtwissen bestreiten dürfen. Allein aus der Tatsache, dass die Beklagten das Teilgrundstück jahrelang als Gartenland genutzt und die Klägerin dies geduldet habe, könne man einen Vertragschluss nicht zweifelsfrei entnehmen. Vom Herausgabeanspruch ausgenommen sei lediglich der überbaute Grundstücksteil. Dem Begehren der Klägerin könnten die Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nicht entgegen halten. Die Beklagten würden nicht substantiiert vorgetragen haben, dass sich durch die von ihnen getätigten Maßnahmen der Wert der Teilfläche erhöht habe. Dies sei bereits deshalb zweifelhaft, weil das Grundstück zur Bebauung vorgesehen sei und die Maßnahmen daher für die Klägerin unnütz wären.
Gegen dieses, ihrem Bevollmächtigten am 29.05.2001 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 29.06.2001 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und nach einer Berufungsbegründungsfristverlängerung bis zum 30.08.2001 das Rechtsmittel mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie rügen weiterhin die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts und wiederholen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie sind der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin die Nutzungsvereinbarung habe mit Nichtwissen bestreiten dürfen. Weiter behaupten sie, im Jahre 1981 mit dem damaligen Bürgermeister eine mündliche Nutzungsvereinbarung über die 313 m² große Grundstücksfläche geschlossen zu haben. Gegenstand des Gesprächs sei die Nässe des Grundstücks und dessen hieraus abgeleitete Wertlosigkeit gewesen. Als Gegenleistung sei die Pflege des Grundstücks vereinbart worden. Anfang 1981 habe der Rat der Gemeinde beschlossen, ihnen den Grundstücksteil zur Nutzung zu überlassen. Dies ergebe sich aus den Bauakten. Das Grundstück der Klägerin sei von ihnen im Umfang von 4 m überbaut worden. Hieraus ließen sich nach ihrer Auffassung Ansprüche aus dem SachenRBerG ableiten. Die Klägerin sei nicht in der Lage, das nasse Grundstück einer wirtschaftlich vertretbaren Bebauung zuzuführen. Eine Bebauung des Grundstücks sei bereits aufgrund der nicht zu realisierenden Grenzabstände unmöglich. Durch ihre, der Beklagten Maßnahmen habe sich der Grundstückswert erhöht.
Aufgrund ihrer Säumnis erging gegen die Beklagten am 23.10.2001 ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil, das dem Beklagtenvertreter am 08.11.2001 zugestellt worden ist. Hiergegen wendet sich der am 22.11.2001 eingegangene Einspruch der Beklagten.
Die Beklagten beantragen nunmehr,
das Versäumnisurteil des Senats vom 23.10.2001 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stendal vom 23.05.2001 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Sie bestreitet einen Nutzungsvertrag nach wie vor und legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Rates des Kreises B. vom 05.03.1981 vor, in dem der Rat der Gemeinde darauf hingewiesen wird, dass eine Nutzung von 1.190 m² für das Bauvorhaben der Beklagten nicht in Betracht komme. Es seien nur 500 m² zur Verfügung zu stellen (Bl. 152 d.A.). So sei, behauptet die Klägerin, auch verfahren worden. Die Beklagten hätten anlässlich der Beurkundung ihres Grundstückskaufvertrages zudem ausdrücklich erklärt, dass ein anderes als das zu erwerbende Grundstück nicht genutzt werde, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Selbst wenn ein Nutzungsvertrag bestanden habe, sei dieser spätestens durch das Schreiben der Klägerin vom 30.03.2000 beendet worden (Bl. 118 d. A.). Ein Überbau bestehe nur im Umfang von 1,80 m und zwar bezüglich des Treppenaufgangs (Bl. 119 d. A.). Etwas anderes lasse das vorliegende Vermessungsergebnis nicht erkennen. Was die Bebaubarkeit betreffe, so sei diese bei dem Grundstück der Klägerin ebenso gegeben, wie bei den linken und rechten Nachbargrundstücken 942/15 und 918/15.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die in diesem Zusammenhang überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da die mündliche Verhandlung, auf die die angefochtene Entscheidung ergangen ist, vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde, ist die ZPO in der am 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (§ 26 Nr. 5 EGZPO).
