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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 30.01.2001
Aktenzeichen: 11 U 120/00
Rechtsgebiete: BGB, SachenRBerG, ZPO, EGZGB, TreuhandG


Vorschriften:

BGB § 95
BGB § 929
BGB § 94
BGB § 946
BGB § 95 Abs. 1 Satz 1
BGB § 930
BGB § 95 Abs. 2
SachenRBerG § 1
SachenRBerG § 104
SachenRBerG § 108
SachenRBerG § 5- 7
SachenRBerG § 7 Abs. 2 Nr. 3
SachenRBerG § 7 Abs. 2 Ziff. 3
SachenRBerG § 9 Abs. 3 S. 2
SachenRBerG § 1 Abs. 1 Nr. 1 b
SachenRBerG § 2 Abs.1 Nr. 2 a
SachenRBerG § 7 Abs. 2 Nr. 4
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 3
SachenRBerG § 8
ZPO § 256
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 546 Abs. 2
EGZGB § 2 Abs. 2 Satz 2
TreuhandG § 11 Abs. 2
Ein Bootshaus kann Scheinbestandteil eines Grundstückes i. S. v. § 95 BGB sein.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 120/00 OLG Naumburg

verkündet am: 30.01.2001

In dem Berufungsrechtsstreit

...

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2001 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, des Richters am Amtsgericht Timm und des Richters am Landgericht Dr. Strietzel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.06.2000 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dessau abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger der Eigentümer des Gebäudes ("Bootshaus"), errichtet auf dem Grundstück Grundbuch von A. , Blatt 4581, Flur 10, Flurstück 37/15, ist.

Es wird festgestellt, dass der Kläger anspruchsberechtigt nach § 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt für die Beklagte 60.000,00 DM.

Der Kläger darf Sicherheit durch Beibringung einer unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse leisten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Eigentum an einem Bootshaus in A. sowie im Zusammenhang damit um die Anspruchsberechtigung des Klägers nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Mit Pachtvertrag vom 14.02./02.05.1950 pachtete der Deutsche Sportausschuss, Betriebssportgemeinschaft VEB K. , von der Stadt A. ein durch eine dem Vertrag beigefügte Handzeichnung näher bezeichnetes Gelände in A. im M. unterhalb der Schiffswerft "H. Sch. " mit der Größe von ca. 1250 qm zum Bau eines Bootshauses (Anlage K 1, GA I 14).

§ 2 des Vertrags lautet wie folgt:

"Der Pachtvertrag tritt am 1. Februar 1950 in Kraft und läuft auf unbestimmte Zeit. Solange das Gelände zu dem vorgesehenen Zweck benutzt wird, soll eine Kündigung von Seiten der Stadt A. ausgeschlossen sein. Sollte sich die Nutzungsart ändern, d. h. das Gebäude abgebrochen werden, so geht das Gelände sofort in die Nutzung der Stadt A. zurück."

In § 5 heißt es:

"Sollte das Pachtverhältnis durch einem im § 2 genannten Grunde zur Aufhebung gelangen, so ist der Pächter verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Eine Entschädigung wird von Seiten der Stadt A. nicht gezahlt, es sei denn, dass der Rat der Stadt A. sich zur Übernahme des Gebäudes bereiterklärt."

§ 6 lautet:

"Sämtliche Lasten, Gebühren, Abgaben, Versicherungen etc. für das Gebäude und der darin befindlichen Gegenstände und Geräte trägt der Deutsche Sportausschuss, Betriebssportgemeinschaft VEB K. . Die Abgaben und Lasten für den Grund und Boden trägt der Pächter."

Aufgrund eines entsprechenden Antrags erteilte die Stadt A. der Betriebssportgemeinschaft K. (Sparte Kanu) am 04.07.1950 die Genehmigung zum Bau eines Bootshauses. Das Bootshaus wurde in der Zeit von 1951 bis 1954 errichtet. Im Jahr 1953 war es weitgehend fertiggestellt. In den darauf folgenden Jahren wurden weitere Baumaßnahmen durchgeführt. Das Bootshaus wird seit 1950 bis in die Gegenwart für die Zwecke des Kanusports genutzt.