Der zulässige Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Senats hat den Prozess in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt (§§ 542 Abs. 3, 342 ZPO). Dennoch bleibt das Rechtsmittel der Beklagten in der Sache ohne Erfolg, sodass es bei der zurückweisenden Entscheidung des Senats verbleibt (§§ 542 Abs. 3, 343 Satz 1 ZPO).
Soweit die Berufung weiterhin die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts in Zweifel zieht, ist dies ein Einwand, mit dem die Beklagten vor dem Berufungsgericht nicht mehr gehört werden können (§ 10 ZPO). Auch im Übrigen greift das Rechtsmittel die Entscheidung des Landgerichts zu Unrecht an. Die Klägerin hat einen durch die überbaute Grundstücksfläche eingeschränkten Räumungsanspruch gegen die Beklagten aus § 985 BGB.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flur 2 Flurstück 943/15, mit einer Fläche von insgesamt 640 m². Hiervon nutzen die Kläger gemeinsam mit dem in ihrem Eigentum stehenden Nachbargrundstück Flur 2 Flurstück 942/15 einen Grundstücksteil von 313 m². Dazu sind die Beklagten nicht bzw. nicht mehr berechtigt, womit sie dem Herausgabeanspruch der Klägerin ein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen halten können.
Die Beklagten irren, wenn sie die Auffassung vertreten, sie hätten über Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Bst. a), Satz 3 EGBGB besitzberechtigende Ansprüche nach dem SachenRBerG (vgl. hierzu Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., Art. 233 § 2a EGBGB Rdn. 7). Ein Ankaufsanspruch oder ein Anspruch auf die Bestellung eines Erbbaurechtes i.S.v. § 3 Abs. 1 SachenRBerG steht den Beklagten nicht zu. Die Grundstücksnutzung der Beklagten beruht nicht auf einer baulichen Inanspruchnahme in Form der Errichtung oder des Kaufs eines Gebäudes (vgl. §§ 3 ff. Sachen-RBerG). Insbesondere wurde den Beklagten für das Grundstück Flur 2 Flurstück 943/15 kein Nutzungsrecht i.S.v. §§ 287, 291 ZGB zur Errichtung eines Eigenheims verliehen (vgl. §§ 4 Nr. 1; 5 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG). Ebenso wenig liegt eine mit staatlicher Billigung erfolgte Bebauung des Grundstücks der Klägerin vor (§§ 4 Nr. 1; 5 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG). Die Beklagten nutzen das Grundstück allein als Gartenland. Zu diesem Zweck haben sie es nach eigenem Vorbringen zur Nutzung erhalten. Solche weniger auf Dauer und Existenzsicherung angelegten Formen der Bodennutzung in der DDR sind Gegenstand des SchuldRÄndG (Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., Einl. Rdn. 81). Das SachenRBerG ist bei der Nutzung zur Erholung, Freizeitgestaltung und kleingärtnerischen Bewirtschaftung unanwendbar (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG).
Der von den Beklagten behauptete Überbau von 4 m führt zu nichts anderem. Was das SachenRBerG unter einer Bebauung versteht, lässt sich § 12 Abs. 1 SachenRBerG entnehmen. Gemeint sind die Errichtung von Gebäuden und unter weiteren Voraussetzungen bauliche Maßnahmen an bestehenden Gebäuden. Dazu zählt ein bloßer Überbau, der dadurch entstanden ist, dass bei der Gebäudeerrichtung über die Grenze gebaut wurde, nicht. Das Grundstück der Klägerin wurde in diesem Sinne nicht be- sondern überbaut. Geringfügige Überbauungen sind nach den §§ 912 bis 916 BGB zu bewältigen (Vossius, § 39 Rdn. 6).