1953 wurde das bisher im Eigentum der Stadt A. stehende Grundstück, auf dem sich das Bootshaus befand, in Volkseigentum überführt.

Rechtsnachfolger des VEB K. wurde zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt der VEB Förderanlagen- und Kranbau K. , welcher mit Wirkung zum 01.07.1990 in die Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH umgewandelt wurde. Das Bootshaus wurde vor 1989 bis 1991 im Grundmittelbestand des VEB Förderanlagen- und Kranbau K. bzw. der späteren Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH geführt. Am 30.06.1990 konstituierte sich der Kläger.

Mit Vereinbarung vom 01.03.1991 (Anlage K 6, GA I 38) übertrug die Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH die von ihr bisher ausgeübten Rechte und Pflichten bezüglich des Bootshauses A. an den Kläger. Darin heißt es unter anderem: "Der VEB Förderanlagen- und Kranbau K. war in seiner Eigenschaft als Trägerbetrieb der ehemaligen BSG Motor auch Rechtsträger des Bootshauses A. einschließlich einiger Einrichtungsgegenstände, welche aus Mitteln des damaligen Kultur- und Sozialfonds bezahlt wurden."

Durch Pachtvertrag vom 01.10.1991 (K 8, GA I 40) verpachtete die Beklagte das Grundstück an den Kläger. In § 3 heißt es unter anderem: "Die bereits bestehenden baulichen Anlagen sind Eigentum des Sportvereins."

Die im Pachtvertrag bezeichnete Fläche ist im Grundbuch von A. , Blatt 4581, Flur 10, Flurstück 37/15, verzeichnet. Bis zum 25.07.1996 war das Grundstück als Eigentum des Volkes, Rechtsträger Rat der Stadt A. , im Grundbuch eingetragen. Aufgrund des Vermögenszuordnungsbescheides der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 12.10.1995 (GA I 93) wurde die Stadt A. am 25.07.1996 als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Vermögenszuordnung erfolgte vorbehaltlich der Rechte Dritter.

Der Kläger hat gemeint, er sei Eigentümer des Bootshauses. Das ursprünglich in Fondsinhaberschaft stehende Bootshaus sei mit der Umwandlung des VEB in die GmbH in das Eigentum der GmbH gelangt. Die GmbH habe gemäß § 929 BGB über das Bootshaus verfügen können. Spätestens durch die Vereinbarung vom 01.03.1991 sei der Kläger Eigentümer des Bootshauses geworden. Eine andere rechtliche Würdigung ergebe in Anlehnung an ein Urteil des Amtsgerichts Köpenick (VIZ 1998, S. 38 ff., GA 47 ff.), dass die Betriebssportgemeinschaft sozialistisches Eigentum am Bootshaus erlangt habe. Die Baulichkeit sei als Scheinbestandteil gemäß § 95 BGB bewegliches Eigentum der Betriebssportgemeinschaft geblieben. Der Kläger sei mit der Betriebssportgemeinschaft identisch.

Der Kläger hat behauptet, das Bootshaus sei aus Eigenmitteln der Betriebssportgemeinschaft, Eigenleistungen der Mitglieder und verschiedenen Zuwendungen Dritter errichtet worden.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass der Kläger Eigentümer des Gebäudes ("Bootshaus"), errichtet auf dem Grundstück Grundbuch von A. Blatt 4581 Flur 10 Flurstück 37/15 ist,

2.

festzustellen, dass der Kläger anspruchsberechtigt nach § 1 des SachenRBerG ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage für unzulässig gehalten, da der Kläger den notariellen Vermittlungsvorschlag und das Abschlussprotokoll gemäß § 104 SachenRBerG nicht vorgelegt habe. Außerdem fehle dem Kläger das nach § 108 SachenRBerG erforderliche rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung. Sie hat gemeint, der Kläger sei nicht Eigentümer des Bootshauses. Weder die Betriebssportgruppe, noch der VEB habe Gebäudeeigentum erworben; der Kläger sei auch nicht Rechtsnachfolger der Betriebssportgruppe. Eigentümer sei die Beklagte.

Durch am 09.06.2000 verkündetes Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe als Eigentümerin des Grundstücks gemäß §§ 94, 946 BGB durch Verbindung des Bootshauses mit dem Grundstück Eigentum an den Baulichkeiten erworben, da es sich bei dem Bootshaus nicht um einen Scheinbestandteil handele. Die Beklagte habe sich im Pachtvertrag vorbehalten, das Bootshaus bei Vertragsende zu übernehmen; außerdem sei in § 2 des Vertrags geregelt, dass das Pachtverhältnis auf unbestimmte Zeit laufe. Auch durch die Übernahmevereinbarung vom 01.03.1991 habe der Kläger kein Eigentum am Bootshaus erworben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Ankauf des Grundstücks. Eine Investition im Sinne der §§ 5 - 7 SachenRBerG sei vorliegend nicht erfolgt.

Gegen das ihm am 30.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 31.07.2000, einem Montag, beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.09.2000 mit am 13.09.2000 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Er meint, aus dem Pachtvertrag von 1950 ergebe sich, dass das Bootshaus nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sei; es handele sich um einen Scheinbestandteil des Grundstücks im Sinne von § 95 BGB. Hilfsweise meint der Kläger, selbst im Fall eines zunächst auf Dauer bestimmten Zwecks der Verbindung durch den Pachtvertrag aus dem Jahr 1950 sei dieser Zweck nachträglich durch den Vertrag vom 01.10.1991 in einen vorübergehenden Zweck geändert worden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Kläger eine Vereinigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 SachenRBerG.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 09.06.2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Dessau vom 09.06.2000, Az.: 8 O 51/00,

1. festzustellen, dass der Kläger Eigentümer des Gebäudes ("Bootshaus"), errichtet auf dem Grundstück Grundbuch von A. , Blatt 4581, Flur 10, Flurstück 37/15, ist

2. festzustellen, dass der Kläger anspruchsberechtigt nach § 1 SachenRBerG ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, es sei fraglich, ob eine zeitliche Begrenzung des Nutzungsrechts vorliege, in dessen Ausübung der Rechtsvorgänger des Klägers bei Verbindung des Gebäudes mit dem Grundstück gehandelt haben könnte. Es sei sehr fraglich, ob die Parteien durch den Pachtvertrag vom 01.10.1991 bezüglich der Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil/Scheinbestandteil tatsächlich eine neue Regelung hätten treffen wollen. Mit der Übergabe-/Übernahmevereinbarung vom 01.03.1991 habe die Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH kein Eigentum auf den Kläger übertragen. Die Betriebssportgemeinschaft Kanu sei als völlig unpolitische Vereinigung keine Vereinigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Ziff. 3 i.V.m.§ 9 Abs. 3 S.2 SachenRBerG.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Grundakte AG Köthen, Grundbuch von A. , Blatt 4581, und die Vereinsregisterakte AG Köthen, VR 47, sind zu Informationszwecken beigezogen worden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO) und begründet.

II.

1.

Der Klageantrag zu 1) ist zulässig. Der Kläger hat gemäß § 256 ZPO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er Eigentümer des Bootshauses ist; insoweit besteht ein streitiges Rechtsverhältnis, weil sich außer dem Kläger auch die Beklagte des Eigentumsrechts berühmt.

2.