Etwas anderes mag mit Blick auf § 39 Abs. 3 SachenRBerG dann gelten, wenn das Nutzungsrecht unabhängig von bestehenden Grundstücksgrenzen und über diese hinausgehend zugewiesen worden war (vgl. Regierungsentwurf zum SachenRBerG, BT-Drucksache 12/5992 v. 27.10.1993 S. 137, abgedruckt in Krauß, Sachenrechtsbereinigung und Schuldrechtsanpassung im Beitrittsgebiet, S. 329; vgl. auch zum Ausschluss der Überbauvorschriften bei anderen Sachlagen Krauß, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, Stand 04/2001, § 39 Rdn. 21). Davon kann hier allerdings keine Rede sein. Den Beklagten wurde das Nutzungsrecht nur für das von ihnen bebaute Grundstück Flur 2 Flurstück 942/15 verliehen.
Schließlich kann der Anspruch auf ein Nachbarerbbaurecht nach § 39 Abs. 3 SachenRBerG nur in dem Umfang zum Besitzrecht führen, als sich die abzusichernde Bebauung auf das benachbarte Grundstück erstreckt. Insoweit besteht kein Unterschied zu § 912 Abs. 1 BGB, dessen Duldungsanspruch ebenfalls ein Besitzrecht begründet (Palandt/Bassenge, a.a.O., § 912 Rdn. 11). Diesem Besitzrecht der Beklagten hat das Landgericht durch die im Urteil enthaltene Einschränkung bereits Rechnung getragen. Die überbaute Fläche ist von einem Herausgabeanspruch ausgenommen. Ein weiter gehendes Besitzrecht lässt sich aus dem Überbau nicht herleiten.
Die rein tatsächliche Nutzung des Grundstücksteils der Klägerin führt, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, zu keiner Besitzberechtigung der Beklagten. Zumindest wäre eine solche mit der Aufforderung zur Räumung und Herausgabe entfallen. Ob 1981 ein Nutzungsvertrag geschlossen wurde, kann deshalb offen bleiben. Denn selbst wenn dem so wäre, hätte die Klägerin das sich hieraus ergebende Mietverhältnis mittlerweile wirksam durch Kündigung beendet.
Die vertragliche Nutzung von Gartenflächen unterfällt dem SchuldRAnpG (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG; Krauß, S. 576). Allein auf die inhaltliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zum persönlichen, nicht produktiven oder Wohnzwecken dienenden Gebrauch kommt es an (Göhring, in: Kiethe, SchuldRAnpG, Stand 06/1999, § 1 Rdn. 23). Danach haben die Beklagten und der Rat der Gemeinde durch den Bürgermeister einen Vertrag i.S.d. §§ 312 ff. ZGB geschlossen. Die Verleihung von Nutzungsrechten i.S.v. § 1 ErholNutzG ist nicht hinreichend dargetan.
Der von den Beklagten behauptete Nutzungsvertrag richtete sich zunächst weiter nach den Bestimmungen des ZGB (Art. 232 § 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Er konnte nicht bzw. nur eingeschränkt gekündigt werden (Art. 232 § 4a Abs. 1 EGBGB). Zwischenzeitlich erfolgte die gesetzliche Umwandlung in ein Mietverhältnis (§ 6 Abs. 1 SchuldRAnpG). Die obligatorische Berechtigung der Beklagten verlieh ihnen gegenüber der Klägerin ein Recht zum Besitz (Palandt/Bas-senge, a.a.O., § 986 Rdn. 3; vgl. zum Besitzschutz § 7 SchuldRAnpG). Die Klägerin hat das Mietverhältnis jedoch nach § 25 SchuldRAnpG wirksam gekündigt.
Die für den Eigenheimbau verliehenen Nutzungsrechte wurden in der DDR häufig auf 500 m² beschränkt. Sollten dem Bauwilligen darüber hinaus weitere Grundstücksflächen zur Verfügung gestellt werden, erfolgte dies häufig durch einen Vertrag i.S.d. §§ 312 ff. ZGB (Erman/Küchen-hoff, BGB, 10. Aufl., § 25 SchuldRAnpG Rdn. 1; Matthiessen, in Kiethe, SchuldRAnpG, Stand 06/1999, § 25 Rdn. 1). Dies könnte für den Sachvortrag der Beklagten sprechen, wonach mit ihnen ein Nutzungsverhältnis über die jetzt streitgegenständlichen 313 m² des Grundstücks der Klägerin begründet worden sei. Der Wille des zuständigen Rates, den Beklagten mehr als 500 m² zukommen zu lassen, wird aus dem Schreiben des Rates des Kreises vom 05.03.1981 deutlich.