Der Klageantrag zu 1) ist begründet. Der Kläger ist Eigentümer des Bootshauses.

a)

Das Bootshaus ist nicht gemäß den - in den Jahren 1951 bis 1954 auch in der DDR geltenden - §§ 94, 946 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden, dessen Eigentümer der Kläger bzw. sein Rechtsvorgänger unstreitig nicht ist und nicht war. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB ist das Bootshaus als Scheinbestandteil des Grundstücks zu qualifizieren, weil es im Sinne dieser Vorschrift nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden ist.

Die Verbindung oder Einfügung geschieht zu einem vorübergehenden Zweck, wenn der Wegfall der Verbindung von vornherein beabsichtigt oder nach der Natur des Zwecks sicher ist. Festigkeit der Verbindung und Massivität der verbundenen Sache sprechen nicht ohne Weiteres gegen einen vorübergehenden Zweck. Maßgebend ist der innere Wille des Verbindenden; er muss aber mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt vereinbar sein (BGH, VIZ 1998, 582 [584], Palandt/Heinrichs, BGB-Kommentar, 59. Auflage, § 95 Rn. 2). Ein Wille, die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck vorzunehmen, ist in der Regel zu bejahen, wenn der Verbindende in Ausübung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts handelt, mag es auf öffentlichem Recht oder auf privatem Recht, wie insbesondere bei Miete oder Pacht, beruhen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verbindende die positive Absicht hatte, die Sache nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses dem Grundstückseigentümer zu überlassen. Auf massive Bauweise oder eine lange Vertragsdauer kommt es nur an, wenn diese Umstände den sicheren Schluss zulassen, dass das Bauwerk später dem Grundstückseigentümer zufallen soll. Ein vorübergehender Zweck ist nur dann nicht anzunehmen, wenn zwischen den Parteien von vornherein feststeht, dass der Grundstückseigentümer nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses die Sache übernehmen soll. Entsprechendes gilt, wenn dem Eigentümer insoweit ein Wahlrecht eingeräumt worden ist (BGH, a.a.O., Palandt/Heinrichs, a.a.O.).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass das Bootshaus entgegen der Ansicht des Landgerichts Dessau als Scheinbestandteil im Sinne von § 95 BGB zu beurteilen ist und deshalb nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers steht. Maßgeblich ist insoweit der Grund, aus dem das Bootshaus in den Jahren nach 1951 gebaut worden ist. Die rechtliche Grundlage hierfür war der Pachtvertrag vom 28.04./02.05.1950. Wie die Gesamtheit der Regelungen dieses Vertrags erkennen lässt, waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass das Gebäude nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangen sollte, sondern beim Pächter bleiben sollte. Dies ergibt sich aus Folgendem:

§ 2 setzt mit seiner Formulierung, "sollte sich die Nutzungsart ändern, d.h. das Gebäude abgebrochen werden, so geht das Gelände sofort in die Nutzung der Stadt A. zurück", voraus, dass es im Belieben des Pächters steht, das Gebäude abzubrechen; eine Kündigung seitens des Verpächters sollte ausgeschlossen sein. Einen Einfluss auf die Entscheidung, ob das Gebäude abgerissen wird oder nicht, haben die Vertragsparteien dem Grundstückseigentümer nicht zugesprochen. Rechtsfolge eines Abrisses des Gebäudes sollte vertragsgemäß nicht etwa eine Schadensersatzpflicht des Pächters sein, sondern lediglich ein Übergang der Nutzung des Grundstücks auf den Verpächter.

Besonders deutlich kommt in § 5 zum Ausdruck, dass das Bootshaus nicht auf Dauer unabhängig vom Fortbestand des Pachtverhältnisses im Eigentum des Grundstückseigentümers verbleiben sollte. Die Regelung "Sollte das Pachtverhältnis durch einem in § 2 genannten Grunde zur Aufhebung gelangen, so ist der Pächter verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen", ergibt deutlich, dass das Bootshaus nach einem möglichen Ende des Pachtvertrags gerade nicht dauerhaft auf dem Grundstück verbleiben sollte. Soweit in § 5 geregelt ist, dass eine Entschädigung von Seiten der Stadt A. nicht gezahlt wird, es sei denn, dass der Rat der Stadt A. sich zur Übernahme des Gebäudes bereiterklärt, steht dies der Wertung, dass ein Erwerb des Eigentums am Bootshaus durch die Stadt A. nicht gewollt war, nicht entgegen. Der Bedarf nach einer solchen Regelung besteht gerade angesichts des Umstands, dass der Pächter Eigentümer des Bootshauses werden sollte; wenn der Pächter nach Ende des Pachtverhältnisses dem Verpächter eine Sache übereignet, liegt es nahe, dass der Übernehmende dafür eine Gegenleistung erbringt.

Dass in § 5 auch die Möglichkeit erwähnt wird, der Rat der Stadt könne sich zur Übernahme des Gebäudes bereit erklären, besagt nicht, dass der Stadt ein Wahlrecht zur Übernahme eingeräumt worden wäre. Die Möglichkeit einer Übernahme des Gebäudes ist in dem Vertrag nur im Hinblick auf die Gewährung einer Entschädigung geregelt. Nach dem Vertragsinhalt steht es im alleinigen Belieben des Pächters, das Vertragsende herbeizuführen; der Pächter hat bei Ende des Vertragsverhältnisses den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Der Verpächter hat nicht das Recht, gegen den Willen des Pächters das Gebäude zu übernehmen. Lediglich für den Fall, dass der Pächter für den Verlust des Gebäudes eine Entschädigung begehrt, ist im Vertrag vorgesehen, dass sich der Verpächter zur Übernahme des Gebäudes bereiterklärt. Ohne ein entsprechendes Angebot des Pächters, der Verpächter möge das Gebäude übernehmen, ist eine Übernahme des Gebäudes durch den Verpächter nicht möglich. Demnach enthält der Pachtvertrag kein Recht des Verpächters, zwischen Übernahme und Nichtübernahme zu wählen. Insofern deutet § 5 des Vertrags nicht darauf hin, dass das Gebäude nach dem Willen der Vertragsparteien dauerhaft auf dem Grundstück verbleiben sollte. Die Vertragsparteien waren sich vielmehr einig, dass zu einer eventuellen Übernahme des Gebäudes durch den Verpächter, auch wenn das Pachtverhältnis von unabsehbarer Dauer war, nicht nur eine gesonderte Entschließung des Verpächters, sondern auch eine solche des Pächters erforderlich sein sollte. Die Verbindung des Gebäudes mit dem Grundstück sollte vorübergehend im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB sein, unabhängig davon, wie lange die Verbindung des Gebäudes mit dem Grundstück tatsächlich andauern würde. Ein Indiz, das diese Deutung bestätigt, besteht darin, dass die Beklagte noch bei Abschluss des Pachtvertrags von 1991 der Meinung war, der Kläger sei Eigentümer der auf dem verpachteten Grundstück vorhandenen baulichen Anlagen; dies ist in § 3 des Pachtvertrags von 1991 ausdrücklich geregelt.

b)

Mit der Errichtung des Gebäudes ist Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des VEB K. begründet worden. Soweit der Wortlaut des Pachtvertrags von 1950 darauf hindeutet, dass der Deutsche Sportausschuss Vertragspartner der Stadt A. geworden sein könnte, führt dies nicht dazu, dass der Deutsche Sportausschuss als solcher Eigentümer des Gebäudes geworden wäre. Bei den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Deutsche Sportbund als solcher nach dem Willen der Vertragsparteien nicht Pächter sein sollte und auch das Bootshaus nicht errichtet hat.

Eigentümer des Bootshauses ist nicht die Betriebssportgruppe als solche geworden, wie der Kläger im Hinblick auf das von ihm zitierte Urteil des Amtsgerichts Köpenick für möglich hält.