Für die über die Nutzungsrechtsverleihung hinausgehende schuldrechtliche Beziehung sieht § 25 SchuldRAnpG ein Sonderkündigungsrecht vor, das nicht den Beschränkungen des § 23 SchuldRAnpG unterliegt (Matthiessen, § 25 Rdn. 9). Wurde der Nutzungsvertrag im Zusammenhang mit der Bestellung eines Nutzungsrechts zur Errichtung eines Eigenheimes, was die Beklagten behaupten, abgeschlossen und bilden die genutzten Flächen, so wie hier, eine räumliche Einheit, die die für den Eigenheimbau vorgesehene Regelgröße von 500 m² übersteigt, so kann der Grundstückseigentümer den Vertrag ganz kündigen, soweit die betroffene Fläche abtrennbar und selbständig baulich nutzbar ist und dem Nutzer, hier den Beklagten (vgl. § 4 Abs. 1 SchuldRAnpG), mindestens eine Gesamtfläche von 500 m² verbleibt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG). Diese Voraussetzungen kann die Klägerin für sich in Anspruch nehmen.
Dass die betroffene im Eigentum der Klägerin stehende Fläche abtrennbar ist, ist offensichtlich. Sie gehört zu einem anderen Grundstück.
Ob das Grundstück selbständig baulich nutzbar ist, richtet sich nach § 13 SachenRBerG (§ 25 Abs. 1 Satz 3 SchuldRAnpG). Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG kann eine Teilfläche selbständig baulich genutzt werden, wenn sie gegenwärtig oder nach der in absehbarer Zeit zu erwartenden städtebaulichen Entwicklung bebaut werden kann. Das Grundstück muss zur Errichtung irgendeines Bauwerks tauglich sein (Erman/Ebbing, § 13 SachenRBerG Rdn. 3), wobei auf die baurechtlich zulässige Nutzung i.S.v. §§ 29 bis 38 BauGB und der Bauordnungen der Länder abzustellen ist (Erman/Ebbing a.a.O.; Matthiessen, § 25 Rdn. 7a).
Ob das Grundstück geteilt worden ist, wie die Beklagten in erster Instanz behauptet haben, kann offen bleiben, da die selbständige Nutzbarkeit auch dann zu bejahen ist, wenn die Teilfläche zusammen mit einem anderen Grundstück ein erstmals selbständig bebaubares Grundstück ergibt (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG). Das träfe selbst auf die von den Beklagten vorgetragenen, im Eigentum der Klägerin stehenden Flurstücken 941/15 und 940/15 zu. Tatsächlich dürfte es sich, wie die Klägerin erwidernd klargestellt hat, um die westlichen Nachbargrundstücke handeln. Die Liegenschaftsskizze (Bl. 9 d. A.), auf die sich auch die Beklagten stützen, lässt eine Teilungsvermessung gerade nicht erkennen. Es handelt sich vielmehr um eine Grenzermittlung mit Darstellung der Topographie der Mörtelstraße.
Die Grundstücksgröße steht auch darüber hinaus einer Bebauung nicht entgegen. Das Grundstück der Klägerin ist 640 m² groß. Eine solche Liegenschaft kann, wenn sie nicht sehr ungünstig geschnitten ist, auf jeden Fall mit einem Gebäude bebaut werden. Hier weist das Grundstück eine Länge von 37,30 m bzw. 33,20 m sowie eine Breite von 18,50 m bzw. 18,30 m auf, sodass eine Bebauung, z.B. mit einem Einfamilienhaus, ohne weiteres erfolgen kann. Das bebaute Grundstück der Beklagten ist kleiner und eher ungünstiger geschnitten.
Bauplanungsrechtliche Hindernisse sind nicht zu erkennen. Dass ein Bebauungsplan vorliegt, ist nicht vorgetragen. Der erwähnten Bebauungskonzeption der DDR kommt sicher nicht der Stellenwert eines Bebauungsplans zu. Es handelt sich bei dem Flurstück 943/15 jedoch um eine innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegende Grundstücksfläche i.S.v. § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB, womit das Planungsrecht gewahrt ist.