Die Betriebssportgruppe war zur Zeit der Errichtung des Gebäudes nicht rechtsfähig; die Rechtsfähigkeit hat sie erst durch Anordnung vom 05.07.1966, GBl. II, S. 544, erlangt. Auch wenn Mitglieder der Betriebssportgruppe das Bootshaus errichtet haben mögen - was von der Beklagten bestritten wird - ist das Bootshaus errichtet worden im Hinblick auf den Pachtvertrag, bei dem als Pächter mangels Rechtsfähigkeit der Betriebssportgruppe nur der VEB auftreten konnte; die Errichtungsleistungen sind dem VEB zuzurechnen.

Die beim Bau des Bootshauses tätigen Mitglieder der Betriebssportgruppe sind nicht wie ein nicht rechtsfähiger Verein als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen; denn die Mitglieder der Betriebssportgruppe sind im Hinblick darauf, dass die Betriebssportgruppe eine nicht selbständige Untergliederung des VEB war, bei der Errichtung des Bootshauses für den VEB tätig gewesen. Soweit das Amtsgericht Köpenick aus dem Umstand, dass die Betriebssportgruppe im Jahr 1966 rechtsfähig wurde, sowie aus dem Art. 10 der DDR-Verfassung von 1968 Rückschlüsse darauf zieht, dass bereits in den Jahren 1951 bis 1953 die Mitglieder der Betriebssportgruppe in ihrer Verbundenheit sozialistisches Eigentum erworben hätten, überzeugt dies nicht. Das Institut des sozialistischen Eigentums mag in jenen Jahren bereits anerkannt gewesen sein; als Erscheinungsform des Eigentums mag dies mit dem BGB auch vereinbar gewesen sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht rechtsfähige Personen bereits in der Lage gewesen sein sollen, Träger von sozialistischem Eigentum zu sein. Von daher besteht kein Grund, das von den Mitgliedern der Betriebssportgruppe erworbene Eigentum nicht dem Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des VEB K. zuzuordnen.

c)

Dadurch, dass der VEB das Bootshaus errichtet hat, ist Volkseigentum an dem Bootshaus als einer beweglichen Sache entstanden. Da im Jahr 1953 auch das Grundstück in Volkseigentum überführt worden ist, wobei Rechtsträger der Rat der Stadt A. war, sind das bereits weitgehend fertiggestellte Gebäude und Grundstück übereinstimmend in Volkseigentum gelangt. Dies gilt auch, soweit nach 1953 noch an dem Bootshaus gearbeitet wurde; die Frage eines anteiligen Miteigentumsanteils gemäß §§ 946 ff. BGB aufgrund von Verbindung und Vermischung von beweglichen Sachen, die unterschiedliche Eigentümer haben, stellt sich nicht. Über die gesamte Zeit hinweg, in der das Bootshaus und das Grundstück im Volkseigentum standen, ist das Bootshaus ein Scheinbestandteil des Grundstücks geblieben. Die Nutzung des Grundstücks und des Bootshauses wurden auf der Grundlage des Pachtvertrags von 1950 fortgeführt, der auf Trennung von Eigentum am Grundstück und Eigentum am Bootshaus hinauslief. Das Bootshaus wurde in der Buchführung des VEB geführt; es gehörte zum Fonds, den der VEB verwaltete. Angesichts dessen hat der Umstand, dass das Bootshaus und das Grundstück übereinstimmend in Volkseigentum gelangt sind, nicht dazu geführt, dass das Bootshaus wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden wäre.