Bauordnungsrechtlich sind die Anforderungen der BauO LSA an die Grundstücksbeschaffenheit erfüllt. Die Beklagten ziehen nach der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebenen Erklärung nicht mehr in Zweifel, dass die Standsicherheit i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA und die Eignung des Grundstücks für bauliche Anlagen (§ 16 Satz 2 BauO LSA) grundsätzlich gegeben sind. Darauf, welcher finanzielle Aufwand betrieben werden muss, um das Gebäude sicher auf dem Grundstück zu verankern bzw. inwieweit man mit Keller oder nur mit Bodenplatte bauen kann, kommt es für die hier allein relevante Frage, ob das Grundstück selbständig baulich nutzbar ist, nicht an.
Die Berufung kann zudem nicht erheblich einwenden, die Abstandsflächen i.S.v. § 6 BauO LSA seien aufgrund der Gebäude auf den Nachbargrundstücken nicht einzuhalten. Aus der von der Klägerin eingereichten Anlage K 16 (Bl. 71 d.A.) lässt sich die mögliche bauliche Nutzung entnehmen, die Bestandteil der aufgestellten Bebauungskonzeption ist. Danach kann ein zu errichtendes Gebäude nach beiden Seiten unter Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. Aus § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA folgt zudem, dass ein Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin ohne Grenzabstand gebaut werden kann, weil auf den Nachbargrundstücken innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche ebenfalls ohne Grenzabstand gebaut wurde.
Liegen die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG nach alledem vor, ist das Vertragsverhältnis der Parteien beendet. Die Kündigung bedarf keiner besonderen Form und kann demnach auch schlüssig zum Ausdruck gebracht werden. Indem die Klägerin die Beklagten zur Räumung aufforderte, ist für die Adressaten zuverlässig verlautbart worden, dass die Klägerin ein mögliches Vertragsverhältnis beendet sehen möchte. Ob die Klägerin um die Notwendigkeit einer Kündigung wusste, kann dahinstehen. Es genügt, dass sie bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass ihr Verhalten als Kündigung aufgefasst werden durfte und der andere Teil, hier die Beklagten, es auch tatsächlich so verstanden hat (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 133 Rdn. 11 m.w.N.). Dass die Beklagten das an sich eindeutige Verhalten der Klägerin nicht als Kündigung verstanden haben und es an der beendenden Erklärung fehlt, machen nicht einmal die Beklagten geltend. Von ihrem vertragsbejahenden Standpunkt aus betrachtet stellte sich das Räumungsverlangen aufgrund des Bestreitens eines Vertrages im Minus zumindest als Kündigung dar. Das Schreiben vom 30.03.2000 (Bl. 72 d. A.) ist daher als Kündigung anzusehen und hat spätestens zum Ende des Jahres 2000 zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt (§ 25 Abs. 3 SchuldRAnpG). Allerspätestens die Klageerhebung muss als Kündigung gewertet werden (vgl. Palandt/Putzo, § 564 Rdn. 8).
Eine unzumutbare Härte (§ 25 Abs. 4 Satz 1SchuldRAnpG) wird von den Beklagten nicht eingewandt und ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Parteien.
Das Vorbringen der Beklagten zu ihren Aufwendungen ist mit Blick auf ein mögliches Besitzrecht ohne Bedeutung. Das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht begründet kein Recht zum Besitz (Palandt/Bassenge, a.a.O., § 986 Rdn. 4).
Einen Aufwendungs- bzw. Verwendungsersatzanspruch können die Beklagten der Klägerin nicht in Form eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen halten, ohne dass es darauf ankommt, ob und welche Investitionen die Beklagten mit welchem Einfluss auf den Grundstückswert getätigt haben und ob ein Nutzungsvertrag im Jahre 1981 geschlossen worden ist.