Durch die Einführung des ZGB im Jahr 1976 hat sich an der Eigentumslage nichts geändert. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB ist für das Bestehen des Eigentumsrecht das vor Inkrafttreten des ZGB geltende Recht, hier § 95 BGB, maßgeblich. Dass getrennt vom Grundstück entstandene Eigentum am Bootshaus blieb nach Einführung des ZGB vom Eigentum am Grundstück unabhängig.

d)

Die Nachfolge-GmbH des VEB K. , die Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH, hat mit der Umwandlung des VEB in die GmbH gemäß § 11 Abs. 2 TreuhandG das Eigentum am Gebäude erworben. Das bisherige Fondsvermögen ist in das Eigentum der GmbH übergegangen. Zu dem Fondsvermögen hat das Bootshaus seit dessen Errichtung gehört; das Bootshaus ist, solange der VEB als solcher bestand, buchführungsmäßig beim VEB erfasst gewesen. Es ist nicht ersichtlich, dass das Bootshaus, nachdem es in das Fondsvermögen gelangt war, vor Umwandlung in die GmbH aus dem Fondsvermögen ausgeschieden wäre; Anhaltspunkte für einen Eigentumsübertragungsakt liegen nicht vor.

e)

Da das Bootshaus zum Vermögen der GmbH gehört hat, konnte die GmbH durch die Vereinbarung von 1991 das Eigentum an dem Gebäude an den Kläger übertragen. Da es sich um eine bewegliche Sache handelt, war eine Übereignung durch Einigung und Übergabe gemäß § 929 BGB möglich. Die Vereinbarung von 1991 ist auch als Übereignung zu verstehen. Die Formulierung "Die Förderanlagen- und Kranbau K. GmbH überträgt mit Wirkung zum 01.03.1991 die von ihr bisher ausgeübten Rechte und Pflichten bezüglich des Bootshauses A. an den K. Kanu-Club e.V. unter der Bedingung, dass dieser die Gemeinnützigkeit des Verwendungszwecks sichert" deutet auf eine Übereignung hin. Soweit diese bedingt war, ist die Bedingung eingetreten; die Satzung des Klägers regelt die Gemeinnützigkeit des Vereinszwecks.

f)

Durch den neuen Pachtvertrag vom 01.10.1991 hat sich an der Eigentumslage nichts zugunsten der Beklagten geändert. Die Parteien dieses Rechtsstreits haben in § 3 des Vertrags sogar ausdrücklich bekräftigt, dass die bestehenden baulichen Anlagen Eigentums des Sportvereins seien.

g)

Die Vermögenszuordnung gemäß Bescheid vom 12.10.1995 (GA I 93) hat an der Eigentumslage im Hinblick auf das Bootshaus nichts geändert, weil die Zuordnung vorbehaltlich der Rechte Dritter erfolgt ist. Darauf, dass das Gebäude als Scheinbestandteil gemäß § 95 BGB nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist, hat die Vermögenszuordnung keine Auswirkung gehabt.

III.

1.

Der Klageantrag zu 2) ist zulässig. Die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Feststellungsklage gemäß § 108 SachenRBerG sind gegeben. Der Kläger hat ein Interesse an alsbaldiger Feststellung seiner Anspruchsberechtigung. Die Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens ist allenfalls bei einer Klage gemäß § 104 SachenRBerG erforderlich, bei der es um die Feststellung über den Inhalt eines Ankaufsrechts geht. Hier ist Streitgegenstand aber das Bestehen der Anspruchsberechtigung. Eine Eilbedürftigkeit der Feststellung ist nicht erforderlich. Der Kläger hat ein Interesse an alsbaldiger Feststellung der Anspruchsberechtigung.

2.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Kläger ist gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 b, 2 Abs.1 Nr. 2 a, 7 Abs. 2 Nr. 4 SachenRBerG anspruchsberechtigt.

a)

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) SachenRBerG sind gegeben. Nach obigen Ausführungen ist Volkseigentum am Gebäude entstanden dadurch, dass der VEB K. das Gebäude errichtet hat. Dieses Eigentum war getrennt vom Grundeigentum, zumindest was den Bautenstand bis zur Überführung des Grundstücks in Volkseigentum betrifft. Nach der Umwandlung des VEB in die GmbH zum 01.07.1990 hat wieder getrenntes Eigentum bestanden.

b)

Gemäß 2 Abs. 1 Nr. 2 a), 7 Abs. 1, 2 Nr. 4 SachenRBerG ist das SachenRBerG anwendbar, obwohl die Bebauung aufgrund eines Pachtvertrags erfolgt ist. Der VEB K. bzw. die Nachfolge-GmbH ist ein vormals im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragener Betrieb im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 4 SachenRBerG. Das Bootshaus hat wie sämtliche Einrichtungen eines VEB öffentlichen Zwecken gedient; die soziale, kulturelle oder sportliche Betätigung der Betriebsmitarbeiter gehörte nach damaligem Verständnis zu den Angelegenheiten, um die sich der Betrieb zur Verwirklichung der ihm obliegenden öffentlichen Aufgaben zu kümmern hatte; anderenfalls hätte es der Betrieb der Privatinitiative Einzelner überlassen, ob sie sich sportlich betätigen. Die Stadt A. , mit der der Pachtvertrag abgeschlossen worden war, war ein privater Grundstückseigentümer. Auch wenn es sich um einen Hoheitsträger gehandelt hat, hat die Stadt sich mit dem Abschluss des Pachtvertrags der durch das damals geltende BGB vorgegebenen Instrumentarien des Privatrechts bedient. Trotz ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger war die Stadt A. damals auch privater Grundstückseigentümer.

c)

Der Kläger ist, nachdem ihm die GmbH das Eigentum am Gebäude zulässigerweise gemäß §§ 929, 930 BGB übertragen hat, Nutzer im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG.

d)

Der Sinn und Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes gebietet auch im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verbot einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Eigentümer von Scheinbestandteilen eines Grundstücks im Beitrittsgebiet und im Gebiet der alten Bundesländer nicht eine einschränkende Gesetzesauslegung dergestalt, dass der vorliegende Fall vom Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht erfasst würde. Auch wenn die für die Begründung des Eigentums am Bootshaus maßgebliche Vorschrift des § 95 Abs. 2 BGB im Altbundesgebiet keine Berechtigung des Scheinbestandteilseigentümers zum Ankauf des Grundstücks und kein Recht auf Bestellung eines Erbbaurechts begründet, entspricht es nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigten Sinn und Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem selbständiges Gebäudeeigentum nicht durch DDR-spezifische Gesetze, sondern durch Anwendung des BGB begründet worden ist, grundstücksbezogene Rechte des Gebäudeeigentümers zu bejahen. Aus § 8 SachenRBerG ergibt sich, dass die Einführung des ZGB oder anderer spezifisch sozialistischer Gesetze nicht Voraussetzung für die Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ist; entscheidend ist, dass das selbständige Eigentum nach dem 8. Mai 1945 entstanden ist. Die Entstehung von selbständigem Gebäudeeigentum nach Maßgabe des BGB kann deshalb nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ausgenommen sein. Die Einbeziehung von Fällen der Begründung von selbständigem Gebäudeeigentum nach Maßgabe des BGB in die Sachenrechtsbereinigung ist auch in Ansehung des Nichtbestehens vergleichbarer Rechte im Altbundesgebiet nicht willkürlich. Vertragsgestaltungen wie die vorliegende waren maßgeblich bestimmt durch die nach 1945 veränderten politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Bedeutung des Grundeigentums sollte verringert werden, die Rechte derjenigen, die das Grundstück nutzten, sollten gestärkt werden. Die Wertvorstellungen, die später zur Schaffung des Rechtsinstituts des selbständigen Gebäudeeigentums geführt haben, bestanden schon im Jahr 1950; sie waren maßgeblich für Vertragsgestaltungen wie diejenige im vorliegenden Fall. Die Schutzwürdigkeit des Klägers ist nicht geringer, als sie wäre, wenn einem Nutzer nach Einführung des ZGB selbständiges Gebäudeeigentum übertragen worden wäre; nach der Gestaltung des Pachtvertrags von 1950 konnte der Kläger darauf vertrauen, das Grundstück, solange er das Bootshaus betrieb, nutzen zu dürfen.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 108, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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