Wurde ein Nutzungsvertrag nicht geschlossen, sind für die Aufwendungen der Beklagten, da sie vor dem Beitritt getätigt wurden, die Bestimmungen des ZGB anzuwenden (Art. 232 § 1 EGBGB; Palandt/Bassenge, a.a.O., Art. 133 § 2 EGBGB Rdn. 3). Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 ZGB entfällt der auf notwendige Aufwendungen des Besitzers (= notwendige Verwendungen - vgl. Kommentar zum ZGB, Berlin 1985, § 33 2.3) gerichtete Ersatzanspruch, wenn der Besitzer die Unrechtmäßigkeit seines Besitzes kannte oder kennen musste. Davon ist auszugehen, denn die Beklagten nahmen das Grundstück in Besitz, obwohl es keinen Nutzungsvertrag gab und ihnen das Nutzungsrecht nur für das Nachbargrundstück verliehen wurde. Sie hätten damit zumindest wissen müssen, dass ihnen ein Besitzrecht nicht zur Seite stand. Deshalb sind über §§ 356, 357 ZGB auch keine sonstigen, zu einer Werterhöhung führenden Aufwendungen (vgl. Kommentar zum ZGB a.a.O.) zu erstatten. Wenn bereits notwendige Verwendungen nicht zu ersetzen sind, dann muss dies erst recht für sonstige Aufwendungen gelten, zumal nicht ersichtlich ist, dass das ZGB in diesem Punkt vom BGB abweichende Regelungen enthalten sollte. Nach dem BGB könnten die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die sonstigen Aufwendungen für die Gartentrockenlegung ersetzt verlangen (BGHZ 39, 186, 188 f.). Gemäß § 996 BGB sind nicht notwendige Verwendungen nur dann zu erstatten, wenn sie vor Beginn der im § 990 BGB bestimmten Haftung getätigt wurden. Die Beklagten wussten aber, dass sie nicht zum Besitz berechtigt waren (§ 990 Abs. 1 BGB), womit ihnen der gute Glaube i.S.v. § 932 Abs. 2 BGB fehlte. Die §§ 812 ff. BGB werden durch §§ 987 ff. BGB verdrängt (Palandt/Bassenge, a.a.O., vor § 994 Rdn. 15; Medicus, in: MünchKomm.-BGB, 3. Aufl., § 996 Rdn. 9).
Bestand ein Nutzungsvertrag nach §§ 312 ff. ZGB, ist diese Vertragsbeziehung in das Mietrecht des BGB übergeleitet worden (§ 6 Abs. 1 SchuldRAnpG). Sowohl nach dem bisherigen Mietrecht (§ 556 Abs. 2 BGB) als auch nach §§ 578 Abs. 1, 570 BGB i.d.F. des Mietrechtsreformgesetzes (vgl. zu den Überleitungsvorschriften Art. 229 § 3 EGBGB) können die Beklagten wegen der für sich in Anspruch genommenen Forderungen (vgl. §§ 27; 12 Abs. 2 bis 4 SchuldRAnpG) kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dies gilt im Falle der Anspruchskonkurrenz auch dann, wenn der Rückgabeanspruch aus § 985 BGB hergeleitet wird. Der Eigentümer als Vermieter darf nicht schlechter gestellt werden als der vermietende Nichteigentümer (Palandt/Weidenkaff, 60. Aufl., § 556 Rdn. 16 m.w.N. und 61. Aufl., § 570 Rn. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 543 Abs. 1 ZPO n.F. i.V.m. Art. 26 Nr. 7, 8 EGZPO.
Die Revision lässt der Senat nicht zu, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).
Der Streitwert folgt aus dem Wert des heraus verlangten Grundstücksteils zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung (§§ 14 Abs. 1, 15, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG; 3, 4 Abs. 1, 6 Satz 1 ZPO). Den Verkehrswert schätzt der Senat auf der Grundlage des vorliegenden Parteigutachtens (Bodenpreis = 80 DM/m²) sowie des Bodenrichtwerts von 50 DM/m² auf (60 DM/m² x 313 m²) 18.780 DM, wobei für die überbaute Fläche ein Abzug von 1.000,00 DM vorzunehmen ist, womit sich ein Streitwert von 17.780,00 DM (9.090,78 Euro) errechnet.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
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